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Fiji

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...und hier kommt das nächste Abenteuer...

Mit der Segelfahrt von Samoa nach Fiji verlassen wir ein ursprüngliches Gebiet und kommen in touristischere Gegenden. Auf den zwei grossen Inseln treffen wir auf Städte mit einigermassen moderner Infrastruktur. In der Inselgruppe der Yasawas sehen wir kleine, traditionsgebundene Dörfer und grandiose, kontrastreiche Landschaften. Doch eines nach dem anderen. 

Die Reise nach Fiji gestaltet sich sehr abwechslungsreich. Anfänglich befinden wir uns auf offener See. Danach segeln wir durch unzählige vorgelagerte Inselgruppen. Vor allem nachts navigieren wir mit grösster Achtsamkeit. Die Inseln scheinen viel näher zu sein als sie es in Wirklichkeit sind. Dazu kommt, dass wir uns auf das zum Teil über hundert jährige Kartenmaterial nicht blind verlassen können. Viele Riffe sind ungenau eingezeichnet und schon so manche Yacht ist hier aufgelaufen. Seriöses Navigieren und Augapfelnavigation sind in fijianischen Gewässern ein absolutes Muss. 

Erstes Ziel ist die Insel Vanua Levu mit der Einklarierungsmöglichkeit in Savusavu. Unglaublich ist, dass wir zusammen mit zwei anderen Schweizer Yachten in die Bucht einlaufen. Und es wird noch besser. Am Ende der Woche liegen unter den ungefähr zwanzig Schiffen sieben Yachten mit Schweizerflagge. Da soll noch jemand sagen, wir Schweizer seien kein unternehmungslustiges Völkli. 
Wir freuen uns sehr über die lang ersehnte Bekanntschaft mit Yvonne und Bruno von der CH-Segelyacht Momo. Wir haben ihre Reise der letzten 12 Jahre auf ihrem Blog mitverfolgt, doch unsere Wege kreuzen sich erst hier in Fiji.
Der Eindruck von Vanua Levu ist und bleibt regnerisch. Wir haben buchstäblich 14 Tage kühles Miesewetter. So verzichten wir auf jegliche geplanten Ausflüge auf dem Festland und geniessen statt dessen den Kontakt mit unseren Landsleuten. Wir Frauen besuchen regelmässig Yoga-Tanz-Kurse, die von einer Brasilianerin geleitet werden und dementsprechend feurig sind, während sich die Männer in der Zwischenzeit über die einschlägigen Themen Technik, Reparaturen, Routen und Navigation unterhalten. Für ein paar Franken essen wir gemeinsam auswärts einheimische Spezialitäten oder die schärfere Kost beim Inder. In der Stadt selber finden wir das Nötigste wie Früchte und Gemüse, sonst gibt Savusavu nicht viel her.

Ovalau liegt östlich von Viti Levu, der grössten Insel von Fiji. Diese ruhige, scheinbar über alte Zeiten sinnierende Insel, in der Gestern und Heute zeitlos verschmelzen, ist etwas für Träumer mit Sinn für Geschichte und Geschichten. Wer eine Zeitreise in das Fiji der ersten Händler und Siedler unternehmen möchte, ist hier genau richtig.
Die Insel ist eiförmig, etwa 100km2 gross und vulkanischen Ursprungs. Sie ist umgeben von einem herrlichen Korallenriff, das viele Taucher anlockt. 
Charakteristisch für das Inselinnere ist die zerklüftete Landschaft mit den bis zu 600m ansteigenden, jedoch längst erloschenen Vulkankratern. Das wiederum ist ein Paradies für Wanderer.

Die Stadt Levuka mit ca. 3000 Einwohnern war einst Fijis Hauptstadt, bis sie 1883 nach Viti Levu verlegt wurde. Heutzutage ist kaum noch vorstellbar, dass dieses verschlafene Nest Schauplatz des Booms war, den Fiji Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte. Mehr als 50 Hotels und Kneipen reihten sich damals entlang der heute so geruhsamen Beach Street.
Die Kleinstadt hat wegen der historischen Rolle, die sie bei der Gründung des modernen Inselstaates Fiji gespielt hatte, die Anerkennung als UNESCO-Welterbe beantragt und eben erst bekommen. Beim Spaziergang der Uferpromenade entlang kommen wir an vielen, mehr als 100 Jahre alten, zum Teil liebevoll renovierten Lagerhäusern und Läden vorbei. Wir finden ein kleines Restaurant und sind mehr als erstaunt über die feine Zubereitung unseres Nachtessens. 

Trotz unstetem Wetter entschliessen wir uns für die Weiterfahrt nach Viti Levu. Die Hauptstadt Suva hat sich in den letzten Jahrzehnten zum grössten urbanen Zentrum im gesamten Südpazifik entwickelt. Eine Metropole, laut und zuweilen hektisch. Das kosmopolitische Flair kann man am Samstagmorgen auf dem Markt sehen, wenn Fijianer aus den unterschiedlichsten Regionen des Landes, Inder, Muslime und Sikhs, Chinesen, Europäer und Menschen aus anderen südpazifischen Inselstaaten hier für das Wochenende einkaufen. Es ist ein farbenfroher Markt, der grösste, den wir je gesehen haben. 

Die Stadt ist Sitz der 1968 eröffneten Universität of the South Pacific, die von 12 Inselstaaten unterhalten wird. Auch das Pacific Theological College, die Fiji School of Medicine und das Fiji Institute of Technology sind hier angesiedelt. 
Darüber hinaus verfügt Suva über einen riesigen, wirtschaftlich bedeutenden Naturhafen und Fijis zweiten internationalen Flughafen. An die koloniale Vergangenheit von Suva erinnern heute nur noch die Strassennamen und einige Gebäude der Stadt.

All diese Informationen bekommen wir während der privaten und exzellenten Stadtrundfahrt mit dem Auto von Sonia und Ross Mc Donald. Die beiden sind Tante und Onkel eines lieben Freundes von uns mit fijianischen Wurzeln. Das liebenswürdige, ältere Paar lädt uns zum Mittagessen ein und den Tee mit typischem Gebäck servieren sie uns in ihrem wunderschönen Haus in Suva. Ross führt uns durch seinen liebevoll gepflegten Orchideengarten und zeigt uns mit grosser Freude die unglaubliche Artenvielfalt. Glücklich und reich beschenkt geht für uns ein eindrücklicher Tag zu Ende. 
Am nächsten Morgen holt mich Sonia erneut ab und zeigt mir verschiedene Stoffläden. Wir zwei Frauen schwelgen in den bunten Materialien und werden zu diversen Handarbeiten inspiriert. So kehre ich am Abend mit vollen Säcken, sprich viel Arbeit, auf Samuri zurück.

Bei einem zweiten Stadtbesuch schlendern wir durch verschiedene Handwerkermärkte. Wir sind von den Holzschnitzereien, die auf verschiedenen Inseln in Familientradition hergestellt werden, so begeistert, dass wir eine kleine Kiste mit diversen Kunstwerken füllen und diese in die Heimat verschiffen lassen.

Viele Segler wählen für ihren Weg nach Westen die Nordküste der Insel Viti Levu. Wir entschliessen wir uns für die Südküste, denn wir wollen unbedingt den Tauchgang mit den Bullenhaien machen, der eine Tauchschule auf Bega anbietet. 
Die Organisatoren haben nicht zu viel versprochen. Die Fütterung dieser fetten, ungefähr dreieinhalb Meter grossen Haie ist ein wirkliches Spektakel. Wir Taucher liegen im Schutz einer kleinen Korallenwand, während die erfahrenen Führer die fetten Tiere mit einer langen Stange oder sogar von Hand mit Thunfischköpfen füttern, die sie aus einem Plastikcontainer herausfischen. Unter den Tieren ist keinerlei Hektik zu spüren. Wir fühlen uns sicher und können die Fütterung dieser graziösen Raubtiere in aller Ruhe beobachten.  

Inzwischen ist das Wetter stabil geworden. Eine genussreiche Segelfahrt mit dem Parasailor lässt uns die 50 Seemeilen zur Robison Crusoe Island richtig auskosten. Kaum angekommen, sitzen wir schon in einer mitreissenden und stimmungsvollen Show. Mit grösstem Enthusiasmus und Stolz präsentieren uns die Einheimischen ihre traditionellen Tänze, Feuertänze und die Kava-Zeremonie.
Der Feuertanz ist ein Ritual, das sowohl von Fijianern als auch von Indern, wenn auch mit einigen Unterschieden, praktiziert wird. In der fijianischen Sprache heisst es: vilavilairevo, was nichts anderes heisst, als "in den Ofen springen". Ein Feuertänzer besitzt die Kraft, ohne Schmerzen über glühende Steine zu gehen, ohne sich die Fusssohlen zu verbrennen.
Der Legende nach erwarb der Krieger Tuina Iviqualita aus dem Sawau-Clan von der Insel Beqa als erster diese Fähigkeit. Beim Fischen begegnete dem Krieger ein übernatürliches Wesen in Gestalt eines Aales. Zum Dank dafür, dass er ihn am Leben liess, übertrug dieses Wesen dem Krieger und all seinen damaligen wie zukünftigen männlichen Familienmitgliedern die Macht über das Feuer.
Während das Ritual ursprünglich nur bei besonderen Anlässen praktiziert wurde, ist seit Ende der 1950er Jahre eine zunehmende Kommerzialisierung zu beobachten. Firewalking ist heute ein wichtiger Bestandteil von Hotelshows an der Südküste Viti Levus.

Wie ich im letzten Blog versprochen habe, möchte ich hier die Kava-Zeremonie etwas ausführlicher beschreiben. 
Yaqona (Yangona ausgesprochen) ist das Nationalgetränk Fijis. Es wird aus den getrockneten und anschliessend zerkleinerten Wurzel- und Stammstücken des Pfefferstrauchs unter Wasseraufguss hergestellt. 
In voreuropäischer Zeit durften nur Oberhäupter und traditionelle Priester Yaqona trinken. Sie wurde ausschliesslich während Gebeten oder besonderen Anlässen konsumiert, bei denen die Götter um Rat und Hilfe ersucht wurden. Heute dagegen sind Familienfeste oder alltägliche Dorfabende ohne das gemeinsame Yaqona-Trinken aller Anwesenden schlicht undenkbar. 
Bei grossen Anlässen sind Zubereitung und Anbieten der Yaqona strengen Verhaltensregeln unterworfen. Meist aber wird sie in zwangloser Form getrunken. Auf Märkten sieht man häufig Männer um eine Schüssel sitzen, in Banken und Büros wird Yaqona als Erfrischungsgetränk gereicht.
Wer bei Fijianern eingeladen ist oder einen Dorfaufenthalt plant, bringt ein Bündel Yaqona-Wurzeln als Gastgeschenk mit. Das nennt sich Sevusevu. 
Während der eigentlichen Yaqona-Zeremonie sitzen die teilnehmenden Personen in einem Halbkreis. Die Männer im Schneidersitz, die Frauen mit zur Seite angewinkelten Beinen auf dem mit Matten ausgelegten Fussboden. Auf der anderen Seite der Matte befindet sich ein grosse Holzschale. Der dahinter sitzende Mann bereitet die Yaqona zu, indem er die zu Pulver gestampften Wurzelstücke in ein Tuch gibt und dieses in der mit Wasser gefüllten Holzschale presst und wringt. Hat die Flüssigkeit die gewünschte Farbe erreicht, wird eine halbe, bearbeitete Kokosnussschale gefüllt und dem ranghöchsten Teilnehmer der Runde überreicht. Wer an der Reihe ist, klatscht ein mal mit hohler Hand und sagt: Bula! Dann nimmt man das Schälchen mit beiden Händen in Empfang und leert es ohne abzusetzen. Man gibt es zurück und klatscht anschliessend drei mal.
Der Genuss der alkoholfreien Yaqona hat keine Begleiterscheinungen oder Nachwirkungen. Im Gegenteil, er ist erfrischend, entspannend und beruhigend. Allenfalls hat man nach dem Genuss einen etwas pelzigen Geschmack auf der Zunge, der jedoch rasch vergeht. 

Wir freuen uns sehr auf Melanie und Michael. Sie brechen den Rekordbesuch auf der Samuri. Schon das vierte Mal segeln sie mit uns mit. 
Morgens um sechs Uhr stehen wir als Empfangskomitee am Flughafen in Nadi bereit. Nach einem reichhaltigen Frühstück besuchen wir den grössten hinduistischen Tempel der südlichen Hemisphäre. Der wirklich sehenswerte Siva Subramaniya Swami-Tempel wurde 1994 eröffnet. Die Gläubigen geben uns Besuchern ein Wickeltuch, einen sogenannten Sulu und führen uns danach durch die farbenfrohen Gebäude. 
Danach decken wir uns am riesigen Gemüse-und Früchtemarkt für die nächsten 14 Tage ein, denn wir wissen nicht, ob es eine erneute Einkaufsmöglichkeit geben wird.
Jetzt können die Abenteuerferien losgehen. Ein kleiner Schlag bringt uns zur Inselgruppe der Mamanucas. Es sind rund 20 flache Koralleninseln, die der Westküste Viti Levus vorgelagert sind.
Hier wurde der US-Spielfilm "Cast Away" gedreht, bei uns besser bekannt unter dem Titel "Verschollen". Chick Noland, hervorragend gespielt von Tom Hanks, überlebt als einziger nach einem Flugzeugabsturz und hofft auf einer einsamen Insel vier Jahre lang auf Rettung.
Die Mamanucas bieten uns weisse, feinsandige Bilderbuchstrände, türkis und pastellgrün leuchtende Lagunen und herrliche Tauchgebiete. So wird der erste gemeinsame Tauchgang mit meinen Kindern zu einem besonderen Erlebnis. 

Unser Weg führt uns weiter nach Norden zur Inselgruppe der Yasawas. Obwohl diese zu den bekanntesten und touristischeren Inseln von Fiji gehören, finden wir ruhige Buchten, in welchen wir uns bestens ein paar Tage verweilen können. Die Ferien von Melanie und Michael werden auch für Christian und mich zu Ferien. Wir schnorcheln täglich in den wunderschönsten Korallenbänken, entdecken neue Fischarten und eine Korallenvielfalt, wie wir sie noch nirgends je gesehen haben. Wir leben in den Tag hinein und gestalten ihn nach Lust und Laune.

Nach 14 Tagen, gut erholt und vollgetankt mit Sonne, wechseln die Kinder auf den "Awesome Cat", der sie vom Norden der Yasawas in rasanter Fahrt zurück nach Nadi bringt, wo sie das Flugzeug nach Hause besteigen. Uns allen bleibt eine unvergessliche gemeinsame Zeit.
Christian und ich können uns nun zehn Tage Zeit nehmen, bis wir in der Vudapoint Marina bei Nadi unsere Reservation für einen Liegeplatz wahrnehmen müssen. Hier wird Christian auf seine Crew warten, mit denen er die Überfahrt nach Neuseeland machen wird. Ich hingegen bin am Koffer packen und freue mich sehr auf meine Heimreise.

Inzwischen sind einige Wochen vergangen. Die Crew hat Samuri sicher und ohne Probleme nach Neuseeland gesegelt. Das Schiff liegt auf dem Trockenen und Christian hat sich inzwischen auch an die kalte Schweiz gewöhnt. Der Jahreswechsel steht unmittelbar vor der Tür. 

Wir hoffen, dass ihr alle eine lichtvolle Weihnachtszeit verbringen durftet, und wir wünschen euch wundervolle Erfahrungen und unvergessliche Höhenflüge im neuen Jahr.

Herzlichst 
Evelyne und Christian

 

Anhang von Christian:

Schon Monate zuvor erhielt ich die Zusage von Annette & Harald, alt bekannten Segelfreunden und Urs, dem Vater meines Schwiegersohnes in Spe, mich auf der Überfahrt nach Neuseeland zu begleiten. 
Dieses Team, alles erfahrene Segler mit B-Schein und sogar einem Arzt (Urs) an Bord, gab mir viel Vertrauen und Sicherheit, uns und Samuri sicher nach NZ zu bringen.
Die Schwierigkeit des Törns ist, das richtige Wetterfenster zu finden. Man muss mit zirka 7-10 Tagen Segelzeit rechnen und einem Wettersystem, das in fast wöchentlicher Regelmässigkeit ein Tief aus der Tasmansee daher bringt. Die Chance, dass man früher oder später auf diesem Schlag von einer Front erwischt wird, ist somit mit grosser Wahrscheinlichkeit gegeben.

Ich fasse mich nun kurz und mache es mir einfach, indem ich die Tagesberichte der Überfahrt, welche einige von euch bereits im "aktuellen Standort" gelesen haben, wiederhole. Nach einer Wartezeit in Fiji von gut einer Woche, während der meine Crew Zeit für einige Ausflüge in der Umgebung hatte, wagten wir bei einer recht positiven Wettervorhersage den Absprung.

09.11.2013
Das erste Etmal ist 120sm. Nicht berauschend, aber o.k. Die ersten 16 Stunden mussten wir motorsegeln, dann erst setzte der Wind ein. Und wie meistens, viel mehr als angegeben. Wir kämpfen mit gerefften Segeln bei 22-25kn hart am Wind. Die Wellen sind auch schon über 2m hoch. Nicht gerade ideale Bedingungen für Samuri. Uns Männern ist es etwas seltsam im Magen, nur Annette ist quickfidel. Wir wünschen uns, dass der Wind mehr nach Ost dreht, damit etwas mehr Ruhe ins Schiff kommt.

10.11.2013:
Heutiges Etmal: 143sm. Die Nacht war stockdunkel, die Fahrt rasant und die Schläge im Schiff mehr als ungemütlich. Es ist nicht die Art von spassigem Segeln, wovon die meisten träumen. Aber meine Mannschaft hält sich tapfer und macht das beste aus der Situation. Heute gegen Mittag liess der Wind und bald darauf auch die Wellenhöhe etwas nach. Und die Sonne zeigte sich kurz durch den sonst dick verhangenen Wolkenhimmel. Dadurch stieg unsere Stimmung merklich und Tätigkeiten wie kochen, durchlüften, lesen oder auch mal ein paar Stunden ruhig schlafen wurden wieder möglich.

11.11.2013
Etmal: 129sm. Ahh, heute war unser Chill-Day, wir konnten uns alle erholen und den Ride sogar geniessen. Ein sonniger Tag und vor allem nur noch etwas mehr als 1m Welle, womit sich Samuri recht gut zurecht fand und in weichere Bewegungen überging. Dafür schleichen wir mit nur gut 5kn, da wir so hart am Wind wie möglich zu segeln versuchen, und das ist nun wirklich nicht Samuris Stärke. Die Windrichtung macht uns am meisten Sorgen. Auch für die kommenden Tage ist SE bis SSE angesagt, womit wir kaum Neuseeland direkt anlaufen können. Wenn die Vorhersagen zutreffen, müssen wir eine Wende und einen Holebug fahren, was uns sicherlich einen Tag mehr kosten würde. Hoffen wir, dass sich die Computermodelle zu unseren Gunsten täuschen. Tagesschluss-Highlight: das sehr leckere Filet im Teig von unserer Smutje Annette. 

12.11.2013
Keine Überraschung in unserem Etmal, die letzten 24 Stunden waren es wieder 129sm. Der Wind bläst leider unverändert aus SE (anstatt E) und die Wellen haben auch etwas zugelegt. Über Nacht hatten wir einen blinden Passagier an Bord: ein Tölpel setzte sich beim Bug auf die Reeling und legte bis zum Morgengrauen eine Pause ein. Lustig war ihm zuzusehen, wie er sich auf dem in den Wellen wild tanzenden Bug ausbalancierte. Das zweite Tiererlebnis bescherte uns eine grosse Delfinschule, die mit übermütigen Sprüngen auf uns zukam und uns einige Minuten begleitete.

13.11.2013
Etmal: 140sm. Gestern kurz vor Mitternacht feierten wir Bergfest. D.h. wir erreichten die Hälfte der optimal abgesteckten Wegstrecke. In der Praxis könnte es jedoch mehr werden, da wir die gewünschte Höhe am Wind kaum halten können. Der Tag begann sonnig und mit einer frischen Brise, so dass wir zwischen 7 und 8kn liefen. Leider setzt sich das nicht in gleicher Weise in Strecke um, da wir seit Tagen gegen einen starken Strom von 0.5 bis 1.5kn kämpfen. Lesen und ein wenig plaudern sind unsere Hauptbeschäftigungen. Jetzt am späten Nachmittag legt der Wind auf gegen 25kn zu und die Wellen sind steil und kurz. Samuri wird wieder zu einer bockigen Geiss und wir erahnen, dass die Nacht wohl nicht so gemütlich wird.

14.11.2013
Auch heute ein ganz ordentliches Etmal:159sm. In der Nacht ging es richtig zur Sache und noch tagsüber flogen wir oder Gegenstände durch die Luft, wenn uns eine hohe Welle eine wuchtige Breitseite verpasste. Morgen wird der Wind abnehmen und sogar etwas in die gewünschte Ost-Richtung drehen.Es ist merklich frischer geworden. Die Badehose ist definitiv den langen Hosen und dem Pullover gewichen. Ein dafür positiver Effekt macht sich bemerkbar, wenn man Richtung Süden und in den Frühsommer fährt: die Tageszeit verlängert sich. Sonnenuntergang ist erst um 19:45 Uhr, schön!

15.11.2013
Etmal: 147sm. Seit dem frühen Morgen läuft ein Motor mit, denn der Wind wird jetzt laufend bis zu unserer Ankunft abnehmen. Wir haben wieder angenehme See mit einer langgezogenen Dünung. Dazu sonniges Wetter, ja ich bin fast geneigt von Kaffee-Segeln zu sprechen. Annette, Harry & Urs haben unsere verbleibenden 4 Kokosnüsse zu Milch und Snacks verarbeitet, denn die Kiwis resp. deren Biosecurity werden uns alle Früchte, Hülsenfrüchte, Körner, alles Gemüse und Fleisch aus Angst vor Fremdorganismen, Schädlingen und Krankheiten konfiszieren. 

16.11.2013
Letztes Etmal: 123sm. Und noch besser: nur noch 110sm to go! Landfall wird, sofern uns nicht noch irgend etwas einen Streich spielt, morgen Nachmittag sein. Wir motoren ausschliesslich, da es kaum mehr Wind gibt. Die See ist glatt, teilweise fast bleiern, und wir werden von einer sanften Dünung auf und ab gehoben. Kurz vor Mitternacht versegelten wir die 1000ste Seemeile auf diesem Törn (1852km). Und heute Nachmittag feierten wir Samuris 25‘000ste Seemeile (46300km)! Also, auf in die letzte Nacht, beginnend mit einem traumhaften Sonnenuntergang und dann mit hellem Mondschein als Begleiter.

17.12.2013:
Urs entdeckte als erster um 00:08 Uhr das Leuchtfeuer von Cape Brett. Wir haben es geschafft und sind nach 9 Tagen und 1235sm im Kielwasser in Aotearoa, dem Land der langen weissen Wolke angekommen. Alle sind wohlauf und rückblickend müssen wir sagen, dass wir eine gute Überfahrt hatten. Sehr freundlich wurden wir vom Zollbeamten Bruce und der Agrarinspektorin Helen in ihrem Land willkommen geheissen. Das Einklarierungsprozedere lief flott und sehr zuvorkommend. Nur bei unseren noch vorhandenen Frischvorräten und einigen Hülsenfrüchten kannte Helen keine Gnade, alles wanderte in ihren Abfallsack zur Entsorgung. Da wir noch am späten Nachmittag vogelfrei entlassen wurden, entschlossen wir uns die 12sm nach Whangarei vor die Werft zu fahren.
Annette & Harry werden morgen von Bord gehen um die noch verbleibende Woche so viel wie möglich zu Tauchen und vom Land zu sehen. Urs hilft mir noch am Mittwoch Samuri auszuwassern und wird die restlichen Tage bis zu seinem Rückflug das Sehenswerte von Auckland erforschen.
Ein grosser Dank an dieser Stelle an meine Crew, die in sehr professioneller Weise und mit einem tollen Teamverhalten zu diesem sicheren und angenehmen Törn beigetragen hat!

Samuri steht mittlerweile auf dem Trockenen in der Norsand Boatyard. Das Auswassern verlief sehr professionell, sicher und schadenfrei. Während den 3 Wochen in der Werft waren meine Tage ausgefüllt mit dem Planen und Vergeben diverser Unterhaltsarbeiten an Fachkräfte. Als grösster Posten steht ein neues Segel-Set an. Auch eine neue Cockpitverkleidung, eine Segelpersenning, ein neues Trampolin, neue Hausbatterien und Service an allen 3 Motoren reissen ein ziemlich grosses Loch in unsere Bordkasse. Kurzum, Samuri erhält ein ordentliches Lifting.
Mein erster Eindruck von Neuseeland ist grossartig. Der kleine Teil, den ich bis jetzt gesehen habe, hat meine Erwartungen übertroffen und ich freue mich riesig, nächstes Jahr mehr von dieser facettenreichen Landschaft und dem Lebensstil der umgänglichen Kiwis kennen zu lernen.

Die Pläne dazu sehen folgendermassen aus: ich werde ab Mitte Januar für 3-4 Wochen weiter an Samuri arbeiten. Evelyne wird mir anfangs Februar folgen und gemeinsam werden wir mit dem bereits erstandenen Oldtimer-Campervan bis zirka Mitte April Neuseeland landseitig bereisen. Mehr darüber im nächsten Bericht. 

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    Samoa

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    You lie on a mat in a cool Samoan hut and look out on the white sand under the high palms and a gentle sea.
    And then among it all are the loveliest people in the world, moving and dancing like gods and godesses.
    It is sheer beauty, so pure that it is difficult to breathe it in.

    Rupert Brooke, poet an tourist, 1913

    Dieses Gedicht ist die Einführung in das Kapitel "Samoa" im bunten Kochbuch von Robert Oliver. In diesem Buch werden die Kultur und viele einheimische Rezepte einiger Inseln des Pazifischen Raumes vorgestellt. 
    Die eine Ideologie dieses Werkes war, die lokale Esskultur auf die Speisekarten der Ressorts und Restaurants zu bringen. Eine zweite Mission war, die Köche zu überzeugen, die Kochzutaten nicht von Übersee zu importieren, sondern eine Zusammenarbeit mit den lokalen Bauern anzustreben, und sie somit in die Tourismusmaschine einzubinden. 
    Es brauchte viel Motivationsarbeit des Autors, die Einheimischen zu überzeugen, dass es ihre Küche wert ist, sie in die Welt zu tragen. Seine Mühe trug Früchte, es entstand ein farbiges und fantastisches Buch.

    Gekauft habe ich es in einem Kunstladen in Apia, der Hauptstadt von Upolu, der einen Insel von Samoa, die wir bereist haben. Ja, wir sind in einem anderen Land einklariert und nach der eher ungemütlichen Überfahrt voller Entdeckungsdrang auf sicherem Boden.

    Die Inselgruppe von Samoa besteht aus neun Inseln, fünf davon sind unbewohnt. Savaii ist die grösste der Inseln mit 1'812 km/2; Upolu, mit der Hauptstadt Apia, die zweitgrösste mit 1'036 km/2 Fläche. Die Vulkaninseln sind hügelig bis bergig. Besiedelt sind vor allem schmale Küstenstreifen, das Inselinnere wird soweit wie möglich als Plantagen- und Weideland genutzt. Angebaut werden Taro, Yams, Bananen, Kaffee und Kakao. Samoa versucht, möglichst auch Produkte wie Fisch, Bier oder Noni-Produkte zu exportieren. Doch das Importvolumen übersteigt das Exportvolumen um das Achtfache. Das Land ist stark von den Überweisungen der im Ausland lebenden Samoaner und vom Tourismus abhängig. 

    Im letzten Dezember fegte ein Zyklon über Apia. Leider wurde Vieles zerstört. Die Hälfte der beschädigten Schwimmdocks im Hafen sind bis heute nicht geflickt. Viele Gebäude in der Stadt sind halbe Ruinen. Die ehemalige Markthalle ist geschlossen. Die Bauern verkaufen ihre Produkte unter schäbigen und undichten Wellblechdächern. Doch für die Renovierung der Kirchen scheint bei den sehr gläubigen Samoanern genügend Geld vorhanden zu sein. Auf Hochtouren werden neue Gotteshäuser erbaut. 
    Die Samoaner sind zu 98% gläubige Christen. Der Sonntag ist ihnen heilig. Gearbeitet wird nichts. Am Sonntagmorgen liegt Smog über Apia. Aus vielen Häusern qualmen die Erdöfen, die die Männer einheizen, um nach dem Kirchgang mit der Familiensippe das Mahl zu geniessen. Am Nachmittag wird nochmals Gebetsstunde gehalten. 
    Wer in den Gottesdienst geht, gibt seine Spende beim Eingang ab. Name und Summe werden notiert und gegen Ende der Messe der ganzen Gemeinde vorgelesen. Keine Frage: das erzeugt einen unglaublichen Druck auf die Einheimischen und viel Geld landet somit in der Tasche der Kirche oder des Priesters.
    Kommen wir mit Taxifahrern oder Kindern ins Gespräch, ist eine der ersten Fragen, ob wir an Gott glauben. So hat uns der Name "Christian" schon ein paar Mal gerettet und uns in ein gutes Licht gestellt. 

    Samuri liegt im ruhigen Hafen von Apia. Tröpfchenweise laufen bekannte Yachten ein. Das Wiedersehen vieler Freunde macht Spass. Der Austausch ist rege. Alle haben einander viel über die vergangenen Wochen zu berichten. Sehr berührend ist, dass ich eine ehemalige Shiatsustudentin von Luzern antreffe, die mit ihrer Familie auch schon vier Jahre auf dem Meer unterwegs ist. 
    Im Flug vergeht in Apia ein ganzer Monat. Die Stadt ist unser Ausgangspunkt für viele Erlebnisse. Gerne erzähle ich dir einige:

    Polizeiparade:
    Jeden Morgen um 8:45 Uhr macht sich ein Polizeicorps bereit, schnittig bekleidet mit hellblauem Hemd und dunkelblauem Lavalava (Wickelrock). Zu schmissiger Blasmusik marschiert die Formation auf der Hauptstrasse bis zum Regierungsgebäude und stoppt militärmässig auf dessen Vorplatz. Hier wird die Landesfahne gehisst, dann geht es den ganzen Weg zurück. Um 9 Uhr heult die Sirene auf. Es ist das Zeichen zum Arbeitsbeginn. Um 13 Uhr heult die Sirene zur Mittagspause und abends um 17 Uhr zum Arbeitsschluss. Dann kehrt auf der Strasse Ruhe ein. Die folgende Stunde gilt dem Gebet. 

    High Tea:
    Schon seit den Galapagos trage ich eine Visitenkarte bei mir. Die liebenswürdige Besitzerin eines Kunstladens von Santa Cruz bat mich damals, falls ich je nach Apia / Samoa kommen werde, ihre Freundin Marita im Plantation House zu besuchen und ihr die herzlichsten Grüsse zu überbringen. 
    Aber wo finde ich dieses Plantation House? Es gibt keine Inserate und die Taxifahrer kennen es nicht. Mein Bauchgefühl bringt mich in einen Kunstladen, und prompt finde ich hier des Rätsels Lösung. Ich strample in der brütenden Hitze mit dem Fahrrad los und komme nach einer Stunde schweissgebadet an. 
    Marita ist hoch erfreut über meinen Besuch. Sie zeigt mir ihr Haus, in welchem sie handbedruckte Stoffe und die daraus gefertigten Stücke präsentiert. Einmal wöchentlich bietet sie in ihrem wunderschönen Gartenhaus High Tea an. Am nächsten Mittwoch dürfen wir ihre Gäste sein. Es ist einfach wunderbar.
    Die Tische sind mit den selbst kreierten Tischtüchern bedeckt, mit tropischen Blumen aus dem Garten geschmackvoll geschmückt und der Tisch ist liebevoll gedeckt. In altem zusammengewürfelten Porzellan serviert Marita Tee und die besten, selbst gebackenen Leckereien. Ein süsser Sherry rundet den unvergesslichen Nachmittag ab.

    Museum / Villa Vailima: 
    Mit dem Mittagessen und viel Wasser im Rucksack satteln wir die Fahrräder. Die 4 km Weg müssen am Hügel hart erkämpft werden. Die Villa Vailima, ein im westlichen Stil erbautes Herrenhaus, war das ehemalige Anwesen des schottischen Schriftstellers Robert Stevenson, aus dessen Feder Werke wie "Die Schatzinsel" stammen. Stevenson verbrachte hier seine letzten vier Lebensjahre, bevor er 1894 starb. Vor seinem Tod verfasste er seine Grabinschrift. Beerdigen liess er sich auf dem nahen 475 m hohen Mt. Vaea.
    Unsere verrosteten Knochen brauchen Bewegung. Wir wollen den Hügel erklimmen.
    Der Weg dorthin soll vom Sturm im letzten Dezember mit Fallholz versperrt worden sein. Es gäbe einen neuen, aber sehr steilen Weg, die Abzweigung können wir nicht verpassen, meint der Museumsführer. Wird schon gehen... 
    Der Beginn des Weges ist wunderbar beschildert, kein Problem. Nach etwa 20 Minuten Marsch hört der Weg auf. Wir stehen vor dem zerstörten Sturmwald. Eine Wegverzweigung haben wir nirgends gesehen. Sie wird bestimmt kommen, denken wir und beginnen, über die ersten Hindernisse zu klettern. Anfänglich geht es gut, doch nach einigen Minuten sind wir ratlos. Wir sind nur noch am Klettern und ziehen uns mühsam durch das Geäst und durch lästiges Efeu den inzwischen steil gewordenen Hang hoch. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo es kein Zurück mehr gibt. Also weiter.
    Nach einer halben Stunde stehen wir zuoberst auf dem Hügel, doch nach wie vor mitten im dicksten Dschungelunterholz. Wir haben keine Ahnung, in welcher Richtung das Grab liegen könnte. Wir lassen Logik und Bauchgefühl sprechen. Wir sind zum Glück gut unterwegs. Schon nach 5 Minuten sehen wir eine Lichtung und vor unseren Augen öffnet sich der versprochene, grandiose Ausblick auf die Küste der Insel und das Meer mit dem vorgelagerten Riff. Völlig verschwitzt und schmutzig hocken wir uns ins Gras und füllen unsere hungrigen Bäuche. Das war wieder einmal ein Ausflug "à la Nigg". 
    Auf dem Heimweg schauen wir uns die Herstellung von Seifen und Körperlotionen an. Eine Schweizerin, die auch das Schweizer Konsultat betreut, und ihr einheimischer Mann führen die Firma Mailelani seit 15 Jahren und haben mit ihren biologischen Produkten grossen Erfolg. 

    Erdofen (Umu)--Essen:
    Annemarie und Bernhard von der Segelyacht Mariposa lernen den Taxichauffeur Taula kennen. Er bietet uns Seglern an, uns in seinem Haus am Kochzeremoniell des traditionellen, samoanischen Erdofen-Essens teilhaben zu lassen. 
    Zu acht fahren wir ins Landesinnere zu Taulas Haus. Seine ganze Familie und seine Geschwister mit deren Kindern erwarten uns freudig. Wir Gäste werden mit einer Trinkkokosnuss begrüsst, frisch mit der Machette aufgeschlagen.
    Unter einem Unterstand qualmt ein Feuer, bedeckt mit vielen Lavasteinen. Die Männer sind damit beschäftigt, die Steine auf der Glut immer wieder zu drehen, damit sie durch und durch heiss werden. 

    Die Frauen sind mitten in den Kochvorbereitungen. Es gibt:

    -  Palusami: dazu werden Kokosnüsse geraffelt, in ein Tuch gegeben und ausgepresst. Das gibt die frische Kokosmilch. Flinke Frauenhände formen junge Blätter der Taropflanze zu einem Behälter, füllen ihn mit Kokosmilch, fassen die Blätter oben zusammen und umwickeln das Ganze mit einem Blatt des Brotfruchtbaumes zu einem kompakten Päckli. Dieses wird auf die heissen Steine gelegt. Beim Garen dickt die Kokosmilch ein und wird ähnlich wie Quark. 
    -  Taro: es ist die Kartoffel der Südsee, etwa faustgross. Die Taro wird in Kokosblätter gewickelt.
    -  Brotfrucht: die Frucht des Brotfruchbaumes. Sie ist etwas süsslich, auch kartoffelähnlich. Gekühlt hält die "Uru" ein paar Wochen, liegt sie an der Wärme wird sie innerhalb von zwei Tagen sehr weich und schmeckt nach reifen Bananen. Die Brotfrucht wird in Stücke geschnitten und in Bananenblätter gepackt. 
    -  Stücke von Fisch, Huhn und Schwein: sie werden zusammen mit Kokosmilch in Bananenblätter eingewickelt. Fische und Schweine werden teilweise auch in ganzer Grösse in den Umu gelegt.    
    -  Reis: er wird in der Pfanne gekocht.

    Sämtliche Umu-Speisen werden auf die heissen Steine gelegt, mit vielen Lagen Bananenblättern zugedeckt und wärend gut 35 Minuten gegart.

    Bis das Mittagessen bereit ist, werden wir in eine weitere Tradition, das "Ava"-trinken eingeführt. Das Nationalgetränk wird aus den getrockneten und anschliessend zerkleinerten Wurzel- oder Stammstücken des Pfefferstrauchs unter Wasseraufguss hergestellt. Taula füllt die Tasse, eine Kokosnussschale, und gibt das Getränk allen Gästen reihum zum Probieren. Es sieht aus wie Abwaschwasser, schmeckt annäherend so und hinterlässt ein Kribbeln auf der Zunge, das einige Minuten anhält. Es soll vor allem "das" Getränk für die Männer sein. 
    Mehr über diese Zeremonie werde ich im Blog von Fiji erzählen.

    Nach einer guten halben Stunde werden wir zu Tisch gebeten. Als Gäste essen wir zuerst, die Familie wird sich nachher bedienen. Mit Palmenwedeln verscheuchen die Jugendlichen die Fliegen, die sich auf die Mahlzeit stürzen wollen. Alles schmeckt ausgezeichnet!

    Inselrundfahrt mit dem Mietauto:
    Achtung, hier gilt Linksverkehr! Ende 2007 hatte der samoanische Premierminister bekannt gegeben, er werde im 2009 den Linksverkehr einführen. Was das hiess? Neue Verkehrsschilder, neue Ampeln, Umgestaltung der Kreuzungen, neue Fahrzeuge und rasches Umdenken, damit der Blinker nicht zum Scheibenwischer wird. Der Grossteil der Bevölkerung wehrte sich. So wurde versucht, den Spurwechsel bei der Bevölkerung mit einem Feiertag und Strassenfesten zu versüssen. 
    Bis anhin wurde der Grossteil der Autos aus den USA importiert. Heute dagegen sind die wirtschaftlichen Bindungen zu Australien oder Neuseeland enger. Und aus diesen traditionell links fahrenden Ländern werden zukünftig auch die Fahrzeuge stammen, die die Bürger Samoas kaufen. 

    Christian findet sich im Verkehr problemlos zurecht. Wir kurven mit dem gemieteten "Allrader" der Küste entlang. Den ersten Stopp gibt es im Piula Cave Pool. Ein ovales Naturbecken wird von einer Quelle gespeist, die in einer Höhle bei der nahe liegenden Kirche entspringt. Wir gesellen uns zu den wenigen Fischen im kristallklaren Süsswasserpool. Wir geniessen die willkommene Erfrischung.

    Aber dann treibt es mir den Schweiss geradezu wieder aus den Poren. Wir sind auf dem Weg ins Holzschnitzerdorf Uafato. Die Strasse nur zu finden ist schon ein Erlebnis wert. Unser Vierradantrieb quält sich im Schritttempo die äusserst holprige Strasse hoch. Wir sitzen im Schüttelbecher. Schaue ich auf die Strasse, sehe ich nur Löcher und Steine. Schaue ich links aus dem Fenster, sehe ich senkrecht hinunter zur Küste, schaue ich nach rechts, sehe ich einen lachenden Fahrer, der dieses Bergrally sichtlich geniesst. Einatmen - ausatmen - einatmen und entspannen! 
    Nach einer knappen Stunde sind wir in Uafato, wieder auf Meereshöhe. Wir treffen auf Kili, einer der besten Holzschnitzer. Sein Atelier liegt direkt am Meer und wird von einer sanften Brise durchlüftet. Was für ein privilegierter Arbeitsplatz. Alle Kunststücke schnitzt Kili aus dem Ifilele-Holz, einem sehr harten und schweren, einheimischen Holz, das er selber im Wald schlägt. Wir schauen ihm bei der Arbeit zu und haben das Glück, mit einer formtypischen Schale und einem Mörser im Kofferraum den Rückweg anzutreten. Weitere von ihm gefertigten Kunstwerke hat Kili schon nach Apia zum Verkauf gebracht. 

    Wir fahren der Küste entlang und bewundern die bepflanzten Strassenränder, kommen durch malerische Dörfchen und staunen über die sorgfältig gepflegten Vorgärten der oft oval erbauten Häuser. Diese sogenannten Fale bestehen aus gewölbten Dächern, die meist aus Kokoswedeln geflochten sind. Wände gibt es nicht. So haben wir den Einblick und den Durchblick in die privatesten Sphären der Menschen. Bei starkem Regen können seitlich Kokosmatten heruntergelassen werden. Ab und zu hängen bunte Tücher als Vorhänge oder als Schattenspender. Ein Privatleben ist in Samoa weitestgehend unbekannt.

    Die erste Nacht auf unserer Reise verbringen wir in so einem Fale. Es steht direkt am Strand, ist auf Stelzen gebaut, auf dem Boden liegt eine Matratze, rundherum gibt es ein Moskitonetz, das ist alles. Die sanitären Anlagen und die Dusche befinden sich neben dem Hauptgebäude über der Strasse. Dort gibt es für alle Reisenden ein gemeinsames Nachtessen und das Frühstück anderntags. 
    Am nächsten Morgen fühlen wir uns nicht wirklich ausgeruht. Das Rauschen des Meeres und die dünne Matratze haben uns wenig schlafen lassen. Doch wir sind um eine Erfahrung reicher geworden.

    Baha'i Tempel / Baha'i House of Worship:
    Die neun Seiten des im Jahre 1984 fertig gestellten Tempels der Baha'i Glaubensgemeinschaft mit seiner 20 Meter hohen Kuppel symbolisieren die Weltreligionen. Der Tempel lädt die Besucher zum Gebet und zur Meditation ein. Die umliegende Parklandschaft ist riesig und wunderschön angelegt. Unter einem saftigen Bambusstrauch machen wir nach unserem Picknick ein erholsames Schläfchen.

    Weiter geht unsere Fahrt zum Ausgangspunkt der Wanderung zum Goldfish-Lake. Die Strasse ist wieder sehr holperig. Zum Glück treffen wir einen Einheimischen. Wir dürfen vor seiner Farm parken, dann geht es für eine Stunde zu Fuss weiter. Wir streifen durch Gras, Feld und Wald, es geht steil bergauf, das Gestrüpp ist manchmal brusthoch. Endlich sind wir auf dem Gipfel. Wir sehen auf den recht grossen See, der wieder im Tal liegt. Das Wasser scheint undurchsichtig grün. Und da wir beide es nicht unbedingt lieben, in trübem Wasser schwimmen zu gehen, ersparen wir uns den Abstieg und den Wiederaufstieg. Es ist ein guter Entscheid, denn bis wir unsere zweite Übernachtungsstätte, das Virgin Cove, gefunden haben, ist es 17:45 geworden. 
    Ein sehr feines Candle-Light Dinner rundet den Tag ab und wir freuen uns, in ein richtiges Bett zu schlüpfen.
    Für das Frühstück unter Kokospalmen lassen wir uns Zeit. Heute steht nur noch der Rückweg auf dem Programm. In einer Galerie, in welcher Kili seine Handwerke verkauft, legen wir einen Zwischenstopp ein und kaufen eine zweite wunderschöne Holzschale.

    Es wird Zeit, Apia zu verlassen. Wir laufen aus. Es vergehen keine fünf Minuten und wir liegen inmitten heftigster Regenfälle und Windböen. Die Gewitterzelle scheint über Samuri hängen zu bleiben. Unser Genaker hält irgendwann den Winddruck nicht mehr aus. Er reisst einen guten Meter lang ein und produziert ein hässliches Geräusch. Und wie es solche Situationen so in sich haben, klemmt beim Einrollen eine Leine. Wir schaffen es schlussendlich doch und segeln mit der Genua weiter. Ziemlich durchgewaschen kommen wir in Savaii zum Ankerplatz und sehnen uns nach einem ruhigen Abend. 

    Wir liegen vor einem kleinen, einfachen Hotel. Hier essen wir ab und zu im Restaurant. Die Angestellten sind sehr freundlich und wir fühlen uns aufgenommen in ihrer grossen Familie. 
    Am Sonntag besuchen wir den Gottesdienst und sind einmal mehr überwältigt vom inbrünstigen Gesang der Bevölkerung. 

    Die zweitägige Inselrundfahrt um Savaii zeigt uns eine andere Landschaft als die Insel Upolu. Charakteristisch sind die schroffen Küstenabschnitte im Süden und die ausgedehnten Lavafelder im Norden, die zum Teil erst Anfang des 20. Jhts. entstanden sind. Zwischen 1905 und 1911 gab es einige verheerende Vulkanausbrüche. Das Dorf Saleaula im Norden der Insel wurde von den Lavamassen eines Vulkanausbruchs teilweise begraben. Nur die Aussenwände und der Giebel der grossen Kirche blieben verschont. Der Rest ist unter einer zwei Meter dicken Lavaschicht versunken. Der glühende Lavastrom teilte sich genau an der Stelle, an der eine samoanische Novizin begraben liegt und floss hinter der Grabstätte wieder zusammen. Das Grab ist heute noch auf dem Grund einer rechteckigen Vertiefung sichtbar. Die Legende um dieses wundersame Ereignis wird von den Einheimischen gerne erzählt. 

    Die zweite eindrückliche Attraktion auf dieser Insel sind die Blowholes. An einem Küstenabschnitt wird Meerwasser durch Wellenkraft durch enge Öffnungen im Korallenriff gepresst. So bilden sich bis zu 80 Meter hohe Wasserfontänen. Jeder, der sich zu nahe heran wagt, wird fast weggepustet und von der Gischt tropfnass.

    Im Dorf Palauli im Süden der Insel zeigt uns Faa'ita in ihrem privaten Haus die Herstellung von Tapa. Tapa wurde früher traditionell zur Bekleidung verwendet, aber auch als Schlafunterlage und zum Abteilen von Räumen. Heute wird Tapa als Zeremonialgeschenk zu bestimmten Anlässen wie Geburt, Hochzeit oder Todesfall überreicht. 

    Das polynesischen Wort Tapa, in Samoa Siapo genannt, bezeichnet einen Rindenbaststoff, der aus der Innenrinde des Papiermaulbeerbaumes hergestellt wird. Nach dem Ablösen der Rinde von einem dünnen Ast wird die Bastschicht gewässert. Danach wird das Wasser wieder herausgepresst. Faa'ita verwendet dazu den gezackten Rand einer Muschel, mit welcher sie in Längsrichtung der Rinde arbeitet. Schliesslich wird die Bahn mit einem Schlegel aus Eisenholz zu hauchdünnen Bahnen geklopft. Aus einer 10cm breiten Rinde kann schnell mal eine Breite von 60 cm entstehen. Dieses dünne Material wir auf dem Boden zum Trocknen ausgelegt und mit Steinen vor dem Schrumpfen bewahrt. Um ein grosses Stück Tapa zu bekommen, werden einzelne Stücke übereinander gelegt und mit dem natürlichen Leim der Tapioca zusammengeklebt. 
    Ist die Tapa trocken, wird sie mit Naturfarben von Bäumen in Gelb- und Brauntönen mit traditionellen Mustern bemalt. 
    Die Herstellung von Siapo ist also sehr aufwendig und gehört ausschliesslich zum Aufgabenbereich der Frauen. 

    Wir haben Lust auf aktive Bewegung. Den ersten Teil des Weges Richtung Krater des Mount Matavanu fahren wir auf einer holprigen Feld- und Waldstrasse. Beim Haus des Craterman halten wir an. Nach der herzlichen Begrüssung schreibt der urchige Typ unsere Namen ins Besucherbuch und verlangt für die Weiterfahrt eine Gebühr. Craterman hat die ganze Strasse von der Ebene bis zum riesigen Kraterloch eigenhändig erstellt und sorgt weiterhin für den Unterhalt. Er meint, dass wir mit unserem Vorderradantrieb problemlos weiterfahren können, doch die Steigung auf der feuchten Strasse schafft das Auto doch nicht mehr. Weiter geht es zu Fuss. Diese Anstrengung hat sich gelohnt. Und ebenfalls die Beachtung aller Warnschilder, die raten, nicht zu nahe an den Kraterrand zu stehen. Er fällt senkrecht in die Tiefe. Und die Vorstellung, dass in diesem riesigen Loch einmal glühend heisse Lava brodelte, lässt uns gerade nochmals schaudern.

    Zurück auf Samuri widmen wir uns noch ein paar Tage unseren persönlichen Dingen und bereiten uns langsam auf ein neues Land vor. Doch einen besonderen Moment mit einem Fischer möchte ich noch erzählen. 

    Es ist Abend. Wir sitzen im Cockpit und schauen uns einen Podcast an. Plötzlich hören wir aus dem Dunkeln eine Stimme. Wir schauen nach. Ein alter Fischer in einem Einbaum legt am Heck an. Er zeigt uns die Fische, die er gefangen hat. Da er kaum englisch spricht verständigen wir uns mit Gesten. Er hält uns einen Fisch entgegen. Er will ihn uns schenken. Christian bedankt sich. Der Fischer bekommt von uns auf seinen Wunsch hin ein Bier. Er hält uns einen zweiten Fisch hin, dann einen dritten. Wir schenken ihm ein Päckli Zigaretten und ein T-Shirt. Beides nimmt er lachend und dankbar an. Die Zigaretten packt er in ein Tuch, das Shirt presst er an sein Gesicht und küsst es. Der Fischer schenkt uns einen grösseren Fisch und zeigt uns mit zwei Fingern an, dass er gerne noch zwei Bier hätte. Eines geben wir ihm noch. Dann ertönt vom Ressort her Musik. Das alte Männlein schliesst seine Augen und beginnt mit dem Oberkörper und den Armen zu tanzen. Wo schweifen wohl in diesem Moment seine Gedanken hin? Auf einmal verabschiedet sich der Fischer und so wie er gekommen ist, rudert er zurück in die Dunkelheit.

    Tofa, goodbye, auf Wiedersehen bis zum nächsten Abenteuer!

    Evelyne & Christian

     

     

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      Cook Island & Niue

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      Kia orana!

      Mit diesen Worten werden die ausländischen Besucher auf den Cook-Inseln begrüsst. Und mit denselben Worten begrüssen wir dich zu einer weiteren Ausgabe unseres Blogbeitrages.

      Zuerst eine kleine geografische Einführung in die Cook-Inseln:
      Sie gehören zu den südlichen Inseln des pazifischen Ozeans. Es sind 15 Eilande mit einer Landfläche von weniger als 240 km/2, die sich in einer Wasserwüste von der Grösse Westeuropas verlieren. Sie werden unterteilt in eine nördliche und eine südliche Gruppe mit ganz viel Meer dazwischen. 
      Die sechs nördlichen Inseln sind flache Korallenatolle, nicht höher als fünf Meter. Die Hauptinsel der südlichen Gruppe ist Rarotonga. Diese Vulkaninsel ist hügelig und hat zwei Erhebungen bis zu 653m ü.M. Sie hat sehr fruchtbaren Boden, hohe Niederschläge und quillt förmlich über von Blüten und Blumen. Dem gegenüber lockt die zweitgrösste Insel, Aitutaki, mit ihrer türkisfarbenen, kristallklaren Lagune. 
      Zu den südlichen Inseln zählen noch weitere sieben Inseln, die sehr selten von Touristen besucht werden.

      Zur Geschichte: archäologischen Spuren zufolge wurde die Insel Rarotonga erst 800 n. Chr. besiedelt. Vom Jahre 1595 an erfolgten durch Europäer schrittweise die Entdeckungen weiterer Inseln. James Cook, zu dessen Ehren die gesamte Gruppe benannt wurde, sichtete zwischen 1773 und 1779 mehrere Inseln der nördlichen Gruppe, segelte jedoch an der grössten unter ihnen, an Rarotonga, vorbei. 
      Zu Beginn des 19.Jhts. kamen die ersten europäischen Händler auf die Cook-Inseln, ab 1821 begann die christliche Missionierung durch die London Missionary Society. 1888 wurde Rarotonga zum britischen Protektorat erklärt. 1901 wurden die Cook-Inseln neuseeländischer Verwaltung unterstellt. Seit August 1965 sind die Inseln ein selbstverwaltetes Territorium in freier Assoziation mit Neuseeland.  

      Von den südlich gelegenen Inseln haben Christian und ich Aitutaki besucht, von den Inseln im Norden Palmerston.

      Nach drei Tagen Überfahrt von Mopelia nach Aitutaki ist der Anblick der smaragdgrün leuchtenden Lagune eine Augenweide. Wir müssen noch die sehr schmale und sehr seichte Einfahrt richtig passieren. Dann liegen wir einmal mehr im sicheren Hafen. Das Empfangskomitee, die Miss Goodnight und die Rebelle, winkt uns herzlich willkommen. Die anwesenden Yachten sind extra zusammengerückt, so dass Samuri im winzigen Ankerfeld als viertes Schiff gerade noch Platz hat. Das Wiedersehen mit Franz, der schwangeren Svetlana, Katerina und Amanda und Xavier von der Rebelle ist überaus herzlich. 
      Am gleichen Abend noch fahren wir gemeinsam mit den gemieteten 125er Rollern zu einer Hotelanlage und lassen uns von den Bauchtänzen der Frauen und den Feuertänzen der Männer bezaubern - ein wunderschöner Empfang.

      In den folgenden zwei Wochen lernen wir Aitutaki recht gut kennen. Mit unserem Roller kurven wir in jede abgelegenste Ecke der Insel und sausen durch Wald und Feld. Verstohlen holen wir frische Mangos von den Bäumen. Christian schlägt mit der Machette Palmherzen. Oder wir entdecken einladende Cafés, die feinsten Cheesecake servieren, oder wir holpern zum höchsten Aussichtspunkt der Insel auf 124m ü.M.. Unübersehbar in den Dörfern sind die vielen leerstehenden Häuser, oft schon grün überwuchert oder bereits am Zerfallen. Immer mehr Bewohner wandern nach Neuseeland ab, weil sie dort ein besseres Einkommen finden. 

      In Aitutaki ergeben sich ein paar spannende Kontakte mit Einheimischen. Da ist zum Beispiel die ehemalige Österreicherin, die seit 30 Jahren einen biologischen Garten pflegt und ihre Früchte, die selbst gebackenen Kuchen und die feinen Konfitüren an die Umgebung verkauft. 
      Dann treffen wir Bill Tschan, ein Schweizer. Als junger Bursche ist er nach Neuseeland ausgewandert, hat da für eine Versicherungsgesellschaft gearbeitet, seine Frau aus Aitutaki kennen gelernt, vier Kinder grossgezogen und heute, als fast Siebzigjähriger, hegt und pflegt er seinen viele Hektaren grossen botanischen Garten und beliefert die Hotels mit einheimischen Früchten. 

      Mit Ingrid und Greg entwickelt sich eine herzliche Freundschaft. Auch sie erzählen uns ihre Geschichte. Ingrid hat einheimische Wurzeln, lebte aber schon für Jahre in Neuseeland, ist also auch Neuseeländerin. Greg ist Neuseeländer, lebt seit über 10 Jahren in Aitutaki. Ingrid ist Lehrerin und Rektorin der einen Primarschule auf der Insel, Greg ist pensioniert. Er macht jene Reparaturen im Haus oder frönt seinem Hobby als Schreiner. Gerade hat er ein neues Schulschild fertig gestellt, am Strassenrand die Sockel aus Beton gegossen und es professionell montiert.
      Dann kreiert er aus einheimischen Hölzern Schneidebretter oder Messerblöcke. Auf meine Bestellung hin drechselt er vier wunderschöne Essschalen. 
      Das könnte doch der neue Verkaufsschlager für Touristen werden, motiviere ich Greg. Und ich bin mir sicher, dass ich damit einen schlummernden Gedanken in ihm wecken konnte.

      Am Sonntag verbringen wir mit Ingrid und Greg einen gemütlichen Picknicktag auf der unberührten Honeymoon Island. In dieser gemeinsamen Zeit erzählen sie uns mehr über Land und Leute und ihr privates Leben auf der Insel. Was die beiden hier am meisten vermissen, ist ein gesunder Enthusiasmus der Menschen für eine Aufgabe. 
      Ingrid zum Beispiel ist eine sehr engagierte Schulleiterin. Sie hat die letzten zehn Jahre so viel Gutes und Veränderungen im Schulsystem lanciert. Alle schätzen dies sehr. Doch niemand ist bereit, ihre Stelle zu übernehmen. Und Ingrid wird die Schule im Dezember verlassen. 
      Greg erzählt uns ähnliche Beispiele. Die einheimischen Männer liessen das Holz, das der letzte Sturm gefällt hat, lieber verfaulen, als damit etwas zu tun. Das alte Kunsthandwerk der Holzschnitzerei sei immer mehr am Aussterben. 

      So sprudeln uns immer mehr Ideen über die Lippen und Christian und ich ertappen uns, wie wir mit dem Gedanken spielen, hier in Aitutaki etwas aufzuziehen. Mit ein wenig Phantasie gäbe es so viele Möglichkeiten, ein Einkommen zu generieren. Konfitüre aus den besten Früchten, verschiedene Brote oder den frischen Ziegenkäse von der Ziegenfarm liessen sich bestens an die Luxusressorts oder auch nach Neuseeland vermarkten. Und für einen kurzen Moment sind wir für diese Idee hell begeistert. Wenn da nicht der riesengrosse Pazifik wäre, so weit entfernt von der geliebten Schweiz....

      Christian und ich machen bei Ingrid Schulbesuch. Auf der Stelle verwandelt sich der Rechenunterricht in die Geografiestunde. Die Kinder orientieren sich auf der Weltkarte wo die Schweiz liegt und verfolgen mit unserer Hilfe den Weg, den wir mit Samuri bis heute zurückgelegt haben. 
      In der Pause zeigen uns ein paar Schüler den Garten mit den Schweinen und den Ziegen. Sie stellen uns die lustigsten Fragen, wie zum Beispiel: wie habt ihr euch kennen gelernt? habt ihr schon zusammen geschlafen?
      Nach der Pause werden gemeinsam die Zähne geputzt, dann geht der Unterricht weiter. Die Aufgabe ist, verschiedensten Ländern der Erde die Hauptstadt zuzuweisen. Mit einem fröhlichen Schiffslied verabschiedet uns die muntere Kinderschar. 
      Das feine Nachtessen im Pazifik Ressort in Aitutaki mit Ingrid und Greg ist für uns der Abschied von Menschen und einem schönen Fleck Erde, den wir lieb gewonnen haben.

      Schon auf der Überfahrt zum Palmerston Atoll sind wir gespannt, was uns hier erwarten wird. Dazu diese wahre Geschichte: im Jahre 1826 siedelte sich der englische Walfänger William Marsters mit drei polynesischen Frauen auf Palmerston an. Jeder Frau schenkte er einen Drittel der Insel. Aus der Beziehung mit diesen drei Frauen gab es 17 Kinder und 54 Grosskinder. Diese drei Dynastien leben noch heute auf ihrem Drittel des Eilandes.

      Das Atoll hat eine kritische Einfahrt. So liegen am Aussenriff einige Bojen, von denen uns von Bob eine zugewiesen wird. Das heisst, dass wir soeben von Bob's Familie (eine dieser drei) "adoptiert" wurden. Solange wir in Palmerston sind, wird seine Familie für uns sorgen, uns in ihrem Boot an Land holen und uns jeden Mittag in ihrem Haus bewirten. 
      Im Noonsite-Guide haben wir gelesen, dass die Inselbewohner sehr froh sind um Grundnahrungsmittel und Frischwaren. Ein Versorgungsschiff komme nur etwa alle 8 Monate vorbei. So liegen bei uns Zucker, Mehl, Reis, einige Früchte und Gemüse als Geschenke bereit.
      Christian und ich sind perplex. Was wir auf Palmerston antreffen, verwirrt uns. Da gibt es eine riesige Satellitenschüssel, in den offenen einfachen Häusern stehen Flachbildschirme, die Menschen haben Tiefkühltruhen in Reihen. Sie ernähren sich mit Reis, Fischen, Kokosnüssen, Pommes frites, Fleisch, Chips, Glacés, Guetzli und sonstigem süssen Zeugs. Am Ufer liegen nicht mehr die einfachen Holzboote mit Segeln, sondern Schiffe aus Aluminium mit Aussenbordmotoren. 
      Während die Frau von Bob abwechselnd das eigene Kind oder ihren Enkel stillt, führen uns zwei weitere Kinder durch ihren Teil der Insel. Sie zeigen uns ihren Friedhof und die allgemeine Schule, die neuzeitlich aussieht, von Neuseeland bezahlt. 
      Wir werden zum Mittagessen gerufen. Die Gäste essen zuerst, erst dann greift die Familie zu. 
      Kaffee gibt es bei einem Verwandten. Er stellt sich als Bin Laden vor, scheint ein schräger Typ zu sein. Er wollte schon vor Jahren einen Yachtclub eröffnen, doch ausser einer Ruine mit viel Gerümpel rundherum ist nicht viel zu erkennen. 
      Gegen Abend werden wir in die rollende Samuri zurückgebracht. Diese Eindrücke müssen erst mal verdaut werden. 
      Am nächsten Tag trifft das Versorgungsschiff Picton Castle ein. Alle Inselbewohner versammeln sich am Ufer und erwarten Einheimische, Gäste und natürlich viele Nahrungsmittel. Mit innigem Gesang, einer Willkommensrede des Referents und einem Dankesgebet an Gott werden alle herzlich empfangen. Rührend ist, dass auch wir offiziell begrüsst werden.
      Plötzlich wird es hektisch. Die Picton Castle soll entladen werden. Die Waren werden in kleinen Schiffen an Land gebracht. Hier nehmen die Bewohner ihre Bestellungen entgegen und transportieren sie in Schubkarren zu ihren Häusern. Lammfleischstücke aus Neuseeland zum Beispiel werden von Hand, wohlverstanden ohne Verpackung, in den Karren geladen, an der prallen Sonne zum Haus gebracht und dort direkt in die Tiefkühltruhe gekippt. Nach der Arbeit die verdiente Belohnung: Vanilleeis und Kekse.
      Natürlich ist uns bewusst, dass sich die moderne Technik immer mehr über die Welt ausbreitet. Und doch ist für uns der Anblick einer Satellitenstation auf einer kleinen Insel mitten im Pazifik noch gewöhnungsbedürftig.
      Nach drei unvergesslichen und etwas anstrengenden Tagen verabschieden wir uns reich beladen mit Müesli (Ablaufdatum 2011), Rüben, Toastbrot, Pommes frites, Fisch und Eiern von den sehr gastfreundlichen Menschen, denen es an nichts fehlt, wie sie uns versichern.

      Nach 290 Seemeilen entdecken wir brechende Wellen. Wir sichten unser Ziel, das Beveridge Reef. Es liegt mitten im Ozean, ist etwa 10 km lang und 3,5 km breit. Die Tiefe beträgt 10-15 m. Der Grund ist Sandboden, praktisch ohne Korallenstöcke. Hier schmeissen wir den Anker für die nächsten fünf Tage. 360 Grad Rundumsicht - nur tiefer Ozean, im Atoll drin die wunderschönsten Farbspiele der seichten Lagune. Bei Ebbe ist die Riffkante fast trockengelegt, bei Flut schwappen die Wellen über und füllen das Atoll mit viel Wasser. Alle sechs Stunden verwandelt sich der ruhige Ankerplatz zu einem rollenden, den wir nur so gut ertragen, weil wir wissen, dass es in sechs Stunden wieder ruhig sein wird. In der Ruhe koche ich, nähe die Flagge von Niue und in der Zeit der Flut lese oder schlafe ich.

      Nach zwei Tagen trifft die französische Yacht Tereva ein. Michelle und Philippe sind begeisterte Fischer und nehmen Christian eines Nachts bei Ebbe zum Langustenfang am Aussenriff mit. Da bleibe ich doch lieber im Trockenen, beim Essen der Krustentiere jedoch bin ich gerne wieder dabei. 
      Unglaublich beeindruckend ist hier die Klarheit des Wassers. Von Samuri aus können wir die 30 m lange Ankerkette verfolgen und sehen, wie sich der Anker im Sand vergraben hat. Auch beim Schnorcheln haben wir das Gefühl von einer noch nie erlebten Weitsicht.
      Nach fünf Tagen hat auch der Capitano genug von diesem Geschaukel und wir verlassen Beveridge mit einmaligen Eindrücken. 

      Niue ist die nächste Insel, die wir anlaufen. Es ist das zweitgrösste gehobene Korallenatoll der Welt, und beinahe die ganze Insel wird von einem Ring scharfkantiger, zerklüfteter und nahezu undurchdringlicher Kalksteinformationen umsäumt. Ausserhalb des schmalen Riffstreifens fällt die Küste senkrecht ab. 
      Niue ist ein unabhängiger Staat in freier Assoziation mit Neuseeland, welches zuständig ist für die Aussenpolitik und einen grossen finanziellen Beitrag an diesen kleinsten Staat der Welt mit seinen etwa 1600 Einwohnern leistet. 

      Im Jahre 2004, gerade 14 Jahre nach dem letzten Zyklon, fegte der Jahrhundert-Hurrikan "Heta" mit Stärke 5 genau über Niue und beschädigte etwa 90 Prozent aller Häuser. Windstärken bis zu 270 Stundenkilometern und die besondere Form des ansteigenden Küstengrundes verursachten Wellenhöhen bis zu 50 Metern, die bis zu hundert Meter weit ins Land schwappten. Nach dieser unfassbaren Katastrophe hatten viele ehemalige Einwohner von Niue die Kraft und den Mut nicht mehr, ihre Existenz erneut auf diesem Atoll aufzubauen.

      Niue hat keinen Hafen, doch es existiert hier "the biggest, little yacht club in the world". Mit 20 Dollar sind wir dabei und werden Mitglied. Der Yachtclub stellt für die Segler in der geschützten Bucht von Alofi, dem Hauptort der Insel, einige Bojen zur Verfügung.

      Wieder mieten wir ein Motorrad, um die verschiedenen Sehenswürdigkeiten erreichen zu können. Jeden Morgen rücken wir mit der Badeausrüstung und dem Mittagessen im Rucksack aus. Wir wollen möglichst nur einmal am Tag an Land gehen, denn die Anlandemöglichkeit mit dem Dinghi ist hier eine kleine Prozedur. Alle Boote, selbst die Fischerboote, müssen immer ins Trockene gebracht werden. Und das geht folgendermassen: Christian und ich fahren zur Hafenmauer. Ich steige an einer Eisentreppe an Land. Ich bediene den grossen Kran, der auch allen Seglern zur Verfügung steht, und lasse einen Haken hinunter, an welchen Christian das Dinghi anhängt. Christian springt an Land. Ich hebe das Dinghi an, wir laden es auf einen Wagen, fahren damit auf den Parkplatz und laden es ab. Beim Nachhauseweg geht all dies natürlich umgekehrt.

      Niue ist eine Insel zum Wandern. Gut für unsere eingerosteten Seebeine! Alle Wege sind liebevoll beschildert und beschrieben. Und trotzdem ist es immer wieder eine Überraschung, was für ein Bild sich uns nach mühsamem Klettern über unwegsames Gelände oder durch Dschungel eröffnet. Einmal ist es eine faszinierende, bizarre Mondlandschaft, ein anderes Mal erreichen wir eine Palmenoase mitten in Felsblöcken, oder wir landen an einer schroffen, felsigen Klippe, an welcher die wuchtigen Wellen tosend emporschiessen und uns die spritzende Gischt der brechenden Wellen berieselt.

      Die unzähligen Grotten und Höhlen, die sogenannten Chasm, erinnern uns an die Heimat. Oft eröffnen sich hier geschützte Buchten mit glasklarem Wasser zum Baden oder Schnorcheln. Gewöhnungsbedürftig sind die Wasserschlagen. Sie sind sehr giftig, was kein Grund zur Angst sein soll. Sie haben einen kleinen Mund, den sie gar nicht soweit öffnen können, um uns zu beissen, ausser wir würden unseren kleinen Finger hinstrecken.

      Nach einer vielseitigen, aktiven Woche, haben wir alle Sehendwürdigkeiten der Insel besucht. Wir nutzen den zwar stark blasenden Passatwind aus, um vor der angekündigten Flaute die nächste Etappe nach Samoa ohne Motorenhilfe segeln zu können.

      In ein paar Tagen werden neue Abenteuer auf uns warten. 
      Geniesst einen wunderschönen Sommer und seid herzlichst gegrüsst

      Evelyne und Christian

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        Gesellschaftsinseln II

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        Ein herzliches Ia Orana und viel Spass beim Lesen der versprochenen Fortsetzung des Berichtes von den Gesellschaftsinseln.

        Mit leicht raumem Wind und sehr moderaten Wellen erleben Walter und Nicola ihre erste Nachtfahrt von Tikehau nach Moorea. Beide sind voll motiviert und unterstützen Christian und mich abwechselnd in der jeweils dreistündigen Wachperiode.
        Am folgenden Nachmittag wird das ruhige Segeln plötzlich durch das Ausrauschen der Fischerleine unterbrochen. Fisch!! schreit jeder aus voller Kehle und ist sofort zur Stelle. Nicolas "Muckis" sind gefragt. Meter um Meter rollt er den Silk mit dem reissenden Fang daran auf und kämpft gegen die Kraft des Fisches an. Nicola gewinnt und zieht den 11,5 kg schweren Thunfisch "an Land". Danke Fisch! Für unsere nächsten Essen ist gesorgt. 

        In der Passeinfahrt von Moorea begrüsst uns ein grosses Rudel Delphine. Wir legen uns an den ruhigen Ankerplatz, an welchem wir vor ein paar Monaten schon gelegen sind und freuen uns auf eine erholsame Nacht. 

        Wie wir es schon mit anderen Gästen gemacht haben, wollen wir auch mit Walter und Nicola auf Tuchfühlung mit den Stachelrochen gehen. Obwohl wir das Anfüttern von Tieren nicht unbedingt gutheissen, finden wir es positiv, dass die Tiere hier in Freiheit leben, auf eigenen Willen zum Fressen kommen und nicht zu Demonstrationszwecken in Bassins gehalten werden. Es ist eine einmalige Gelegenheit, die graziösen und weichen Rochen so nah sehen und sogar berühren zu können. 
        Mutig stellt sich Walter zwischen die Riffhaie ins schultertiefe Wasser und wird sofort von den bettelnden Rochen umzingelt. Es wimmelt diesmal von sehr vielen Haien, doch sie bleiben in angenehmer Distanz. 

        Auf dem etwa zweistündigen Rundgang zum herrlich gelegenen Aussichtspunkt Belvedère und zurück über die Route Ananas hätten wir Besitzer von vier kleinen Hündchen werden können. Sie springen uns mitten auf der Waldstrasse entgegen und folgen uns auf Schritt und Tritt. Unser Proviant, Crackers und Dörrbananen, wollen sie nicht fressen. So ausgehungert sind sie anscheinend nicht. Doch bestimmt hat jemand die Hunde einfach ausgesetzt, um sie los zu sein. Eine englische Touristin erbarmt sich ihrer, packt sie ins Auto und will sie dem Tierarzt ins Dorf zum Töten bringen. Es wird wohl die bessere Lösung sein als jämmerlich zu verhungern. Doch es tut im Herzen weh.

        Auf unserer Reise werden wir immer wieder mit dem Thema Tierhaltung konfrontiert. Wir fragen uns, was für einen Bezug die Einheimischen zu ihren Haustieren haben. Wir können zum Beispiel nicht begreifen, dass die Menschen auf den einsamsten Inseln ihre Hunde, Schweine, Ziegen, Pferde oder auch Schafe an kurzen Leinen anbinden, obwohl es rundherum riesige Landflächen gibt. Die Hühner halten sie auf engstem Raum auf Drahtgittern ohne jeglichen Auslauf. Sprechen wir die Tierbesitzer auf diese (von uns aus gesehene) Problematik an, reagieren sie mit Schulterzucken oder schauen uns mit grossen Augen an. Unsere Sorge um das Tier kümmert sie nicht wirklich. Schade.
        Wie Christian wenigstens Hio's Hunden ein schöneres Leben bereiten konnte, wirst du weiter unten lesen können. 

        Die Zeit des Abschieds unserer Feriengäste naht. So nehmen wir die letzte kurze Überfahrt von Moorea nach Tahiti unter den Kiel. Der Wind ist gut. Flott rauscht Samuri übers Meer. Sie dann aber im Hafen von Papeete gegen den Wind an den Mooringleinen optimal zu befestigen, fordert uns als Crew heraus. Wie froh bin ich, die starken Männer zu Hilfe zu haben. 
        Die zwei bleibenden Ferientage sind ausgefüllt mit einer Inselrundfahrt und den Einkäufen der letzten Souvenirs für die Daheimgebliebenen. Einmal mehr dürfen wir auf drei glückliche Wochen mit Feriengästen an Bord zurück blicken.

        Die folgende Woche steht Routinearbeit an; Waschen, Putzen und Einbunkern für die nächsten sechs Monate. Daneben geniessen wir aber auch Städterummel und -bummel. Ich besuche mein Freundin Annie vom Kunstladen und Roselyne von der Stoffboutique. Roselyne lädt uns ans Konzert des Konservatoriums von Tahiti ein. Das Thema heisst: "Hommage an die Beatles". Die für die Jugendlichen perfekt arrangierten und mitreissend gespielten 25 Songs lassen uns kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen und bescheren uns einen unvergesslichen Abend. 
        Als wir dann am Sonntag ins Strandhaus von Roselyne zum Lunch eingeladen werden, ist uns definitiv klar, dass sie zu der reicheren Gesellschaft Tahitis gehört. Uns bleiben Mund und Auge offen. Unsereins würde so ein Landhaus sogar auch unter der Woche als Wohnsitz wählen...

        Welcome on Bord, Maja und Heinz! 
        Ein Rundgang durch Papeete, der Besuch der Markthalle, Perlen anschauen, besser noch einkaufen, ein Nachtessen in einem Roulotte und die 120 km lange Inselrundfahrt um Tahiti sind ein Muss. Die ersten beiden Ferientage unserer Freunde sind also bestens ausgefüllt, an einen Jetlag ist gar nicht zu denken. 
        Nun aber ab in ruhigere Gegenden. In Moorea, in der Bay Opunohu, gibt es auf Samuri am Abend Openair-Kino. Wir schauen uns den Film "Die Meuterei der Bounty" an, den uns unsere Gäste mitgebracht haben. Das Witzige daran ist, dass wir genau vor der Kulisse liegen, vor welcher 1984 die Verfilmung mit Mel Gibson alias Fletscher Christian und Anthony Hopkins alias Captain Bligh statt fand. 

        Auf der Fahrt nach Raiatea fangen die beiden Männer am Morgen früh den grössten Mahi Mahi, den wir je an Bord gezogen haben: 1,30m lang und 14kg schwer. Schlemmen in Form von Sashimi, Poisson cru und Fisch vom Grill ist angesagt. 
        Von Maja und Heinz werde ich in der Küche stets tatkräftig unterstützt. Die beiden schenken mir sogar zwei Verwöhntage, an welchen ich überhaupt nicht mal in die Pantry blicken darf. Einfach wunderbar!

        Südlich von uns zieht ein Tiefdruckgebiet durch, das uns einigen Regen bringt. So nutzen wir die trockenen Momente, um einen Aussichtspunkt zu besteigen und um die wichtigste und grösste bekannte Kultstätte FP's, das Marae Taputapuatea, zu besichtigen. Diese Anlage wurde im 17. Jh. errichtet und war der Gottheit Oro gewidmet. 
        Die Regentage lassen uns auch länger am Tisch sitzen als üblich. Es ist die gute Gelegenheit für Maja und Heinz, uns über unsere Erfahrungen als Langfahrtensegler zu befragen. Die beiden haben nämlich ein interessantes Projekt in dieser Richtung am Laufen und sind deshalb sehr froh über diesen Gedankenaustausch.  

        Die Insel Tahaa, auch Vanilleinsel genannt, liegt in der gemeinsamen Lagune und nur 3km nördlich von Raiatea. Hier werden etwa 80% der Vanille aus FP produziert. Bei Alain, einem hängen gebliebenen französischen Segler, der mit seiner italienischen Frau Christina seit mehr als 30 Jahren hier lebt, buchen wir eine Tagestour. Alain führt uns zuerst durch sein offenes Haus und den üppigen Garten. Er benennt uns jeden Baum und erzählt uns über die medizinische Wirkung vieler einheimischer Pflanzen. Dann geht es mit dem Offroader auf holprigen Wegen in die Berge. Mit liebevoller Geduld geht der Biologieunterricht weiter. Als Zwischenverpflegung offeriert uns Alain die süssesten tropischen Früchte, Kokoswasser und Zitronentee. 

        Bora Bora, die "Postkarteninsel" mit den aquamarin, türkis bis smaragdgrün leuchtenden Lagunen und der markanten, grünen Bergsilhouette eines halb versunkenen Vulkans ist einfach märchenhaft. Hier können Maja und Heinz nochmals richtig die Seele baumeln lassen, bevor sie zu ihren Alltagspflichten in die Schweiz zurück kehren müssen. 

        Wieder allein auf Samuri verfolgt Christian in Bora Bora täglich den Wetterbericht. Es herrscht Aufbruchstimmung. Wir möchten zur Insel Maupiti segeln. Dazu brauchen wir Wind aus östlicher Richtung und eine ruhige See, denn die Einfahrt in dieses Atoll ist kritisch und nur bei sehr niedrigem Wellengang möglich. Die Windverhältnisse sind gut. Trotzdem holt sich Christian am Morgen kurz vor dem Ablegen bei einem Einheimischen noch telefonisch Informationen über den aktuellen Zustand der Passeinfahrt ein. Upps, es sieht schlecht aus. Sechs Meter hohe Wellen sollen sich überschlagen, an eine Passage sei nicht zu denken!
        Was nun? Kurzerhand beschliessen wir, Maupiti wohl oder übel ohne Besuch zu passieren und direkt zur letzten Insel in Französisch Polynesien, nach Mopelia, zu segeln. Der Capitano will sich persönlich ein Bild der Passeinfahrt verschaffen und plant deshalb die Route möglichst nahe an Maupiti vorbei. Er findet seine Bestätigung. Eine Durchfahrt mit Samuri hätte definitiv in einer Havarie geendet.

        Am Morgen des folgenden Tages liegen wir in Mopelia sicher vor Anker. Zur Zeit wird dieses Atoll nur von zehn Menschen bewohnt. Wir suchen die Familie Raioho im Norden auf. Wir lernen Mutter Adrienne, Sohn Hio und die Tochter Faimano kennen. Zum herzlichen Empfang schmücken sie uns mit einer wunderschönen, selbst gemachten Muschelkette und zeigen uns ihr Haus und die soeben eingefangene Kokoskrabbe, die sie zum Nachtessen kochen wollen. Es ist selbstverständlich für die Familie, dass sie diese Delikatesse mit den Seglern teilen möchte. So sitzen wir schon am ersten Abend an einem reich gedeckten Tisch im Kreise der warmherzigen Inselbewohner und zwei anderen Seglerehepaaren. 

        Am nächsten Tag lernen wir die zweite Tochter von Adrienne namens Puaiti kennen. Sie arbeitet und wohnt bei ihrem Vater in Maupiti. Da es zwischen dieser Insel und Mopelia keine offizielle Schiffsverbindung gibt, sind Segler oft die einzige Möglichkeit, Personen, Lebensmittel oder andere Güter von der einen Insel zur anderen zu bringen. Und so hat es auch Puaiti gemacht, um ihre Familie wieder einmal zu sehen. 

        Heute ist um 17 Uhr Treffpunkt bei Adrienne. Hio nimmt die Männer, mit Taschenlampe und Speer bewaffnet, mit auf Lobsterfang am Aussenriff und wir Frauen gehen im Palmenwald auf Kokoskrabbenjagd. Glücklicherweise zeigt sich uns kein grosses Tier, denn zwei Stunden später präsentieren uns die erfolgreichen Männer 13 Lobster. 
        Adrienne setzt den grossen Topf mit Wasser auf das Feuer und die letzte Minute der Panzertiere hat geschlagen. 
        Auf dem Herd brutzeln selbstgemachte Donats und eine Pfanne Reis. Hio mischt schwungvoll eine Senf-Soyasauce mit Zwiebeln und Knoblauch zusammen und strahlt dabei wie immer über das ganze Gesicht. Er scheint überglücklich. Vielleicht hat er auch schon etwas zuviel Marihuana geraucht....
        Die Tafel ist aufgetischt. Hio spricht das Tischgebet und dann stürzt sich die ganze Meute aufs Essen. Für die Familie ist es eine grosse Ehre, die Segler bewirten zu dürfen. Gerne teilen sie, was die Natur ihnen schenkt. Unübersehbar strahlt diese Freude aus ihren Augen und ihren Herzen. Im Magen gesättigt und im Inneren berührt über diese gelebte Offenheit legen wir uns schlafen.

        Christian und ich wollen uns für diese unbezahlbare Gastfreundschaft erkenntlich zeigen und beschliessen, Hio einen Tag bei seiner Arbeit zu unterstützen. Er nimmt uns am Morgen in seinem Auto mit zum Arbeitsplatz. Man stelle sich ein etwa 20-jähriges Auto vor, halb am Zerfallen, halb verrostet. Ein Kanister dient als Benzintank und steht vorne auf der Motorhaube, die Pneus sind halbe Slicks, die Fenster sind blockiert, falls es überhaupt noch welche gibt, wenn ich meine Füsse vorne auf den Boden stelle, spüre ich den Stossdämpfer, die Polster sind durchgeritten usw. Es ist ein absolutes Unikum. Aber es fährt. Durch Sand, über Schottersteine und durch den Wald bis zu Hio's Haus im Süden der Insel. Mit Gegenverkehr mussten wir nicht rechnen, denn dies ist das einzige Auto auf der Insel...
        Hio bearbeitet täglich die Kokosnüsse, die er auf seinem Land einsammelt und verarbeitet sie zu Kopra. Die verschiedenen Schritte der Herstellung hat Christian in der Fotogalerie für dich eins zu eins dokumentiert. 
        Bei jedem dieser Handgriffe können wir aktiv mithelfen. Zwischendurch gibt es einen Regenguss, welchen Hio dazu benutzt, sich eine Zigarette aus Haschis zu drehen. Scheint die Sonne wieder, geht auch die Arbeit weiter. 

        Hio hält bei seinem Haus 3 Hunde. Alle sind an Leinen angebunden, die völlig verzwirnt sind und dem Tier fast die Luft nehmen. Hio sagt, die Hunde sind wenigstens am Leben. Liesse er sie frei laufen, würden sie die Hühner des Nachbarn fressen und der Nachbar würde die Hunde sofort töten. Dass die Hunde aber unglücklich sind, ist sichtbar und hörbar. 
        Christian tüftelt nach einer tiergerechten Lösung und findet eine. Er spannt auf etwa 2 Meter Höhe eine lange Leine von einem Baum zu einem anderen, für jeden Hund eine eigene. Auf diese Leine zieht er eine Rolle, an welcher der Hund an seiner langen Hundeleine angebunden wird. In der ganzen Spannlänge hat der Hund nun Auslauf von etwa 20 Metern.

        Und immer wieder heisst es Abschied nehmen. Es fällt uns nicht leicht, uns von so lieben Menschen zu trennen. Die Tochter Faimano nämlich habe ich richtig ins Herz geschlossen. Sie schenkt mir zum Abschied ein Prachtstück von einer Muschelkette. Mit Tränen in den Augen drückt sie "ihre zweite Mama" und wir winken einander, bis wir uns nicht mehr sehen.

        Von uns wirst du das nächste mal aus den Cook Islands hören.

        Sei bis dann herzlichst gegrüsst
        Evelyne & Christian

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          Tuamotus III

          hier geht's zur Bildergalerie

           

          Christian schreibt:

          Mein Aufenthalt über Weihnachten und Neujahr in der Schweiz war kurz aber schön. Wir durften auf über 800m bei meiner Schwägerin Irène in Schwarzenberg wohnen und kamen vom ersten Tag an in den Genuss einer herrlichen Winterpracht. Das war nach vielen Monaten im tropischen Klima ein schöner Kontrast.

          Mit einigen Extrapfunden Reserve um die Hüfte (an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an all unsere Freunde, die uns liebevoll und sehr fürstlich bewirteten), stieg ich Mitte Januar nach einer langen Reise in Tahiti aus dem Flieger. Im ersten Moment schlug mir feuchtwarme Luft entgegen, die sich anfühlte, wie wenn man ins Dampfbad steigt. Dann ein Blick auf die sattgrünen Berge und die vielen blühenden Bäume und Sträucher, und ich war glücklich, wieder hier zu sein. 

          Die erste Woche logierte ich im Fare Suisse in Papeete und klapperte viele Schiffsausrüster, Werkzeughändler und Warenhäuser ab, um das notwendige Material für die anstehenden Reparaturen und Wartungsarbeiten zusammen zu tragen. Ich besorgte mir auch eine grosse Menge an Früchten und Gemüse, denn auf dem Apataki Atoll war ausser Kohl und Zwiebeln nichts zu bekommen. Beni, der sympathische Inhaber des B&B Fare Suisse staunte nicht schlecht ab der Menge Kartonkisten, die er mit mir zum Hafen chauffierte. 
          Dort bestieg ich wiederum den zweiwöchentlich zwischen Tahiti und einigen Tuamotu Atollen verkehrenden Frachter Cobia. Zwar waren mir die unangenehmen Bedingungen von der Rückreise im November noch sehr präsent, doch da ich viel Material bei mir hatte und die Fahrt dieses mal innert 24h direkt nach Apataki ging, war es für mich erträglich.

          Mammi und Assam, die beiden liebevollen Grosseltern der Familie Lau, begrüssten mich herzlich im Dorf von Apataki und boten mir eine Matratze im Wohnzimmer zum übernachten an. Erst am nächsten Tag ging es mit ihrem Motorboot zum 10 Meilen entfernten Motu, auf dem ihre Werft und unsere Samuri liegen.
          Dort empfingen mich Alfred der Boss und seine beiden Söhne Toni und Torea, sowie der ehemalige Segler Philippe, der als Freund der Familie einige Wochen bei ihnen wohnte und mitarbeitete. Unter anderem brachte er Torea das Imkern bei. Schon letztes Jahr hatten sie 3 Bienenhäuschen erstellt und jetzt war es das erste mal an der Zeit, dunklen, aromatischen Palmblütenhonig zu ernten.
          Bernadette und Armel kannte ich bereits vom letzten Jahr, sie waren das einzige Seglerpäärchen, das über die Zyklonsaison auf Apataki blieb. Ansonsten war die Werft verwaist, alle anderen Eigner der ca. 20 aufgebockten Yachten weilten noch anderswo.

          Natürlich war ich sehr gespannt, wie es Samuri geht und wie sie aussah. Und ich wurde positiv überrascht. Äusserlich sauber, nur das Cockpit war voll mit vom Sturm herumgefegtem Grünzeug. Auch innen war alles einwandfrei, trocken und ohne Schimmel. So hatte ich es mir gewünscht und war erleichtert, dass keine Sturmschäden zu beklagen waren. Denn Samuri war während des Landaufenthaltes für Zyklonschäden nicht versichert.
          Als ich dann jedoch die geglückte Ankunft meiner Liebsten mit dem Satelliten-Telefon mitteilen wollte musste ich feststellen, dass das Gerät nicht den kleinsten Pieps von sich gab. Oh Schreck, denn auf dieses Kommunikationsteil waren wir insbesondere auf hoher See zwecks Wetterdatenempfang absolut angewiesen. Ich schraubte das Bedienteil und das Hauptgerät auf, blickte jedoch mehr oder weniger ratlos auf Printplatten und sauber verlötete Kabel. Es gab nichts, worauf ich als Elektronik-Laie einen Fehler hätte schliessen können und packte frustriert die Anlage in Schachteln. 
          Mit Alfred's Handy konnte ich trotzdem Emailen und versuchte einen Versand und eine Reparatur des Geräts in Neuseeland oder USA zu organisieren.
          Da das alles sehr aufwändig war, packte ich das Gerät nach ein paar Tagen nochmals aus um ein letztes mal zu testen, ob es tatsächlich mausetot war. Und siehe da, am Hauptgerät liess es sich starten und funktionierte doch wieder! Rätselhaft - deshalb bevorzuge ich Mechanik, dort sind im Gegensatz zu Elektronik Fehler und Schäden sicht- und reparierbar. 

          Bis zum März dauert im Südpazifik die Regenzeit, und die bekam ich voll zu spüren. Besonders während den ersten Wochen war das Wetter sehr wechselhaft. Es regnete nicht konstant, sondern mehrmals täglich kurz und in tropischer Heftigkeit. Dazwischen brannte erbarmungslos die Südsee-Sonne, die kein Arbeiten ohne Schattenschutz zuliess. Das ganze Hin und Her bedeutete laufend alle Luken am Schiff auf und zu machen, was meine Arbeitseffizienz deutlich reduzierte. 
          Zusätzlich erschwert wurde uns das Leben durch die blutrünstigen Moskitos, von denen es an Land und um diese Jahreszeit Unmengen gab. Die Polynesier schützen sich vor den Plagegeistern, indem sie Kokosnusshälften in Metallfässern motten lassen. Der somit produzierte Rauch vertreibt die Viecher zwar kurzfristig, dafür atmet man selbst den Rauch ein und stinkt wie eine Rauchwurst.

          Am eigenen Leib erfuhr ich, weshalb in südlicheren Ländern die Uhren etwas langsamer ticken. Bei der Hitze geht es einfach nicht schnell und es ist sinnvoll, Randstunden am frühen Morgen oder am Abend zum Arbeiten zu nutzen.
          Gut sechs Wochen blieben mir, um meine vier Seiten lange Pendenzenliste abzuarbeiten. Es gab einige Reparaturen vorzunehmen, doch mehrheitlich habe ich mir Wartungs- und Verbesserungsarbeiten zum Ziel gesetzt.     
          Laminier- und Gelcoat-Arbeiten, Unterwasseranstrich ausbessern, Rumpf und Deck polieren und wachsen, Motorenservice, Antriebswellendichtung wechseln, neue Wasserhahnen montieren, Kittfugen erneuern, viele Dellen im Holzboden ausbessern und vieles mehr - ein Schiff im Salzwasser und in der Tropensonne gibt endlos Arbeiten auf.

          Obwohl es mir an nichts fehlte, wurde ich von Alfred und Pauline fürsorglich betreut. Immer wieder hielten sie mir einen Fisch, eine Papaya oder eine Languste zu und hin und wieder sassen wir vor ihrer Bretterbude (es Haus zu nennen wäre übertrieben) im mit Flaggen aus aller Welt geschmückten Unterstand direkt am Strand, mit südseeromantischem Blick auf die Lagune und die sich weit dahin ziehenden Palmenstrände. 
          Da wurde bei einem kühlen Hinano-Bier oder Pastis geplaudert und gescherzt, über die lokalen und französischen Politiker geschimpft und auch etwas über die lang anhaltende Wirtschaftskrise geklönt, die sich scheinbar bis zum hintersten Atoll bemerkbar macht.
          Abends ratterte der Dieselgenerator, der Wasser pumpt und für Licht sorgt. Damit wird unter anderem auch Tonis Getoblaster gespiesen, der meistens mit voller Lautstärke das halbe Atoll mit dröhnender Popmusik und wummerndem Bass beschallte. Wie schön und passender für meine Ohren, wenn Pauline tagsüber lokale, lieblich klingende Musik laufen liess.

          Das Leben ist sehr einfach auf so einem Atoll und für eine begrenzte Zeit, besonders für uns Europäer, sicherlich reizvoll. Die Einwohner scheinen zufrieden zu sein. Vermutlich auch dank den grosszügigen Finanzspritzen Frankreichs, das sein Überseedepartement teilweise mit einer europäisch vergleichbaren Infrastruktur ausstattete und vielen Einheimischen ein gemächliches und sorgenfreies Leben ermöglicht. 
          Trotzdem wird mir bewusst, dass ich so nicht anhaltend leben möchte oder könnte, es fehlt einfach an sozialem und kulturellem Ausgleich.

          Die Tage und Wochen zogen rasch dahin. Ich genoss für einmal mein Strohwitwerleben und das Arbeiten, das ich mir nach Lust und Laune einteilen konnte.
          Mit der Zeit vermisste ich meine Evelyne jedoch immer mehr und obwohl ich wusste, dass ihr der Abschied aus der Schweiz gar nicht leicht viel, war ich glücklich, sie gegen Ende Februar am Flughafen von Apataki in die Arme schliessen zu können.

          Ich konnte Evelyne eine in neuem Glanz strahlende Samuri präsentieren und gemeinsam erledigten wir die letzten Arbeiten, um das Schiff Anfangs März wassern zu können.
          Dieser Akt war wiederum etwas abenteuerlich. Doch das eingespielte Team von Alfred, Toni und Torea machte einen guten Job und setze Samuri sanft in ihr Element zurück.

          Motoren starten - sie liefen wunderbar an - und langsam schoben wir uns vom Schlitten ins tiefere Wasser und legten uns draussen an eine Boje. Welch ein Genuss, endlich wieder eine frische Brise um die Ohren und keine Moskitos mehr zu haben! Dafür krabbelten überall Ameisen im Schiff herum. Wir konnten an Land nicht verhindern, dass diese Tierchen an Bord kamen. Von wirklich schädlichen oder ekligem Getier wie Ratten oder Kakerlaken blieben wir jedoch zum Glück verschont.
          Ebenso hatten wir 7-8 Gekkos an Bord von denen wir uns erhoffen, dass sie unsere Ameisenplage lösten. Leider war dem nicht so, aus irgend welchen Gründen verschmähen Gekkos diese Krabbler. Als wir nach einiger Zeit feststellten, dass es auf See an anderen Insekten mangelt und unsere lieblichen Gekkos hungerten, startete ich eine Gekko-Einfangaktion und setzte sie etappenweise in Rangiroa und Tikehau an Land aus.

          Jetzt habe ich bereits etwas vorgegriffen. Am Tag nach dem Wassern überprüfte ich den Zustand der Motoren und Bilge. Was war denn das, aus einem Luftfilter tropfte Wasser? Salzwasser! Mein Blutdruck und Puls stiegen merklich an und nach Entfernen des Auspuffschlauchs bestätigte sich die schlimme Vorahnung, dass der ganze Motor mit Salzwasser voll war. Das ist etwas vom Übelsten, was passieren kann und richtiges und schnelles Handeln ist entscheidend um grössere Schäden am Motor zu verhindern.  Diesen Fall hatte ich noch nie und wusste auch nicht genau wie vorgehen. Ich fragte über Funk Andreas, einen anderen Schweizer Segler, der mittlerweile eingetroffen ist, an, ob er Rat wüsste. Er auch nicht, aber seine neuseeländische Partnerin Janet meinte, sie kenne einen Dieselspezialisten zu Hause. 
          Diesen Max aus Whangarei durfte ich gleich mit dem Satphone anrufen und erhielt von ihm eine äusserst hilfreiche Anleitung, wie ich nun vorzugehen hatte. Es bedeutete zwar eine halbe Zerlegung des Motors, doch nach einigen Stunden Arbeit konnte ich am Abend den Motor wieder starten und befriedigt feststellen, dass er noch einwandfrei lief.

          Ähm, wie geht es eigentlich dem anderen Motor? Klar doch, auch der war voll gesoffen. Aber diese Arbeit schob ich für den nächsten Morgen hinaus.

          Wie konnte das passieren? Wespen hatten von aussen die kleine Entlüftungsöffnung, die es vom Syphon des Motors braucht, mit einer Erdmasse zugestopft. Dadurch entstand nach dem Abkühlen der Motoren ein Vakuum und es saugte Meerwasser durch den Auspuff an. Tja, so können einem kleine Tierchen eine Menge Ärger bereiten - aber schlussendlich ging auch dieses Erlebnis gut aus.
          Ach ja, da war ja noch ein weiterer Schreck. Als ich am Reparieren des zweiten Motors und Evelyne in der Küche beschäftigt war, klopfte es an die Bordwand. Torea stand draussen in seinem Dinghi und fragte uns, ob wir nicht bemerkt hätten dass wir frei trieben?
          Unglaublich aber war, die Leine der Boje war zerrissen obwohl es keinen starken Wind hatte und wir trieben bereits gut 300m von unserem ursprünglichen Liegeplatz weg. Zum Glück bemerkten das die Leute an Land und warnten uns, bevor wir hart auf eine Koralle oder Land aufgelaufen wären.  

           

          Evelyne schreibt:

          Mein Heimaturlaub ist vorbei. 
          Christian war bei seiner Abreise sehr glücklich, mir dagegen fiel der Abschied von Zuhause wirklich schwer. Ich wusste, dass ich auf die andere Seite der Erde fliegen und mich in mein völlig anderes Leben zurück begeben werde. Dafür habe ich mich entschieden. Doch ich konnte es mir nicht mehr vorstellen. Nach den drei Monaten in der Schweiz war das Leben auf Samuri für mich weit weg.

          Am Samstagmorgen, den 23. Februar um 5.30 Uhr setze ich meine Füsse nach 36 Stunden problemloser Reisezeit auf polynesischen Boden. Im heftigen Gegensatz zu den klimatischen Bedingungen in der Heimat setzen mir die 30 Grad Wärme, 70% Luftfeuchtigkeit und die Müdigkeit arg zu. Wie froh bin ich, die nächsten zwei Tage in Ruhe in Papeete verbringen und mich an die neue Situation anpassen zu können. 
          Ich wohne im Hotel, habe Internetanschluss und kann in der Stadt bummeln gehen. Ganz bewusst geniesse ich diesen Luxus noch, bevor ich dann am folgenden Montagmorgen den Inselhopper nach Apataki in den Tuamotus besteige. Hier wird mich das andere Leben erwarten. 

          Christian empfängt mich freudenstrahlend mit offenen Armen und schmückt mich mit einer herrlich duftenden Blumenkette. Körper, Herz und Seele sind gelandet!

          Ich bin überwältigt von Samuri. Sie glänzt wie neu, aussen wie innen. Christian hat wirklich viel gearbeitet und all sein Können und die Leidenschaft für seinen Traum in Samuri gesteckt. Meine jetzt noch anstehenden Aufgaben bestehen aus Näharbeiten, den Haushalt zu ordnen und unserem Häuschen die verlorene Gemütlichkeit wieder einzuhauchen.

          Während der ersten Woche auf dem Wasser üben sich Christian und ich wieder in unseren Aufgabenbereichen ein und wir werden mehr und mehr das alte, eingespielte Team. Wir wollen doch bereit sein für unseren ersten Besuch. Mein Schwiegervater will uns zum dritten Mal auf einer Etappe begleiten. Doch kurz vor seinem Abflug erwischt ihn eine heftige Grippe und er muss diesen lang ersehnten Traum der Südsee aus Vernunftgründen und schweren Herzens begraben. 

          In den folgenden drei Wochen pflücken wir uns in den Tuamotus die Rosinen heraus. Gezielt wollen wir diverse wunderschöne Ankerplätze nochmals anlaufen. 
          Im Atoll Toau in der Anse Amyot kaufen wir von unseren Freunden Valentine und Gaston frisch präparierte Filets von Papageienfischen. Nach gemütlichem Zusammensitzen müssen wir uns leider definitiv von ihnen verabschieden.
          Im Dorf von Fakarava geniessen wir im Havaiki Ressort, in welchem wir meinen letztjährigen Geburtstag gefeiert haben, den herrlichen Poisson cru. 
          Beim Süd-Pass von Fakarava legen wir uns an eine Boje, schnorcheln nochmals ausgiebig mit den äusserst zahlreichen Riffhaien und bestaunen die kunterbunte Fischvielfalt. Vom Tauchgang im Pass kommt Christian ganz glücklich und mit vielen eindrücklichen Bildern zurück.

          Für die Nachtfahrt nach Rangiroa hätte sich der Capitano gerne mehr Wind gewünscht. Doch als er dann frühmorgens den grössten Mahi Mahi an der Angel hat, den er je gefischt hat, strahlt er wieder. 

          Am Sonntag, den 24. April, holen wir Christians Stiefsohn Nicola und dessen Vater Walter in Rangiroa vom Flughafen ab. Vom ersten Ferientag an halten mich die drei Männer auf Trab. Es sind zu meiner Freude alles gute Esser. Zu Christians Freude sind beide technisch sehr versiert und die Fachsimpeleien sind für diese und jene kleine Wissenslücke in diesem Gebiet für ihn sehr wertvoll. 

          Bevor wir Rangiroa adieu sagen, lassen wir es uns kulinarisch nochmals gut gehen. Umrahmt von polynesischen Tänzen und Trommelmusik geniessen wir die Vollmondnacht und schmausen vom reichhaltigen Buffet im Ressort Kia Ora.

          Wie alle neuen Gäste werden auch Walter und Nicola in die Bordregeln eingefuchst und bekommen eine Sicherheitseinführung.  Das Ganze muss sitzen, denn mit den beiden ist die Nachtfahrt von Tikehau nach Moorea geplant. Um sich sicher zu sein, übt der Capitano auf der ersten Tagesfahrt nach Tikehau doch lieber ein "Mann über Bord Manöver" eins zu eins.....

          Tikehau ist auch für Christian und mich ein Atoll, das wir nicht kennen. Hier soll es einen Platz geben, wo sich die Mantas den Körper von speziellen kleinen Fischen von Parasiten befreien lassen. An drei hintereinander liegenden Tagen sausen wir mit dem Dinghi zu dieser sogenannten Putzerstation und haben Glück, wenigstens einmal einen Manta beobachten zu können. Es sind schon unglaublich graziöse Tiere.

          Am Ostersonntag besuchen wir und noch ein paar andere Fahrtensegler den protestantischen Gottesdienst. Männer und Frauen sitzen getrennt und schauen sich in den so arrangierten Kirchenbänken an. Zur Freude des Pfarrers ist die Kirche voll wie sonst nie. Wir Ausländerfrauen dürfen zu Beginn in die Mitte stehen und werden von allen einheimischen Frauen mit Küsschen empfangen, was bei diesem heissen Sonntag nicht unbedingt angenehm ist. Doch wir werden herzlich in den Gottesdienst integriert, in welchem lauthals gesungen und fröhlich Gitarre gespielt wird.  

          Es wird Zeit, die Tuamotus Atolle endgültig zu verlassen und wir segeln bei ruhigem Wetter und angenehmen Wellen Richtung Gesellschaftsinseln.

          Fortsetzung folgt...

          Bis dann, herzlichst  Evelyne & Christian

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