Törnberichte

Neuseeland I

  • Montag, 5. Mai 2014
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Endlich schicken wir ein Lebenszeichen von uns - vom anderen Ende der Welt - aus Neuseeland. Es geht uns wunderbar. Wir haben eine zweimonatige Landreise hinter uns, die wir dir in zwei Teilen berichten werden.

Folgenden Abschnitt zitiere ich aus unserem Reiseführer:
"Neuseeland, ein Land mit zwei Inseln, voller zerklüfteter Küsten, urzeitlicher Wälder, schneebedeckter Hochgebirge, gletschergespeister Seen, Geysire und Vulkane. Inmitten dieser atemberaubenden Landschaften existiert eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, die sich einer für lange Zeit ungestörten Entwicklung verdankt.
Von diesem Hintergrund ist die schier grenzenlose Vielfalt an Aktivitäten wenig überraschend: vom stimmungsvollen Bummel am windgepeitschten Strand über mehrtägige Wanderungen bis zu Adrenalin fördernden Unternehmungen wie Bungy-Jumping, Skifahren und Seekajak- oder Wildwasserfahrten.
Die verschiedenen Reiseziele sind relativ leicht erreichbar, da die gesamte Landmasse nur geringfügig grösser ist als Grossbritannien. Das Land hat lediglich 4,3 Mio. Einwohner, von denen mehr als die Hälfte in den drei grossen Städten Auckland, Wellington und Christchurch lebt."
Das tönt doch viel versprechend, nicht? Also los!

Unser "Truckli", ein 28-jähriger Toyota Hiace, irgendwann von irgendjemandem liebevoll zum Campervan umgebaut, ist gepackt. Wir können damit (hoffentlich pannenlos) fahren, darin wohnen, kochen, abwaschen, schlafen und Toilette machen. Wir sind somit self-contained, was heisst, dass wir unser Abwasser in einem Tank auffangen und für die Umwelt keine Belastung sind. Wir müssen also nicht jede Nacht einen Campingplatz aufsuchen. Wir dürfen irgendwo frei in der Natur übernachten, wenn nicht ein Schild "Camping verboten" angebracht ist.
Wir starten den Motor am 13. Februar. Christian ist der Chauffeur und fährt unser vollbeladenes Truckli mit Steuerradschaltung ohne Servolenkung souverän. Neuseeland ist ein Land für Camper. Das Strassennetz ist sehr gut ausgebaut, die Strassen sind breit und bei Passstrassen gibt es alle paar Kilometer eine Überholspur. Das beruhigt uns sehr, denn Truckli schleppt sich nur ganz mühsam Steigungen hoch, während Talfahrten ganz rassig scheppern.
Whangarei, unser Startort, liegt an der Ostküste der Nordinsel. Unterwegs Richtung Süden passieren wir Auckland, dessen Besichtigung wir uns aber gegen Abschluss der Reise aufsparen. Schon bald durchfahren wir Naturland, Wiesen, Felder und Wälder, die uns an die Schweiz erinnern. Gegen Abend suchen wir einen Übernachtungsplatz auf und machen die ersten Erfahrungen mit dem Campingleben.

Es schläft sich ganz gut in unserem Häuschen und die Nacht war von der Temperatur her angenehm. Also packen wir nach einem kräftigen Frühstück unsere sieben Sachen zusammen und weiter geht es. So gestalten sich die Tage der nächsten Wochen etwa in folgendem Rhythmus: aufstehen, frühstücken, Weiterfahrt bis zu einer Sehenswürdigkeit oder einem Wandergebiet und dazwischen natürlich öfters mal eine Pause für Blasenentleerung oder Kaffeetrinken.
Die Kaffeekultur Neuseelands entspricht übrigens ganz unserem Gusto. Es gibt viele einladende Cafés, die vom Espresso über den "flachen Weissen" bis zum Latte Macchiato mit Soyamilch servieren. 
Und gegen Abend quartieren wir uns in der neuen Übernachtungsstelle ein. Im weiteren Text versuche ich nun, die Höhepunkte unserer Reise heraus zu picken und dabei ein paar Informationen über Neuseeland einzuflechten.

Wir wollen auf der Nordinsel der Westküste entlang nach Süden reisen.
In Otorohanga besuchen wir einen Vogelpark. Neben einem grossen Aussengehege, das fast alle in Neuseeland heimischen Vogelarten beherbergt, bestaunen wir in einem Kiwi-Nachthaus den menschenscheuen Laufvogel. Dieser braune, flugunfähige, aber muskulöse Kiwi ist das Nationalsymbol Neuseelands. Es gibt nur noch knapp 70'000 Exemplare dieses Vogels und die Zahl der wild lebenden Tiere sinkt weiter. Hunde, Possums, Ratten und Wiesel sind ihre grössten Feinde. Sie fressen auch die Eier der Kiwis.
Es ist fast unmöglich, einen Kiwi in der freien Natur anzutreffen, da diese Vögel nachtaktiv sind und ungefähr 20 Stunden pro Tag schlafen, wodurch sich die durchschnittliche Lebenserwartung von 20 bis 25 Jahren erklärt.
Im Naturparadies rund um den Rotokare Lake haben vor Jahren freiwillige Helfer einen 8km langen Zaun angelegt, der einen guten Meter tief in den Boden reicht und etwa 4m hoch ist. Sie wollten damit ein Schutzgebiet für die Kiwis schaffen. Der Spaziergang rund um den See ist sehr idyllisch, das Vogelgezwitscher so fröhlich und die frische Luft durch Feld und Wald tankt Brust und Herz mit neuer Energie voll.

Unvergesslich bleiben uns die Waitomo Caves. Waitomo heisst "Schacht, durch den Wasser eintritt". Es sind Höhlen mit grandiosen Karstformationen. Der bis heute noch andauernde Prozess der Höhlenbildung geht auf das Zusammenspiel von Regenwasser und Kohlendioxyd aus der Luft zurück, die zusammen eine schwache Säure bilden. Je mehr Kohlendioxyd vom Boden absorbiert wird, desto konzentrierter wird die Säure, die den Kalkstein schliesslich zerfrisst und damit Risse und Fugen vergrössert. Im weiteren Verlauf dieses Prozesses bilden sich ganze Höhlen heraus, wie sie heute zu sehen sind. Ein Führer begleitet uns mit seiner begeisternden Art auf befestigten Wegen durch eine dieser Höhlen. Wir bestaunen die interessantesten Formationen von Stalaktiten und Stalagmiten. Dann steigen wir in der Dunkelheit in ein Holzboot. An Drähten, die quer durch die Höhle von Wand zu Wand gespannt sind, lenkt der Führer das Boot mit seinen Händen geschickt durch die letzte grosse Höhle. In absoluter Stille gleiten wir auf dem Fluss. Die Decke ist erleuchtet von abertausenden von Glühwürmchen. Es ist ein märchenhaftes Bild, das wir staunend als kleines Naturwunder auf uns wirken lassen. Das Tageslicht am Höhlentor zerstört den kurzen Traum.

Ein neuer Tag, ein neues Erlebnis. In der Nähe von Turangi besuchen wir die Tokaanu Thermal Pools. Da gibt es ein öffentliches Thermalbad und ein paar kleine Privatbecken. Wir gönnen uns eine wohltuende Entspannung und schmachten für 20 Minuten in 42 bis 45 Grad. Das Wasser stinkt sehr nach Schwefel und weist eine etwas gewöhnungsbedürftige undurchsichtig grünbraune Farbe auf. Darin schweben schwarze Fäden, die wie Asche aussehen und auf der Haut kleben bleiben. 
Danach schreiten wir den Pfad ab, der im Gebiet hinter der Badeanlage angelegt ist. Aus kleinen und grösseren Erdlöchern dampft es, an anderen Stellen blubbert eine graue Schlammmasse. Kleine Flüsschen schlängeln sich dem Weg entlang. Eine Probe mit dem Zeigefinger lässt uns erahnen, wie heiss es in den Wasserlöchern sein muss, in denen das Wasser so glasklar ist, dass wir bis ein paar Meter tief alles genau erkennen können. Diese heissen Quellen sind für uns ein weiteres Naturphänomen, dem wir beide zum ersten Mal begegnet sind.
Rund um Whakapapa, im südlicheren Teil der Nordinsel, eröffnet sich uns eine neue Landschaft. Wir befahren weite mit Gras bewachsende Ebenen, im Hintergrund sehen wir die noch mit kleinen Schneeflecken bedeckten Hänge des Vulkans Ruapehu, die im Winter das Skigebiet bilden. Im Sommer wird dieses Gebiet mit grosser Beliebtheit für Wanderungen genutzt.
Wir haben grosse Lust auf Bewegung. Innerhalb von 6 Stunden wandern wir zum unteren und oberen Tamasee, zwei Vulkanseen. Die Landschaft ist karg, es wachsen nur Grasbüschel, die Sonne brennt vom Himmel und wir bemerken, dass unsere Beine immer schwerer werden. Uns fehlt unbestritten das Training. Nicht nur unsere Füsse, auch Christians Wanderschuhe sind nicht mehr die jüngsten. Die Sohlen lösen sich mehr und mehr vom Schuh und fallen ein paar hundert Meter vor der Rückkehr zum Truckli definitiv ab. Zu unserem Erstaunen liegt auf dem Parkplatz ein Paar Wanderschuhe. Jemand muss es nach der Wanderung vergessen haben. Nur leider stimmt die Grösse nicht ...

Wir sind sehr überrascht, wie gut ausgebaut und gepflegt alle Wanderwege in ganz Neuseeland sind. Da gibt es Holztreppen, um Höhenunterschiede zu überwinden. Falls das Gebiet etwas sumpfig sein könnte, sind Holzstege angelegt. Die Pfade sind oft so breit, dass wir nebeneinander gehen können. Bei Ausgangspunkten oder Sehenswürdigkeiten gibt es auch immer Toiletten, die meistens sauber und mit fliessend Wasser und Seife ausgestattet sind. Neuseeland ist in dieser Beziehung ein wirklich touristenfreundliches Land.
Was die Preise für Aktivitäten, Touren oder Besichtigungen anbelangt, treffen wir auf das pure Gegenteil. Da hätten wir doch für manchen Tag schnell mal gute Fr. 500.- ausgeben können. Oft haben wir uns gefragt, wie das eine Familie macht, die mit ihren zwei oder drei Kindern auf Urlaub ist.
Mit etwas Zeit und Geduld, sich in den Führer einzulesen, haben wir dann festgestellt, dass wir Seelöwen, Pinguine oder besondere Vogelarten an diversen Orten in freier Natur beobachten können, ohne dafür "Eintritt" zu bezahlen, was wir dann auch getan haben.

Wir kommen gut voran, immer weiter Richtung Süden. In Stratford besuchen wir Audrey, die Schwester einer neuseeländischen Segelfreundin mit Schweizer Partner. Die offene Gastfreundschaft bringt uns recht ins Staunen. Als wir uns telefonisch anmelden, meint Audrey, dass sie leider weggehen müsse, doch sie lasse das Haus einfach offen stehen. Wir sollen durch den Garten reinkommen und Bad, Küche oder Waschmaschine benutzen. Wir würden uns spätestens am nächsten Morgen sehen. Und wohlverstanden, wir haben einander noch nie gesehen!
So parken wir Truckli auf dem Vorplatz des Hauses und machen es uns bequem. Vom Angebot der Waschmaschine machen wir gerne Gebrauch, doch Nachtessen kochen wir im Auto. Am folgenden Morgen erst lernen wir Audrey kennen. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann und ein paar Angestellten eine Milchfarm mit über 1000 Kühen. Einmal wollen wir beim Melken dabei sein. Das ist nämlich ein interessantes Prozedere. Als hätten die Kühe eine innere Uhr, pilgern sie zweimal täglich von der Weide zur Farm, wo sie gemolken werden. Man stelle sich eine Art Karussell vor. Eine Kuh nach der anderen zwängt sich in ein enges Gatter auf einer runden Bühne, die sich ganz langsam um die eigene Achse dreht. Von hinten wird den Kühen die Melkmaschine angesetzt. Und während sich das Rondell einmal dreht, wird die Kuh gemolken. Danach geht sie rückwärts von der Plattform runter und wandert zurück auf die Wiese.
Während wir diesem Ablauf mit fragenden Augen zuschauen, wird mir doch mir nichts dir nichts eine bodenlange Plastikschürze umgebunden und ich werde zur rechten Hand des Obermelkers erkoren. Uff! Ich hätte glatt anheuern können.
Es stimmt uns nachdenklich, wenn wir sehen, wie die Kühe zu richtigen Produktionsmaschinen herangezogen werden. Die Tiere leben wohl den ganzen Tag frei auf der Weide. Manchmal sind diese satt grün, manchmal eher karg und trocken. Doch die Wiesen sind überdüngt und die enormen Mengen Kuhmist verseuchen die Seen und Flüsse, zunehmend auch das Grundwasser. Auch die Luftverschmutzung der Kühe durch den Methanausstoss der Atmung und das Wiederkäuen ist nicht aufzuhalten.
Der Markt mit Pulvermilch nach China boomt. Der Einheimische riecht das Geld. Es werden immer mehr Wälder abgeholzt und zu Weideland gemacht. Da nützt Schönreden nichts mehr. Irgendwann in den nächsten Jahrzehnten wird Neuseeland mit einem riesigen Umweltproblem konfrontiert sein.

Die pulsierende, kosmopolitische Hauptstadt Neuseelands, Wellington, liegt im Süden der Nordinsel und beherbergt rund 450'000 Einwohner. Rund um den Hafen gibt es eine lebendige Uferzone mit Cafés, Brauereien oder restaurierten Lagerhäusern, aus denen Restaurants geworden sind. Gewöhnliche Container sind zu kleinen Läden umgebaut. Es ist Samstag, Markttag. Die Einheimischen bieten ihre selbst gebackenen Kuchen, Brote und Konfitüren oder ihre Früchte und Gemüse aus dem eigenen Garten an. Daneben gibt es Stände mit Käse oder frisch gepressten Säften. Im umgebauten Kastenwagen holen wir uns einen feinen Kaffee, setzen uns vor einem Strassenmusiker auf die Bank und amüsieren uns köstlich über seine gebastelten Instrumente, mit welchen er einen mitreissenden Sound über den Markt verbreitet. Mit der warmen Sonne im Gesicht geniessen wir das bunte Treiben. Es ist eine herrliche, energiegeladene Stimmung. Die Menschen sind fröhlich und kommunizieren angeregt miteinander. 
Die Innenstadt ist durchmischt mit historischen und modernen Bauten. Wohnhäuser oder viktorianische Schindelvillen ziehen sich die steilen Hänge bis zum umliegenden Waldgürtel hoch. Dieser bildet die natürliche Barriere gegen eine weitere Bebauung. Viele Häuser sind nur durch steile Treppen erreichbar. In der uralten Standseilbahn lassen wir uns den Berg hoch rattern und schlängeln uns zu Fuss durch den botanischen Garten zurück in die Stadt.
Für das hochinteressante Nationalmuseum Te Papa reservieren wir uns einen ganzen Tag. Die Hauptausstellung ist die hervorragende Maori-Abteilung. Sie zeigt ureigenste Kunst und Themen zu Land, Leute, Geschichte, Handel und Kultur. Der eine Stock des Museums ist der nationalen Kunstsammlung vorenthalten. Da gibt es wechselnde Ausstellungen von Gemälden und Skulpturen von neuseeländischen Künstlern aus Vergangenheit und Gegenwart. Wir haben unverhofft das Vergnügen, einem kleinen Konzert mit angehenden Musikern des Konservatoriums von Wellington beizuwohnen.
Auf einer anderen Gebäudeebene erfahren wir, wie die Ureinwohner die Naturgewalten erklären und erleben ein täuschend echtes Erdbeben in einem Haus. Leider sind viele andere interaktive Ausstellungen gerade in Revision. Doch es gibt in den "Discovery-Zonen" noch genügend Stoff zum Anschauen. 

Mit der Autofähre lassen wir uns auf die Südinsel übersetzen. Kurz nach dem Ablegen begegnen wir einer riesigen Schule wild springender Delphine. Nach angenehmen drei Stunden auf dem Wasser geht unsere Reise Richtung Nelson weiter. Wir sind froh, kurz vor einer Stadt zu sein, denn die Schaltung von unserem Truckli beginnt zu klemmen. Wir brauchen dringend eine Werkstatt. Was zuerst dramatisch aussah, entpuppt sich zu einem kleinen Problem. Der Mechaniker kann einen neuen Kupplungshydraulikzylinder einsetzen und unser inzwischen lieb gewonnenes Auto ist wieder fahrtüchtig. 

In Nelsen besuchen wir unsere Freunde Ingrid und Greg, die wir letztes Jahr in Aitutaki kennen gelernt haben und eine herzliche Freundschaft haben aufbauen können. Den einen Tag sind wir gemeinsam unterwegs, schauen herzige Hafenstädtchen an und degustieren neuseeländischen Wein auf drei verschiedenen Weingütern. Anderntags führt uns Greg in sein Hobby ein, Forellenfischen im Fluss. Greg und Ingrid heuern bei Christian an, mit ihm von Neuseeland nach Tonga zu segeln. Wunderbar! Ohne gross suchen zu müssen, die Crew steht. 

Im Norden von Nelson liegt der wunderschöne Nationalpark von Abel Tasman mit idyllisch goldenen Sandstränden, mit kristallklarem Wasser und üppig grünem und dichtem Buschland. Wir stehen bei strahlendem Sonnenschein morgens früh am Strand bereit, werden von einer Fähre aufgeladen und an den Ausgangsort unserer Wanderung gebracht. Gute drei Stunden dauert unser Streifzug durch die abwechslungsreiche Küstenlandschaft, bis wir die kleine Lodge am obersten Ende des Parks erreichen. Ein feines Mittagessen und das Nickerchen auf der Bank stärken uns. Die Zeit verstreicht schnell, schauen wir, dass wir die letzte Fähre erreichen, die uns zurück nach Kaiteriteri bringt.

Gierig nach Gold machen wir uns auf zum Abenteuer- und Geschichtspark am Bullers River. Mit Instruktionen im Kopf und der speziellen Pfanne in der Hand überqueren wir in luftiger Höhe die 110m lange und zugleich längste Hängebrücke Neuseelands, steigen zum Fluss hinunter und versuchen unser Glück. Doch der Traum wird zum Alptraum. Tausende von kleinen Sandfliegen rasen nicht nur um uns herum, sondern sie setzen sich überall auf unserem Körper fest, stechen uns oder fressen sogar ein kleines Stückchen Fleisch weg. Überall juckt es. Während ich mit meinem Schal heftig wedle, versucht Christian das Wasser zu sieben. Doch es ist rein unmöglich, sich diese Viecher vom Leib zu halten und so ist dieses Schauspiel ziemlich schnell wieder beendet. 

Die Wetterprognose für den nächsten Tag ist schlecht. Wir beschliessen, in Maruia Springs, einem friedlichen Kurort, ein Zimmer zu buchen. Da gibt es einen Bäderkomplex mit separaten Männer- oder Frauenbadehäusern im japanischen Stil, Einzelbadehäuser und Pools unter freiem Himmel. Je nach Mineralgehalt ist das Wasser schwarz bis milchig weiss. Und wir lassen es uns gut gehen. Am nächsten Tag lacht schon wieder die Sonne, doch es ist kühl.

Christchurch, die grösste Stadt der Südinsel und Hauptstadt der Region Canterbury, ist nicht mehr das, was sie mal war. Das Erdbeben vom 22. Februar 2011 hat die ehemals vornehme Atmosphäre der Stadt mit ihren 350'000 Einwohnern zu einer Geisterstadt gemacht. Über 10'000 Gebäude wurden dabei so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten, darunter mehrere hundert im Stadtzentrum. Noch immer sind die Menschen mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Manche Gegenden der Stadt können wegen Bodenabsenkungen nie mehr aufgebaut werden, denn bei dem Erdbeben wurde der Boden zu winzigen Körnchen ohne Tragkraft zermahlen. Auffallend sind immer wieder Strassenabsenkungen bis zu fast einem Meter. Viele Geschäfte und Restaurants sind weg. Ein Wiederaufbau könnte bis zu 15 Jahre dauern. Mehr als 80'000 Einwohner sind weggezogen aus Angst, dass sich ein neues Erdbeben ereignen könnte. Es ist ein trübes Bild, das sich uns bei der Durchfahrt bietet.

In Rollerston, einem Vorort von Christchurch, lernen wir Volkmar und seine Familie kennen. Volkmar, ein Deutscher, seit 15 Jahren in NZ wohnhaft, hat uns beim Kauf unseres Campers sehr unterstützt. Gerne zeigt er uns seine Firma Euro Campers, auf welche er wirklich sehr stolz sein darf. Den Abend verbringen wir in seinem wohnlichen Haus in gemütlicher Runde mit interessanten Gesprächen und werden dazu mit der besten Pizza aus dem Holzofen und feinstem Wein verwöhnt. Während die Frauen anderntags durch den Markt schlendern, versuchen die Männer ihr Glück beim Lachs fischen. Leider bleibt es beim Versuch.

Die grossen, grauen Moeraki-Boulders sind ein weiteres Highlight auf unserer Reise. Die oft fast bis zu 2m Durchmesser aufweisenden runden Felsen liegen teilweise versunken an der Gezeitenlinie im Sand. Unter der glatten Oberfläche verbirgt sich ein wabenförmig ausgehölter Kern, der bei einigen zerbrochenen Steinen gut zu sehen ist. Die Felsen ruhten einst tief in den Schieferklippen an Land. Während die Brandung die Klippen auswusch, fielen die glatten Steinkugeln heraus und bildeten als Folge weiterer Erosion ihre auffällige, aderige Oberfläche heraus. Dieser ganze Prozess begann vor über 60 Mio. Jahren, als sich schlammige Sedimente mit Muschel- und Pflanzenresten auf dem Meeresboden anlagerten.

Vom Hafen der Stadt Queenstown aus haben wir einen traumhaften Blick über den Wakatipu See bis zu den zerklüfteten Berggipfeln der Remarkables Bergkette. Es wimmelt von jungen Menschen, die Nervenkitzel pur suchen. Queenstown ist die Hochburg der Sportler. All die Abenteueraktivitäten von Swinging und Bungy-Jumping, Canyonning im Neoprenanzug, Rafting oder River-Sledging bis zu den wildesten Jetboot-Fahrten auf den Flüssen lässt sich alles hier buchen. Aber uns Alten, inzwischen ist ja Christian auch 50 geworden, lockt keines der Angebote und wir verdrücken uns in eine Dachbar mit ohrenbetäubender Musik zum Sundowner.

Als letztes Erlebnis in diesem Blog möchte ich dir von der Begegnung mit dem Schweizer Thomas Schneider erzählen. Er ist ein Freund aus alten Zeiten von Kathrin, Christians Schwester.
Sumpfi, so sein Übernahme, ist vor gut 20 Jahren nach Neuseeland ausgewandert und hat sich am Wakatipu See ein Stück Land gekauft. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist hier ein exzentrisches, alternatives und idyllisches Gästehaus entstanden. Es ist unvorstellbar, aber alles, wirklich alles, ist von Thomas selber kreiert, aufgebaut, hergestellt, ausstaffiert und dekoriert. Sogar die Holzmöbel, die gewobenen Wandteppiche, Bilder, Dekorationen, die Tierfelle und alle Blumenarrangements stammen aus Eigenproduktion. Die Spüle der Toilette zum Beispiel funktioniert über ein Aquarium mit Fischen, die Badewanne ist aus kleinen Steinen vom Strand gemauert, der Wanne entlang spriessen lebende Farne. Der Wasserhahn ist aus Holz geschnitzt und die Seifenschale aus Muscheln geklebt. Und das ist nur ein kleines Detail vom Badezimmer. Ich kann gar nicht alles schildern, ich wäre in drei Tagen nicht fertig, die abertausenden von liebevollen Details im und um das Haus zu beschreiben.  
Thomas freut sich sehr über den Besuch aus der Heimat und verbringt viel Zeit mit uns. In langen Gesprächen erfahren wir, warum er nicht mehr glücklich ist und gegen Neuseeland eine Hassliebe entwickelt hat. Er gibt uns Hintergrundinformationen, die der „normale“ Tourist nicht zu hören bekommt. Sumpfi nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet über drastische Umweltprobleme, die nicht bei der Wurzel gepackt werden. Er berichtet über Gifte, die gestreut werden, die in Europa schon lange verboten sind. Und er wehrt sich und wehrt sich, doch es fruchtet nicht. Und das macht ihm grosse Sorgen.

Wir versuchen, Thomas darauf hinzuweisen, dass in seinem Paradies die Welt noch in Ordnung ist. Da schwimmen die glücklichsten Forellen im Teich, die Enten watscheln durch den Garten, die Vögel zwitschern laut ihr Lied und die Schmetterlinge und Bienen werden nicht müde, von Blüte zu Blüte zu tanzen. Somit ist dieses kleine Reich doch ein Geschenk für die ganze Welt.
Hier der Link: www.littleparadise.co.nz


Nun, das war der erste Teil unseres NZ-Berichtes. Der zweite Teil ist in Arbeit.

Herzlichst Evelyne und Christian

 

 

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