Törnberichte

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Charleston-Annapolis

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Drei Wochen auf dem Wasser und schon könnten wir einen Roman schreiben...

Vorab möchten wir Dir einen Hinweis geben, den Du vielleicht noch nicht bemerkt hast: wenn Du unsere Route verfolgst, siehst Du ein blaues „S“, das auf der Landkarte wandert. Du kannst es anklicken, es erscheint ein kleiner Tageskommentar.

Am 3. Mai, morgens kurz nach 8 Uhr, werfen wir mit pochenden Herzen unsere Leinen in Charleston los Richtung Nord, Intercostal Waterway (ICW). Schon kurz darauf die erste Brücke, zum ersten Mal funken, dass sie sich öffnet, denn mit unserem 16 Meter Mast kommen wir nicht durch. Ja, der Brückenwart hat unser Englisch verstanden und er öffnet für uns. Uff, die erste Hürde ist genommen. Der Tag verstreicht ruhig, doch Segel hissen können wir nicht, das Wetter ist trüb und es weht nur schwacher Wind. Wir finden eine ruhige Bucht zum Übernachten, erstes Ankermanöver, super, der Anker hält, auch bei Windstärke 200 :-).

Nachts um 3 Uhr Kontrolle durch den Skipper, alles i.O. Die Nacht verläuft seeehr ruhig. Kunststück, denn am Morgen sitzen wir mit dem linken Bug auf dem weichen Schlamm. Die Nacht hat die Ebbe gebracht und der deutliche Gezeitenstrom hat die Richtung gewechselt. Zum Glück bringt der Morgen die Flut wieder und somit wird Samuri gegen halb 10 Uhr wieder schwimmfähig.

Der ICW ist ein Seeweg innerhalb der amerikanischen Küste. Er wurde in Kriegszeiten ausgebaggert, damit sich die USA durchs Landesinnere versorgen konnte und die Schiffe nicht ins offene Meer mussten. Dieser Weg wird von vielen Amerikanern rege mit ihren Schiffen genutzt.

Oft führt der ICW durch verträumte Naturschutzgebiete, feuchte Sumpfgebiete mit Stechmücken, manchmal liegen viele Häuser mit eigenen Docks an seinen Ufern, oft ist er sehr schmal, doch er kann auch sehr offen sein, dass man fast glaubt, auf dem Meer zu sein.

Dazu kommt, dass die Natur arbeitet und sich der Sandboden durch die Wellen verschiebt. So kann es sein, dass die Wassertiefe 4,5m oder aber nur 1,5m beträgt. Samuris Tiefenalarm scheint manchmal fast zu kollabieren. Nicht selten muss sie sich buchstäblich durch den Sand mixen. Dabei blockiert das Log (Geschwindigkeitsmesser, drehendes Rädchen), was Christian zu seiner Freude immer wieder zu einem Bade im teefarbenen Wasser einlädt!

Morgen des 3. Reisetages. Bei dickem Nebel fahren wir los. Nachdem Samuri, 200m nach der Hafenausfahrt in scheinbar genügend tiefem Wasser einen Stein gerammt hat, dessen Geräusch uns durch Mark und Bein fährt, kehren wir postwendend in den Hafen zurück. Erneut auf dem Weg, zeigt sich bald die Sonne und die leichte Brise lässt uns zum ersten mal die Fock ausrollen, was uns doch schon mit 6 Knoten vorantreibt.

Der Wind verzieht sich wieder und die Fock soll eingerollt werden. Da klemmt doch irgendwas. Durch das Zurückziehen der Fockrollleine wird das Kabel der Fernbedienung der Ankerwinsch mitgezogen, eingeklemmt und völlig zerquetscht. Halleluja! Fertig mit Ankern, wir laufen den nächsten Hafen an, bestellen eine neue Fernbedienung und warten auf das Päckli. Die Amerikaner sind sehr schnell und hilfsbereit. Schon zwei Tage später trifft das Ersatzteil ein und unsere Reise kann weitergehen.

Wir haben bis jetzt auf unserem Weg nur sehr freundliche Leute kennengelernt, die offen auf uns zu kommen, die uns Tipps geben, die uns nach unserem Ziel fragen, die ihre Hilfe anbieten, die uns zu einem Glas Wein einladen, die uns von ihren Erlebnissen erzählen. Wir fühlen uns dementsprechend sicher auf unserer Samuri und haben überhaupt keine Angst.

Unsere weiteren Tagesetappen gestalten sich etwas ruhiger. Wir durchfahren völlig abgelegene Gebiete, entdecken an den Flussufern sich sonnende Schildkröten oder beobachten Seeadler bei ihrem Nestbau auf den von Feinden sicheren Wasserzeichen. Leider sehen wir keine Alligatoren, obwohl unser Weg durch den Alligator River führt. Auch die im Führer erwähnten Braunbären schwimmen nicht im ICW.

Das Wetter zeigt sich im Allgemeinen noch nicht sehr stabil. Wir erleben das heisseste, feuchte Sommerklima, sowie die bitter nasse Regenkälte, bei welcher ich (Evelyne) die Thermounterwäsche anziehen muss, um nicht den ganzen Tag zu schlottern. Die gewaschene Wäsche ist einmal im Nu wieder versorgt, an anderen Tagen will sie einfach nicht trocknen.

Eine andere Sache ist der Backofen. Die ersten Guetzli sind auf der Unterseite kohlrabenschwarz, die Oberseite hätte längstens noch ein paar Minuten Backzeit vertragen. Der zweite Versuch glückt schon besser, aber von Backzeit und Temperatur beherrschen ist noch keine Rede. Also heisst es auch hier, dranbleiben und weiter Erfahrungen sammeln, so wie dies auch beim Einkaufen von uns gefordert wird. Zu Fuss mit dem „Sackcharre“ und dem Rucksack in der brütenden Hitze, mit den Velo im Dingi ans Ufer und dann zu den Läden radeln, mit dem Hafentaxi aufs Festland zum Sonntagsmarkt - das alles haben wir schon erlebt. Und wenn Christian endlich zu seinem heiss geliebten Sonntagszopf kommt, macht doch alles doppelt so viel Spass.

Seit vier Tagen sind wir nun in Annapolis, eine belebte Stadt mit vielen Touristen und Bootsleuten. Diese Stadt ist eine Hochburg für Schiffsbesitzer. Es finden immer wieder Bootsausstellungen statt (unsere Samuri war ja im letzten Oktober an der Messe) und hier kann man alle erdenklichen Reparaturen oder Zusatzanfertigungen machen lassen. Auch Christians To-do-Liste war lang, doch in der Zwischenzeit können doch einige Pendenzen als erledigt betrachtet werden.

Ich bin sehr froh, wieder mal festen Boden unter den Füssen zu spüren und dem emsigen Treiben im Hafen zuzuschauen. Ich bin halt noch keine echte Seefrau geworden in diesen letzten drei Wochen. Im nächsten Blog kann ich dir diesbezüglich vielleicht schon von ersten Fortschritten berichten...

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    Was wäre ein Abschied ohne Familie und Freunde!
    Von ganzem Herzen möchten wir uns bei euch allen bedanken, dass ihr uns an unserem Abschiedsapéro vom 28. März in Stansstad so liebevoll "auf Wiedersehen" gesagt habt. Wir waren überwältigt von all euren guten Wünschen für unser Projekt!

    3. April 2010:
    Am Flughafen in Zürich rollten die Tränen und der definitive Abschied von der Familie schmerzte. Doch die lange Reisezeit ins Abenteuer brachte die nahen Freunde, Trauer und Freude, wieder zusammen.

    In Greensboro wurden wir von Sabrina und Sam herzlichst empfangen. Eine Woche lang tätigten wir restliche Einkäufe und organisierten das Material, das Christian während vergangenen Jahres in USA eingekauft und zu unseren Freunden hat schicken lassen. Danach packten wir den Van. Zum Glück ist dieses Vehikel als Transportauto konzipiert worden, sonst hätte das Auto diesen Schwertransport von Lexington nach Charleston nicht überstanden. Arme Samuri...

    In Charleston Harbor Marina erwartete uns Samuri. Die ersten zwei Tage lernten wir jedes Datail von unserem zukünftigen Zuhause kennen, denn wir putzten peinlich genau bis in alle Ecken und sämtliche Stauräume. In den folgenden Tagen legte Samuri mehr und mehr an Persönlichkeit zu, denn wir durften sie so langsam einrichten.

    Die Spannung wuchs, als wir wie geplant am Sonntagabend den riesigen Frachter auslaufen sahen, der unsere zwei grossen Holzkisten übers Meer geschifft hatte. Jetzt hiess es Daumen drücken, dass die Verzollung reibungslos ablaufen wird.

    Freud und Leid liegen so nahe beisammen. Am Tage, als unsere Güter plangemäss und ohne Kontrolle ausgeliefert wurden, reiste ich in die Schweiz zurück. Mein Vater ist am 15. April zuhause friedlich eingeschlafen. Ich wurde emotional sehr gefordert, denn ich wusste lange Zeit nicht, ob ich es zur Beerdigung schaffen würde, herrschte doch gerade ein absolutes Flugchaos über Europa wegen dem Vulkanausbruch in Island.
    So bin ich sehr dankbar, dass ich mich im Kreise meiner Kinder und Familie von meinem Vater verabschieden durfte.

    Zurück in Charleston erwartete mich Christian mit offenen Armen. All unsere persönlichen Sachen hat er mit viel Mühe an Bord gebracht, verstaut, Diverses montiert und organisiert. All seine Arbeit war deutlich sichtbar, denn Samuri lag mindestens 10 cm tiefer im Wasser...

    Vier Tage blieben mir noch: Kisten auspacken, einräumen, Wäsche waschen, Esswaren bunkern und mich gedanklich auf einen weiteren Abschied einstellen. Und es kamen die letzte Nacht im Mutterhafen, das letzte Frühstück an einem lieb gewonnenen Steg, an welchem praktisch täglich die Delphine vorbeizogen, von welchem aus wir einen wunderschönen Blick auf die imposante Hängebrücke genossen.

    3. Mai 2010, 8.05 "Leinen los"!

     

     

     

     

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