Törnberichte

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St.Lawrence-Strom

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Wie die Zeit vergeht! Schon darf ich dir wieder von unseren Erlebnissen berichten, die sich in den letzten Wochen ereignet haben.

Nach der Ferienstimmung inmitten der wunderschönen Inselwelt am Anfang des St. Lawrence Stroms war wieder mal Arbeiten angesagt. Die kommenden Tage müssen wir einige wirklich grosse Schleusen passieren, die nicht nur Freizeitschiffe, sondern auch riesige Frachter von der Höhe des Ontariosees auf Meereshöhe hinunterbringen.

Wie froh sind wir um die Anwesenheit unserer Familienmitglieder und das Zusammenspiel dieser ganzen Crew, vor allem in der einen etwas prekären Situation. Stell dir das folgendermassen vor: wir fahren in eine Schleuse ein. Der Schleusenwärter weisst jedem Schiff einen Platz zu und übergibt der Crew zwei Leinen, die oben am Schleusenrand befestigt sind. Wir selber halten Samuri mit diesen Leinen am Bug und am Heck während des Sinkprozesses in der Schleuse stabil, geben natürlich immer etwas Leine nach, weil sich ja der Wasserspiegel senkt. Plötzlich reisst die Heckleine wegen einer einfallenden Böe und unser Schiff driftet durch die Strömung des Wassers und dem herrschenden Wind in der Schleuse mit dem Heck Richtung gegenüberliegende Wand. Folgende Kettenreaktionen laufen innert Sekunden ab: ich lasse einen Schrei los, Christian rennt, schaltet den Motor ein und hält das Heck in Schach, Irène hält mit ganzer Kraft die Bugleine, Sören schreit nach einer neuen Leine, der Schleusenwärter wirft, Dario hechtet und fängt, ich binde wieder an. Uff! Gerettet! Wir sind doch wahrhaftig ein Dreamteam!

Der St.Lawrence Strom ist nicht ohne. Der kann ja ganz kräftig ziehen. Die Motoren unserer Samuri kommen bei der Einfahrt nach Montreal gegen die ziehenden 5 Knoten recht ins Pusten. Die Skyline der Stadt finden wir nicht umwerfend. Beim Erkunden der Stadt entdecken wir aber schnell den Charme dieser Metropole. Schon der erste Eindruck erinnert uns an Frankreich. Strassenmusikanten lassen uns leise Melodien mitsummen, und gerne schauen wir über die Schultern der Portraitmaler, die in klassischem oder Karikatur-Stil innert Minuten die menschlichen Gesichtszüge ihrer Models aufs Papier kritzeln. Die kleinen Läden mit allerlei Souvenirs oder die zahlreichen Gallerien bereichern neben unzähligen Beizli die Gassen der Altstadt.

Eine Stadttour mit unserer Reiseführerin Irène bringt uns die Geschichte Montreals näher. Was uns so fasziniert ist die „Unterwelt“. Es gibt hier 1800 Geschäfte unter dem Boden. Im Winter können die Menschen im T-Shirt von zuhause aus mit der Metro ins Zentrum fahren und haben einen direkten Zugang zu ihrem Arbeitsort oder zum Einkaufen. Sie müssen also nie durch die eisige Kälte.

Ganz spontan kommen wir in den Genuss eines Openairkonzerts der besonderen Klasse. Es ist Tradition, dass das Symphonie Orchester von Montreal im Olympischen Park der Stadt freie Konzerte gibt. Das heutige Motto ist „The Americas“. So lauschen wir unter freiem Sternenhimmel im Gras liegend den fantastischen Klängen der Musiker und hören Auszüge aus den Werken von Gershwin (an American in Paris), Bernstein (West Side Story) und Dvoràk (die neue Welt).

Das war ein unvergesslicher Höhepunkt und zugleich Sörens Abschiedsabend. Seine Zeit mit uns ist leider zu ende; es gibt hoffentlich ein baldiges Wiedersehen auf der Samuri!

Anderntags schauen wir uns die stilvollen Anlagen des Japanischen und Chinesischen Gartens an. Es ist ein Erlebnis, die beiden unterschiedlichen Gartengestaltungen mal eins zu eins vergleichen und fühlen zu können. Der Japanische Garten bringt uns in eine klare, eher etwas kühle, aber sehr angenehme Stille, der Chinesische Garten im Gegensatz weckt Lebhaftigkeit und Kommunikation.

1. August, Schweizer Nationaltag. So gegen Mittag sagen wir Irène und Dario adieu, sie fliegen von Montreal heimwärts. Es ist einmal mehr ein trauriger Moment des Abschieds, der seinen Raum und seine Zeit zur Verarbeitung braucht. Die wieder auf zwei Personen reduzierte Crew stösst nichts desto trotz am Abend bei rotem Kerzenlicht auf das Schweizerland an.

Unsere Reise führt immer noch weiter Richtung Norden. Unser nächstes Ziel ist Québec. Christian studiert minuziös die Strömung des St.Lawrence, berechnet die Tide und kristallisiert dadurch die besten Reisezeiten für uns heraus, damit wir optimal von den Gesetzen der Natur unterstützt werden. So kann es sein, dass wir an einem Morgen schon nachts um 2 Uhr losfahren, anderntags hissen wir den Anker erst gegen 11 Uhr. Also der Alltagstrott hat in dieser Beziehung noch nicht Einzug gehalten.

Wir haben ein unglaubliches Wetterglück. Heiss strahlt die Sonne bei der Einfahrt nach Québec. Schon von weit her sehen wir den märchenhaften, verträumten Bau des Fairmont Hotels, das Wahrzeichen über der Stadt. Da wir uns in einem Führer im voraus über Québec informiert haben, schlendern wir schon bald auf den Wegen des ersten vorgeschlagenen Stadtrundgangs. Und wir sind überwältigt. Es wimmelt zwar von Touristen, viele kleine Läden liegen Tür an Tür, doch die Stadt hat ihren Stil. Die Bürger stehen zu ihrer Kultur und zeigen ihre Geschichte in autarken Kleidern und Situationen in der ganzen Stadt. Die Produkte, die hier verkauft werden, sind qualitativ hochwertig und lokal angefertigt oder gewachsen. Das erleben wir erneut auf dem Handwerkermarkt und dem Gemüse- und Käsemarkt. Gegenüber der zweisprachigen Stadt Montreal wird in Québec ausschliesslich französisch gesprochen. Die frankofone Kultur ist mittlerweile so stark verwurzelt, dass wir sogar Einwohner antreffen, die kein Englisch sprechen.

Eine besondere und sehr eindrückliche Attraktion von Québec ist die all abendliche Vorstellung einer Tonbildschau auf ein sicher 500 Meter breites Lagerhaus im Hafengelände. Wie wir erfahren haben, kam die Produktion dieses Werkes zur 400-Jahr-Feier der Stadt sehr teuer zu stehen. So hat die Stadtverwaltung beschlossen, sie täglich für die Touristen abspielen zu lassen. Den Inhalt dieses Werkes haben wir zwar nur sinngemäss verstanden, doch die Grösse dieser „Leinwand“ und die ganze Installation mit den Lautsprechern über dem ganzen Hafenbecken waren doch ein imposantes Erlebnis.

Totem - dies das Motto des Cirque du Soleil. Wir hatten das Glück, zwei der letzten Tickets für die Show zu erhaschen und bewunderten drei Stunden lang den unglaublichen Mut, die feinste Präzision und die über Jahre antrainierte Fertigkeit aller Weltklassekünstler.

Reisen ist ein stetes Loslassen von schönen Orten und von Beziehungen, die sich irgendwo ergeben haben. So sagen wir auch Sylvia und Bill adieu, einem Ehepaar aus Florida, die mit ihrer selbstgebauten EOS auf dem St.Lawrence unterwegs sind.

Unser Weg führt uns immer mehr Richtung Golf St.Lawrence. Wir sehen kaum mehr das andere Ufer des Flusses, er ist so breit geworden. Die Wassertiefe kann jetzt bis 100 Meter betragen. Noch tiefer, bis 300 Meter, ist sie im Saguenay River. Hier vermischt sich das Süsswasser wieder mit dem von Norden her stossenden Salzwasser. Der riesige Parc Maritime, wie er genannt wird, weitet sich über das ganze Gebiet von Tadoussac aus und ist ein wunderschönes Naturparadies. Hier sind unzählig viele Walarten, Delphine und Robben zuhause, weil hier während den Sommermonaten sehr viel Krill wächst. Whale-Watching-Boote laufen den ganzen Tag ein und aus und bringen die Touristen dem Wunsch näher, einmal im Leben ein so imposantes Meeressäugetier abzublitzen.

Auch wir haben natürlich unsere Ferngläser bereit und geben die Illusion nicht auf, dass sich ein Wal für uns interessiert und, wenn wir mit der auf Sportfotografie eingestellten Kamera bereit sind, genau vor unserer Samuri einen Riesensprung macht und dazu natürlich noch die Luft ausbläst. So kompliziert dieser Satz klingt, so unwahrscheinlich ist es, dass wir es jemals schaffen werden, ein National Geographic Foto von einem Wal zu schiessen. Doch wir bleiben dran!

So wie die Wassertiefe wechselt, schwankt in diesem Gebiet auch die Luft- und Wassertemperatur von 6 bis 18 Grad. So flüchten wir für einen Tag in eine unberührte und warme Bucht des Saguenay Rivers und unternehmen eine dreistündige Wanderung zu einem Aussichtspunkt eines Pilgerweges. Das gibt wieder mal sicheren Boden unter die Füsse und Kontakt zu Mutter Erde. Am Ziel steht eine riesige Madonna, die über die vorbeifahrenden Schiffe wacht.

Und auch wir bitten sie, uns auf unserer Reise weiterhin so gut zu beschützen wie bis anhin.

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    Lake Ontario

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    Samuri ist wieder „die Alte“ - mit gestelltem Mast gefällt sie uns doch besser.

    Wir sind überglücklich, in Kingston Melanie und Patrik als neue Crewmitglieder an Bord zu nehmen. Ein weiterer Vorteil, unser Schokoladenvorrat ist aufgestockt :-), lieben Dank!

    Für die ersten Ferientage unserer Gäste sind Wind und höhere Wellen von vorne vorausgesagt. So wählt unser Skipper einen parallelen, geschützten Wasserarm zum Ontariosee, und wir kommen mit angenehmerer Fahrt Richtung Toronto trotzdem gut voran.

    Das Tagesziel vom 1. Juli führt uns nach Cobourg. Schon von Weitem sehen wir auf der Uferpromenade und am langen Sandstrand vergnügte Menschenmassen. Am Quai scheppert laute Musik aus den Boxen und die uralten, halb rostigen „Chilbibahnen“ rattern und knattern drauflos. Auch wir wollen den Canada-Day (Nationalfeiertag) hautnah erleben und setzen uns mit dem Dingi ans Land. Hätten wir unser Nachtessen nicht schon geplant, würden wir uns von einem Stand eine würzige Deutsche Wurst gönnen...

    Das Feuerwerk nach Einbruch der Dunkelheit ist das absolute Highlight! Samuri bietet uns dazu den besten Logenplatz, und wir erleben ein farbenprächtiges und imposantes Knall- und Lichtspiel.

    Die Skyline von Toronto, sichtbar schon aus weiter Ferne, ist mit ihrem 553 Meter hohen CN-Tower absolut spektakulär. Wir legen mit Samuri in nächster Nähe an einem Steg an, denn hier erwarten wir unseren neuen Gast, Christians Vater Sören. Müde von seiner ersten Reise nach Übersee wird er von den hektischen Eindrücken dieser mächtigen Stadt überrascht. Doch nach der ersten Nacht in einer ruhigen Bucht auf einer der vorgelagerten Inseln der Stadt und einem Morgenbad ist Sören fit für alles, was da kommen mag. So nehmen wir die Fähre nach Toronto und rasen mit dem Lift des CN-Towers in die Höhe. Auf 360 Metern verschaffen wir uns während 72 Mittagess-Minuten im Drehrestaurant einen atemberaubenden Überblick über die saubere, sichere und imposante Weltstadt.

    Bei der Überfahrt von Toronto nach Niagara-on-the-Lake erleben wir wunderschönes, leicht dunstiges Wetter. Wohin wir mitten im See auch schauen, wir sehen nur Wasser. Das gibt uns bereits das Gefühl auf hoher See zu sein. Zwischendurch erlauben wir uns eine Abkühlung im 23 Grad warmen Wasser, herrlich. Sören macht es den Jungen nach und springt am Bug vom Schiff, lässt sich von der Strömung treiben und fängt sich am Seil wieder auf, das am Heck von Samuri gespannt ist. Und das mit seinen 75 Jahren!

    Endlich stehen wir vor den weltberühmten Niagara-Fällen. Die Touristenattraktion „Maid of the Mist“ lassen wir uns nicht entgehen. Eingepackt in blaue Regenmäntel bringt uns ein Schiff sehr nahe an das tosende Wasser. Die Gischt lässt wacker regnen und zeigt uns in der Sonne in schönster Pracht den mystischen Regenbogen, von welchem die Geschichte der Niagarafälle erzählt.

    Nach einem entspannenden Regentag radeln wir bei Sonnenschein per Velo durch das blumenübersäte und farbenprächtigste Dörfchen Niagara-on-the-Lake und weiter durch verträumte Alleen und Feldwegen zu einigen Weingütern. Das ist natürlich ein absolutes „Muss“ für Melanie und Patrik, die beiden angehenden Hoteliers. Die Gegend hier ist bekannt für ihren Eiswein, den auch wir nach ein paar Degustationen von anderen Weinen zu unserem eindeutigen Favorit zählen. Aus Vernunftgründen sättigen wir uns danach in einem malerisch zwischen Weingüter gelegenen Restaurant, bevor wir uns mit den Velos auf den Heimweg machen.

    Die Rückfahrt über den See Richtung Toronto scheint vorerst ebenso gemütlich wie die Hinfahrt. Doch der Skipper schreit plötzlich „Mann über Bord“! Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten realisiert die Crew die Übungsaktion, es kommt Hektik auf und jeder verausgabt sich nach bestem Wissen. Der über Bord geworfene Schwimmring kann gerettet werden und die Nachbesprechung trägt ihren bleibenden Nutzen.

    Zurück in Toronto nehmen wir uns gerne Zeit, die Stadt auf einer Ost-West-Tour und anderntags auf einer Nord-Südtour besser kennen zu lernen. Natürlich ist die Shopping-Tour mit Melanie als absoluter Kanada Fan nicht zu vergessen!

    Die Zeit mit Melanie und Patrik vergeht so schnell. In Toronto sagen sie uns schon wieder adieu. Es bleiben uns zwei Tage, um das Schiff klar zu machen, Lebensmittel einzubunkern und dann meine Schwester Irène und ihren Sohn Dario als nächste Gäste aufzunehmen. Es ist wunderbar, so viel Familie geniessen zu dürfen.

    Sören hat sich inzwischen zum Ersatzsteuermann eingearbeitet und findet seine wahre Freude daran. Irène muss gezwungenermassen vom ersten Tag an einsatzfähig sein. Dario und ich fallen nämlich auf der welligen Rückfahrt über den Ontariosee Richtung Kingston wegen Übelkeit resp. kurzer Sommergrippe aus. Ein toller Ferienanfang für die beiden!

    Zum Glück wartet die Belohnung. Am dritten Tag segeln wir in das Gebiet der Thousand Islands. Das Wetter ist wunderschön, die unberührte Natur oder die mit kleinen Ferienhäuschen bebauten Inseln und das lockende Bad im warmen Wasser lassen die ersehnte Ferienstimmung endgültig aufkommen.

    Unser Weg führt uns weiter ins Upper Canada Village. Hier lassen wir uns eins zu eins in das Leben von 1860 zurückversetzen. Wir erleben die Dorfbewohner in ihrem Alltag und beobachten den Bäcker, Käser, Weber und Schreiner. Nach der Lektion im sehr disziplinierten Schulunterricht der 2. Klasse über die Glasherstellung sind wir sehr froh, ohne weitere Züchtigungen und sorgenfrei in unseren Alltag zurückkehren zu können.

    Ach, ist Reisen und Segeln schön!

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