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Panama-Kanal

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Sesam öffne dich!

Vor unseren Augen öffnet sich das grösste und höchste Tor der Miraflores-Schleuse. Mit uns werden ein riesiger Frachter und die schwindelerregende Menge von etwa 88 Mio. Liter Süsswasser in den Ozean entlassen. Wir sind im Pazifik!

Wir sind um ein gewaltiges Ereignis reicher. In diesem neuen Blog erfährst du mehr  darüber. 

Wenn du mich vor ein paar Jahren gefragt hättest, wie ich mir den Panamakanal vorstelle, dann hätte ich dir etwa folgende Antwort gegeben: es ist ein langer, schmaler Kanal, der von Frachtschiffen passiert werden kann, der durch Mittelamerika führt und der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. 
Was wirklich Fakt ist und zusätzlich noch ein paar Daten über die Geschichte dieses gigantischen Bauwerks habe ich hier zusammengefasst.

Schon im Jahre 1524 beauftragte König Charles V von Spanien die Machbarkeit eines Wasserweges durch den Isthmus zu prüfen. 
Während des 16. und 17. Jahrhunderts wurde nämlich die gepflasterte Camino Real Strasse über den Isthmus von den Spaniern als Transportweg benutzt, um das gestohlene Gold von Peru nach Spanien zu bringen. Weil zunehmend Piratenattacken stattfanden, wurde das kostbare Gut mehr und mehr ums Kap Horn geschifft, was natürlich wesentlich umständlicher war.

Erst im Jahre 1878 erhielt Frankreich ein Baurecht von Kolumbien und begann 1881, den dichten Dschungel und die Berge des Isthmus zu durchbrechen, unter der Regie von Ferdinand-Marie de Lesseps, der erfolgreiche Erbauer des Suezkanals. Doch schon im Jahre 1889 ging das Projekt bankrott.

Im Jahre 1903 erpressten sich die USA von Frankreich durch korrupte Machenschaften das Baurecht. Der Bau ging 1914 weiter. So wurde der Panamakanal endgültig durch den engsten und tiefsten Bergrücken des langen Isthmus gehauen. Durch den Rio Chagres und das sogenannte Gaillard Cut wird ein 14 km langer Schnitt durch den Schiefer gehauen und der Gatun Staudamm errichtet. Zur Zeit des Baus war der Staudamm der grösste von Menschenhand erbaute Damm, der grösste künstliche See und überhaupt das grösste Betonbauwerk der Welt. Der Preis aber war hoch, forderte der Bau doch mehrere tausend Menschenleben.

Seit fast 100 Jahren ist der Panamakanal 24 Stunden täglich in Betrieb, 365 Tage im Jahr. Das insgesamt 80 km lange System verbindet den Atlantik von Cristobal mit Balboa, Panama City, dem Pazifik. Pro Jahr werden 15‘000 Schiffe geschleust. Weltweit wird ein Neubau eines Frachtschiffes, das den Panamakanal durchqueren will, der Grösse der Schleusen angepasst. 

Die Einfahrt zum eigentlichen Kanal vom Atlantik her ist 10 km lang und 150 Meter breit. Dann folgen die 3 Gatun-Schleusen. Sie sind alle miteinander verbunden. Jede Schleusenkammer ist 33,5 m breit und 305 m lang. Das ganze System zusammen ist 2 km lang. Sie heben die Schiffe insgesamt 26 Meter an.
Oben angelangt, wird ein Schiff in den Gatun Stausee entlassen. Die 51km über den See legt jedes Schiff im ausgebaggerten Kanal mit Motor zurück, bis es die 3 Schleusen auf der Pazifikseite erreicht. Diese liegen getrennt voneinander innerhalb von 1,6 km. Die erste Schleuse ist das Pedro Miquel-Lock. Es führt in den kleinen Miraflores See, nach dessen Überquerung die zwei zusammenhängenden Miraflores-Schleusen folgen. Hier sind die zwei Webcams installiert, durch welche wir unser „Dreierpäckli“ selber auf dem Laptop beobachten konnten. 

Wie du sicher gehört hast, wird der Panamakanal zur Zeit vergrössert. Für über 5,25 Milliarden Dollar werden zwei neue Schleusen gebaut, die neu 55 Meter breit und 427 Meter lang werden. Dementsprechend können noch grössere Schiffe geschleust werden, die wie bis heute nicht nur 4000, sondern neu bis zu 10‘000 Container fassen können. 
Ziel ist, dass der neue Kanal zum 100-sten Jahrestag, also im August 2014, eröffnet werden kann. 

Dieses gewaltige Bauwerk haben wir am Donnerstag, den 23. Februar passiert. Unser aufregendes Schleusungs-Prozedere kannst du schrittweise in der Fotogalerie mitverfolgen. Christian hat mit Bild und Wort so gut dokumentiert, dass sich ein zusätzlicher Text dazu erübrigt.

Der Ankerplatz vor Panama-City ist mühsam rollig und schmutzig. So bleiben wir nur die nötigen Tage vor Anker in Panama-City, bis wir unsere Nahrungsmittel aufgestockt, den nötigen Diesel getankt und Wäsche gemacht haben und Samuri somit bereit für die Weiterfahrt ist. 

Wir segeln zu den Las Perlas Inseln, die nicht viel zu bieten haben. Doch sie ermöglichen uns ein paar Tage Ruhe vor dem Abenteuer unserer ersten Langfahrt. 

Anker auf für die Fahrt nach Galapagos. Wir verlassen die Las Perlas am Donnerstagnachmittag, den 8. März. Die Wind- und Wetterverhältnisse sind optimal, wir rauschen mit 8 Knoten dahin. Es macht richtig Spass, denn die Wellen sind sehr moderat. So langsam nachtet es ein und wir beginnen die erste Wache. Ich lege mich schon um 19 Uhr aufs Ohr, Christian segelt glücklich in die Nacht hinein. Um 22.30 Uhr werde ich geweckt. Für die nächsten dreieinhalb Stunden sitze ich im Cockpit und übernehme die Verantwortung. Christian gönnt sich seine wohlverdiente Ruhe. 

Es dauert ungefähr zwei Tage, bis wir uns an den neuen Schlaf- und Wachrhythmus gewöhnt haben. Die anfängliche Dauermüdigkeit legt sich. Schön ist, dass wir trotz der ständigen Wachablösung gemeinsame Mahlzeiten geniessen können und nicht total aneinander vorbei leben. 
Christian kann die Zeit seiner Schicht sehr gut nutzen. Er liest, schaut Filme, schreibt Mails, kocht, repariert und so weiter. Ich hingegen bin auf Hörbücher oder Hör-Podcasts  angewiesen. Auch nach ein paar Tagen bin ich leider noch nicht ganz seefest geworden. Aber ich gebe noch nicht auf. Dieses Jahr stehen ja noch längere Segelabschnitte an....

Die Tage vergehen relativ schnell. Wir haben jedoch immer weniger Wind und der Zähler der Seemeilen klettert nur langsam höher. Insgesamt müssen wir 860 Seemeilen zurück legen. Zwischendurch herrscht absolute Flaute, wir nehmen den Motor zu Hilfe. 
Flaute in dieser Gegend, die Kalmen oder auch Rossbreiten genannt werden, sind absolut normal. Früher, als die Segelschiffe noch keine Motoren hatten, war diese Gegend gefürchtet. Manch ein Schiff blieb tage- oder wochenlang in der Flaute gefangen, was für die Besatzung bei der hier herrschenden Hitze äusserst strapaziös war. Mitunter war das der Auslöser für Meutereien oder man musste in der Not Pferde, die für die Kolonien gedacht waren schlachten oder gar über Bord werfen. Daher rührt der Name „Rossbreiten“.
Uns ist Neptun jedoch gnädig und schiebt uns während der ganzen Strecke mit ein bis zwei Knoten Strom vorwärts.

Es gibt viel zu feiern. Am 11. März nachts um 2 Uhr wecke ich Christian mit Gesang. Im Gugelhopf stecken Geburtstagskerzli und Gschänkli gibt es auch. Doch die Wache schenke ich ihm trotz seines grossen Tages nicht.

Schon knallt der nächste Korken. Doch diesmal bekommt Neptun den ersten Schluck. Am 14. März genau um 06:04 Uhr überqueren wir den Äquator. Wie sind wir froh, dass wir die Äquatortaufe auf unsere Weise feiern dürfen und nicht nach altem Seemannsbrauch...
Wie es nämlich zu und her gehen könnte, kannst du auf dem folgenden Link nachlesen, wenn du Lust dazu hast:  www.w-roedle.de/equator/equator.htm.

Nach sechseinhalb Tagen fahren wir frühmorgens voller Erwartungen im Hafen der Insel San Cristobal ein. Mit unserem Agenten Riccardo ist das Einklarieren eine Sache von einer Stunde. Drollige Seelöwen und Fisch fangende Pelikane lenken uns immer wieder von unserem kräftigenden Frühstück ab. 

Wie drollig wir sie wirklich finden, kannst du in unserem nächsten Blog über die Galapagos-Inseln nachlesen.

Wir wünschen dir frohe Ostern und viel Glück beim Eier suchen. Herzlichste Grüsse

Evelyne und Christian

    Kuna Yala - San Blas Inseln

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    Ich weiss, er ist schon lange überfällig - unser Blog über die San Blas Inseln...

    Seit einer Woche befinden wir uns in der Shelter Bay Marina vor Colon und haben schon ein leichtes Kribbeln im Bauch. In zwei Tagen wird es soweit sein, wir werden durch den Panamakanal vom Atlantik in den Pazifik schleusen. Was für ein Erlebnis!

    Seit letzten November waren wir unterwegs und lagen so lange Zeit in keiner Marina mehr mit Frischwasser. So widmeten wir uns intensiv unserer Samuri. Sie war so eingesalzen von den letzten Monaten und hatte einen gründlichen Frühjahrsputz dringend nötig. Blitze blank ist sie nun und jetzt habe ich endlich die Musse, meine Gedanken zurück in die verflossenen Wochen sinken zu lassen und viel Erlebtes für dich aufzuschreiben.

    Die San Blas bilden das weite Archipel der panamesischen Karibikküste. Seine 340 Inseln sind weltweit einzigartig. Sie bilden das Zuhause der Kuna Indianer, die weitgehend ihre ursprüngliche Stammeskultur beibehalten haben.  

    Die San Blas Inseln und das angeschlossene Festland nennen die Inselbewohner Kuna Yala. Am 4. März 1925 stimmten die Kunas zu, dass ihr Land offiziell wohl zu Panama gehören soll, aber nur unter der Voraussetzung, dass die panamesische Regierung die Stammesregeln, die Kultur und die Traditionen der Kunas respektiert und die Kunas ihr Territorium autonom regieren lässt. 
    Die Kunas behandeln ihr Land mit viel Liebe. Stammesbrüder dürfen profitieren, aber keinen Besitz beanspruchen für kommerzielle Entwicklung. So sieht das Land noch so aus, wie es damals Vasco Nunez de Balboa entdeckt hat. 
    Kunas akzeptieren Besucher, doch Fremde dürfen nicht sesshaft werden oder einheiraten.  Fremde dürfen kein Land kaufen, Spenden sind aber jederzeit herzlich willkommen.

    All die Inseln sind von unglaublicher Schönheit und waren früher den Seefahrern vorbehalten. Heute sind auf ein paar wenigen Inseln kleine Flughäfen in Betrieb, die im 2. Weltkrieg von den Amerikanern erbaut wurden. Für uns ist das natürlich eine wunderbare Möglichkeit, Familienmitglieder und Freunde aufzunehmen und auch wieder zu entlassen, ohne mit dem Schiff grosse Distanzen zu internationalen Flughäfen anlaufen zu müssen. 
    Christians Vater Sören reist nach einer Woche Kuna Yala heim und kommt somit als erster in den Genuss eines Fluges mit dem Inselhopper. Unsere nächsten Gäste sind meine beste Freundin Susanna mit Partner Hanspeter, danach reisen Melanie und Michael an und überschneidend ist auch Christians Stieftochter Sandrina mit an Bord. Da kommt Leben in die Bude! Der Wassermacher läuft auf Hochtouren und meine durchschnittliche Präsenzzeit in der Küche steigt drastisch. Doch ich verwöhne meine liebsten Gäste immer gerne mit viel Liebe, gegenseitig werde ich von ihnen sehr unterstützt. Skipper Christian hingegen liest mit viel Freude die mildesten Segeletappen und die schönsten Ankerplätze aus. Und das Segeln hinter einem grossen Riff mit wenig Wellen und moderatem Wind ist halt schon spitze. So möchten wir die Wochen mit all unseren lieben Gästen nicht missen. 

    Der Nachteil der Flughäfen in Kuna Yala ist natürlich, dass dadurch der Tourismus mehr und mehr Einzug hält. Der Einfluss der westlichen Zivilisation ist leider unübersehbar. Ein krasses Beispiel dazu spielt sich auf einer Insel vor unseren Augen ab. Samuri liegt vor Anker in einer einsamen und wunderschönen Bucht. Das Riff vor uns sieht vielversprechend aus. Sandrina, Melanie, Michael, Christian und ich gehen schnorcheln. Die Unterwasserwelt zeigt sich uns farbig und überaus reich. Währenddessen werden am Ufer eine Reihe Sonnenschirme aufgestellt. Die Kunafrauen hängen ihre Handarbeiten, die sogenannten Molas, an Leinen auf und bieten sie den Touristen an, die scharenweise von der weit aussen geankerten Luxusyacht in Beibooten zum Ufer gebracht werden. Hier darf gekauft und gebadet werden, bevor alles wieder eingepackt und zum Dinner auf der Yacht gerufen wird. Ich möchte dieses Spektakel nicht werten. Er passt einfach nicht zum Bild der unberührten Trauminselwelt, wie wir sie bis jetzt erlebt haben.

    Je östlicher wir segeln, um so urtümlichere Inseln treffen wir an. Die einen scheinen völlig unberührt, andere dagegen sind bebaut. Die Häuser in den Dörfchen sind aus Bambus und als Dach dienen Palmenblätter. Diese Hütten sind auf der ganzen Insel verteilt, schmale Wege schlängeln sich zwischendurch. Ein Dorf vermittelt uns nach aussen meistens einen sauberen Eindruck. Begeben wir uns aber an den Inselrand, sind wir schockiert, wie viel Müll von den Kunas herum liegt. Es ist auch unfassbar für uns, wie viel Plastikmüll vom Meer her angeschwemmt wird, der liegen gelassen und nie verrotten wird. Wir treffen nur wenige Dörfer an, in denen der Abfall wirklich eingesammelt und von Zeit zu Zeit gemeinsam verbrannt wird.
    Auch wir müssen unsere Abfälle sauber trennen. Alles Organische fliegt direkt ins Meer, sowie auch die Glasflaschen und die Alu-Getränkedosen. Glas ist inert und Alu zersetzt sich im tiefen Salzwasser relativ schnell. Also ist diese Entsorgung für uns verantwortbar. Was sich an Plastik ansammelt, müssen wir gelegentlich selbst verbrennen. 
    Ab und zu kommen Kunas in ihren Einbäumen, den Ulus, zu uns Fahrtenseglern gerudert und bieten für einen Dollar an, den Abfall zu entsorgen. Im Klartext heisst das, das Geld ist kassiert und der Abfall landet bei nächster Gelegenheit im Meer - schade!

    Zurück zum Kunadorf. Die sanitären Anlagen, sprich das „Plumpsklo“, ist auf Stelzen ins Meer hinaus gebaut und wird von mehreren Familien gemeinsam benutzt. 
    Jedes Dorf hat mindestens drei Sailas. Einer davon ist das Oberhaupt. Die Sailas verwalten einen bestimmten Teil eines Landstückes und ein oder mehrere Dörfer. Sie sind die Hüter des Wissens, der Spiritualität, der Poesie, des medizinischen Wissens und der Geschichte der Kunas.
    Im Congreso, der grössten Hütte eines Dorfes, die an der einzigen Hauptstrasse liegt, gibt es drei oder mehrere Hängematten, in welchen sich die Sailas den ganzen Tag aufhalten. Jeden Abend werden im Congreso die angefallenen Anliegen der Dorfbewohner besprochen. Jedermann darf seine Ideen oder Beanstandungen kund tun. Die Frauen und Kinder sitzen bei dieser Veranstaltung im einem inneren Kreis, die erwachsenen Männer im Äusseren. Ein solches Meeting kann sich abendfüllend dahinziehen, so dass bestimmte Leute zwischendurch absichtlich schrille Laute ausstossen, um die eingeschlafenen Kunas  wieder zu wecken. Der Saila gibt zu Problemen selten seine direkten Ratschläge, sondern lässt sie durch den Argar überbringen. Argars sind wichtige Persönlichkeiten, die die Weisheit der Sailas interpretieren. 

    Wir haben immer wieder die Möglichkeit, auf verschiedenen Inseln einen Blick in den Congreso zu werfen und den Saila zu begrüssen. Ein paar Mal brauchen wir einen Übersetzer, der unsere wenigen Brocken spanisch für den Saila auf „Kuna“ übersetzt. Wir müssen nämlich beim Höchsten für den Spaziergang durch sein Dorf die Erlaubnis einholen. Um dem Saila unsere Ehre zu erweisen, bringen wir ihm ein Geschenk mit. Die Freude über ein echtes Viktorinox-Sackmesser ist jeweils gross. Und wenn wir darauf noch zusätzlich eine Spende für die Inselbewohner hinterlegen, bekommen wir sogar einen persönlichen Führer. 
    Während des Rundgangs springen uns die fröhlichen Kinder entgegen, mit welchen wir Hand in Hand durch ihr Reich spazieren. Sie fragen nach unseren Namen und kichern danach ganz verstohlen. Die Kinder nehmen gerne Süssigkeiten an und lassen sich fotografieren, was man von den Kunafrauen gar nicht sagen kann. Sie sind sehr scheu und flüchten vor uns in die Häuser. Anders, wenn sie Molas verkaufen wollen. Dann winken sie am Gartentor und locken die potenzielle Käuferschaft in ihren Garten. Und nur selten können wir einen Kauf dieser so aufwändigen Stickereien abwehren. 

    Gerne erkläre ich dir nun, was ein Mola ist. Lass mich dazu etwas ausholen. 
    Die Frau ist die Trägerin der traditionellen Tracht der Kunas. Als Rock dient ein Tuch, das sie sich um die Taille wickelt. Als Oberteil trägt sie eine farbig bunte Bluse mit Puffärmeln, die vorne und am Rücken je einen genau gleichen, rechteckigen und bestickten Einsatz hat. Diese beiden Teile der Bluse nennt man Molas, die Hauptstücke also der Kunatracht. 
    Wir Touristen können die Blusen mit den eingenähten Molas unmöglich tragen. Erstens entsprechen sie überhaupt nicht unserer Mode und zweitens haben wir eine ganz andere Körpergrösse und Figur. Die Kunas sind so kleine, zierliche Menschen. 
    Als Susanna und ich in einem Dorf von den Kunafrauen buchstäblich umzingelt werden und sie uns ihre Blusen zum anziehen aufdrängen, scheitert bei mir das ganze Prozedere relativ schnell, denn die Kopföffnung ist viel zu eng. Schon lange haben die schlauen Kunafrauen daraus gelernt und bieten nur noch die Molas zum Verkauf an. Und diese finden wir in den unterschiedlichsten Qualitätsstufen.
    Die Frauen legen zwei bis vier Stoffe aufeinander, schneiden mit der Schere Motive über eine oder drei Stofflagen aus, legen die Schnittränder um und nähen diese mit feinsten Stichen fest. Die Farbe der zweiten oder je nachdem der dritten Stofflage kommt so zum Vorschein. Die Motive sind meistens Vögel, Fische, Schildkröten, Lobster oder Krabben oder aber traditionelle Ornamente. Wie die Frauen dies nähen, ist mir ein Rätsel. Einerseits brauchen sie eine gute Sehkraft, andererseits eine unglaubliche Geduld. Drei bis vier Wochen tägliche Arbeit ist für eine reich bestickte Mola notwendig. Und die Kosten dafür betragen 20 bis 90 Dollar. 

    Zurück zur Tracht. Ein Gürtel hält Rock und Bluse zusammen. Oft legt sich die Kunafrau lose ein Tuch über den Kopf, um sich gefühlsmässig zu schützen. Ein goldener Nasenring schmückt das Gesicht oder es glitzert eine filigrane Halskette.
    Auch die Beine sind verziert. Dazu zieht die Kuna tausende von Glasperlen auf einen Baumwollfaden auf und umwickelt damit ihre Waden in solch einer Präzision, dass ein traditionelles Muster sichtbar wird. Eine einwöchige Arbeit, die im Schnitt nach zwei Monaten wiederholt werden muss, weil der Faden gerissen hat.

    Mit Susanna und Hanspeter besichtigen wir einen Friedhof. Die Menschen leben immer auf Inseln, um nicht unter der Plage der Moskitos zu leiden und vor Tierangriffen aus dem Urwald geschützt zu sein. Der Friedhof hingegen liegt immer auf dem Festland. 
    Die Toten werden in eine Hängematte gelegt und mit Erde bedeckt, die genässt und nach dem Austrocknen sehr hart wird. Weiter erklärt uns der Führer, dass während der Begräbniszeremonie ein Schamane 24 Stunden lang in einer geheimen Sprache singt, die nur er und der Geist des Verstorbenen verstehen. So kann der Tote den Weg nach Hause finden und wird nicht von Teufelsgeistern gestört, die in den verschiedenen Schichten der Unterwelt der Kunas umher wandeln. 
    Die Familie besucht jeden Sonntag das verstorbene Familienmitglied auf dem Friedhof und isst auch da, damit der Geist des Toten nicht selber ins Dorf kommen muss, um bei seiner Familie zu sein. Auch auf dem Friedhof ist immer eine Hängematte für den Geist bereit, falls er sich mal ausruhen möchte.  

    Ein weiterer geführter Ausflug beginnt mit einer mystischen Fahrt flussaufwärts und endet nach einem fast zweistündigen Fussmarsch durch den Regenwald bei einem Wasserfall. Die Mutigen erfrischen sich im kühlen Nass. Doch als dann Michael ein Stück Schlangenhaut aus dem Wasser fischt, beendet Melanie ihr Bad innert Sekunden. Christian und Sandrina dagegen lassen sich nichts anmerken. Wie froh bin ich da, dass ich mich schon von Anfang an als Fotografin zur Verfügung gestellt habe. 
    Von Bredio, unserem Führer, erfahren wir mehr über den Bau eines Ulus. Wenn ein Kuna ein neues Schiff braucht, darf er sich dafür im Wald einen Baum reservieren, indem er ihn mit einem persönlichen Zeichen markiert, das er in die Rinde schnitzt. Nachdem der Baum gefällt ist, wird vor Ort die Grobarbeit gemacht. Ein grosser Teil des Baumes wird ausgehöhlt, damit er an Gewicht verliert. Dann wird das halbfertige Ulu von 10 bis 15 Männern aus dem Wald geschleppt und durchs Wasser ins Dorf zum Eigentümer gebracht, wo es dann durch die Feinarbeit seine endgültige Form bekommt. Vom Zeitaufwand her reden wir von etwa 4 Wochen.

    Das Ulu ist das Verkehrsmittel der Kuna. Der Mann rudert oder segelt jeden Morgen ans Festland und holt im Wald, der allen gehört, Brennholz, Mangos, Bananen, Zitronen oder Kokosnüsse für den Eigenbedarf. Früher dienten die Kokosnüsse übrigens als Zahlungs- oder Tauschmittel, bevor der Tourist den Dollar ins Land brachte. Am frühen Nachmittag kehrt der Mann zurück. Die restliche Zeit des Tages gehört seiner Familie. 

    Auf den San Blas Inseln erleben wir eine Vielfalt an Ankerplätzen. Das Wasser der östlicheren Inseln, die eher in Landesnähe liegen, scheint grün und trübe, weil oft eine Flussmündung in der Nähe liegt. Hanspeter hat stets den Drang, das Ufer zu Fuss oder mit dem Dinghi zu erkunden und erspäht wirklich zweimal ein Krokodil. Für uns Grund genug, in Küstennähe das obligate Morgenschwimmen zu streichen. 
    Vor anderen Inseln hingegen ankern wir im 2 Meter tiefen türkisfarbenen Wasser. Unter Samuri liegen Seesterne und wir entdecken Schildkröten oder kleine Haie vom Schiff aus. Es ist ein absolutes "Muss", mit all unseren Besuchern immer wieder in diesen sogenannten "Hot Tub" zurück zu kommen. 

    Kokosnüsse gehören auf unseren täglichen Speiseplan. Wir „bestellen“ beim Kuna gerade mal 10 Stück, die er dann wenig später oder anderntags zu Samuri bringt. Geschält werden sie vom Kuna selber im wackeligen Ulu. Er legt die Nuss auf seine Beine und haut die scharfe Machette mit einer unglaublichen Treffsicherheit in den Bast. Dann biegt er die Machette, der Bast reisst aus und mit drei weiteren Hieben ist die Nuss geschält. Das eigentliche Öffnen der Kokosnuss übernehmen Melanie und Michael gerne und erledigen das als eingeschliffenes Team. Das müssen die beiden auch sein, denn die Zeit für ihre gemeinsame, halbjährige Weltreise naht. 
    Ich reise Anfang Februar mit meinen Kindern nach Panama City, wo wir für lange Zeit unseren letzten gemeinsamen Tag verbringen. Dann trennen sich unsere Wege. Melanie und Michael‘s erstes Reiseziel ist Equador, ich fliege nach Tucson / Arizona, wo ich mit Sabrina, Sam und Davin für drei Tage die Mineralienmesse besuche, bestaune und unglaubliche geniesse. 
    Christian ist überglücklich, dass Sandrina mit ihm an Bord bleibt und die beiden verbringen  ruhige und erholsame Tage. 

    Die wunderschönen Palmeninseln der KunaYala hinterlassen bei uns unvergessliche Erinnerungen. Doch der einen grossen Frage können wir nicht ausweichen. Wir Touristen führen den Kunas so viel Luxus vor Augen. Wie lange will oder kann sich dieses Land noch von der westlichen Zivilisation fern halten? 
    Dazu sitzen paradoxe Bilder in unserem Kopf, wie zum Beispiel dieses: ein Kuna rudert gemächlich in seinem Ulu an uns vorbei. Plötzlich klingelt sein Handy. Er telefoniert. Dabei gibt es in seinem Haus doch keinen Strom. Also bringt er das Telefon abends zu uns aufs Schiff, damit wir es für ihn über Nacht aufladen. Und wenn dann sein Wecker nicht auf lautlos eingestellt ist, werden wir um 4 Uhr in der Früh geweckt :-).

    So sind wir glücklich, Kuna Yala, für uns ein kleines Paradies auf Erden, noch ursprünglich und teilweise unberührt erlebt zu haben.

    Mittlerweile sind wir im Pazifik in Panama City und segeln weiter Richtung Galapagos-Inseln. 
    Im nächsten Blog beschreiben wir dir unsere spannende Schleusung durch den Panamakanal.

    Bis dann, herzliche Grüsse

    Evelyne & Christian

     

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