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Samoa

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You lie on a mat in a cool Samoan hut and look out on the white sand under the high palms and a gentle sea.
And then among it all are the loveliest people in the world, moving and dancing like gods and godesses.
It is sheer beauty, so pure that it is difficult to breathe it in.

Rupert Brooke, poet an tourist, 1913

Dieses Gedicht ist die Einführung in das Kapitel "Samoa" im bunten Kochbuch von Robert Oliver. In diesem Buch werden die Kultur und viele einheimische Rezepte einiger Inseln des Pazifischen Raumes vorgestellt. 
Die eine Ideologie dieses Werkes war, die lokale Esskultur auf die Speisekarten der Ressorts und Restaurants zu bringen. Eine zweite Mission war, die Köche zu überzeugen, die Kochzutaten nicht von Übersee zu importieren, sondern eine Zusammenarbeit mit den lokalen Bauern anzustreben, und sie somit in die Tourismusmaschine einzubinden. 
Es brauchte viel Motivationsarbeit des Autors, die Einheimischen zu überzeugen, dass es ihre Küche wert ist, sie in die Welt zu tragen. Seine Mühe trug Früchte, es entstand ein farbiges und fantastisches Buch.

Gekauft habe ich es in einem Kunstladen in Apia, der Hauptstadt von Upolu, der einen Insel von Samoa, die wir bereist haben. Ja, wir sind in einem anderen Land einklariert und nach der eher ungemütlichen Überfahrt voller Entdeckungsdrang auf sicherem Boden.

Die Inselgruppe von Samoa besteht aus neun Inseln, fünf davon sind unbewohnt. Savaii ist die grösste der Inseln mit 1'812 km/2; Upolu, mit der Hauptstadt Apia, die zweitgrösste mit 1'036 km/2 Fläche. Die Vulkaninseln sind hügelig bis bergig. Besiedelt sind vor allem schmale Küstenstreifen, das Inselinnere wird soweit wie möglich als Plantagen- und Weideland genutzt. Angebaut werden Taro, Yams, Bananen, Kaffee und Kakao. Samoa versucht, möglichst auch Produkte wie Fisch, Bier oder Noni-Produkte zu exportieren. Doch das Importvolumen übersteigt das Exportvolumen um das Achtfache. Das Land ist stark von den Überweisungen der im Ausland lebenden Samoaner und vom Tourismus abhängig. 

Im letzten Dezember fegte ein Zyklon über Apia. Leider wurde Vieles zerstört. Die Hälfte der beschädigten Schwimmdocks im Hafen sind bis heute nicht geflickt. Viele Gebäude in der Stadt sind halbe Ruinen. Die ehemalige Markthalle ist geschlossen. Die Bauern verkaufen ihre Produkte unter schäbigen und undichten Wellblechdächern. Doch für die Renovierung der Kirchen scheint bei den sehr gläubigen Samoanern genügend Geld vorhanden zu sein. Auf Hochtouren werden neue Gotteshäuser erbaut. 
Die Samoaner sind zu 98% gläubige Christen. Der Sonntag ist ihnen heilig. Gearbeitet wird nichts. Am Sonntagmorgen liegt Smog über Apia. Aus vielen Häusern qualmen die Erdöfen, die die Männer einheizen, um nach dem Kirchgang mit der Familiensippe das Mahl zu geniessen. Am Nachmittag wird nochmals Gebetsstunde gehalten. 
Wer in den Gottesdienst geht, gibt seine Spende beim Eingang ab. Name und Summe werden notiert und gegen Ende der Messe der ganzen Gemeinde vorgelesen. Keine Frage: das erzeugt einen unglaublichen Druck auf die Einheimischen und viel Geld landet somit in der Tasche der Kirche oder des Priesters.
Kommen wir mit Taxifahrern oder Kindern ins Gespräch, ist eine der ersten Fragen, ob wir an Gott glauben. So hat uns der Name "Christian" schon ein paar Mal gerettet und uns in ein gutes Licht gestellt. 

Samuri liegt im ruhigen Hafen von Apia. Tröpfchenweise laufen bekannte Yachten ein. Das Wiedersehen vieler Freunde macht Spass. Der Austausch ist rege. Alle haben einander viel über die vergangenen Wochen zu berichten. Sehr berührend ist, dass ich eine ehemalige Shiatsustudentin von Luzern antreffe, die mit ihrer Familie auch schon vier Jahre auf dem Meer unterwegs ist. 
Im Flug vergeht in Apia ein ganzer Monat. Die Stadt ist unser Ausgangspunkt für viele Erlebnisse. Gerne erzähle ich dir einige:

Polizeiparade:
Jeden Morgen um 8:45 Uhr macht sich ein Polizeicorps bereit, schnittig bekleidet mit hellblauem Hemd und dunkelblauem Lavalava (Wickelrock). Zu schmissiger Blasmusik marschiert die Formation auf der Hauptstrasse bis zum Regierungsgebäude und stoppt militärmässig auf dessen Vorplatz. Hier wird die Landesfahne gehisst, dann geht es den ganzen Weg zurück. Um 9 Uhr heult die Sirene auf. Es ist das Zeichen zum Arbeitsbeginn. Um 13 Uhr heult die Sirene zur Mittagspause und abends um 17 Uhr zum Arbeitsschluss. Dann kehrt auf der Strasse Ruhe ein. Die folgende Stunde gilt dem Gebet. 

High Tea:
Schon seit den Galapagos trage ich eine Visitenkarte bei mir. Die liebenswürdige Besitzerin eines Kunstladens von Santa Cruz bat mich damals, falls ich je nach Apia / Samoa kommen werde, ihre Freundin Marita im Plantation House zu besuchen und ihr die herzlichsten Grüsse zu überbringen. 
Aber wo finde ich dieses Plantation House? Es gibt keine Inserate und die Taxifahrer kennen es nicht. Mein Bauchgefühl bringt mich in einen Kunstladen, und prompt finde ich hier des Rätsels Lösung. Ich strample in der brütenden Hitze mit dem Fahrrad los und komme nach einer Stunde schweissgebadet an. 
Marita ist hoch erfreut über meinen Besuch. Sie zeigt mir ihr Haus, in welchem sie handbedruckte Stoffe und die daraus gefertigten Stücke präsentiert. Einmal wöchentlich bietet sie in ihrem wunderschönen Gartenhaus High Tea an. Am nächsten Mittwoch dürfen wir ihre Gäste sein. Es ist einfach wunderbar.
Die Tische sind mit den selbst kreierten Tischtüchern bedeckt, mit tropischen Blumen aus dem Garten geschmackvoll geschmückt und der Tisch ist liebevoll gedeckt. In altem zusammengewürfelten Porzellan serviert Marita Tee und die besten, selbst gebackenen Leckereien. Ein süsser Sherry rundet den unvergesslichen Nachmittag ab.

Museum / Villa Vailima: 
Mit dem Mittagessen und viel Wasser im Rucksack satteln wir die Fahrräder. Die 4 km Weg müssen am Hügel hart erkämpft werden. Die Villa Vailima, ein im westlichen Stil erbautes Herrenhaus, war das ehemalige Anwesen des schottischen Schriftstellers Robert Stevenson, aus dessen Feder Werke wie "Die Schatzinsel" stammen. Stevenson verbrachte hier seine letzten vier Lebensjahre, bevor er 1894 starb. Vor seinem Tod verfasste er seine Grabinschrift. Beerdigen liess er sich auf dem nahen 475 m hohen Mt. Vaea.
Unsere verrosteten Knochen brauchen Bewegung. Wir wollen den Hügel erklimmen.
Der Weg dorthin soll vom Sturm im letzten Dezember mit Fallholz versperrt worden sein. Es gäbe einen neuen, aber sehr steilen Weg, die Abzweigung können wir nicht verpassen, meint der Museumsführer. Wird schon gehen... 
Der Beginn des Weges ist wunderbar beschildert, kein Problem. Nach etwa 20 Minuten Marsch hört der Weg auf. Wir stehen vor dem zerstörten Sturmwald. Eine Wegverzweigung haben wir nirgends gesehen. Sie wird bestimmt kommen, denken wir und beginnen, über die ersten Hindernisse zu klettern. Anfänglich geht es gut, doch nach einigen Minuten sind wir ratlos. Wir sind nur noch am Klettern und ziehen uns mühsam durch das Geäst und durch lästiges Efeu den inzwischen steil gewordenen Hang hoch. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo es kein Zurück mehr gibt. Also weiter.
Nach einer halben Stunde stehen wir zuoberst auf dem Hügel, doch nach wie vor mitten im dicksten Dschungelunterholz. Wir haben keine Ahnung, in welcher Richtung das Grab liegen könnte. Wir lassen Logik und Bauchgefühl sprechen. Wir sind zum Glück gut unterwegs. Schon nach 5 Minuten sehen wir eine Lichtung und vor unseren Augen öffnet sich der versprochene, grandiose Ausblick auf die Küste der Insel und das Meer mit dem vorgelagerten Riff. Völlig verschwitzt und schmutzig hocken wir uns ins Gras und füllen unsere hungrigen Bäuche. Das war wieder einmal ein Ausflug "à la Nigg". 
Auf dem Heimweg schauen wir uns die Herstellung von Seifen und Körperlotionen an. Eine Schweizerin, die auch das Schweizer Konsultat betreut, und ihr einheimischer Mann führen die Firma Mailelani seit 15 Jahren und haben mit ihren biologischen Produkten grossen Erfolg. 

Erdofen (Umu)--Essen:
Annemarie und Bernhard von der Segelyacht Mariposa lernen den Taxichauffeur Taula kennen. Er bietet uns Seglern an, uns in seinem Haus am Kochzeremoniell des traditionellen, samoanischen Erdofen-Essens teilhaben zu lassen. 
Zu acht fahren wir ins Landesinnere zu Taulas Haus. Seine ganze Familie und seine Geschwister mit deren Kindern erwarten uns freudig. Wir Gäste werden mit einer Trinkkokosnuss begrüsst, frisch mit der Machette aufgeschlagen.
Unter einem Unterstand qualmt ein Feuer, bedeckt mit vielen Lavasteinen. Die Männer sind damit beschäftigt, die Steine auf der Glut immer wieder zu drehen, damit sie durch und durch heiss werden. 

Die Frauen sind mitten in den Kochvorbereitungen. Es gibt:

-  Palusami: dazu werden Kokosnüsse geraffelt, in ein Tuch gegeben und ausgepresst. Das gibt die frische Kokosmilch. Flinke Frauenhände formen junge Blätter der Taropflanze zu einem Behälter, füllen ihn mit Kokosmilch, fassen die Blätter oben zusammen und umwickeln das Ganze mit einem Blatt des Brotfruchtbaumes zu einem kompakten Päckli. Dieses wird auf die heissen Steine gelegt. Beim Garen dickt die Kokosmilch ein und wird ähnlich wie Quark. 
-  Taro: es ist die Kartoffel der Südsee, etwa faustgross. Die Taro wird in Kokosblätter gewickelt.
-  Brotfrucht: die Frucht des Brotfruchbaumes. Sie ist etwas süsslich, auch kartoffelähnlich. Gekühlt hält die "Uru" ein paar Wochen, liegt sie an der Wärme wird sie innerhalb von zwei Tagen sehr weich und schmeckt nach reifen Bananen. Die Brotfrucht wird in Stücke geschnitten und in Bananenblätter gepackt. 
-  Stücke von Fisch, Huhn und Schwein: sie werden zusammen mit Kokosmilch in Bananenblätter eingewickelt. Fische und Schweine werden teilweise auch in ganzer Grösse in den Umu gelegt.    
-  Reis: er wird in der Pfanne gekocht.

Sämtliche Umu-Speisen werden auf die heissen Steine gelegt, mit vielen Lagen Bananenblättern zugedeckt und wärend gut 35 Minuten gegart.

Bis das Mittagessen bereit ist, werden wir in eine weitere Tradition, das "Ava"-trinken eingeführt. Das Nationalgetränk wird aus den getrockneten und anschliessend zerkleinerten Wurzel- oder Stammstücken des Pfefferstrauchs unter Wasseraufguss hergestellt. Taula füllt die Tasse, eine Kokosnussschale, und gibt das Getränk allen Gästen reihum zum Probieren. Es sieht aus wie Abwaschwasser, schmeckt annäherend so und hinterlässt ein Kribbeln auf der Zunge, das einige Minuten anhält. Es soll vor allem "das" Getränk für die Männer sein. 
Mehr über diese Zeremonie werde ich im Blog von Fiji erzählen.

Nach einer guten halben Stunde werden wir zu Tisch gebeten. Als Gäste essen wir zuerst, die Familie wird sich nachher bedienen. Mit Palmenwedeln verscheuchen die Jugendlichen die Fliegen, die sich auf die Mahlzeit stürzen wollen. Alles schmeckt ausgezeichnet!

Inselrundfahrt mit dem Mietauto:
Achtung, hier gilt Linksverkehr! Ende 2007 hatte der samoanische Premierminister bekannt gegeben, er werde im 2009 den Linksverkehr einführen. Was das hiess? Neue Verkehrsschilder, neue Ampeln, Umgestaltung der Kreuzungen, neue Fahrzeuge und rasches Umdenken, damit der Blinker nicht zum Scheibenwischer wird. Der Grossteil der Bevölkerung wehrte sich. So wurde versucht, den Spurwechsel bei der Bevölkerung mit einem Feiertag und Strassenfesten zu versüssen. 
Bis anhin wurde der Grossteil der Autos aus den USA importiert. Heute dagegen sind die wirtschaftlichen Bindungen zu Australien oder Neuseeland enger. Und aus diesen traditionell links fahrenden Ländern werden zukünftig auch die Fahrzeuge stammen, die die Bürger Samoas kaufen. 

Christian findet sich im Verkehr problemlos zurecht. Wir kurven mit dem gemieteten "Allrader" der Küste entlang. Den ersten Stopp gibt es im Piula Cave Pool. Ein ovales Naturbecken wird von einer Quelle gespeist, die in einer Höhle bei der nahe liegenden Kirche entspringt. Wir gesellen uns zu den wenigen Fischen im kristallklaren Süsswasserpool. Wir geniessen die willkommene Erfrischung.

Aber dann treibt es mir den Schweiss geradezu wieder aus den Poren. Wir sind auf dem Weg ins Holzschnitzerdorf Uafato. Die Strasse nur zu finden ist schon ein Erlebnis wert. Unser Vierradantrieb quält sich im Schritttempo die äusserst holprige Strasse hoch. Wir sitzen im Schüttelbecher. Schaue ich auf die Strasse, sehe ich nur Löcher und Steine. Schaue ich links aus dem Fenster, sehe ich senkrecht hinunter zur Küste, schaue ich nach rechts, sehe ich einen lachenden Fahrer, der dieses Bergrally sichtlich geniesst. Einatmen - ausatmen - einatmen und entspannen! 
Nach einer knappen Stunde sind wir in Uafato, wieder auf Meereshöhe. Wir treffen auf Kili, einer der besten Holzschnitzer. Sein Atelier liegt direkt am Meer und wird von einer sanften Brise durchlüftet. Was für ein privilegierter Arbeitsplatz. Alle Kunststücke schnitzt Kili aus dem Ifilele-Holz, einem sehr harten und schweren, einheimischen Holz, das er selber im Wald schlägt. Wir schauen ihm bei der Arbeit zu und haben das Glück, mit einer formtypischen Schale und einem Mörser im Kofferraum den Rückweg anzutreten. Weitere von ihm gefertigten Kunstwerke hat Kili schon nach Apia zum Verkauf gebracht. 

Wir fahren der Küste entlang und bewundern die bepflanzten Strassenränder, kommen durch malerische Dörfchen und staunen über die sorgfältig gepflegten Vorgärten der oft oval erbauten Häuser. Diese sogenannten Fale bestehen aus gewölbten Dächern, die meist aus Kokoswedeln geflochten sind. Wände gibt es nicht. So haben wir den Einblick und den Durchblick in die privatesten Sphären der Menschen. Bei starkem Regen können seitlich Kokosmatten heruntergelassen werden. Ab und zu hängen bunte Tücher als Vorhänge oder als Schattenspender. Ein Privatleben ist in Samoa weitestgehend unbekannt.

Die erste Nacht auf unserer Reise verbringen wir in so einem Fale. Es steht direkt am Strand, ist auf Stelzen gebaut, auf dem Boden liegt eine Matratze, rundherum gibt es ein Moskitonetz, das ist alles. Die sanitären Anlagen und die Dusche befinden sich neben dem Hauptgebäude über der Strasse. Dort gibt es für alle Reisenden ein gemeinsames Nachtessen und das Frühstück anderntags. 
Am nächsten Morgen fühlen wir uns nicht wirklich ausgeruht. Das Rauschen des Meeres und die dünne Matratze haben uns wenig schlafen lassen. Doch wir sind um eine Erfahrung reicher geworden.

Baha'i Tempel / Baha'i House of Worship:
Die neun Seiten des im Jahre 1984 fertig gestellten Tempels der Baha'i Glaubensgemeinschaft mit seiner 20 Meter hohen Kuppel symbolisieren die Weltreligionen. Der Tempel lädt die Besucher zum Gebet und zur Meditation ein. Die umliegende Parklandschaft ist riesig und wunderschön angelegt. Unter einem saftigen Bambusstrauch machen wir nach unserem Picknick ein erholsames Schläfchen.

Weiter geht unsere Fahrt zum Ausgangspunkt der Wanderung zum Goldfish-Lake. Die Strasse ist wieder sehr holperig. Zum Glück treffen wir einen Einheimischen. Wir dürfen vor seiner Farm parken, dann geht es für eine Stunde zu Fuss weiter. Wir streifen durch Gras, Feld und Wald, es geht steil bergauf, das Gestrüpp ist manchmal brusthoch. Endlich sind wir auf dem Gipfel. Wir sehen auf den recht grossen See, der wieder im Tal liegt. Das Wasser scheint undurchsichtig grün. Und da wir beide es nicht unbedingt lieben, in trübem Wasser schwimmen zu gehen, ersparen wir uns den Abstieg und den Wiederaufstieg. Es ist ein guter Entscheid, denn bis wir unsere zweite Übernachtungsstätte, das Virgin Cove, gefunden haben, ist es 17:45 geworden. 
Ein sehr feines Candle-Light Dinner rundet den Tag ab und wir freuen uns, in ein richtiges Bett zu schlüpfen.
Für das Frühstück unter Kokospalmen lassen wir uns Zeit. Heute steht nur noch der Rückweg auf dem Programm. In einer Galerie, in welcher Kili seine Handwerke verkauft, legen wir einen Zwischenstopp ein und kaufen eine zweite wunderschöne Holzschale.

Es wird Zeit, Apia zu verlassen. Wir laufen aus. Es vergehen keine fünf Minuten und wir liegen inmitten heftigster Regenfälle und Windböen. Die Gewitterzelle scheint über Samuri hängen zu bleiben. Unser Genaker hält irgendwann den Winddruck nicht mehr aus. Er reisst einen guten Meter lang ein und produziert ein hässliches Geräusch. Und wie es solche Situationen so in sich haben, klemmt beim Einrollen eine Leine. Wir schaffen es schlussendlich doch und segeln mit der Genua weiter. Ziemlich durchgewaschen kommen wir in Savaii zum Ankerplatz und sehnen uns nach einem ruhigen Abend. 

Wir liegen vor einem kleinen, einfachen Hotel. Hier essen wir ab und zu im Restaurant. Die Angestellten sind sehr freundlich und wir fühlen uns aufgenommen in ihrer grossen Familie. 
Am Sonntag besuchen wir den Gottesdienst und sind einmal mehr überwältigt vom inbrünstigen Gesang der Bevölkerung. 

Die zweitägige Inselrundfahrt um Savaii zeigt uns eine andere Landschaft als die Insel Upolu. Charakteristisch sind die schroffen Küstenabschnitte im Süden und die ausgedehnten Lavafelder im Norden, die zum Teil erst Anfang des 20. Jhts. entstanden sind. Zwischen 1905 und 1911 gab es einige verheerende Vulkanausbrüche. Das Dorf Saleaula im Norden der Insel wurde von den Lavamassen eines Vulkanausbruchs teilweise begraben. Nur die Aussenwände und der Giebel der grossen Kirche blieben verschont. Der Rest ist unter einer zwei Meter dicken Lavaschicht versunken. Der glühende Lavastrom teilte sich genau an der Stelle, an der eine samoanische Novizin begraben liegt und floss hinter der Grabstätte wieder zusammen. Das Grab ist heute noch auf dem Grund einer rechteckigen Vertiefung sichtbar. Die Legende um dieses wundersame Ereignis wird von den Einheimischen gerne erzählt. 

Die zweite eindrückliche Attraktion auf dieser Insel sind die Blowholes. An einem Küstenabschnitt wird Meerwasser durch Wellenkraft durch enge Öffnungen im Korallenriff gepresst. So bilden sich bis zu 80 Meter hohe Wasserfontänen. Jeder, der sich zu nahe heran wagt, wird fast weggepustet und von der Gischt tropfnass.

Im Dorf Palauli im Süden der Insel zeigt uns Faa'ita in ihrem privaten Haus die Herstellung von Tapa. Tapa wurde früher traditionell zur Bekleidung verwendet, aber auch als Schlafunterlage und zum Abteilen von Räumen. Heute wird Tapa als Zeremonialgeschenk zu bestimmten Anlässen wie Geburt, Hochzeit oder Todesfall überreicht. 

Das polynesischen Wort Tapa, in Samoa Siapo genannt, bezeichnet einen Rindenbaststoff, der aus der Innenrinde des Papiermaulbeerbaumes hergestellt wird. Nach dem Ablösen der Rinde von einem dünnen Ast wird die Bastschicht gewässert. Danach wird das Wasser wieder herausgepresst. Faa'ita verwendet dazu den gezackten Rand einer Muschel, mit welcher sie in Längsrichtung der Rinde arbeitet. Schliesslich wird die Bahn mit einem Schlegel aus Eisenholz zu hauchdünnen Bahnen geklopft. Aus einer 10cm breiten Rinde kann schnell mal eine Breite von 60 cm entstehen. Dieses dünne Material wir auf dem Boden zum Trocknen ausgelegt und mit Steinen vor dem Schrumpfen bewahrt. Um ein grosses Stück Tapa zu bekommen, werden einzelne Stücke übereinander gelegt und mit dem natürlichen Leim der Tapioca zusammengeklebt. 
Ist die Tapa trocken, wird sie mit Naturfarben von Bäumen in Gelb- und Brauntönen mit traditionellen Mustern bemalt. 
Die Herstellung von Siapo ist also sehr aufwendig und gehört ausschliesslich zum Aufgabenbereich der Frauen. 

Wir haben Lust auf aktive Bewegung. Den ersten Teil des Weges Richtung Krater des Mount Matavanu fahren wir auf einer holprigen Feld- und Waldstrasse. Beim Haus des Craterman halten wir an. Nach der herzlichen Begrüssung schreibt der urchige Typ unsere Namen ins Besucherbuch und verlangt für die Weiterfahrt eine Gebühr. Craterman hat die ganze Strasse von der Ebene bis zum riesigen Kraterloch eigenhändig erstellt und sorgt weiterhin für den Unterhalt. Er meint, dass wir mit unserem Vorderradantrieb problemlos weiterfahren können, doch die Steigung auf der feuchten Strasse schafft das Auto doch nicht mehr. Weiter geht es zu Fuss. Diese Anstrengung hat sich gelohnt. Und ebenfalls die Beachtung aller Warnschilder, die raten, nicht zu nahe an den Kraterrand zu stehen. Er fällt senkrecht in die Tiefe. Und die Vorstellung, dass in diesem riesigen Loch einmal glühend heisse Lava brodelte, lässt uns gerade nochmals schaudern.

Zurück auf Samuri widmen wir uns noch ein paar Tage unseren persönlichen Dingen und bereiten uns langsam auf ein neues Land vor. Doch einen besonderen Moment mit einem Fischer möchte ich noch erzählen. 

Es ist Abend. Wir sitzen im Cockpit und schauen uns einen Podcast an. Plötzlich hören wir aus dem Dunkeln eine Stimme. Wir schauen nach. Ein alter Fischer in einem Einbaum legt am Heck an. Er zeigt uns die Fische, die er gefangen hat. Da er kaum englisch spricht verständigen wir uns mit Gesten. Er hält uns einen Fisch entgegen. Er will ihn uns schenken. Christian bedankt sich. Der Fischer bekommt von uns auf seinen Wunsch hin ein Bier. Er hält uns einen zweiten Fisch hin, dann einen dritten. Wir schenken ihm ein Päckli Zigaretten und ein T-Shirt. Beides nimmt er lachend und dankbar an. Die Zigaretten packt er in ein Tuch, das Shirt presst er an sein Gesicht und küsst es. Der Fischer schenkt uns einen grösseren Fisch und zeigt uns mit zwei Fingern an, dass er gerne noch zwei Bier hätte. Eines geben wir ihm noch. Dann ertönt vom Ressort her Musik. Das alte Männlein schliesst seine Augen und beginnt mit dem Oberkörper und den Armen zu tanzen. Wo schweifen wohl in diesem Moment seine Gedanken hin? Auf einmal verabschiedet sich der Fischer und so wie er gekommen ist, rudert er zurück in die Dunkelheit.

Tofa, goodbye, auf Wiedersehen bis zum nächsten Abenteuer!

Evelyne & Christian

 

 

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