Törnberichte

Galapagos

  • Mittwoch, 11. April 2012
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Der Galàpagos-Archipel liegt im Ostpazifik auf 0° Breite und 90° westlicher Länge rund 1000 km vom südamerikanischen Festland entfernt. Er gehört zum Staatsgebiet von Ecuador. 
Die Landfläche der Galàpagos-Inseln liegt bei 7882 km/2, wovon allein die Insel Isabela mit 4588 km/2 fast 60% beansprucht. Der Rest verteilt sich auf 12 weitere, grössere Inseln sowie eine Menge kleiner und kleinster, oft unbenannter Inselchen und Felsen unter 1 km/2. 
96% der Landfläche gehören zum Nationalpark, 4% sind kolonisiertes Gebiet. 

Die Galàpagos sind ein vulkanisch hoch aktiver Archipel. Sehr einfach beschrieben entstand er bis noch vor 600‘000 Jahren durch Erdplattenverschiebungen, durch die Magma austreten konnte. Diese submarinen Vulkane wuchsen bis über die Meeresoberfläche empor. Das Ergebnis sind Inselvulkane fernab der Kontinente, die zu den höchsten Bergen der Welt ab Meeresboden zählen. 
So erstaunt es nicht, dass im Jahre 1535 der offizielle Entdecker der Galàpagos, Bischof Thomas de Berlanga, seine ersten Eindrücke folgendermassen beschrieb: "Es sieht aus, als ob Gott Steine regnen liess".
Doch die Galàpagos sind weit mehr als eine Ansammlung lebloser Krater. Die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt lockt die Besucher ebenso an, wie auch das angenehme subtropisch bis warmgemässigte Klima. Die Luftfeuchtigkeit bewegt sich zwischen 80 - 90%. Es gibt den Wechsel der warmen, meist windstillen Regenzeit vom Januar bis April mit der kühleren, windreichen Trockenzeit von Juni bis November. Mai und Dezember sind Übergangsmonate. Die Temperaturen liegen zwischen 27 Grad im Februar / März und 21 Grad im August / September. Das Wasser misst zwischen 20 und 25 Grad.

Ja, und nun befinden wir uns auf der südlichen Halbkugel der Erde. Alles ist hier ein bisschen anders. Der Ozean heisst nicht mehr Atlantik, sondern Pazifik. Die Mondsichel liegt am Himmel wie eine Wiege und der Wirbel des Wassers dreht sich nach links. Und wir sind nicht mehr die Einzigen an Bord, wir haben immer wieder Gäste....

Schon bei der Ankunft im Hafenbecken von San Cristobal werden wir von gwundrigen Seelöwen begrüsst und beschnuppert. Das haben wir uns wenigstens gedacht. Ihre Absicht aber war, unser Boot genau zu untersuchen, ob es da nicht irgendeine geeignete Liegeplattform gäbe, die als Schlafplatz dienen könnte. Die beiden Hecktreppen eines Katamarans laden dazu natürlich wunderbar ein. 
So vergeht am Ankerplatz keine Stunde bis es rumpelt, platscht und röhrt. Ein Riesentier, wahrscheinlich ein Urgrossvater, hat es sich auf Samuri bequem gemacht. Wir haben den grössten Plausch und gewähren ihn. Ins Cockpit kann er nicht, denn dieses haben wir vorsichtshalber mit unseren Badematten abgeschirmt. Die zweite Plattform wird bald von einem jüngeren Seelöwen in Beschlag genommen. Seinen Augenaufschlag hättest du sehen sollen, als wir ihn begrüsst und fotografiert haben. 
Die Spuren von Urgrossvater nach seinem Besuch: ein brauner, fettig-öliger und behaarter  Platz, der nach Schrubben ruft, weil er stinkt. Jetzt verstehen wir die Ankerlieger um uns herum, die mögliche Zugänge zu ihrem Schiff mit Netzen und Fendern völlig verbarrikadiert haben. So tun wir es ihnen gleich.

San Cristobal ist die erste Insel, die wir auf Galàpagos anlaufen. Fast alle Segler klarieren hier ein. Nur wer ein sogenanntes Autografo besitzt, hat die Erlaubnis, mit dem eigenen Schiff  insgesamt drei, vier oder fünf Inseln anzulaufen. Dieses kostet natürlich seinen Preis. Doch wenn wir von San Cristobal aus jeweils die Fähre zu anderen Inseln, Mahlzeiten und eventuelle Unterkünfte hätten berappen müssen, wäre es ebenso teuer gekommen, und so hat sich das Autografo für uns bei weitem ausbezahlt. 

Am ersten Tag auf Galàpagos lassen wir uns mit dem Wassertaxi abholen und an Land setzen. Das ist hier so üblich. Die Seelöwen würden nämlich auch die Dinghis der Segler besetzen und als eigen verteidigen, so wie sie es mit jedem anderen Fischerboot tun, das im Hafen liegt. 
Es ist unglaublich. Wo wir hinsehen, entdecken wir Seelöwen - auf Treppenstufen, unter Bänken, am Strand, im Wasser. Da liegen oder schlafen sie zu hunderten, tummeln sich, spielen mit Plastikflaschen, zeigen sich als flinke Schwimmer, wälzen sich im Sand und lassen dabei ihren wohligen Gefühlen hörbar freien Lauf. 

Wir verschaffen uns einen Überblick über das Hafenstädtchen Puerto Baquerizo Moreno und über die möglichen Ausflugsziele auf San Cristobal. Es ist wunderbar, wir können vieles zu Fuss und ohne Führer unternehmen. So üben wir uns die folgenden Tage im Wandern. Unsere „Seebeine“ sind sich fast nicht mehr an festen Boden gewöhnt. Es tut richtig gut, über das Vulkangestein zu balancieren oder im festen Sand am Strand zu gehen. 

Zum ersten Mal schnorcheln wir in einer Bucht mit Wasserschildkröten. Sie lassen sich durch uns nicht stören, sie sind eher neugierig. Die schwarzen Meerechsen sind so gut getarnt, dass wir sie anfänglich mit ungeübtem Blick gar nicht bemerken, wie sie auf den schwarzen Felsen an der Sonne liegen und sich aufwärmen.

Ein Tagesausflug führt uns für einen Tauchgang zum Kicker Rock oder Leon Dormido. Dieser Tuffkegel schiesst 148 Meter aus dem Wasser in die Höhe. Eine Reihe von Seevögeln benutzen diesen Felsen als Rastplatz. 
Wir freuen uns darauf, mit Hammerhaien, Seelöwen und Schildkröten zu tauchen. Doch wir werden enttäuscht. Die Sicht unter Wasser beträgt kaum 10 Meter. Ausser viel Kleinlebewesen an der Steilwand des Felsen sehen wir die Grosstiere nur schattenmässig vorbeiziehen. Schade! 
Eine andere unschöne Erinnerung ans Tauchen hat mir zu schaffen gemacht. Die folgenden Tage bekomme ich starke Schmerzen im Nacken, die ich durch Selbstbehandlung nicht wegbringe und keinem Krankheitsbild zuordnen kann. So bin ich mehr als dankbar, dass es sich durch eine Reihe kleiner „Zufälle“ ergeben hat, dass ich am vierten Tag danach auf dem Schragen eines Osteopathen und Tauchinstruktors liege. Er diagnostiziert Luft im Brustraum, die durch Anstrengung unter Wasser, durch falsche Atmung oder zu schnelles Auftauchen aus der Lunge hat austreten können. Sie steigt dann im Körper hoch und macht im Hals diese unerträglichen Schmerzen, bis sie sich innerhalb von etwa zwei Wochen im Körper wieder abbaut. Inzwischen fühle ich mich wieder fit!

Nach einer guten Woche Aufenthalt in San Cristobal besuchen wir die zweite Insel, Santa Cruz. Auch hier tummeln sich im Hafenbecken die Seelöwen. Gutgläubig und tierliebend wie wir sind, geben wir ihnen den untersten Tritt unserer Treppe für ein Schläfchen frei. Doch als wir nach einem Tagesausflug zurückkommen, haben wir die Bescherung. Ein freches Tier hat doch den Weg in unser Cockpit gefunden und uns seine letzte Mahlzeit weit verteilt als Geschenk hinterlassen. Das ist das definitive Aus, drollig hin oder her!

Das Highlight auf der Insel Santa Cruz ist unsere fünfstündige Wanderung durchs riesige Freigelände El Chato. Wir streifen durch feuchtnasse Wiesen, durch fast zugewachsene Waldwege oder entlang kleiner Moore und entdecken immer wieder riesige Landschildkröten. Sie schlafen, sie suhlen im Dreck, sind am Fressen oder drängen ihren schweren Panzer auf ihren dicken Stummelbeinen durchs Dickicht oder schieben ihn über Steine, die im Weg liegen. Fühlt sich eine Schildkröte bedroht, stösst sie ein lautes Fauchen aus und zieht ihren Kopf ein. Doch die meisten lassen sich durch uns nicht stören.

Leider überlebten nur etwa 10‘000 Galàpagos Riesenschildkröten, verteilt auf 11 Unterarten, die Ausbeute der vergangenen Jahrhunderte / Galàpago bedeutet Schildkröte. Die Tiere wurden massenweise geschlachtet und gegessen und dienten Jahrhunderte lang den Seefahrern als Proviant. Denn es erwies sich als geradezu ideal, dass Riesenschildkröten monatelang ohne Nahrung und Wasser auskommen können, ohne dass ihr Fleisch an Geschmack verliert. Umgedreht in den Lagerräumen der Schiffe gestapelt und bei Bedarf geschlachtet, waren sie für die Seefahrer und Walfänger eine willkommene Fleischkonserve. 
Dann wurden tausende von Schildkröten für Museen, Zoos, Privatsammlungen und die Wissenschaft missbraucht. Lebende und tote Exemplare, Jungtiere und Panzer waren gesuchte Sammelobjekte und Souvenirs, bis dem die Gründung des Nationalparks im Jahre 1959 einen Riegel vorschob. 
Um die teils winzigen Populationen vor dem Aussterben zu bewahren, leitete die Charles-Darwin-Forschungsstation 1965 ein Nachzuchtprogramm ein. Die geschlüpften Riesenschildkröten bleiben dabei die ersten Jahre ihres Lebens unter ständiger Kontrolle in Gehegen. Erst wenn sie gross genug sind, eventuelle Angriffe von Hunden und Ratten zu überleben, werden sie auf die Heimatinseln ausgesetzt. 

Der Besuch der Darwin-Forschungsstation ist interessant. Dieses Zentrum ist der wissenschaftliche Knotenpunkt von Galàpagos. Hier arbeiten Biologen aus aller Welt an der speziellen Problematik der Lebewelt der Inseln, hier werden Nationalparkführer ausgebildet, Seminare für Lehrer und Studenten veranstaltet, Veröffentlichungen verfasst und Gelder organisiert. In Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung werden Ausrottungsstrategien für die inselfremden, eingeführten Pflanzen und Tiere entwickelt und verschiedene Zuchtprogramme für bedrohte, endemische Tierarten durchgeführt.
In einer Ausstellungshalle wird dem Besucher mit Fotos und Diagrammen ein Blick in die Naturgeschichte vermittelt oder die Besiedlung der Inseln dokumentiert. Ein Gehege zeigt Landleguane, in einem anderen lebt "Lonesome George", die einzig überlebende Riesenschildkröte der Pinta-Unterart. Zur Aufzuchtstation der scheuen kleinen Leguane werden wir nicht vorgelassen.

Unser dritter Ankerplatz auf den Galàpagos liegt vor der Insel Floreana. Hier beschäftigen wir uns mit einer sonderbaren Besiedlungs-Geschichte. 
Schon im 17. Jht. von Piraten und Ende 18. Jht. von englischen Walfängern bewohnt, diente die Insel Mitte des 19. Jht. als Strafgefangenenlager von Ecuadorianern . 
Ab 1929 wurde es spannend. Ein Berliner Arzt wählte zusammen mit seiner Gefährtin Floreana als das Wohnparadies des Lebens aus. 1932 kamen Heinz und Margret Wittmer aus Köln mit ihrem ersten Sohn Harry an. Kurz darauf traf die sagenumwobene Baronin Wagner mit 3 Liebhabern, Revolver und Peitsche ein. Sie wollte hier ein Hotel für amerikanische Multimillionäre errichten. 
Von da an geschahen eine Reihe von Merkwürdigkeiten, die fast die ganze Weltpresse beschäftigte. Es gab heftige Auseinandersetzungen, Leute starben, verschwanden, wurden vergiftet oder brauchten Erholung in einer Nervenklinik. 
Margret Wittmer blieb auf der Insel. Sie allein wusste vermutlich um die genauen Fakten. Sie starb im Jahre 2000 mit 96 Jahren.
Ihre Enkelin betreibt bis heute die einzige kleine Pension in der Siedlung Puerto Velasco Ibarra im Westen Floreanas.
Wir besuchen diese Erika und geniessen im Speisesaal, der als Museum eingerichtet ist, ein feines Mittagessen. Nachher können wir uns einer deutschen Touristengruppe anschliessen und machen uns auf die Spuren der Wittmers. Sie lebten anfänglich sehr spartanisch in den Bergen in kleinen Höhlen. Es war ein harter Kampf für die Familie, bis sie sich ihre Existenz sichern und solide aufbauen konnte. 

Eine Motorfahrt mit Gegenwind bringt uns nach Isabela, zur vierten Insel, die wir mit dem Autografo anlaufen dürfen. Es gibt nochmals Einiges zu erleben. 
Der Ausflug mit dem Velo, zuerst dem Strand entlang, bringt uns zu einigen schönen Buchten mit Echsen und Seelöwen, dann im Landesinneren zur Wall of Tears, einer 150 Meter langen und bis zu 10 Meter starken Mauer. Sie erinnert an die Grausamkeit des damaligen Strafvollzugs (1940). Von Kriegsgefangenen musste die Mauer nur um der Arbeit Willen errichtet werden.  

Vulkane auf Galapagos gehören zum Typ der Schildvulkane. Sie sind wegen ihrer Oberflächenform so benannt, denn diese wird von zahllosen, einzeln übereinander geflossenen Lavaströmen aufgebaut. Die runde, steilwandige und kraterähnliche Einsenkung kann von beachtlicher Grösse sein. 
An einem überaus klaren Tag unternehmen wir die fünfstündige Wanderung zum Sierra Negra, dessen Kraterdurchmesser gegen 10 km aufweist und dessen letzter Ausbruch im Jahre 2005 riesige Lavamengen in die Einsenkung ergoss. Es raucht und dampft immer noch aus einigen Löchern. Danach führt uns ein leichter Abstieg in die bizarre, grau-orange-gelb gefärbte Mondlandschaft des Vulkan Chico. 
Glücklicherweise werden wir vom heftigen Regenguss verschont, der praktisch täglich über den Vulkan herzieht und bekommen erst beim Abstieg eine leichte, kurze Abkühlung. 

Mit dem Schnellboot düsen wir eine Stunde über die Wellen und erreichen in einer riesigen Lagune die durch Vulkaneruptionen entstandenen Tunnels und Brücken. Hier schnorcheln wir im ruhigen, warmen Wasser und erkunden diese interessanten Lavaformationen. An einem weiteren Schnorchelplatz halten wir Ausschau nach schlafenden Weissspitzenhaien, doch ausser einer Schildkröte wollen sich heute keine grossen Räuber zeigen. Dafür entdecken wir im offenen Meer einen Manta-Rochen. Einige unserer Gruppe stürzen sich ins Wasser und können sich dem eleganten Tier nähern. 

Ein weiteres Mal muss "klar Schiff" gemacht werden, diesmal für unsere längste Überfahrt. Wir haben genügend Zeit, um all die wunderschönen Eindrücke der Galàpagos zu verarbeiten. Es liegen 5500 km Weg vor uns und wir hoffen, dass wir in drei bis vier Wochen Landfall in der Südsee auf den Marquesas haben werden...

Momentan warten wir auf ein gutes Wetter- resp. Windfenster. Voraussichtlich werden wir am Samstag, den 14.April den Anker heben.

Wie es uns auf der Fahrt ergeht, könnt ihr bei Interesse täglich auf unserem Blog unter "Route / aktueller Standort" lesen, wenn ihr das "S" anklickt.

So, nun drückt uns mal fest die Daumen! 
Herzlichst Evelyne und Christian

1 Kommentar(e):

  • Andreas Gartmann (Calusa)
  • Dienstag, 24. Juli 2012
  • 08:32

Lonsome Georg

Wie ich vor kurzem in Rangiroa vernommen habe ist Lonsom Georg etwa 2 Wochen nach unserem Besuch verstorben. Schade! Liebe Gruesse Andreas und Janet

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