Törnberichte

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Tuamotus II

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Schönen guten Tag. Ich hoffe sehr, dass dich unser letzter Blog in diesem Jahr bei bester Gesundheit erreicht.

Vielleicht erinnerst du dich aus dem letzten Bericht, dass wir auf ein geeignetes Wetterfenster warteten, um zurück in die Tuamotus zu segeln. 

Gute 50 Stunden sind wir unterwegs. Die Wetterverhältnisse sind optimal. Nachts jedoch  ist es recht kühl. Ich hätte Socken und eine dicke Jacke überstreifen müssen. Stattdessen hole ich mir Hals- und Ohrenschmerzen und muss mich die folgenden Tage zum ersten Mal auf unserer Reise mit Fieber ins Bett legen. Das Schöne daran ist, dass ich mir Zeit zum Genesen nehmen darf, denn wir haben keine Eile mehr. Wir befinden uns schon nahe dem Atoll, in welchem wir Samuri von November bis März auswassern werden. Es liegen nur noch kleine Schläge vor uns.

Noch einmal freuen wir uns auf Besuch. In Fakarava empfangen wir Christians besten Freund Peter. Vor 32 Jahren haben sich die beiden in der Stifti bei Gebrüder Sulzer AG in Winterthur kennengelernt. Seither gedeiht diese Freundschaft und wird in diesen gemeinsamen Ferien erneut gestärkt.
Peter kommt mitten aus der strengen Arbeitswelt und sehnt sich nach Erholung pur. Da ist er bei uns bestens aufgehoben. Oder doch nicht?

Am nächsten Morgen schon muss Peter als Hilfsmatrose zum Dienst antreten. Die Leinen der Genua müssen eingefädelt werden, die "Muckis" werden beim Grossegel hissen trainiert und Peters Beine werden auf Seegang getestet. Wir verlegen in einem kurzen Schlag Samuri an einen ruhigen Ankerplatz. Kaum angekommen, wassern wir das Dinghi und sausen zu einem Schnorchelplatz. Tauchbrille tragen und durch den Schnorchel atmen ist nicht unbedingt Peters Lieblingsbeschäftigung. So geniesst er das warme Nass lieber mit dem Kopf über Wasser. 

Peter mag es, im Hier und Jetzt zu sein, ist überwältigt von der Schönheit der Natur und saugt die Farbtöne des Wassers, die Stimmungsbilder der Wolken und den nächtlichen Sternenhimmel auf wie ein Schwamm. Er hat sogar das Glück, Delphinen und einem Buckelwal begegnen zu dürfen. 

Für mich ist es herrlich, die beiden Männer an Bord zu beobachten. Oftmals schwelgen sie in Jugenderinnerungen und der eine holt dem anderen ein vergessenes Erlebnis hoch. Oder sie können sich schon mal ziemlich heftig streiten. Ein anderes Mal wird technisches Wissen ausgetauscht, das Elektrotableau auf Fehler geprüft, Ideen für Optimierungen ausgetüftelt , Maschinen seziert, es wird geschraubt, geölt, geschmiert oder über diese und jene Installation an Bord gefachsimpelt. Peter und Christian sind in ihrem Element.

Heute ist Herrenabend. Die beiden Freunde tuckern an Land. Mit dabei haben sie einen Rost, zwei Stücke Fleisch, zwei Maiskolben, eine Flasche Wein, eine Cigarre, die Machette und ein scharfes Messer. Sie geniessen den Sonnenuntergang und ihre gemeinsame Zeit am Lagerfeuer. Überraschenderweise finden die Jäger auf ihrer Pirsch durch das Dickicht eine grosse Kokoskrabbe, die leider keine Viertelstunde später als leckere Nachspeise auf dem Grill brutzelt. 
Die Kokoskrabben bewohnen den unbewirtschafteten Kokospalmenwald. Das Tier hat 6 Beine und zwei unglaublich starke Scheren. Es ernährt sich von Kokosnüssen, daher sein Name. Uns ist es ein Rätsel, wie eine Krabbe mit ihren Scheren ein rundes Loch in eine Kokosnuss bohren und danach das ganze Fleisch herausschälen kann. Doch all die leeren Nüsse mit Loch, die herum liegen, sind Beweis genug. 
Die zwei Ferienwochen mit Peter verstreichen im Nu. Vom Atoll Rangiroa aus fliegt er nach Hause, gestärkt und motiviert für die letzten Geschäftswochen des alten Jahres.

Christian und mir bleiben jetzt noch gute drei Wochen bis zum Abreisetermin von Französisch Polynesien in unseren Heimataufenthalt. Wir verbringen geruhsame Tage an unseren Lieblingsplätzen. Christian unternimmt drei Tauchgänge in verschiedenen Pässen der Atolle und ist begeistert von der Menge und der Vielfalt der Fische und deren Vertrautheit Tauchern gegenüber. Noch nie hat er eine so reiche Unterwasserwelt erleben dürfen. 
Ich selber fröne meinem neuen Hobby und verarbeite bunte Stoffe zu Tüchern, Kissenanzügen und Tischsets. Für die Farbkombinationen der Ketten aus Glasperlen kann ich mich völlig auf Mutter Natur verlassen. 

Inzwischen liegen wir schon ein paar Tage an einer Boje vor der Familien-Werft in Apataki und sind mit kleineren Arbeiten beschäftigt, um Samuri auf ihren Winterschlaf vorzubereiten.  Endlich lässt der Wind nach. Es hat praktisch keine Wellen. Heute ist ein guter Tag, um Samuri auszuwassern. 

Christian steuert das Schiff ans Ufer. Familienoberhaupt Alfred sitzt auf dem Traktor, Sohn Toni bedient den Schlitten, 2 Helfer und Grossvater Assam stehen auch bereit. Samuri wird an den 4 Eckklampen angebunden und gesichert. Dann wird der Hydraulik-Schlitten zwischen die beiden Schiffsrümpfe ins Wasser gefahren. 4 Träger, die Samuri stützen und anheben, werden positioniert. Der Traktor muss jetzt den Schlitten mit der Yacht aus dem Wasser ziehen. Er röhrt und braucht seine ganze Motorkraft, die kaum auf den rutschigen Boden gebracht werden kann. Zentimeter um Zentimeter kommt Samuri aus dem Wasser. Der Kiel ist nur etwa 5 Zentimeter über dem Boden. Dann geht nichts mehr.
Der Traktor braucht zusätzlich die Kraft der Schaufel, die er in eine Kette einhakt. Vier Männer stellen sich als Gewichtsverstärkung auf das Gefährt. Alfred bedient mit viel Gefühl Gas, Kupplung und Baggerschaufel synchron. Der Verbindungsbolzen zwischen Traktor und Schlitten muss immer wieder mit einem Hammer eingeschlagen werden...  
Ich erlebe bange Minuten. Es geht um unser ganzes Hab und Gut. Nach einer guten Stunde gibt es Entwarnung und Samuri steht unversehrt an Land. 
Ein herzlicher Dank geht an die ganze Crew der Werft!

Die folgenden Tage erledigen Christian und ich viele kleine Arbeiten nach Checkliste. Das heisst, wir montieren die Segel und alle äusseren Utensilien ab und verstauen sie im Innern, reiben alle Wände mit Essigwasser ab, der Wassermacher wird stillgelegt und Tiefkühler und Kühlschrank werden abgetaut. Die Esswaren sind aufgebraucht, die Vorräte luftdicht abgepackt, die Wäsche ist sauber und vieles, vieles mehr.

Am 21. November sind die Koffer gepackt. Grossvater und Sohn der Familie Lau bringen uns in ihrem kleinen Motorboot in das Dorf des Atolls, wo wir auf die Transportfähre Cobia umsteigen. Sie wird uns auf Umwegen über mehrere Atolle in drei Tagen nach Papeete, der Hauptstadt von Tahiti, bringen. 
Und da hocken wir nun inmitten von Einheimischen auf der einzigen harten Bank hinten im Heck, einmal auf der rechten, dann wieder auf der linken Pobacke. An Bord gibt es weder zu trinken, noch irgend etwas Essbares zu kaufen. Zum Glück haben wir uns vorher bei der Werftbesitzerin Pauline erkundigt und wussten somit, was uns erwartet. So habe ich die Mahlzeiten für die drei Tage vorgekocht und uns ein grosses "Fresspacket" vorbereiten können. Auch das Trinkwasser mussten wir mitschleppen. 
Die Cobia ist das Versorgungsschiff, das alle zwei Wochen einige Atolle der Tuamotus anläuft und die Inselbewohner mit Waren jeglicher Art beliefert. Du musst dir vorstellen, dass es auf einem Atoll einfach nichts gibt. Von den Baumaterialien über Werkzeuge und von den Möbeln über Kleider und von den Kochutensilien bis zu den Esswaren - alles muss angeliefert werden. 

Das Einzige, was die Natur liefert sind Regenwasser, Kokosnüsse und Fische. Das Wasser wird in grossen Tonnen gesammelt. Auf einigen Atollen kann auch nach Grundwasser, das jedoch leicht brackig ist, gebohrt werden. 
Die Kokosnüsse werden aufgeschlagen, das Fleisch, die sogenannte Kopra, wird an der Sonne getrocknet und zum Verkauf und zur Weiterverarbeitung mit der Cobia nach Tahiti gebracht. Auch die Fische können die Inselbewohner nach Tahiti auf den Markt liefern.

Immer wieder schauen wir dem emsigen Treiben zu, das sich jeweils abspielt, wenn die Cobia ein Atoll anläuft. Der Ladenbesitzer, der Restaurantbetreiber, der Private - alle Menschen strömen herbei, wenn das Schiff kommt. Das Quai wird zum Umschlagplatz für alle Güter.
Uns wird richtig bewusst, welch wichtiges Transportmittel die Cobia für die Atollbewohner ist. Was die Menschen an Fisch und Kopra verkaufen können, bringt ihnen etwas Geld ein, mit welchem sie sich etwas kaufen können, um das Leben auf der Insel einfacher zu gestalten.

Die Fahrt mit der Cobia wird zum unvergesslichen Erlebnis, leider der negativen Art. Die Hygiene, die Schlafplätze, die Aufenthaltsmöglichkeiten und der enorme Lärm an Bord waren grenzwertig, sogar für Christian, und das will etwas heissen. 

Nach der viertelstündigen Dusche im B&B "Fare Suisse" in Papeete und einem feinen Espresso sind diese Strapazen schon fast vergessen. Zur Erholung schlendern wir gemütlich durch Papeete, schlagen uns den Bauch voll in einem Roulotte und amüsieren uns bei einem Drink in einem Restaurant, in welchem Karaoke gesungen wird. Vielleicht denkst du jetzt "ohje"! Doch es war alles andere als lachhaft. Freunde und Familie gehen miteinander in den Ausgang, spornen sich gegenseitig an und singen mit wundervollster Stimme polynesische Lieder oder rocken zu einem alten Song von Elton John. Es ist absolut rührend! Manch einer singt hundertmal besser all die jungen Superstars.

Neun Stunden Flugzeit versetzen uns in einen Kulturschock - Los Angeles, die Stadt der Träume! Hier ein kurzer Abriss mit ein paar Informationen über diese 3,8 Mio.-Stadt:
Die Wohlstandsunterschiede sind so krass wie in fast keiner anderen Weltmetropole. Im Grossraum L.A. leben mehr als 250 000 Millionäre, während fast 20 Prozent der Menschen ein Leben unter der Armutsgrenze bewältigen. 
In L.A. gibt es mehr als 230 Mio. registrierte Fahrzeuge. Zusammen legen L.A.s Einwohner täglich 300 Mio. Meilen durch die Stadt zurück. L.A. ist damit die Stadt mit den meisten Verkehrsstaus und der höchsten Luftverschmutzung der Welt. 
L.A. hat die höchste Konzentration von Privatpools in der ganzen Welt. 
In L.A. ist fast jeder zweite Bürger Ausländer. 
L.A. ist die Trendschmiede, Hollywood die PR-Abteilung der Nation. "In" ist grundsätzlich alles, was die Stars machen. 
In L.A. wurde die erste Botoxparty erfunden, dann die 30-Minuten-Brustoperation in der Mittagspause. 
Gesundheitsbewusste, New-Age-Anhänger und Fitnessbegeisterte sind ganzheitlichen Lebensansätzen verschworen. Es gibt mehr Akupunkturkliniken, Wunderheiler, Therapie- und Yogazentren als anderswo. 
Und an keinem anderen Ort der Welt wird so viel über das Alter gelogen wie in L.A. Die Schauspieler tun es, um im Geschäft zu bleiben. Der Rest tut es, um in dieser vom Jugendwahn besessenen Stadt mitzuhalten. Während der Rest der USA verfettet, arbeiten auch die Pensionäre an ihren "Sickpacks". 
Neben der Filmindustrie besitzt die Stadt eine hochgradig diversifizierte Wirtschaft. L.A. ist das drittgrösste Wirtschaftszentrum der Welt, nach New York und Tokio.
Die Häfen von L.A. sind Amerikas wichtigster Umschlagplatz mit Asien. 
Weitere bedeutende Branchen sind Tourismus, Mode, Wissenschaft und Forschung, Technologie, Bildung sowie die Flugzeug- und Raumfahrtindustrie. 

Schaue ich auf den Stadtplan, stechen mir vier Bezirke ins Auge: Santa Monica / Venice, Beverly Hills, Hollywood und Downtown. Von all diesen Gebieten verschaffen wir uns in den drei Tagen einen kleinen Einblick.

Beim Autovermieter lässt sich Christian von einem Upgrade vom kleinen Stadtflitzer zu einem Ford-Mustang Cabrio überzeugen. Das GPS ist installiert, das Dach geöffnet, das Halstuch montiert, die Heizung auf Hochtouren an... Wir kurven nach Venice und schlendern durch das Kanalsystem, das anfangs des 20.Jahrhunderts von einem Italiener errichtet worden ist. Wir bestaunen die Holzhäuser, die einst als Ferienbungalows dienten und heute gemischt sind mit kreativen Beispielen moderner kalifornischer Architektur. 
Der breite Sandstreifen in Santa Monica ist von Luxushotels gesäumt. Bei einem Spaziergang beobachten wir Wellenreiter, die Jungen auf den Skatebords, das lustige Treiben der Strassenkünstler, eine Trommelgruppe und treffen Jogger, Radfahrer, Hippies die Ramsch verkaufen und tausende von Menschen mit Tätowierungen. 

Am zweiten Tag ist Hollywood geplant. Um den Hollywood- und Sunset-Boulvard herum finden wir ein weiteres Touristenzentrum mit dem Walk of Fame, wo Sterne der Stars den Bürgersteig schmücken. Weiter beeindrucken uns das Chinese Theatre, auf dessen Vorplatz Hand- und Fussabdrücke von Leinwandikonen im Boden eingedrückt sind. Dann sehen wir das Kodak Theatre, in welchem die Oskars verliehen werden. 
Das berühmte Markenzeichen Hollywoods mit den 15 Meter hohen Buchstaben steht hoch in den Hügeln. Auch ich will anscheinend etwas zu hoch hinaus. Der Sprung für mein Star-Foto endet mit einer Bruchlandung, welche dazu führt, dass  mich Christian mit dem Rollstuhl durch die langen Gänge in den Flughafengebäuden kurven muss. Er übt schon mal aufs Alter hin, hihi. 
Während der Nachmittagsfahrt auf dem kilometerlangen Mullholland Drive finden wir mehrere Aussichtspunkte, von denen aus wir die ausgedehnte Stadt und das Meer nur erahnen können, weil die Sicht leider von leichtem Nebel beeinträchtigt wird. 
In Beverly Hills scheint das Geld buchstäblich auf der Strasse zu liegen. Ferrari, Rolls Royce, Porsche, Bugatti, Mercedes und BMW kreuzen langsam durch die Strassen und teuerste Edelboutiquen aller grossen Designer reihen sich aneinander. Die Fahrt durch den Rodeo Drive ist enttäuschend. Wir haben uns die edlen Villen grandioser vorgestellt. Diese liegen eher im Dornröschenschlaf oder vor unseren Augen gut versteckt. 

Der dritte Tag führt uns in die Innenstadt. Vom  reichhaltigen Gemüse- und Fruchtmarkt aus bringt uns eine historische Miniseilbahn mitten ins reine und sehr belebte Businessviertel. Umgeben von Wolkenkratzern spazieren (oder humpeln) wir über grosszügige Plätze mit öffentlichen Kunstwerken oder Plastiken, die überall verstreut stehen. 
Die "Walt Disney Concert Hall" ist das Zuhause der Los Angeles Philharmoniker. Das 274 Mio. Dollar schwere Konzerthaus war betreffs Harmonie, Form und Akustik eine Herausforderung für den Architekten Frank O. Gehry. Hier gibt es keine einzige gerade Wand. Das Gebäude gleicht einer Ansammlung von geblähten Segeln aus glänzendem Edelstahl, die Wind und Wetter reflektieren. Für uns ist dieses Gebäude das Highlight dieser Grossstadt. 
Auch die "Cathedral of our Lady of the Angels" beeindruckt uns sehr. Sie wurde 2002 eröffnet und ist die drittgrösste Kathedrale der Welt. Der schlichte Bau fasst 3000 Besucher und nochmals 6000 finden draussen auf dem Kirchhof Platz.

Unsere beiden Hirnhälften finden am Abend die Entspannung und den Ausgleich im Kino. Wir "ziehen uns den neuen James Bond Film rein". 

Erneut heisst es Koffer packen. Wir haben noch zwei Flüge vor uns und dann werden wir in der Heimat sein.

Ja, und hier sind wir seit genau drei Wochen. Von all unseren Lieben wurden wir herzlichst empfangen. Wir geniessen den Schnee, die vorweihnachtliche Stimmung und all die Schweizer Leckereien sehr. Nur die anfangs 40 Grad Temperaturunterschied und die trockene Luft machen uns leicht zu schaffen.

Wir durften wiederum ein Jahr mit viel tief gehenden Eindrücken und bereichernden Begegnungen erleben. Es gluschted uns noch nach mehr - die Reise geht weiter. Wohin, siehst du in unserer Rubrik "Standort" der Website.

Wir danken dir für dein Interesse und der indirekten Teilnahme an unseren Erlebnissen, und wir wünschen euch allen schöne und erholsame Festtage und ein positives und erfreuliches 2013!

Alles Gute und herzliche Grüsse

Evelyne & Christian

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    Gesellschaftsinseln

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    IA ORANA E MAEVA  -  Herzlich willkommen im Garten Eden!

    Im dritten Blog über die Südsee Inseln berichten wir dir über die Erlebnisse in den Gesellschaftsinseln. 
    Sie bekamen ihren Namen einst von Kapitän James Cook, der die Inselgruppe zu Ehren der Britischen Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften taufte, die seine erste Südsee-Expedition finanziert hatte. 
    Dieser Archipel liegt mit seinen 14 Inseln im Herzen Französisch-Polynesiens. Korallenriffe umschliessen die meist gebirgigen Inseln vulkanischen Ursprungs. Das Landschaftsbild ist geprägt von steilen, üppig mit tropischer Flora bewachsenen Bergflanken und zahlreichen imposanten Wasserfällen, die in tiefe Täler donnern.
    Riffpassagen ermöglichen den Schiffen die Durchfahrt zu den wenigen Häfen. In den glasklaren Gewässern der Lagunen liegen nur noch die kleinen flachen Kalkinselchen, die sogenannten Motu, mit ihren weissen Bilderbuchstränden. So ist es kein Wunder, dass sich die Gesellschaftsinseln zu einer touristischen Hochburg entwickelt haben.

    Und so beginnt eine weitere unvergessliche Etappe unserer Reise mit Samuri:
    46 Stunden gemütliches Dahinsegeln oder Dahinmotoren südwestwärts bringt uns 240 Seemeilen von den Tuamotus Inseln entfernt zum Tahiti Yachtclub in Papeete, der Hauptstadt von Tahiti. Dieser Inselname wird häufig synonym für den gesamten Inselstaat verwendet. Dabei ist Tahiti zwar die Hauptinsel Französisch Polynesiens, aber eben nur eine von 118 Inseln. Tahiti wird die "Insel der Liebe" genannt.
    Ja, es ist wahr. Wir liegen vor einer richtigen Grossstadt. Wir hören Strassenlärm, hupende Autos, sehen am Hang tausende von Häusern und Baustellen. Nahe von uns liegt der Industriehafen. Kreuzfahrtschiffe gleiten vorbei. Gerade überfliegt ein brummender Jet die Stadt. Uns scheint es ewig, weg von hektischer Zivilisation gewesen zu sein. Eines müssen wir aber ehrlich zugeben: wir können das Schlaraffenland "Carrefour" kaum erwarten. Nur noch eine Nacht lang träumen und dann werden wir mit einem Einkaufswagen durch die Nahrungsmittelgestelle dieses riesigen Ladens fahren und alles einpacken, was unser Herz (sprich Magen) begehrt.  
    Ich will es nicht allzu spannend machen und verrate ich dir gleich jetzt, was wir anderntags so eingekauft haben: frische knackige Äpfel, Trauben, grünen Salat, Rucola, Kresse, Pilzli, Radiesli, dann Käse, Käse, Käse, Joghurt, frisches Baguette, Croissons, Lammfleisch und dieses und jenes. Die vielen französischen Pasteten, Saucen, Fleischwaren und sogar halbe gefrorene Sauen lassen wir gerne liegen. Wir staunen über das riesige Angebot.  

    Heute steht das Stadtzentrum Papeete auf dem Programm. Mit der Einkaufsliste in der Tasche stellen wir uns an die Bushaltestelle. Es gibt keinen Fahrplan. Und kein Bus hält an. Eine Einheimische rät uns dann, uns etwa 500 Meter weiter in eine andere Strasse zu stellen und dem nächsten Bus zum Anhalten einfach zu winken. Gesagt, getan. Freundlich werden wir eingeladen und holpern in die Stadt. Wir wollen uns zuerst einen Überblick verschaffen. So schlendern wir systematisch alle Strässchen ab und lassen uns vom Angebot der verschiedensten Geschäfte berieseln. 
    Was für ein Zufall! Wir treffen auf Christians Gotte Doris. Sie ist schon angereist, damit sie sich ein paar Tage akklimatisieren kann, bevor sie dann für 4 Wochen an Bord kommen wird. 
    Gemeinsam besuchen wir eine Abendvorstellung des Heiva-Tanzfestivals. Dazu kommen von den verschiedensten Inseln F.P. Tanz- und Gesangsgruppen angereist und stellen sich hier einem Wettbewerb. Wir hören drei Gesangsgruppen und erfreuen uns an zwei Tanzgruppen. Bis zu 170 Männer und Frauen, bekleidet in traditionellen Kostümen, die entweder in dezenten oder äusserst bunten Farbkombinationen gehalten sind, zeigen ihre Formationen. Es ist ein fantastisches Bild. Die Frauen legen einen Hüftschwung an den Tag, den wir mit den Augen nicht verfolgen können. Spannend ist, dass dabei der Oberkörper völlig ruhig bleibt. Zum Glück, denke ich, denn sonst würden die Kokosnussschalen die vollen Brüste einzelner Polynesierinnen kaum halten können. Die Oberschenkel und "Sixpack" der Männer strotzen vor Kraft. Immer wieder stossen sie ihre Kampfschreie aus. 

    Die nächsten paar Tage vergehen mit kleinen Reparaturarbeiten an Samuri, Putzen, Kojen für die Gäste vorbereiten und Lebensmittel einbunkern. Doch wir nehmen uns auch unabhängig voneinander die Zeit, in der Stadt unsere persönlichen Dinge zu erledigen.

    Unsere Crew für die nächsten vier Wochen ist komplett. Daniel ist direkt nach langer Anreise zu uns an Bord gestiegen und auch er hat sein Quartier bezogen.
    Der erste gemeinsame Ausflug geht wieder an ein Heiva Festival. Diesmal messen sich die Einheimischen in verschiedenen Disziplinen wie Speerwerfen, Steine heben, in Rekordzeit auf Kokospalmen klettern oder 80 Kokosnüsse aufspalten, das Fruchtfleisch herausschälen und zuletzt noch in einen Jutesack einpacken. Zwischen diesen Wettbewerben bieten Tanzgruppen oder Musizierende ihre Einlagen. Zum Mittagessen gibt es einen Teller mit einheimischen Speisen wie Yucca, Taro, Brotfrucht, Muscheln und Schweinefleisch. 

    Die erste Segelfahrt zur Insel Mo'orea übersteht unsere Crew mit Bravour. Mo'orea  ist die Schwesterinsel von Tahiti und wird das "Geschenk der Götter an die Polynesier" genannt. Sie hat die Form eines Herzens.
    Diese  Insel umrunden wir mit dem Auto und lassen uns so die Schönheit ihrer lieblichen Küsten zu Auge führen. Wir besuchen unterwegs eine Saftfabrik und decken uns mit frischen Waren von Früchte- und Gemüseständen ein, die an der Strasse stehen. 
    Eine angenehme Wanderung einer Waldstrasse entlang bringt uns zum Aussichtspunkt Belvedère, der seinem Namen wirkliche Ehre entbietet. Aus der Höhe sind die Riffe, die um eine Insel liegen, gut sichtbar und lassen einem erahnen, wie spektakulär die Sicht aus der Vogelperspektive oder vom Flugzeug aus wäre. 

    Ein Erlebnis der besonderen Art ist die Fütterung der Stachelrochen. Wir warten ab, bis die Menge der Touristen diese Sandbank im Innenriff mit den Ausflugsschiffen verlässt. Dann treten wir in Aktion. In einem Kübel haben wir Thunfisch mitgebracht, der Christian in kleine Stücke geschnitten hat. Es gibt so viele Rochen hier, dass wir schon beim Aussteigen aus dem Dinghi vorsichtig sein müssen, dass wir nicht auf einen stehen. Natürlich sind es verwöhnte Tiere und sie wissen genau, warum wir Menschen kommen. Kaum sind wir im Wasser, betteln sie von allen Seiten und gehen mit uns auf Tuchfühlung. Es ist ein zwiespältiges Gefühl, die Flügel der Rochen am Körper zu spüren. Einerseits fühlt es sich sehr fein und weich an und wir können ihre Rücken sogar streicheln, andererseits haben wir Respekt vor diesen Fischen. Sie können unberechenbar sein. Die Augen der Rochen liegen auf der Körperoberseite, ihr Mund hingegen liegt auf der Unterseite. So tasten sich die Tiere nahe an die Beute heran und versuchen laufend, etwas zu erhaschen. Ein Frechdachs verwechselt Christians Brustwarze mit einem Happen und beisst zu. Autsch!

    Die nächste der fünf Inseln, die wir besuchen, heisst Huahine. Der Legende nach durchtrennte der Gott Hiro einst mit seinem Auslegerkanu diese Insel, die der "Garten Eden" genannt wird. Seitdem existieren Huahine Nui, der grössere, nördliche Teil und Huahine Iti, der kleinere Teil im Süden. 

    Die Insel lässt sich mit dem Scooter in etwa drei Stunden umrunden. Die beiden Männer ans Steuer, die Frauen in den Sozius und ab geht's. Wieder haben wir Futter eingepackt. Diesmal ist es Corned Beef, bestimmt für die heiligen Aale. Sie schwimmen nur in einem kleinen Flüsschen in einem bestimmten Dorf und haben hellblaue Augen. Warum sie als heilig gelten, wissen wir nicht. Doch in ganz Französisch Polynesien werden die Aale nirgends als Speisefisch gegessen.
    An der Südspitze der Insel besuchen wir ein Künstlerehepaar. Sie bemalen Pareos mit den Nationalblumen, den Tiareblüten. Ein Pareo ist ein Leinentuch, das den Einheimischen als Kleid dient und das wir Touristen uns am Strand um die Hüften binden. Von denen können wir Frauen nicht genug haben und so beglücken wir Miri mit unseren Käufen. 

    Die Insel Raiatea gilt als die "Wiege Polynesiens". Der Überlieferung nach legten hier die grossen Auslegerkanus zu ihren Reisen nach Rarotonga, Hawaii und Neuseeland ab. Raiatea war früher das religiöse, kulturelle und politische Zentrum der Altpolynesier. Somit liegt hier die grösste und wichtigste Kultstätte F.P., die im 17. Jh. errichtet wurde. Dieses sogenannte Marae schauen wir uns gerne an und versuchen uns dabei vorzustellen, wie hier früher wichtige Zusammenkünfte stattgefunden haben.
    Vulkanberge, zahlreiche Wasserfälle und tiefeingeschnittene Täler prägen das Landesinnere. Der Faaroa, der in die mehr als 30 Meter tiefe gleichnamige Bucht einmündet, ist der einzige Fluss Französisch Polynesiens, der zumindest auf einem kurzen Teilstück mit kleinen Booten befahrbar ist. 
    So wollen wir doch auf Erkundungsfahrt und treffen schon bald auf James. Es ist bekannt, dass er in seinem Kanu immer in Position ist, damit er als Touristenführer seine Dienste anbieten kann. So führt er uns zuerst durch seinen Garten und stellt uns viele einheimische Pflanzen und Bäume mit Namen vor. Von einigen erklärt er uns die Anwendung in der Naturheilkunde. Es ist sehr interessant. 
    James gibt uns eine für uns unbekannte Frucht zum Probieren, den Pomme étoile. Yammie, ist der himmlisch. Er ist etwa Tennisball gross, rund, aussen hat er die Farbe einer Aubergine und innen ist er hellrosa bis weiss. Das Fruchtfleisch ist sehr weich, in jedem Schnitz hat es einen Samen. Wir alle schlürfen den Pomme mit Wonne und haben Lust auf mehr.
    James bringt uns am Ende der Tour zu seiner Familie und gart für uns auf offenem Feuer Brotfrüchte, so wie es hier traditionell gemacht wird.

    Nur wenige Meilen bringen uns am 1. August zur Insel Taha'a. Sie wird auch die "Vanilleinsel" genannt. Die Legende weiss zu berichten, dass diese Insel einst von Zuwanderern aus dem Westen, vermutlich aus Samoa, besiedelt wurde. 
    Kaum haben wir in der Bucht den Anker geworfen, ertönt vom Ufer her tahitianische Musik. Wir sehen eine Ansammlung von Menschen. Gwundrig wie wir sind, fahren wir ans Ufer und mischen uns unter die Einheimischen. Alle sind so feierlich angezogen. Wir erfahren, dass hier das jährliche Treffen aller französisch-polynesischen Bürgermeister mit ihren Frauen stattfindet. Wir werden herzlichst eingeladen, uns vom Buffet zu bedienen, das auf langen Tischen aufgebaut und verführerisch präsentiert ist. So naschen wir uns durch einheimische Spezialitäten, bis wir fast platzen. Ein Häppchen schmeckt besser als das andere. 
    Den wunderschönen, windstillen Abend verbringen wir auf der Terrasse des Restaurant Maitai bei bestem Essen. Der Vollmond spiegelt sich auf der absolut flachen Wasseroberfläche. Nur rote Lampions mit Schweizerkreuz hätten den 1. August noch perfekter ausklingen lassen...

    Und wieder spielt der Zufall. Wir ankern zur richtigen Zeit vor dem richtigen Motu und erleben ein weiteres einmaliges Spektakel. Genau heute, erstmals wieder nach 25 Jahren, findet hier in Taha'a das traditionelle Fischen statt. Die grosse Menschenschar ist wieder festlich gekleidet und trägt wunderschöne Blumenkränze oder geschmückte Hüte. Musik spielt auf. Daniel fragt sich unter den Einheimischen durch und schon bald sind wir über alle Details des heutigen Tages informiert. 
    Zuerst fahren viele Boote hinaus und bilden mehr oder weniger einen Halbkreis. Von den Schiffen aus werden Steine ins Wasser geschleudert, die an langen Stangen mit einer Leine angebunden sind. Damit sollen die Fische im Wasser erschreckt und in eine Richtung getrieben werden. Die Boote lassen den Halbkreis immer enger werden und treiben somit die Fische in ein trichterförmig angelegtes Netz, das in einen Flaschenhals endet. Die Fische haben schlussendlich keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Männer treiben, eng aneinander schreitend, die Fische durch einen langen Kanal in ein seichtes Becken am Ufer. 
    Fast zwei Stunden harren wir an diesem rundum mit Pflanzen geschmückten Becken aus, bis wir jubelnd und klatschend die tapferen Fischer empfangen, die stolz den Fang von etwa 80 bis 90 Fischen präsentieren.
    Einige von den Fischen werden mit dem Speer erlegt, die restlichen sollen wieder frei gelassen werden. 

    In Taha'a steht der Besuch einer Perlenfarm an. Erneut wird uns der detaillierte Vorgang der Zucht beschrieben. Es ist wiederum interessant, anzuhören, wie es zu den berühmten schwarzen Südseeperlen kommt. Doch dieses Zentrum ist uns zu touristisch und es ist offensichtlich, dass hier potenziellere Käuferschaft erwartet wird, als wir es sind. So räumen wir das Feld.

    In der Vanillefarm dagegen sind wir die einzigen Besucher und bekommen eine Privatführung von der jungen Chefin. Diese dürfte an Motivation noch einiges zulegen, doch den Vorgang über die Befruchtung der Blüten dieser Orchideenart bis zum Trocknen und Sortieren der Schoten hat sie uns verständlich gezeigt und erklärt. 80% der Vanille aus F.P. wird auf Taha'a produziert.

    Und nun zur Trauminsel Bora Bora. Es ist die Insel, die polarisiert. Einige bezeichnen sie als schönste Insel der Welt, andere wiederum meiden die "Perle des Pazifiks", weil sie viel zu touristisch, zu überlaufen und viel zu teuer sei.
    Aber sie ist wunderschön. Wir entdecken einige traumhafte Ankerplätze abseits vom Rummel. Wir liegen im zwei bis drei Meter tiefen, türkisfarbenen Wasser. Wir sehen fast jedes Sandkorn auf dem Grund. Am Horizont küssen sich die Grüntöne des Wassers mit den verschiedensten Blautönen. Die steilen Küsten und die zerklüfteten, grünen Täler zeigen ein grandioses Licht- und Schattenspiel, je nach Sonneneinstrahlung. Es ist ein Anblick wie im Prospekt. Wir fühlen uns wirklich wie im Paradies.

    Daniel will sich körperlich ertüchtigen. Er wandert auf den 700m hohen Mont Pahia. Beeindruckt schwärmt er nach seiner Rückkehr von der wunderschönen Aussicht über die Lagunen, die aber mit dem eineinhalb Stunden langen, steilen und schweisstreibenden Aufstieg hart verdient werden muss. 

    Heute wollen wir endlich die Mantas sehen, von welchen in allen Führern geschrieben wird. Wir fahren in Schnorchelausrüstung zu der beschriebenen Stelle und sehen ein Tauchboot. Das weckt schon mal Hoffnung in uns. 
    Wir entdecken die Mantas wirklich. Ihr Anblick lässt uns fast erstarren. Sie gleiten etwa sechs bis zehn Meter unter uns. Ihre Spannweite ist gute drei Meter. Die Sicht im Wasser ist heute besonders klar. Die Mantas schwingen ihre weiten Flügel gemächlich auf und ab und schweben dahin. Sie ziehen uns völlig in ihren Bann und lassen uns ehrfürchtig Staunen. Wenn ich mir vorstelle, dass es Mantas mit einer Spannweite von über sechs Metern gibt - einfach unglaublich.
    Die Fischmenge an diesem Ort ist überhaupt unbeschreiblich. Ich treibe mitten in einem Schwarm von abertausenden von hellgelb, hellgrün und hellblau schimmernden Fischchen. Ich kann mich nicht sattsehen.

    Noch einmal wollen wir einheimischen Bauchtanz sehen. Wir Frauen stürzen uns ins kleine Schwarze, die Männer in ein Hemd mit Südseeflair und so geniessen wir als Abschlussabend unserer gemeinsamen Ferien in einem Ressort ein verführerisches Buffet und feinen Bauchtanz. Oder wie war das schon wieder.....?

    Hier in Bora Bora müssen sich Doris und Daniel von uns verabschieden. Ihre Heimkehr ruft. Danke für eine reiche und intensive Zeit miteinander. 

    Es ist wunderbar, Christian und ich dürfen uns jetzt noch einen Monat Zeit nehmen, um die Rosinen der vergangenen vier Wochen nochmals zu erleben. 
    Gerne bleiben wir für die nächsten Tage an unserem ruhigen Ankerplatz und gewöhnen uns wieder an die Zweisamkeit. Natürlich besuchen wir nochmals den Schnorchelplatz mit den Mantas und schnorcheln täglich an einem anderen Ort. Immer haben wir eine Plastikflasche dabei, die mit Brotstückchen gefüllt ist. Diese sind das beste Lockfutter für hungrige Fischchen. Kaum geben wir Futter frei, umzingeln sie uns oder schwimmen uns sogar hinterher. Das ist so lustig. 
    Auch wir stellen uns der Herausforderung des Mont Pahia und sind nach dieser Kletterpartie mächtig stolz. Daniel hat recht gehabt, diese Anstrengung lohnt sich wirklich.

    In Bora Bora müssen wir uns von drei lieb gewonnenen Seglerehepaaren verabschieden.  Sie haben eine andere Route auswählt als wir und so trennen sich unsere Wege. 

    Zurück in Mo'orea besuchen wir Nicole und Laurant wieder. Die beiden werden in einem Jahr auch auf grosse Fahrt gehen und stecken bereits mitten in ihren Vorbereitungen. So stellen sie uns Fragen über Fragen rund um die Ausrüstungsgegenstände oder technischen Daten und sind froh um alle Tipps. Ich Glückliche darf Nicole's Nähmaschine benutzen und nähe, was das Zeug hält. Als Dankeschön laden wir die Familie mit den zwei Jungs zum Essen auf Samuri ein. 
    Schon bei der Passeinfahrt nach Mo'orea und erneut wieder bei der Passausfahrt entdecken wir einen Wal. Meistens werden wir in der Ferne vom Atemausstoss auf den Wal aufmerksam. Der dritte aber, in Tahiti, schleicht sich etwa 50 Meter an Samuri heran und zeigt sich erst dann. Wow, ist der gross.
    In Tahiti erleben wir nochmals Städteluft und lernen die schmackhaften Gerichte der fahrbaren Garküchen, der sogenannten Roulottes, kennen. Auf einem grossen Platz am Hafen stehen etwa 15 umgebaute Camions. Drinnen wird gekocht und angerichtet, vor dem Auto wird gegrillt. Gegessen wird an den Tischen, die rund um die Autos platziert sind. Durch Ukulelenklänge mit Gesang wird die Atmosphäre so richtig reich.

    In Tahiti warten wir auf ein geeignetes Wetterfenster, um zurück in die Tuamotus zu segeln, wo wir bis Ende Jahr bleiben werden.

    Wir wünschen euch einen goldenen Herbst und grüssen euch herzlichst bis zum nächsten Mal

    Evelyne und Christian

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      Tuamotus

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      Die Überfahrt von vier Tagen bringt uns am 15. Juni zu den Tuamotus Inseln, die wir in der Zeit bis zum 5. Juli kennen lernen möchten.

      Nur 530 Seemeilen von den Marquesas entfernt treffen wir auf eine völlig andere Inselwelt. Auf diesem grössten der fünf Archipele Französisch Polynesiens verteilen sich 77 flache, maximal drei Meter über den Meeresspiegel hinausragende Atolle auf eine Fläche von mehr als 20'000 km2. Auf allen Atollen zusammen wohnen etwa 12'000 Menschen. Sie leben von der Perlenzucht und von den Touristen, meistens Tauchtouristen, denn die Unterwasserwelt der Tuamotus gehört zu den schönsten der Welt. 

      Zitat aus dem Reiseführer: zwei Atolle der südlichen Tuamotusgruppe gerieten in die Schlagzeilen der Weltöffentlichkeit. Zwischen 1966 und 1996 zündeten die Franzosen auf Moruroa und Fangataufa knapp 200 Atombomben, etwa ein Viertel davon überirdisch. Nun haben die Franzosen die beiden südlich gelegenen Inseln zu Sperrgebieten erklärt. Zurückgelassen haben sie grosse Mengen radioaktiven Mülls, der in den über 100 Borschächten lagert, zerstörte Inseln, vor allem aber Tausende krebskranke Menschen. 

      Während wir durch diese wunderschöne Inselwelt segeln, stellen wir uns vor, dass dieses beeindruckende Naturparadies zum Versuchsgelände für Atombomben benutzt wurde - eine für uns unglaubliche und unverständliche Tragik, die den Menschen und der Natur hier zugefügt wurde.

      Als erstes Atoll laufen wir Kauehi an. Wie angenehm ist es, in türkisblauem Wasser den Anker zu werfen und innerhalb des Riffgürtels einfach im ruhigen Wasser zu liegen. Kein Schwell mehr, der Samuri ständig wiegelt und uns nachts den Schlaf raubt, so wie es uns in den Marquesas oft ergangen ist.  

      Unsere Freunde Svetlana, Franz und Katerina geniessen es ebenso. Den einen Abend lassen wir mit ihnen am Strand ausklingen. Wir stossen bei Sonnenuntergang mit einem Gläschen an, backen über dem Feuer Brot am Stecken, schlemmen gegrillte Lammkoteletts und Quinoasalat. Wir sind unglaublich dankbar für das wunderbare Geschenk des Lebens, das wir geniessen dürfen.  

      Am anderen Ende der Bucht liegt die Segelyacht Alearis. Von Alex und Iris werden wir zum "Sundowner", dem Drink, den der Segler zum Sonnenuntergang geniesst, eingeladen. Die Gespräche zwischen den Männern und uns Frauen sind sehr angeregt und intensiv und wecken in mir das Gefühl, dass aus dieser Begegnung eine langanhaltende Freundschaft entstehen könnte. 

      Nach ein paar geruhsamen Tagen entscheiden wir uns, ins nächste Atoll mit dem Namen Fakarava zu segeln. Christian berechnet die Zeit für die Strecke sehr genau, denn wir wollen die Passeinfahrt in diese Atoll bei besten Konditionen durchfahren. 

      Wie musst du dir das vorstellen? Ein Atoll ist ein ringförmiges Korallenriff, das eine Lagune umschliesst. Das Korallenriff bildet einen Saum von häufig schmalen Inseln, die nach dem Polynesischen Wort für "Insel" meist als Motu bezeichnet werden. In der Lagune selber kann es noch eine Vulkaninsel geben, die sich über den Meeresspiegel erhebt. Oder aber sie ist im Laufe der Zeit im Meer versunken, sei es durch Erosion oder weil der Meeresboden abgesunken ist.

      In einem Atoll gibt es oft mehrere Öffnungen, die sogenannten Pässe, durch welche bei Flut viel Wasser einströmt. Bei Ebbe entleert sich das Atoll wieder. Ist ein Pass sehr breit, entstehen von dem ein- oder ausströmenden Wasser fast keine Wellen. Somit ist die Einfahrt in eine Lagune eines Atolls praktisch zu jeder Zeit passierbar. Ist ein Pass aber schmal, muss sich die ganze Wassermasse durch diesen Engpass zwängen und es kann ein reissender Strom entstehen, der bis zu sechs Knoten ziehen kann. So ist es vorteilhaft, bei Stillwasser ein- oder auszulaufen. Dazu ist es empfehlenswert, bei einer Passage das Sonnenlicht im Rücken zu haben. Die Wassertiefe im Atoll ist oft nur wenige Meter. Untiefen oder schwarze Korallenköpfe sind bei Sonne gut sichtbar, bei bedecktem Himmel oder gegen die Sonne ist es schlichtweg unmöglich, sie zu sehen.

      Von unserem Ankerplatz aus fahren wir mit dem Dinghi in Schnorchelausrüstung in den Süd-Pass. Das Wasser ist einlaufend. Wir springen ins Nass, halten uns je auf einer Seite am Dinghi fest und lassen uns mit der Strömung etwa eine halbe Stunde lang mittreiben. Wir erleben ein faszinierendes Wasserkino und sehen einige Schwarzspitzenhaie, riesige Napoleonfische, Schulen von Meerbarben, verschiedene Arten von Barschen, Doktorfische, Papageienfische, Trompetenfische und viele andere Kleinfische. Das Wasser ist so klar, dass wir problemlos über zwanzig Meter bis zum Grund sehen können. 

      An einem so interessanten Ort gibt es natürlich eine Tauchschule. So lässt es sich Christian nicht entgehen und bucht sich einen sogenannten "Drifttauchgang". Dabei muss er ziemlich schnell abtauchen, kann sich dann aber am Grund einfach von der Strömung mitziehen lassen. Mit strahlendem Gesicht zeigt mir Christian die Fotos seines unvergesslichen Erlebnisses.

      Mit der Crew der Miss Goodnight besuchen wir eine Perlenfarm, die seit über 20 Jahren vom Deutschen Namens Günther geführt wird. Wir erfahren von ihm die interessanten Details der mystischen Südseeperlenzucht. Gerne gebe ich dir eine kurze Zusammenfassung weiter. 

      Seit jeher werden die Perlen von den Bewohnern Polynesiens als Geschenk der Götter an die Menschen verehrt. Weniger mystisch ging es wohl zu, als es dem Japaner Mikimoto vor gut 100 Jahren gelang, die erste erfolgreiche Methode zur Perlenzucht zu entwickeln. Dazu wird die krustige Schale einer Perlauster mit einer Metallzange etwa zwei Zentimeter weit geöffnet. Mit einem Skalpell wird das Gewebe der Austerlippen aufgeschnitten und ein kleiner kugelrunder Fremdkörper, Nukleus genannt, in den "Perlensack" implantiert. Ein Nukleus wird aus der Schale einer Süsswasserperle gemacht, weil dieses Material von den Austern gut vertragen wird. Als Farbgeber setzt der Perlexperte, der sogenannte Greffeur, ein paar Stückchen kleingeschnittenes Fleisch einer anderen Auster ein. Um den Fremdkörper unschädlich zu machen, ummantelt ihn die Auster mit einem Perlmuttsekret; eine Perle entsteht. Grundlage für die Bildung eines solchen Juwels ist reinstes Meerwasser und reichlich Plankton. 

      Etwa 30% der so behandelten Austern liefern eine Perle, ca. 5% davon sind von höchster Qualität. Auf natürlichem Weg entsteht nur bei jeder 15'000-sten Auster eine Perle. 

      Die Perlen sind rund, oval, tropfen- oder zapfenartig, knopfartig oder barock, im Durchschnitt 8 bis 18mm gross und schillern in Farbnuancen, die mit cherry, sky, ocean, water green, aubergine, gold oder champagner beschrieben werden. Ihre Oberflächenreflexion nennen die Experten "Lüster". 

      Am Schluss wird der Besucher natürlich durch den Laden gelotst. Doch die altmodischen Modelle von Ringen oder Armbändern überzeugen uns nicht - leider...

      Wir freuen uns, dass auch Iris und Alex nach Fakarava kommen. Hier gibt es einen Flughafen und eine gut ausgebaute, etwa 20 Kilometer lange Strasse. Wofür? das haben wir uns auch gefragt. Doch es ist die ideale Gelegenheit, unsere Beine wieder einmal zu trainieren. Wir packen unsere Velos aus, bringen sie mit dem Dinghi an Land und radeln gegen den Wind ans eine Kap, bis unsere Lungen keuchen. Iris und Alex scheinen eine bessere Kondition zu haben. Oder liegt es wohl an ihren gemieteten Velos mit grösseren Rädern und besserer Übersetzung gegenüber unseren eigenen Klappvelos?

      Obwohl unsere unteren Regionen ein bisschen schmerzen, entscheiden wir uns anderntags zu einer zweiten Velotour. Von im Wind flatternden Pareos angezogen, stoppen wir bei Veronique. Sie bedruckt diese Körperumhängetücher mit Meerestieren und bastelt Halsketten mit Perlen und ganz kleinen Muscheln. Sie empfiehlt uns, auch bei ihrer Freundin einen Halt einzuschalten. Bei Faka-Delice degustieren wir fünf hauseigene Konfitüren in den Aromen von Grapefruit, Zitrone, Ingwer, Tiarablüte und Hibiskus. Wir können nicht widerstehen, ein paar dieser Leckereien in unseren Rucksack zu packen. So wird auch dieser Tag unvergesslich durch seine bereichernden Begegnungen. 

      Abends auf Samuri halten Christian und ich Rückschau auf unsere bis jetzt vergangene Zeit in Französisch Polynesien. Christian würde sich so gerne wünschen, dass wir unseren Aufenthalt hier verlängern könnten und nicht nach drei Monaten ausreisen müssten, so wie es das Gesetz für Schweizer Bürger vorschreibt. Es vergeht keine Woche und unsere Agentin, die wir zum Einklarieren in Französisch Polynesien engagiert haben, schreibt uns, dass sich das Gesetz geändert hat. Schweizerbürger haben neu wie alle EU-Bürger das Recht, unbeschränkt in F.P. bleiben zu dürfen. Nur das Schiff würde nach 2 Jahren mehrwertsteuerpflichtig. Überglücklich präsentiert mir Christian noch am gleichen Abend seinen Vorschlag für eine neue entschleunigte Routenplanung. Gemächlicher reisen klingt auch für mir sehr gut. So werden wir bis Juni 2013 in F.P. bleiben. Neuseeland ist dieses Jahr gestrichen und wir werden Samuri über die Zyklonzeit in einer kleinen Werft im Atoll Apataki der Tuamotus aufs Trockene stellen.  

      In der sehr geschützten Bucht Anse Amyot vom Atoll Toau lebt das gastfreundliche Paar Gaston und Valentine. Unser Freund Alex kommt uns schon bei der Einfahrt mit seinem Dinghi entgegen gefahren. Er weist uns zur richtigen Boje und hilft uns beim Festmachen. Wir haben Glück. Gerade heute Abend werden Valentine und Gaston für die Segler ein Essen zubereiten. Schon ein paar Stunden später sitzen wir in heiterer Seglerrunde am schön gedeckten Tisch und schlemmen einheimische Leckereien, zum Beispiel Langusten vom Grill, Poisson cru in Kokossauce und Brotfrucht. 

      Gaston bewirtschaftet in seiner Lagune einige Fischfallen, die folgendermassen angelegt sind: in der Form eines "V" werden Drahtgitter aufgestellt, indem sie an Eisenstangen angebunden werden. Die Gitter verengen sich also immer mehr. Die Fische schwimmen in dieses "V" hinein und finden aus der engsten Stelle, einer Reusse, nicht mehr zurück. Sie sind im nachfolgenden Becken gefangen. Bei Bedarf fährt Gaston zur Falle und tötet die Fische mit dem Speer. 

      Heute werden Alex und Christian zur Arbeit abgeholt. Sie sollen Gaston beim Abbau einer Fischfalle helfen und diese an einem neuen Platz wieder aufstellen. Die Fische sind nämlich schlau. Sie nehmen wahr, dass ihre Genossen eingesperrt sind und meiden daher die Gegend der Fischfalle. Müde und mit einigen Kratzern an Händen und Körper kehren die Männer zurück. Da haben wir Frauen es einfacher. Iris und ich falten für Valentine drei Körbe Wäsche zusammen und decken und schmücken den Tisch für das Nachtessen der Pensionsgäste. 

      Auch Gaston hat eine kleine eigene Perlenzucht und holt für uns ein paar Austern aus dem Meer. Valentine öffnet sie fachmännisch, bringt die glänzenden Perlen ans Tageslicht und ist über deren Qualität hoch erfreut. Sie breitet uns gerne ihre gesamten Schätze an Perlen aus. Natürlich kaufen wir ihr eine Kleinigkeit ab. Zum Abschluss überraschen uns Valentine und Gaston mit dem Geschenk einer Perle für unsere geleistete Arbeit.

      Die Wetterprognosen sagen guten Wind voraus, um nach Tahiti in die Gesellschaftsinseln zu segeln. So ist unsere Zeit auf den Tuamotus zu Ende. Bei diesem Abschied können wir zum ersten mal sagen: à bientôt dans quelques mois! 

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        Marquesas

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        360 Grad Rundumsicht - das gibt es sonst nur im Panoramarestaurant. Wir aber erleben dies auf Samuri. 
        Was wir sehen? Dunkelblaues Wasser, bis zu 4800 Metern tief, die Wellen, den weit entfernten Horizont, den Himmel in all seinen Schattierungen und dazu Wolken, von den lieblichen Schäfchen über schäumende Kumulus bis zu rabenschwarzen Regenwolken. Die nächtlichen Eindrücke erstrecken sich von einer undurchdringbaren Dunkelheit über ein unglaublich hell leuchtendes Firmament mit abertausenden, glitzernden Sternen. Und wenn er nicht schon schlafen gegangen ist, gesellt sich der strahlende Mond dazu, der die Wellen besonders schimmern lässt.
        Ja, du hast es erraten! Wir befinden uns auf der Überfahrt von den Galapagos-Inseln zu den Marquesas. Und wie es uns die 23 Tage ergangen ist, kannst du bei Interesse in unseren täglichen Wegberichten in "Standort / Aktueller Standort" nachlesen.

        Eines aber ist sicher: nach diesen dreieinhalb Wochen Wechselspiel zwischen Rauschefahrt und Flauten absitzen rufen wir erleichtert: Land in Sicht! 
        Die erste Insel, die wir anlaufen, heisst Fatu Hiva. Unsere Augen dürsten nach Farben und saugen das Grün nur so auf, das uns hier entgegen prallt. Sie können davon gar nicht genug bekommen. Die Kulisse der Ankerbucht ist atemberaubend. Sattgrüne Steilwände, bis ins Meer abfallende Klippen, ein Tal mit üppig grünen Wiesen und Wäldern und gegen den Himmel ragende Felskegel umrunden den Ankerplatz. Und durch den speziell herrschenden Lichteinfall scheint auf der obersten Spitze eines Felsen der Kopf einer Madonna zu sitzen, die mit ihrem liebevollen Blick alle neu ankommenden Segler begrüsst, uns die Anspannung der vergangenen Wochen sofort entzieht und uns in diesem Paradies ankommen lässt.  
        Schon am ersten Abend setzen wir unsere Füsse auf festen, stabilen Grund und Boden. Unser Gleichgewichtssinn muss sich richtig an dieses ruhige, fast fremd gewordene Element gewöhnen, doch es fühlt sich gut an. Mit anderen Seglern zusammen spazieren wir zu Désirée, einer Marquesienne, die in ihrem privaten Haus Gäste bekocht. Wir schmausen rohen Fisch in Kokossauce, Brotfrucht, Papayasalat, gekochte Bananen, Ferkel, Rind und je nach Gusto Fregattvogel, im Erdofen geräuchert und gebraten. 
        Müde von der Reise und mit vollem Bauch legen wir uns glücklich ins stabile Bett zur Nachtruhe.

        Die pralle Landschaft zieht uns auch am zweiten Tag an und wir unternehmen eine Wanderung, steil den Berg hoch zu einem Wasserfall. Es tut so gut, unsere Lungen mit der sauberen Pflanzen- und Erdluft zu füllen und unser Herz beim Aufstieg endlich wieder mal zu fordern. 

        Nach 5 Tagen hissen wir den Anker. Unser Ziel ist Tahuata, die zweite Insel der Marquesas, die wir anlaufen wollen. Die 46 Meilen dahin entpuppen sich zu einer Rauschefahrt in besonderem Mass. Der Himmel wird immer schwärzer, der Wind immer stärker, Samuri immer schneller, der Capitano immer glücklicher. So dauert es seine Zeit, bis Christian den Befehl zum Segel reffen gibt. Für gute zwei Stunden steht Christian am Steuer und surft mit Samuri auf den Wellen. Wir fetzen mit 10 bis 12 Knoten, der schnellste Surf bringt das Log sogar auf 18,9 Knoten. Noch um das Kap der Insel herum und dann endlich finden wir Schutz in der Bucht. 
        Doch der Schwell ist so stark, dass wir uns auch am zweiten Tag nicht wagen, mit dem Dinghi anzulanden. Die Wellen hätten uns wahrscheinlich buchstäblich aufs Land geschmissen, aber danach hatten wir wirklich keine Lust. So lassen wir uns von der Landschaft von Tahuata vom Meer aus bezaubern.

        Nach einer Woche Marquesas sollten wir uns endlich nach Hiva Oa verlegen, um da im Hauptort Atuona einzuklarieren. Wir haben eh schon eine Woche geschummelt, um im wunderschönen Französisch Polynesien wenigstens eine Woche länger bleiben zu können als die erlaubten 3 Monate. 
        Der Ankerplatz entpuppt sich als reines Chaos. Es liegen so viele Yachten hier. Alle müssen mit Heckanker ankern, damit die Schiffe bei einem Winddreher nicht mitdrehen, sondern in der selben Richtung liegen bleiben. Mit Ach und Krach mosten wir Samuri in eine Lücke, doch unser Heckanker hält erst nach dem dritten Manöver. Glücklich sind wir an diesem Platz jedoch nicht. Verlässt ein Schiff seinen guten Standort, ist nach wenigen Minuten ein anderes Schiff auf dem Weg dahin. Nach ein paar Tagen wollen auch wir umankern. Es ist ein weiteres unmögliches Manöver und zu guter Letzt fängt Christian noch einen Hexenschuss ein. Dieser verhindert meinem lieben Mann, anderntags an der geplanten Inselrundfahrt mit unseren Freunden teilzunehmen. Zum Trost bleibt ihm leider nur die Ansicht meiner heimgebrachten Fotos. 

        So langsam habe ich genug von unruhigen Tagen und Nächten auf einem wackelnden Schiff und so beschliessen wir, uns an einen ruhigeren Ort zu verlegen. Im Führer ist die Nordbucht der Insel Nuku Hiva als ruhigste Bucht der Marquesas überhaupt beschrieben.  Also ab und dort hin!
        Wir werden nicht enttäuscht. Eine ganze Woche lang erleben wir absolut ruhiges, türkisblaues Wasser. Um uns herum liegen eine Anzahl Riffe, die wir während dieser Tage eines nach dem anderen erkunden. Ich erlebe beim Schnorcheln zum ersten Mal eine Begegnung mit zwei Mantas. Sie schwimmen um uns herum und schwingen majestätisch ihre grossen Flügel. 

        Von diesem Ankerplatz aus ist es optimal, verschiedene Wanderungen zu machen. Mit dem Tessiner Ehepaar von der Yacht "A go go" und mit dem Franzosenpärchen der Yacht "Odysée", die wir vom Panamakanal her kennen, wandern wir über einen kleinen Pass in die Bucht, in welcher das einzige Restaurant der Insel liegt. Die Wirtin Yvonne ist zugleich die Bürgermeisterin des Dorfes. Voller Enthusiasmus führt sie uns durch das Dorfmuseum und berichtet von ihren eigenen Erlebnissen in der Forschungsarbeit der Kultur und Geschichte der Insel. 
        Nach dem Mittagessen wirft die Küchenmannschaft die Essabfälle in einen kleinen Bach, der hinter dem Haus Richtung Meer fliesst. In Windeseile sind die dicksten und fettesten Aale an Ort und fallen gierig über diese Resten her.
        Der Weg zurück durch den steinigen Waldpfad ist recht glitschig, weil es über die Mittagszeit wie aus Kübeln geregnet hat. Zu unserer Freude finden wir wild wachsende Mangobäume, deren Früchte wir mit Wonne pflücken, auch wenn sie noch nicht ganz reif sind. Kleine schmackhafte Limonen machen unseren Rucksack noch schwerer. 

        Mit unseren Freunden Svetlana und Franz, der kleinen Katerina und Hans, dem Mitsegler der "Miss Goodnight", wandern wir ein paar Tage später nochmals über den Pass zu Yvonne. Wiederum sind wir auf der Passhöhe von der herrlichen Aussicht über die Bucht begeistert. Als Wegstärkung pflücke ich mir ab und zu eine Mango und ich liebe es, sie auf der Stelle zu verzehren, obwohl es meistens eine kleine Schmiererei gibt. Diesmal ernten wir die inzwischen gereiften Mangos. Es werden bis zum Schluss so viele, dass ich sie auf Samuri zu Konfitüre verarbeite. 

        Bei Einheimischen bestellen wir Kokosnüsse. Wir schauen zu, wie sie geschält werden und der Plantagenbesitzer erzählt uns, dass er im Tag bis zu 1200 Kokosnüsse von ihrem Bast befreit. Nach jeweils 50 Stück mache er eine Pause, dann kommen weitere 50 Stück dran. Die Frucht der Nuss, die sogenannte Kopra, wird an der Luft getrocknet. Dieses Produkt ist eine der grössten Einnahmequellen der Marquesas-Inseln. Die Kopraproduktion wird von Frankreich bis zu 50% subventioniert, um den Bewohnern der Inseln ein Einkommen zu sichern. Damit will Frankreich verhindern, dass die Einheimischen nach Tahiti in die Grossstadt Papeete abwandern. 

        Der Ausflug in eine andere Bucht führt uns zu Moana. Seit gut 10 Jahren bewirtschaftet er mit Leib und Seele eine riesige Landfläche und kann je nach Saison Salat, Gurken, Tomaten, Melonen, Pomelos, Orangen, Limetten, Mangos, Papayas, Bananen oder Feigen ernten. Leider gibt es zur Zeit keine grosse Auswahl. Doch wir schleppen gerne eine Wassermelone und ein paar Grapefruits heim, die uns über die nächsten Wochen täglich ihr süsses Fleisch und ihren erfrischenden Saft spenden werden. 

        Die Zeit drängt zur Weiterfahrt und so nehmen wir den Tagesschlag zur Südbucht von Nuku Hiva in Angriff. Die Schaukelei am Ankerplatz beginnt von Neuem.
        Hier mieten wir einen kleinen Subaru mit Vierradantrieb und haben vor, mit Svetlana, Franz und Katerina die Insel zu umrunden. Am Anfang geht es gut voran, doch die Strassen werden immer kritischer. Es geht praktisch von jeder Bucht aus den Berg hoch, dem Kamm entlang und wieder runter zur nächsten Bucht. Was die hier Strassen nennen, wären bei uns nicht mal mehr Schotterwege. Die Aussicht jedoch ist sensationell.So holpern und stottern wir über Stunden durch die Gegend, bis wir zur Strasse kommen, die zum Flughafen führt. Diese ist ganz neu gebaut und lässt uns die nördliche Gegend der Insel zum Abschluss noch so richtig geniessen, ohne dass wir uns konzentrieren müssen, wie und wo wir uns am besten verkeilen, damit wir uns nicht den Kopf einschlagen oder die Ellenbogen blau quetschen. Über die letzte Anhöhe sausen wir durch recht dichten Nebel, kommen danach durch eine saftig grüne Landschaft, bewachsen mit langnadeligen Föhren und einer Art Farnbäumen. Frische Waldluft dringt uns in die Nase und weckt Erinnerungen an die heimischen Wälder. 

        In diesem Hafen läuft am Abend ein besonderes Prozedere ab. So zwischen 17 und 18 Uhr bringen die Fischer ihren Tagesfang heim. Aus einer grossen Kiste, die sich durch den Tag mit dem Blut der toten Fische gefüllt hat, wird die Beute ausgeladen. Es sind im Schnitt etwa ein Meter lange Tiere: Thunfisch, Wahoo oder Zackenbarsch. Auf Holztischen werden sie mit schärfsten Messern ausgenommen, gehäutet und filetiert. Jetzt sind die Filets bereit zum Kauf für Restaurantbesitzer, Einheimische und natürlich für uns Segler. Man höre und staune, wir erhaschen 3kg vom qualitativ besten Gelbflossen-Tunfisch für 5 Franken das Kilo! Wir glauben es nicht! Da lohnt sich das eigene Fischen kaum mehr, weil oft die teuersten Köder beim Angeln von den anbeissenden Fischen abgerissen werden. Wir freuen uns schon auf Sashimi mit Wasabi zum Nachtessen.  
        Alle Fischabfälle werden ins Hafenbecken geschmissen. Es vergehen keine 5 Sekunden bis sich die ersten Haifische um die leckere Beute streiten. Die kleinen Kinder reissen sich Stücke der Innereien ab, hängen sie als Köder an Schnüre und fangen damit kleine Fischchen, die sie auf dem Boden verenden lassen. Einmal mehr wird uns bewusst, welch  völlig andere Beziehung als wir diese Menschen zum Tier haben. Es geht hier nicht um Nachhaltigkeit oder tiergerechten Umgang. Es geht mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit um Verdienst und Ernährung. 

        Wieder sehnen wir uns nach etwas mehr Ruhe am Ankerplatz und verlegen unser schwimmendes Zuhause in die nächste Südbucht von Nuku Hiva. Hier lernen wir das junge Ehepaar Te-iki und Kua kennen. Sie scheint die reiche Adelstochter zu sein, deren Familie viel Land besitzt und er ist der offene, energiegeladene Ehemann, der die Natur über alles liebt und sterben würde, wenn er nicht mehr arbeiten und seine Muskeln gebrauchen könnte. Wir werden in ihrem Haus mit dem besten Essen verwöhnt, das wir auf den Marquesas je gegessen haben. Te-iki hat nach Monduntergang im Fluss Süsswassercrevetten gespiesst und Kua hat sie mit der feinsten Kokossauce gekocht. Dazu gibt es gedämpfte Brotfrucht und Bananen und frischen Brunnenkresse- und geraspelten Cidre-Apfel-Salat. Zum Nachtisch serviert Kua einen Fruchtsalat mit sieben verschiedenen Früchten. Ich habe das Gefühl, die sonnengereiften Früchte seien noch warm. Frischer und besser geht es gar nicht!
        Ein Weg führt durch den riesigen Garten von Kua‘s Familie zum dritthöchsten Wasserfall der Welt mit 350 Metern Fallhöhe. Wir wandern durch Baumalleen und Fruchtplantagen, müssen auf Steinen balancierend Flüsschen überqueren, spazieren auf schlängelnden Wegen durch den Wald und kommen schlussendlich an einen knietiefen Fluss. Schuhe ausziehen und durchwaten ist angesagt. Kaum sitzen die Schuhe wieder, hören wir das nächste Wasser sprudeln. Das Tal wir immer enger, die seitlichen Felswände immer höher. Für die letzten 500 Meter Weg liegen sogar Schutzhelme bereit, die wir anziehen, um von eventuell herunterfallenden Steinen geschützt zu sein. Wir sind froh, dass es die letzten Tage nicht geregnet hat. So scheint die Gegend trocken und dadurch natürlich weniger gefährlich zu sein. Im Talkessel beim Wasserfall angekommen, finden wir ein Wasserbecken. Der Wasserfall selber versteckt sich um die Ecke. Wir sehen von ihm nur den obersten Teil, der über die Felskante springt und hören das Tosen des Wassers. Darüber sind wir aber keinesfalls enttäuscht, weil die Wanderung dahin schon ein Erlebnis für sich selbst ist. 

        Oa Pou, so heisst die letzte der Inseln, die wir in den Marquesas besuchen. Den rollenden Ankerplatz will ich gar nicht mehr erwähnen. Zum Glück gibt es hier an Land eine kleine Pension. Fast jeden Nachmittag verbringe ich hier zwei bis drei Stunden mit Lesen oder Schreiben und erde mich wieder.  
        Der Kirchenbesuch am Sonntagmorgen wird zu einem unvergesslichen Erlebnis. Zu unserem Glück wird gerade die Erstkommunion gefeiert. Schon der Zugang zur Kirche ist rechts und links mit Palmenwedeln geschmückt. Und die Kirche erst! Der Altar ist reich bestückt mit Blumenarrangements und jeder Kirchenbank ist ebenso liebevoll dekoriert. Alle Menschen, vom Säugling bis zum Greis, nehmen am Gottesdienst teil und sind feierlich angezogen. Die Frauen bis zu den kleinsten Mädchen haben Blumenschmuck im Haar. Es ist eine Pracht. 
        Vieles, was der Priester während des Kirchenzeremoniells sagt, verstehen wir nicht. Ein kleiner Teil ist französisch, der grösste Teil aber ist in der Sprache der Marquesiens gesprochen. Was uns aber sehr berührt, sind die gesungenen Lieder des Chores mit Trommel- und Ukulelenbegleitung. Der Chorleiter übersprudelt so beim Dirigieren, dass er mit  seinen im Takt wippenden Beinen fast vom Boden abhebt. Ob jung oder alt, ob Mann oder Frau, alle Menschen in der Kirche singen mit lauter Stimme mit. Dieser wunderschöne Gesang öffnet unsere Herzen und geht uns durch Mark und Bein. Und diese Klänge breiten sich in ihrem Rhythmus durch die offene Struktur des Kirchenbaus aus und überfluten die umliegende Gegend mit freudiger Liebe. 

        Ungerne verlassen wir diese wunderschöne Inselwelt mit den überaus freundlichen, herzlichen und offenen Bewohnern. Als grossen Nachteil der Marquesas empfinden wir die rollenden Ankerplätze. Sind wir doch gespannt, wie es sich in den Atollen der Tuamotus anfühlen wird.

        Einen erlebnisreichen und wunderschönen Sommer wünschen euch allen 
        Evelyne und Christian

          Galapagos

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          Der Galàpagos-Archipel liegt im Ostpazifik auf 0° Breite und 90° westlicher Länge rund 1000 km vom südamerikanischen Festland entfernt. Er gehört zum Staatsgebiet von Ecuador. 
          Die Landfläche der Galàpagos-Inseln liegt bei 7882 km/2, wovon allein die Insel Isabela mit 4588 km/2 fast 60% beansprucht. Der Rest verteilt sich auf 12 weitere, grössere Inseln sowie eine Menge kleiner und kleinster, oft unbenannter Inselchen und Felsen unter 1 km/2. 
          96% der Landfläche gehören zum Nationalpark, 4% sind kolonisiertes Gebiet. 

          Die Galàpagos sind ein vulkanisch hoch aktiver Archipel. Sehr einfach beschrieben entstand er bis noch vor 600‘000 Jahren durch Erdplattenverschiebungen, durch die Magma austreten konnte. Diese submarinen Vulkane wuchsen bis über die Meeresoberfläche empor. Das Ergebnis sind Inselvulkane fernab der Kontinente, die zu den höchsten Bergen der Welt ab Meeresboden zählen. 
          So erstaunt es nicht, dass im Jahre 1535 der offizielle Entdecker der Galàpagos, Bischof Thomas de Berlanga, seine ersten Eindrücke folgendermassen beschrieb: "Es sieht aus, als ob Gott Steine regnen liess".
          Doch die Galàpagos sind weit mehr als eine Ansammlung lebloser Krater. Die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt lockt die Besucher ebenso an, wie auch das angenehme subtropisch bis warmgemässigte Klima. Die Luftfeuchtigkeit bewegt sich zwischen 80 - 90%. Es gibt den Wechsel der warmen, meist windstillen Regenzeit vom Januar bis April mit der kühleren, windreichen Trockenzeit von Juni bis November. Mai und Dezember sind Übergangsmonate. Die Temperaturen liegen zwischen 27 Grad im Februar / März und 21 Grad im August / September. Das Wasser misst zwischen 20 und 25 Grad.

          Ja, und nun befinden wir uns auf der südlichen Halbkugel der Erde. Alles ist hier ein bisschen anders. Der Ozean heisst nicht mehr Atlantik, sondern Pazifik. Die Mondsichel liegt am Himmel wie eine Wiege und der Wirbel des Wassers dreht sich nach links. Und wir sind nicht mehr die Einzigen an Bord, wir haben immer wieder Gäste....

          Schon bei der Ankunft im Hafenbecken von San Cristobal werden wir von gwundrigen Seelöwen begrüsst und beschnuppert. Das haben wir uns wenigstens gedacht. Ihre Absicht aber war, unser Boot genau zu untersuchen, ob es da nicht irgendeine geeignete Liegeplattform gäbe, die als Schlafplatz dienen könnte. Die beiden Hecktreppen eines Katamarans laden dazu natürlich wunderbar ein. 
          So vergeht am Ankerplatz keine Stunde bis es rumpelt, platscht und röhrt. Ein Riesentier, wahrscheinlich ein Urgrossvater, hat es sich auf Samuri bequem gemacht. Wir haben den grössten Plausch und gewähren ihn. Ins Cockpit kann er nicht, denn dieses haben wir vorsichtshalber mit unseren Badematten abgeschirmt. Die zweite Plattform wird bald von einem jüngeren Seelöwen in Beschlag genommen. Seinen Augenaufschlag hättest du sehen sollen, als wir ihn begrüsst und fotografiert haben. 
          Die Spuren von Urgrossvater nach seinem Besuch: ein brauner, fettig-öliger und behaarter  Platz, der nach Schrubben ruft, weil er stinkt. Jetzt verstehen wir die Ankerlieger um uns herum, die mögliche Zugänge zu ihrem Schiff mit Netzen und Fendern völlig verbarrikadiert haben. So tun wir es ihnen gleich.

          San Cristobal ist die erste Insel, die wir auf Galàpagos anlaufen. Fast alle Segler klarieren hier ein. Nur wer ein sogenanntes Autografo besitzt, hat die Erlaubnis, mit dem eigenen Schiff  insgesamt drei, vier oder fünf Inseln anzulaufen. Dieses kostet natürlich seinen Preis. Doch wenn wir von San Cristobal aus jeweils die Fähre zu anderen Inseln, Mahlzeiten und eventuelle Unterkünfte hätten berappen müssen, wäre es ebenso teuer gekommen, und so hat sich das Autografo für uns bei weitem ausbezahlt. 

          Am ersten Tag auf Galàpagos lassen wir uns mit dem Wassertaxi abholen und an Land setzen. Das ist hier so üblich. Die Seelöwen würden nämlich auch die Dinghis der Segler besetzen und als eigen verteidigen, so wie sie es mit jedem anderen Fischerboot tun, das im Hafen liegt. 
          Es ist unglaublich. Wo wir hinsehen, entdecken wir Seelöwen - auf Treppenstufen, unter Bänken, am Strand, im Wasser. Da liegen oder schlafen sie zu hunderten, tummeln sich, spielen mit Plastikflaschen, zeigen sich als flinke Schwimmer, wälzen sich im Sand und lassen dabei ihren wohligen Gefühlen hörbar freien Lauf. 

          Wir verschaffen uns einen Überblick über das Hafenstädtchen Puerto Baquerizo Moreno und über die möglichen Ausflugsziele auf San Cristobal. Es ist wunderbar, wir können vieles zu Fuss und ohne Führer unternehmen. So üben wir uns die folgenden Tage im Wandern. Unsere „Seebeine“ sind sich fast nicht mehr an festen Boden gewöhnt. Es tut richtig gut, über das Vulkangestein zu balancieren oder im festen Sand am Strand zu gehen. 

          Zum ersten Mal schnorcheln wir in einer Bucht mit Wasserschildkröten. Sie lassen sich durch uns nicht stören, sie sind eher neugierig. Die schwarzen Meerechsen sind so gut getarnt, dass wir sie anfänglich mit ungeübtem Blick gar nicht bemerken, wie sie auf den schwarzen Felsen an der Sonne liegen und sich aufwärmen.

          Ein Tagesausflug führt uns für einen Tauchgang zum Kicker Rock oder Leon Dormido. Dieser Tuffkegel schiesst 148 Meter aus dem Wasser in die Höhe. Eine Reihe von Seevögeln benutzen diesen Felsen als Rastplatz. 
          Wir freuen uns darauf, mit Hammerhaien, Seelöwen und Schildkröten zu tauchen. Doch wir werden enttäuscht. Die Sicht unter Wasser beträgt kaum 10 Meter. Ausser viel Kleinlebewesen an der Steilwand des Felsen sehen wir die Grosstiere nur schattenmässig vorbeiziehen. Schade! 
          Eine andere unschöne Erinnerung ans Tauchen hat mir zu schaffen gemacht. Die folgenden Tage bekomme ich starke Schmerzen im Nacken, die ich durch Selbstbehandlung nicht wegbringe und keinem Krankheitsbild zuordnen kann. So bin ich mehr als dankbar, dass es sich durch eine Reihe kleiner „Zufälle“ ergeben hat, dass ich am vierten Tag danach auf dem Schragen eines Osteopathen und Tauchinstruktors liege. Er diagnostiziert Luft im Brustraum, die durch Anstrengung unter Wasser, durch falsche Atmung oder zu schnelles Auftauchen aus der Lunge hat austreten können. Sie steigt dann im Körper hoch und macht im Hals diese unerträglichen Schmerzen, bis sie sich innerhalb von etwa zwei Wochen im Körper wieder abbaut. Inzwischen fühle ich mich wieder fit!

          Nach einer guten Woche Aufenthalt in San Cristobal besuchen wir die zweite Insel, Santa Cruz. Auch hier tummeln sich im Hafenbecken die Seelöwen. Gutgläubig und tierliebend wie wir sind, geben wir ihnen den untersten Tritt unserer Treppe für ein Schläfchen frei. Doch als wir nach einem Tagesausflug zurückkommen, haben wir die Bescherung. Ein freches Tier hat doch den Weg in unser Cockpit gefunden und uns seine letzte Mahlzeit weit verteilt als Geschenk hinterlassen. Das ist das definitive Aus, drollig hin oder her!

          Das Highlight auf der Insel Santa Cruz ist unsere fünfstündige Wanderung durchs riesige Freigelände El Chato. Wir streifen durch feuchtnasse Wiesen, durch fast zugewachsene Waldwege oder entlang kleiner Moore und entdecken immer wieder riesige Landschildkröten. Sie schlafen, sie suhlen im Dreck, sind am Fressen oder drängen ihren schweren Panzer auf ihren dicken Stummelbeinen durchs Dickicht oder schieben ihn über Steine, die im Weg liegen. Fühlt sich eine Schildkröte bedroht, stösst sie ein lautes Fauchen aus und zieht ihren Kopf ein. Doch die meisten lassen sich durch uns nicht stören.

          Leider überlebten nur etwa 10‘000 Galàpagos Riesenschildkröten, verteilt auf 11 Unterarten, die Ausbeute der vergangenen Jahrhunderte / Galàpago bedeutet Schildkröte. Die Tiere wurden massenweise geschlachtet und gegessen und dienten Jahrhunderte lang den Seefahrern als Proviant. Denn es erwies sich als geradezu ideal, dass Riesenschildkröten monatelang ohne Nahrung und Wasser auskommen können, ohne dass ihr Fleisch an Geschmack verliert. Umgedreht in den Lagerräumen der Schiffe gestapelt und bei Bedarf geschlachtet, waren sie für die Seefahrer und Walfänger eine willkommene Fleischkonserve. 
          Dann wurden tausende von Schildkröten für Museen, Zoos, Privatsammlungen und die Wissenschaft missbraucht. Lebende und tote Exemplare, Jungtiere und Panzer waren gesuchte Sammelobjekte und Souvenirs, bis dem die Gründung des Nationalparks im Jahre 1959 einen Riegel vorschob. 
          Um die teils winzigen Populationen vor dem Aussterben zu bewahren, leitete die Charles-Darwin-Forschungsstation 1965 ein Nachzuchtprogramm ein. Die geschlüpften Riesenschildkröten bleiben dabei die ersten Jahre ihres Lebens unter ständiger Kontrolle in Gehegen. Erst wenn sie gross genug sind, eventuelle Angriffe von Hunden und Ratten zu überleben, werden sie auf die Heimatinseln ausgesetzt. 

          Der Besuch der Darwin-Forschungsstation ist interessant. Dieses Zentrum ist der wissenschaftliche Knotenpunkt von Galàpagos. Hier arbeiten Biologen aus aller Welt an der speziellen Problematik der Lebewelt der Inseln, hier werden Nationalparkführer ausgebildet, Seminare für Lehrer und Studenten veranstaltet, Veröffentlichungen verfasst und Gelder organisiert. In Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung werden Ausrottungsstrategien für die inselfremden, eingeführten Pflanzen und Tiere entwickelt und verschiedene Zuchtprogramme für bedrohte, endemische Tierarten durchgeführt.
          In einer Ausstellungshalle wird dem Besucher mit Fotos und Diagrammen ein Blick in die Naturgeschichte vermittelt oder die Besiedlung der Inseln dokumentiert. Ein Gehege zeigt Landleguane, in einem anderen lebt "Lonesome George", die einzig überlebende Riesenschildkröte der Pinta-Unterart. Zur Aufzuchtstation der scheuen kleinen Leguane werden wir nicht vorgelassen.

          Unser dritter Ankerplatz auf den Galàpagos liegt vor der Insel Floreana. Hier beschäftigen wir uns mit einer sonderbaren Besiedlungs-Geschichte. 
          Schon im 17. Jht. von Piraten und Ende 18. Jht. von englischen Walfängern bewohnt, diente die Insel Mitte des 19. Jht. als Strafgefangenenlager von Ecuadorianern . 
          Ab 1929 wurde es spannend. Ein Berliner Arzt wählte zusammen mit seiner Gefährtin Floreana als das Wohnparadies des Lebens aus. 1932 kamen Heinz und Margret Wittmer aus Köln mit ihrem ersten Sohn Harry an. Kurz darauf traf die sagenumwobene Baronin Wagner mit 3 Liebhabern, Revolver und Peitsche ein. Sie wollte hier ein Hotel für amerikanische Multimillionäre errichten. 
          Von da an geschahen eine Reihe von Merkwürdigkeiten, die fast die ganze Weltpresse beschäftigte. Es gab heftige Auseinandersetzungen, Leute starben, verschwanden, wurden vergiftet oder brauchten Erholung in einer Nervenklinik. 
          Margret Wittmer blieb auf der Insel. Sie allein wusste vermutlich um die genauen Fakten. Sie starb im Jahre 2000 mit 96 Jahren.
          Ihre Enkelin betreibt bis heute die einzige kleine Pension in der Siedlung Puerto Velasco Ibarra im Westen Floreanas.
          Wir besuchen diese Erika und geniessen im Speisesaal, der als Museum eingerichtet ist, ein feines Mittagessen. Nachher können wir uns einer deutschen Touristengruppe anschliessen und machen uns auf die Spuren der Wittmers. Sie lebten anfänglich sehr spartanisch in den Bergen in kleinen Höhlen. Es war ein harter Kampf für die Familie, bis sie sich ihre Existenz sichern und solide aufbauen konnte. 

          Eine Motorfahrt mit Gegenwind bringt uns nach Isabela, zur vierten Insel, die wir mit dem Autografo anlaufen dürfen. Es gibt nochmals Einiges zu erleben. 
          Der Ausflug mit dem Velo, zuerst dem Strand entlang, bringt uns zu einigen schönen Buchten mit Echsen und Seelöwen, dann im Landesinneren zur Wall of Tears, einer 150 Meter langen und bis zu 10 Meter starken Mauer. Sie erinnert an die Grausamkeit des damaligen Strafvollzugs (1940). Von Kriegsgefangenen musste die Mauer nur um der Arbeit Willen errichtet werden.  

          Vulkane auf Galapagos gehören zum Typ der Schildvulkane. Sie sind wegen ihrer Oberflächenform so benannt, denn diese wird von zahllosen, einzeln übereinander geflossenen Lavaströmen aufgebaut. Die runde, steilwandige und kraterähnliche Einsenkung kann von beachtlicher Grösse sein. 
          An einem überaus klaren Tag unternehmen wir die fünfstündige Wanderung zum Sierra Negra, dessen Kraterdurchmesser gegen 10 km aufweist und dessen letzter Ausbruch im Jahre 2005 riesige Lavamengen in die Einsenkung ergoss. Es raucht und dampft immer noch aus einigen Löchern. Danach führt uns ein leichter Abstieg in die bizarre, grau-orange-gelb gefärbte Mondlandschaft des Vulkan Chico. 
          Glücklicherweise werden wir vom heftigen Regenguss verschont, der praktisch täglich über den Vulkan herzieht und bekommen erst beim Abstieg eine leichte, kurze Abkühlung. 

          Mit dem Schnellboot düsen wir eine Stunde über die Wellen und erreichen in einer riesigen Lagune die durch Vulkaneruptionen entstandenen Tunnels und Brücken. Hier schnorcheln wir im ruhigen, warmen Wasser und erkunden diese interessanten Lavaformationen. An einem weiteren Schnorchelplatz halten wir Ausschau nach schlafenden Weissspitzenhaien, doch ausser einer Schildkröte wollen sich heute keine grossen Räuber zeigen. Dafür entdecken wir im offenen Meer einen Manta-Rochen. Einige unserer Gruppe stürzen sich ins Wasser und können sich dem eleganten Tier nähern. 

          Ein weiteres Mal muss "klar Schiff" gemacht werden, diesmal für unsere längste Überfahrt. Wir haben genügend Zeit, um all die wunderschönen Eindrücke der Galàpagos zu verarbeiten. Es liegen 5500 km Weg vor uns und wir hoffen, dass wir in drei bis vier Wochen Landfall in der Südsee auf den Marquesas haben werden...

          Momentan warten wir auf ein gutes Wetter- resp. Windfenster. Voraussichtlich werden wir am Samstag, den 14.April den Anker heben.

          Wie es uns auf der Fahrt ergeht, könnt ihr bei Interesse täglich auf unserem Blog unter "Route / aktueller Standort" lesen, wenn ihr das "S" anklickt.

          So, nun drückt uns mal fest die Daumen! 
          Herzlichst Evelyne und Christian

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