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Panama-Kanal

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Sesam öffne dich!

Vor unseren Augen öffnet sich das grösste und höchste Tor der Miraflores-Schleuse. Mit uns werden ein riesiger Frachter und die schwindelerregende Menge von etwa 88 Mio. Liter Süsswasser in den Ozean entlassen. Wir sind im Pazifik!

Wir sind um ein gewaltiges Ereignis reicher. In diesem neuen Blog erfährst du mehr  darüber. 

Wenn du mich vor ein paar Jahren gefragt hättest, wie ich mir den Panamakanal vorstelle, dann hätte ich dir etwa folgende Antwort gegeben: es ist ein langer, schmaler Kanal, der von Frachtschiffen passiert werden kann, der durch Mittelamerika führt und der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. 
Was wirklich Fakt ist und zusätzlich noch ein paar Daten über die Geschichte dieses gigantischen Bauwerks habe ich hier zusammengefasst.

Schon im Jahre 1524 beauftragte König Charles V von Spanien die Machbarkeit eines Wasserweges durch den Isthmus zu prüfen. 
Während des 16. und 17. Jahrhunderts wurde nämlich die gepflasterte Camino Real Strasse über den Isthmus von den Spaniern als Transportweg benutzt, um das gestohlene Gold von Peru nach Spanien zu bringen. Weil zunehmend Piratenattacken stattfanden, wurde das kostbare Gut mehr und mehr ums Kap Horn geschifft, was natürlich wesentlich umständlicher war.

Erst im Jahre 1878 erhielt Frankreich ein Baurecht von Kolumbien und begann 1881, den dichten Dschungel und die Berge des Isthmus zu durchbrechen, unter der Regie von Ferdinand-Marie de Lesseps, der erfolgreiche Erbauer des Suezkanals. Doch schon im Jahre 1889 ging das Projekt bankrott.

Im Jahre 1903 erpressten sich die USA von Frankreich durch korrupte Machenschaften das Baurecht. Der Bau ging 1914 weiter. So wurde der Panamakanal endgültig durch den engsten und tiefsten Bergrücken des langen Isthmus gehauen. Durch den Rio Chagres und das sogenannte Gaillard Cut wird ein 14 km langer Schnitt durch den Schiefer gehauen und der Gatun Staudamm errichtet. Zur Zeit des Baus war der Staudamm der grösste von Menschenhand erbaute Damm, der grösste künstliche See und überhaupt das grösste Betonbauwerk der Welt. Der Preis aber war hoch, forderte der Bau doch mehrere tausend Menschenleben.

Seit fast 100 Jahren ist der Panamakanal 24 Stunden täglich in Betrieb, 365 Tage im Jahr. Das insgesamt 80 km lange System verbindet den Atlantik von Cristobal mit Balboa, Panama City, dem Pazifik. Pro Jahr werden 15‘000 Schiffe geschleust. Weltweit wird ein Neubau eines Frachtschiffes, das den Panamakanal durchqueren will, der Grösse der Schleusen angepasst. 

Die Einfahrt zum eigentlichen Kanal vom Atlantik her ist 10 km lang und 150 Meter breit. Dann folgen die 3 Gatun-Schleusen. Sie sind alle miteinander verbunden. Jede Schleusenkammer ist 33,5 m breit und 305 m lang. Das ganze System zusammen ist 2 km lang. Sie heben die Schiffe insgesamt 26 Meter an.
Oben angelangt, wird ein Schiff in den Gatun Stausee entlassen. Die 51km über den See legt jedes Schiff im ausgebaggerten Kanal mit Motor zurück, bis es die 3 Schleusen auf der Pazifikseite erreicht. Diese liegen getrennt voneinander innerhalb von 1,6 km. Die erste Schleuse ist das Pedro Miquel-Lock. Es führt in den kleinen Miraflores See, nach dessen Überquerung die zwei zusammenhängenden Miraflores-Schleusen folgen. Hier sind die zwei Webcams installiert, durch welche wir unser „Dreierpäckli“ selber auf dem Laptop beobachten konnten. 

Wie du sicher gehört hast, wird der Panamakanal zur Zeit vergrössert. Für über 5,25 Milliarden Dollar werden zwei neue Schleusen gebaut, die neu 55 Meter breit und 427 Meter lang werden. Dementsprechend können noch grössere Schiffe geschleust werden, die wie bis heute nicht nur 4000, sondern neu bis zu 10‘000 Container fassen können. 
Ziel ist, dass der neue Kanal zum 100-sten Jahrestag, also im August 2014, eröffnet werden kann. 

Dieses gewaltige Bauwerk haben wir am Donnerstag, den 23. Februar passiert. Unser aufregendes Schleusungs-Prozedere kannst du schrittweise in der Fotogalerie mitverfolgen. Christian hat mit Bild und Wort so gut dokumentiert, dass sich ein zusätzlicher Text dazu erübrigt.

Der Ankerplatz vor Panama-City ist mühsam rollig und schmutzig. So bleiben wir nur die nötigen Tage vor Anker in Panama-City, bis wir unsere Nahrungsmittel aufgestockt, den nötigen Diesel getankt und Wäsche gemacht haben und Samuri somit bereit für die Weiterfahrt ist. 

Wir segeln zu den Las Perlas Inseln, die nicht viel zu bieten haben. Doch sie ermöglichen uns ein paar Tage Ruhe vor dem Abenteuer unserer ersten Langfahrt. 

Anker auf für die Fahrt nach Galapagos. Wir verlassen die Las Perlas am Donnerstagnachmittag, den 8. März. Die Wind- und Wetterverhältnisse sind optimal, wir rauschen mit 8 Knoten dahin. Es macht richtig Spass, denn die Wellen sind sehr moderat. So langsam nachtet es ein und wir beginnen die erste Wache. Ich lege mich schon um 19 Uhr aufs Ohr, Christian segelt glücklich in die Nacht hinein. Um 22.30 Uhr werde ich geweckt. Für die nächsten dreieinhalb Stunden sitze ich im Cockpit und übernehme die Verantwortung. Christian gönnt sich seine wohlverdiente Ruhe. 

Es dauert ungefähr zwei Tage, bis wir uns an den neuen Schlaf- und Wachrhythmus gewöhnt haben. Die anfängliche Dauermüdigkeit legt sich. Schön ist, dass wir trotz der ständigen Wachablösung gemeinsame Mahlzeiten geniessen können und nicht total aneinander vorbei leben. 
Christian kann die Zeit seiner Schicht sehr gut nutzen. Er liest, schaut Filme, schreibt Mails, kocht, repariert und so weiter. Ich hingegen bin auf Hörbücher oder Hör-Podcasts  angewiesen. Auch nach ein paar Tagen bin ich leider noch nicht ganz seefest geworden. Aber ich gebe noch nicht auf. Dieses Jahr stehen ja noch längere Segelabschnitte an....

Die Tage vergehen relativ schnell. Wir haben jedoch immer weniger Wind und der Zähler der Seemeilen klettert nur langsam höher. Insgesamt müssen wir 860 Seemeilen zurück legen. Zwischendurch herrscht absolute Flaute, wir nehmen den Motor zu Hilfe. 
Flaute in dieser Gegend, die Kalmen oder auch Rossbreiten genannt werden, sind absolut normal. Früher, als die Segelschiffe noch keine Motoren hatten, war diese Gegend gefürchtet. Manch ein Schiff blieb tage- oder wochenlang in der Flaute gefangen, was für die Besatzung bei der hier herrschenden Hitze äusserst strapaziös war. Mitunter war das der Auslöser für Meutereien oder man musste in der Not Pferde, die für die Kolonien gedacht waren schlachten oder gar über Bord werfen. Daher rührt der Name „Rossbreiten“.
Uns ist Neptun jedoch gnädig und schiebt uns während der ganzen Strecke mit ein bis zwei Knoten Strom vorwärts.

Es gibt viel zu feiern. Am 11. März nachts um 2 Uhr wecke ich Christian mit Gesang. Im Gugelhopf stecken Geburtstagskerzli und Gschänkli gibt es auch. Doch die Wache schenke ich ihm trotz seines grossen Tages nicht.

Schon knallt der nächste Korken. Doch diesmal bekommt Neptun den ersten Schluck. Am 14. März genau um 06:04 Uhr überqueren wir den Äquator. Wie sind wir froh, dass wir die Äquatortaufe auf unsere Weise feiern dürfen und nicht nach altem Seemannsbrauch...
Wie es nämlich zu und her gehen könnte, kannst du auf dem folgenden Link nachlesen, wenn du Lust dazu hast:  www.w-roedle.de/equator/equator.htm.

Nach sechseinhalb Tagen fahren wir frühmorgens voller Erwartungen im Hafen der Insel San Cristobal ein. Mit unserem Agenten Riccardo ist das Einklarieren eine Sache von einer Stunde. Drollige Seelöwen und Fisch fangende Pelikane lenken uns immer wieder von unserem kräftigenden Frühstück ab. 

Wie drollig wir sie wirklich finden, kannst du in unserem nächsten Blog über die Galapagos-Inseln nachlesen.

Wir wünschen dir frohe Ostern und viel Glück beim Eier suchen. Herzlichste Grüsse

Evelyne und Christian

    Kuna Yala - San Blas Inseln

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    Ich weiss, er ist schon lange überfällig - unser Blog über die San Blas Inseln...

    Seit einer Woche befinden wir uns in der Shelter Bay Marina vor Colon und haben schon ein leichtes Kribbeln im Bauch. In zwei Tagen wird es soweit sein, wir werden durch den Panamakanal vom Atlantik in den Pazifik schleusen. Was für ein Erlebnis!

    Seit letzten November waren wir unterwegs und lagen so lange Zeit in keiner Marina mehr mit Frischwasser. So widmeten wir uns intensiv unserer Samuri. Sie war so eingesalzen von den letzten Monaten und hatte einen gründlichen Frühjahrsputz dringend nötig. Blitze blank ist sie nun und jetzt habe ich endlich die Musse, meine Gedanken zurück in die verflossenen Wochen sinken zu lassen und viel Erlebtes für dich aufzuschreiben.

    Die San Blas bilden das weite Archipel der panamesischen Karibikküste. Seine 340 Inseln sind weltweit einzigartig. Sie bilden das Zuhause der Kuna Indianer, die weitgehend ihre ursprüngliche Stammeskultur beibehalten haben.  

    Die San Blas Inseln und das angeschlossene Festland nennen die Inselbewohner Kuna Yala. Am 4. März 1925 stimmten die Kunas zu, dass ihr Land offiziell wohl zu Panama gehören soll, aber nur unter der Voraussetzung, dass die panamesische Regierung die Stammesregeln, die Kultur und die Traditionen der Kunas respektiert und die Kunas ihr Territorium autonom regieren lässt. 
    Die Kunas behandeln ihr Land mit viel Liebe. Stammesbrüder dürfen profitieren, aber keinen Besitz beanspruchen für kommerzielle Entwicklung. So sieht das Land noch so aus, wie es damals Vasco Nunez de Balboa entdeckt hat. 
    Kunas akzeptieren Besucher, doch Fremde dürfen nicht sesshaft werden oder einheiraten.  Fremde dürfen kein Land kaufen, Spenden sind aber jederzeit herzlich willkommen.

    All die Inseln sind von unglaublicher Schönheit und waren früher den Seefahrern vorbehalten. Heute sind auf ein paar wenigen Inseln kleine Flughäfen in Betrieb, die im 2. Weltkrieg von den Amerikanern erbaut wurden. Für uns ist das natürlich eine wunderbare Möglichkeit, Familienmitglieder und Freunde aufzunehmen und auch wieder zu entlassen, ohne mit dem Schiff grosse Distanzen zu internationalen Flughäfen anlaufen zu müssen. 
    Christians Vater Sören reist nach einer Woche Kuna Yala heim und kommt somit als erster in den Genuss eines Fluges mit dem Inselhopper. Unsere nächsten Gäste sind meine beste Freundin Susanna mit Partner Hanspeter, danach reisen Melanie und Michael an und überschneidend ist auch Christians Stieftochter Sandrina mit an Bord. Da kommt Leben in die Bude! Der Wassermacher läuft auf Hochtouren und meine durchschnittliche Präsenzzeit in der Küche steigt drastisch. Doch ich verwöhne meine liebsten Gäste immer gerne mit viel Liebe, gegenseitig werde ich von ihnen sehr unterstützt. Skipper Christian hingegen liest mit viel Freude die mildesten Segeletappen und die schönsten Ankerplätze aus. Und das Segeln hinter einem grossen Riff mit wenig Wellen und moderatem Wind ist halt schon spitze. So möchten wir die Wochen mit all unseren lieben Gästen nicht missen. 

    Der Nachteil der Flughäfen in Kuna Yala ist natürlich, dass dadurch der Tourismus mehr und mehr Einzug hält. Der Einfluss der westlichen Zivilisation ist leider unübersehbar. Ein krasses Beispiel dazu spielt sich auf einer Insel vor unseren Augen ab. Samuri liegt vor Anker in einer einsamen und wunderschönen Bucht. Das Riff vor uns sieht vielversprechend aus. Sandrina, Melanie, Michael, Christian und ich gehen schnorcheln. Die Unterwasserwelt zeigt sich uns farbig und überaus reich. Währenddessen werden am Ufer eine Reihe Sonnenschirme aufgestellt. Die Kunafrauen hängen ihre Handarbeiten, die sogenannten Molas, an Leinen auf und bieten sie den Touristen an, die scharenweise von der weit aussen geankerten Luxusyacht in Beibooten zum Ufer gebracht werden. Hier darf gekauft und gebadet werden, bevor alles wieder eingepackt und zum Dinner auf der Yacht gerufen wird. Ich möchte dieses Spektakel nicht werten. Er passt einfach nicht zum Bild der unberührten Trauminselwelt, wie wir sie bis jetzt erlebt haben.

    Je östlicher wir segeln, um so urtümlichere Inseln treffen wir an. Die einen scheinen völlig unberührt, andere dagegen sind bebaut. Die Häuser in den Dörfchen sind aus Bambus und als Dach dienen Palmenblätter. Diese Hütten sind auf der ganzen Insel verteilt, schmale Wege schlängeln sich zwischendurch. Ein Dorf vermittelt uns nach aussen meistens einen sauberen Eindruck. Begeben wir uns aber an den Inselrand, sind wir schockiert, wie viel Müll von den Kunas herum liegt. Es ist auch unfassbar für uns, wie viel Plastikmüll vom Meer her angeschwemmt wird, der liegen gelassen und nie verrotten wird. Wir treffen nur wenige Dörfer an, in denen der Abfall wirklich eingesammelt und von Zeit zu Zeit gemeinsam verbrannt wird.
    Auch wir müssen unsere Abfälle sauber trennen. Alles Organische fliegt direkt ins Meer, sowie auch die Glasflaschen und die Alu-Getränkedosen. Glas ist inert und Alu zersetzt sich im tiefen Salzwasser relativ schnell. Also ist diese Entsorgung für uns verantwortbar. Was sich an Plastik ansammelt, müssen wir gelegentlich selbst verbrennen. 
    Ab und zu kommen Kunas in ihren Einbäumen, den Ulus, zu uns Fahrtenseglern gerudert und bieten für einen Dollar an, den Abfall zu entsorgen. Im Klartext heisst das, das Geld ist kassiert und der Abfall landet bei nächster Gelegenheit im Meer - schade!

    Zurück zum Kunadorf. Die sanitären Anlagen, sprich das „Plumpsklo“, ist auf Stelzen ins Meer hinaus gebaut und wird von mehreren Familien gemeinsam benutzt. 
    Jedes Dorf hat mindestens drei Sailas. Einer davon ist das Oberhaupt. Die Sailas verwalten einen bestimmten Teil eines Landstückes und ein oder mehrere Dörfer. Sie sind die Hüter des Wissens, der Spiritualität, der Poesie, des medizinischen Wissens und der Geschichte der Kunas.
    Im Congreso, der grössten Hütte eines Dorfes, die an der einzigen Hauptstrasse liegt, gibt es drei oder mehrere Hängematten, in welchen sich die Sailas den ganzen Tag aufhalten. Jeden Abend werden im Congreso die angefallenen Anliegen der Dorfbewohner besprochen. Jedermann darf seine Ideen oder Beanstandungen kund tun. Die Frauen und Kinder sitzen bei dieser Veranstaltung im einem inneren Kreis, die erwachsenen Männer im Äusseren. Ein solches Meeting kann sich abendfüllend dahinziehen, so dass bestimmte Leute zwischendurch absichtlich schrille Laute ausstossen, um die eingeschlafenen Kunas  wieder zu wecken. Der Saila gibt zu Problemen selten seine direkten Ratschläge, sondern lässt sie durch den Argar überbringen. Argars sind wichtige Persönlichkeiten, die die Weisheit der Sailas interpretieren. 

    Wir haben immer wieder die Möglichkeit, auf verschiedenen Inseln einen Blick in den Congreso zu werfen und den Saila zu begrüssen. Ein paar Mal brauchen wir einen Übersetzer, der unsere wenigen Brocken spanisch für den Saila auf „Kuna“ übersetzt. Wir müssen nämlich beim Höchsten für den Spaziergang durch sein Dorf die Erlaubnis einholen. Um dem Saila unsere Ehre zu erweisen, bringen wir ihm ein Geschenk mit. Die Freude über ein echtes Viktorinox-Sackmesser ist jeweils gross. Und wenn wir darauf noch zusätzlich eine Spende für die Inselbewohner hinterlegen, bekommen wir sogar einen persönlichen Führer. 
    Während des Rundgangs springen uns die fröhlichen Kinder entgegen, mit welchen wir Hand in Hand durch ihr Reich spazieren. Sie fragen nach unseren Namen und kichern danach ganz verstohlen. Die Kinder nehmen gerne Süssigkeiten an und lassen sich fotografieren, was man von den Kunafrauen gar nicht sagen kann. Sie sind sehr scheu und flüchten vor uns in die Häuser. Anders, wenn sie Molas verkaufen wollen. Dann winken sie am Gartentor und locken die potenzielle Käuferschaft in ihren Garten. Und nur selten können wir einen Kauf dieser so aufwändigen Stickereien abwehren. 

    Gerne erkläre ich dir nun, was ein Mola ist. Lass mich dazu etwas ausholen. 
    Die Frau ist die Trägerin der traditionellen Tracht der Kunas. Als Rock dient ein Tuch, das sie sich um die Taille wickelt. Als Oberteil trägt sie eine farbig bunte Bluse mit Puffärmeln, die vorne und am Rücken je einen genau gleichen, rechteckigen und bestickten Einsatz hat. Diese beiden Teile der Bluse nennt man Molas, die Hauptstücke also der Kunatracht. 
    Wir Touristen können die Blusen mit den eingenähten Molas unmöglich tragen. Erstens entsprechen sie überhaupt nicht unserer Mode und zweitens haben wir eine ganz andere Körpergrösse und Figur. Die Kunas sind so kleine, zierliche Menschen. 
    Als Susanna und ich in einem Dorf von den Kunafrauen buchstäblich umzingelt werden und sie uns ihre Blusen zum anziehen aufdrängen, scheitert bei mir das ganze Prozedere relativ schnell, denn die Kopföffnung ist viel zu eng. Schon lange haben die schlauen Kunafrauen daraus gelernt und bieten nur noch die Molas zum Verkauf an. Und diese finden wir in den unterschiedlichsten Qualitätsstufen.
    Die Frauen legen zwei bis vier Stoffe aufeinander, schneiden mit der Schere Motive über eine oder drei Stofflagen aus, legen die Schnittränder um und nähen diese mit feinsten Stichen fest. Die Farbe der zweiten oder je nachdem der dritten Stofflage kommt so zum Vorschein. Die Motive sind meistens Vögel, Fische, Schildkröten, Lobster oder Krabben oder aber traditionelle Ornamente. Wie die Frauen dies nähen, ist mir ein Rätsel. Einerseits brauchen sie eine gute Sehkraft, andererseits eine unglaubliche Geduld. Drei bis vier Wochen tägliche Arbeit ist für eine reich bestickte Mola notwendig. Und die Kosten dafür betragen 20 bis 90 Dollar. 

    Zurück zur Tracht. Ein Gürtel hält Rock und Bluse zusammen. Oft legt sich die Kunafrau lose ein Tuch über den Kopf, um sich gefühlsmässig zu schützen. Ein goldener Nasenring schmückt das Gesicht oder es glitzert eine filigrane Halskette.
    Auch die Beine sind verziert. Dazu zieht die Kuna tausende von Glasperlen auf einen Baumwollfaden auf und umwickelt damit ihre Waden in solch einer Präzision, dass ein traditionelles Muster sichtbar wird. Eine einwöchige Arbeit, die im Schnitt nach zwei Monaten wiederholt werden muss, weil der Faden gerissen hat.

    Mit Susanna und Hanspeter besichtigen wir einen Friedhof. Die Menschen leben immer auf Inseln, um nicht unter der Plage der Moskitos zu leiden und vor Tierangriffen aus dem Urwald geschützt zu sein. Der Friedhof hingegen liegt immer auf dem Festland. 
    Die Toten werden in eine Hängematte gelegt und mit Erde bedeckt, die genässt und nach dem Austrocknen sehr hart wird. Weiter erklärt uns der Führer, dass während der Begräbniszeremonie ein Schamane 24 Stunden lang in einer geheimen Sprache singt, die nur er und der Geist des Verstorbenen verstehen. So kann der Tote den Weg nach Hause finden und wird nicht von Teufelsgeistern gestört, die in den verschiedenen Schichten der Unterwelt der Kunas umher wandeln. 
    Die Familie besucht jeden Sonntag das verstorbene Familienmitglied auf dem Friedhof und isst auch da, damit der Geist des Toten nicht selber ins Dorf kommen muss, um bei seiner Familie zu sein. Auch auf dem Friedhof ist immer eine Hängematte für den Geist bereit, falls er sich mal ausruhen möchte.  

    Ein weiterer geführter Ausflug beginnt mit einer mystischen Fahrt flussaufwärts und endet nach einem fast zweistündigen Fussmarsch durch den Regenwald bei einem Wasserfall. Die Mutigen erfrischen sich im kühlen Nass. Doch als dann Michael ein Stück Schlangenhaut aus dem Wasser fischt, beendet Melanie ihr Bad innert Sekunden. Christian und Sandrina dagegen lassen sich nichts anmerken. Wie froh bin ich da, dass ich mich schon von Anfang an als Fotografin zur Verfügung gestellt habe. 
    Von Bredio, unserem Führer, erfahren wir mehr über den Bau eines Ulus. Wenn ein Kuna ein neues Schiff braucht, darf er sich dafür im Wald einen Baum reservieren, indem er ihn mit einem persönlichen Zeichen markiert, das er in die Rinde schnitzt. Nachdem der Baum gefällt ist, wird vor Ort die Grobarbeit gemacht. Ein grosser Teil des Baumes wird ausgehöhlt, damit er an Gewicht verliert. Dann wird das halbfertige Ulu von 10 bis 15 Männern aus dem Wald geschleppt und durchs Wasser ins Dorf zum Eigentümer gebracht, wo es dann durch die Feinarbeit seine endgültige Form bekommt. Vom Zeitaufwand her reden wir von etwa 4 Wochen.

    Das Ulu ist das Verkehrsmittel der Kuna. Der Mann rudert oder segelt jeden Morgen ans Festland und holt im Wald, der allen gehört, Brennholz, Mangos, Bananen, Zitronen oder Kokosnüsse für den Eigenbedarf. Früher dienten die Kokosnüsse übrigens als Zahlungs- oder Tauschmittel, bevor der Tourist den Dollar ins Land brachte. Am frühen Nachmittag kehrt der Mann zurück. Die restliche Zeit des Tages gehört seiner Familie. 

    Auf den San Blas Inseln erleben wir eine Vielfalt an Ankerplätzen. Das Wasser der östlicheren Inseln, die eher in Landesnähe liegen, scheint grün und trübe, weil oft eine Flussmündung in der Nähe liegt. Hanspeter hat stets den Drang, das Ufer zu Fuss oder mit dem Dinghi zu erkunden und erspäht wirklich zweimal ein Krokodil. Für uns Grund genug, in Küstennähe das obligate Morgenschwimmen zu streichen. 
    Vor anderen Inseln hingegen ankern wir im 2 Meter tiefen türkisfarbenen Wasser. Unter Samuri liegen Seesterne und wir entdecken Schildkröten oder kleine Haie vom Schiff aus. Es ist ein absolutes "Muss", mit all unseren Besuchern immer wieder in diesen sogenannten "Hot Tub" zurück zu kommen. 

    Kokosnüsse gehören auf unseren täglichen Speiseplan. Wir „bestellen“ beim Kuna gerade mal 10 Stück, die er dann wenig später oder anderntags zu Samuri bringt. Geschält werden sie vom Kuna selber im wackeligen Ulu. Er legt die Nuss auf seine Beine und haut die scharfe Machette mit einer unglaublichen Treffsicherheit in den Bast. Dann biegt er die Machette, der Bast reisst aus und mit drei weiteren Hieben ist die Nuss geschält. Das eigentliche Öffnen der Kokosnuss übernehmen Melanie und Michael gerne und erledigen das als eingeschliffenes Team. Das müssen die beiden auch sein, denn die Zeit für ihre gemeinsame, halbjährige Weltreise naht. 
    Ich reise Anfang Februar mit meinen Kindern nach Panama City, wo wir für lange Zeit unseren letzten gemeinsamen Tag verbringen. Dann trennen sich unsere Wege. Melanie und Michael‘s erstes Reiseziel ist Equador, ich fliege nach Tucson / Arizona, wo ich mit Sabrina, Sam und Davin für drei Tage die Mineralienmesse besuche, bestaune und unglaubliche geniesse. 
    Christian ist überglücklich, dass Sandrina mit ihm an Bord bleibt und die beiden verbringen  ruhige und erholsame Tage. 

    Die wunderschönen Palmeninseln der KunaYala hinterlassen bei uns unvergessliche Erinnerungen. Doch der einen grossen Frage können wir nicht ausweichen. Wir Touristen führen den Kunas so viel Luxus vor Augen. Wie lange will oder kann sich dieses Land noch von der westlichen Zivilisation fern halten? 
    Dazu sitzen paradoxe Bilder in unserem Kopf, wie zum Beispiel dieses: ein Kuna rudert gemächlich in seinem Ulu an uns vorbei. Plötzlich klingelt sein Handy. Er telefoniert. Dabei gibt es in seinem Haus doch keinen Strom. Also bringt er das Telefon abends zu uns aufs Schiff, damit wir es für ihn über Nacht aufladen. Und wenn dann sein Wecker nicht auf lautlos eingestellt ist, werden wir um 4 Uhr in der Früh geweckt :-).

    So sind wir glücklich, Kuna Yala, für uns ein kleines Paradies auf Erden, noch ursprünglich und teilweise unberührt erlebt zu haben.

    Mittlerweile sind wir im Pazifik in Panama City und segeln weiter Richtung Galapagos-Inseln. 
    Im nächsten Blog beschreiben wir dir unsere spannende Schleusung durch den Panamakanal.

    Bis dann, herzliche Grüsse

    Evelyne & Christian

     

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      Guatemala-Providencia

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      Am Mittwochmorgen, den 2. November, sitzen wir im Flugzeug nach
      Guatemala. Unser in allen Beziehungen intensiver Heimaturlaub ist zu
      ende. Die Zeit ist gekommen, unsere Reise fortzusetzen und zu unserem
      Zuhause zurückzukehren.

      Wir kommen gut in Guatemala City an. Hier gönnen wir uns einen Tag Ruhe,
      um die Zeitverschiebung zu integrieren und uns an das heisse Klima zu
      gewöhnen. In der Stadt laufen die Weihnachtsvorbereitungen schon auf
      Hochtouren. Bei den Präsidentschaftswahlen braucht es anscheinend einen
      zweiten Wahlgang, denn immer noch flankieren tausende von Plakaten der
      verschiedenen Kandidaten die Strassen.
      Am Tag darauf holt uns der Chauffeur Enrique aus Rio Dulce mit seinem
      Van im Hotel ab. Er führt uns in Guatemala zu zwei grossen Einkaufsläden
      und wir posten was das Zeug hält. Samuri muss bis nächsten März
      aufgebunkert werden, denn vor Colòn / Panama wird es keine grossen
      Supermärkte mehr geben. Ich geniesse das üppige Einkaufen, Christian
      dagegen schickt sich tapfer in seine Pflicht, denn schliesslich will er
      ja überleben. Und ich kann dir zu hundert Prozent versichern, er wird es!

      Es ist schon dunkel, als wir nach der 6-stündigen, holprigen Autofahrt
      in Rio Dulce ankommen. Unsere ganze Ladung Gepäck und die gesamten
      Einkäufe laden wir am Hafen auf die Lancha der Marina um. Dann rattern
      wir über den See und hieven unser Hab und Gut nochmals um, diesmal von
      der Lancha auf Samuri. Wir platzen fast vor Neugierde auf unser Zuhause,
      lassen Unordnung mal Durcheinander sein, schliessen die Türe auf und
      sind sehr glücklich. Samuri glänzt buchstäblich.
      Das Ehepaar Franz und Gisela von der Marina Tortugal und ihre ganze Crew
      haben ausserordentlich gut zu unserem Schiff geschaut. Es ist eine
      riesige Freude, Samuri wieder so anzutreffen, wie wir sie verlassen
      haben. Ganz herzlichen Dank!

      Wie meine folgenden Tage aussehen, kannst du dir bestimmt vorstellen,
      ohne dass ich dir viel dazu schreiben muss. Die gut 300 Kilogramm Gepäck
      müssen ja schliesslich irgendwo verstaut werden. Bei unserem obligaten
      Morgenschwimmen stellen wir fest, dass der Wasserpass von Samuri
      offensichtlich ein "kleines Bisschen" gesunken ist...

      Auch Christian ist von morgens bis abends beschäftigt. Er lötet und
      schraubt, feilt und montiert, bis jedes mitgebrachte Ausrüstungs- oder
      Ersatzteil genau an seinem Platz ist und macht somit aus unserem Samuri
      Ferrari einen Samuri Rolls Royce.

      Heute heisst es Adieu sagen. Herzlich drücken wir all die lieb
      gewonnenen Freunde der Marina und lösen die Leinen. Auf der Fahrt den
      Rio Dulce hinunter bewundern wir nochmals die üppig grün bewachsenen
      Steilhänge und verabschieden uns gedanklich von Guatemala. Das Land hat
      in uns beeindruckende Bilder hinterlassen und unsere Herzen
      landschaftlich wie menschlich sehr bereichert.

      Eine erste Nachtfahrt bringt uns sicher nach Roatan / Honduras, wo wir
      zwei Tage später den glücklich angereisten Vater von Christian, Sören,
      in die Arme schliessen. Er will in seinen zweiten Ferien auf Samuri
      wirklich erfahren, was es heisst, eine Überfahrt zu machen. Deshalb hat
      er Roatan als Ausgangspunkt gewählt , um mit uns die ungefähr 800 Meilen
      bis zu den San Blas Inseln / Panama mitsegeln zu können. Ein mutiges
      Unternehmen für den doch schon 76-jährigen, doch absolut rüstigen Mann.
      Schnell findet sich Sören auf dem Schiff wieder zurecht. Er schläft gut,
      liebt das Schwimmen im warmen Meer und geniesst das herrliche Wetter. So
      gerne setzt er sich in den Bugkorb, um seine geliebten Pelikane zu
      beobachten und lässt sich während des Segelns von Delfinen überraschen,
      die ab und zu in der Nähe auftauchen oder spielend und springend vor
      Samuri her sausen. Dann macht er sich äusserst nützlich beim Abtrocknen
      und entwickelt sich zum professionellen "Coffeemaker".

      In Roatan ankern wir in ein paar Buchten, in welchen wir Sören auf
      Schnorcheltour mitnehmen. Das erste Mal zum Beispiel hat es leichte
      Wellen und wir müssen vom Ankerplatz her zuerst zu einer Boje schwimmen,
      bevor wir zum Riff kommen, was recht anstrengend ist. Sörens
      Taucherbrille scheint nicht richtig zu sitzen. Und weil Sören so
      fasziniert ist von den verschiedenen Korallen und seinen Kopf zu stark
      nach vorne neigt, kommt durch den zu kurzen Schnorchel immer wieder
      Wasser rein. So ist es für Sören kraftraubend, immer wieder das Wasser
      aus Mund und Nase zu spucken.
      Wie gut erinnere ich mich an meine Anfangszeit beim Tauchen. Ich war so
      froh um jede Hilfe, die mir ein sicheres Gefühl vermittelte. So versuche
      ich Sören Sicherheit zu geben, indem ich ihn am Arm leicht führe.
      Erst als wir müde zurück auf Samuri sind, gesteht uns Sören, dass dies
      erst der zweite Schnochelgang in seinem Leben war. Hut ab, wie gut er
      alles gemeistert hat!

      Gelernt ist gelernt! Beim zweiten mal Schnorcheln bekommt Sören eine
      bessere Ausrüstung und dann geht‘s nur so ab mit ihm. Er paddelt frisch
      und munter den Fischen nach, schaut weder nach vorn noch nach uns. Und
      weil er die Ohren im Wasser hat, hört er auch unsere Rufe nicht. So
      schwimme ich ihm nach und hole ich ihn wieder in unsere Nähe. Für kurze
      Zeit halte ich mich bei einem Korallenstock auf, um Fische zu entdecken.
      Ich will sie Sören zeigen, doch er ist schon wieder ab! Ich strample ihm
      erneut hinterher und führe ihn wieder auf den richtigen Weg. Wie
      faszinierend ist doch die Unterwasserwelt!

      Eine kurze Überfahrt führt uns zur nächsten honduranischen Insel namens
      Guanaja. Die Insel ist grün bewachsen und bietet ebenfalls schöne
      Schnorchelplätze. Bei einem Strandspaziergang auf der Nordweite finden
      wir sehr viel unverrottbaren Abfall, der vom Meer her angeschwemmt kommt
      - ein entsetzlicher Anblick.
      Die Insel Guanaja ist nicht stark bewohnt. Das Leben der Einheimischen
      spielt sich auf einer vorgelagerten Insel ab, kaum 100 Meter vom
      Festland entfernt. Darauf liegt die Stadt Bonacca und platzt aus allen
      Nähten. Die Fusswege und Wasserkanäle erinnern an Venedig und die 4000
      Einwohner leben hautnah in ihren Häuschen. Am Inselrand stehen die
      Hütten bereits auf Stelzen oder Säulen über dem Wasser, weil der
      Wohnraum so knapp ist. Um aufs Festland zu kommen, benutzen die
      Einheimischen ihre Wassertaxis. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten, eine
      Schule mit Turnhalle und auch das Einklarierungsbüro von Guanaja liegt
      auf Bonacca, in welchem Skipper Christian uns aus Honduras noch abmelden
      muss. Die meisten Männer arbeiten als Fischer. Drei kleine Jungs geben
      uns eine spezielle Inseltour, zeigen uns Läden und
      Übernachtungsmöglichkeiten und tauschen das damit verdiente Kleingeld
      flugs in Süssigkeiten ein.
      "Jemand" liebt es anscheinend weniger eng und nimmt sich für den Bau
      seines Eigenheims eine Insel für sich alleine (siehe Fotogalerie). Nicht
      schlecht! Spannend scheint mir, dass diese zwei Extreme gerade etwa 500
      Meter voneinander entfernt liegen.

      Über Guanaja ist ein Sturmtief angesagt und zwingt uns, vorerst hier zu
      bleiben. Es trifft sich gut, denn somit packt Ueli, der Ex-Schwager von
      Christian, die Gelegenheit und fliegt zu uns nach Guanaja. Unser
      Treffpunkt ist in der Bucht El Bight im Restaurant Manatee bei den
      sympathischen Deutschen Anette und Klaus. Zufällig sind auch sie
      langjährige Bekannte von Ueli und somit ist das Wiedersehen doppelt
      rührend.
      Seit über 30 Jahren lebt Ueli in La Ceiba auf dem Festland von Honduras.
      Er importiert und verkauft hier diverse deutsche Lebensmittel. So haben
      wir wider Erwarten verfrühte Weihnachten. Wir werden reich beschenkt mit
      echten Christstollen, Pasteten, Sauerkraut, Essiggurken, Senf und viel
      feinster Schokolade. Ueli sei Dank!

      Der Himmel klärt sich und es öffnet sich ein Wetterfenster für unsere
      erste Dreitages- und Nachtfahrt nach Providencia. Gut, dass ich mit dem
      Nähen der Columbia Flagge fertig geworden bin. Obwohl das kolumbianische
      Festland über 500 Seemeilen entfernt ist, gehört die Insel Providencia
      zu Kolumbien.
      Christian plant die Route und erstellt einen Wachplan. Damit die Crew
      fit bleibt, kleben Sören und ich ein Pflaster hinter das Ohr, das uns
      vor der Seekrankheit schützen soll. Wind und Wellen setzen mir wieder
      einmal arg zu, die beiden Männer sind und bleiben stark. Sören kann für
      mich sogar seine erste Nachtwache übernehmen und darauf wirklich stolz sein!
      Unsere Freunde Franz, Svetlana und Tochter Katerina auf dem Katamaran
      Miss Good Night kommen auch recht müde an. Wir sind zum ersten Mal,
      zumindest anfangs, im Convoy gefahren.

      Auf dem Inselspaziergang zum Morgan's Head sind wir auf den Spuren des
      von der britischen Krone zur brutalsten Seeräuberei ermächtigten Piraten
      Captain Morgan. Die Legende vom 17. Jahrhundert erzählt, dass
      Providencia der Rückzugsort Morgans gewesen sei. Er liess das Fort
      Warwick bauen, um seine gestohlenen Schätze gegen die Spanier zu
      verteidigen.
      Ein riesiger Fels, Morgan‘s Kopf genannt, wurde durch Wind und Wellen
      über die Jahrhunderte als natürliche Skulptur geformt.

      Natürlich wollen wir die ganze Insel auskundschaften. Wir mieten ein
      offenes Auto und los geht's. Ein riesiger modellierter Tintenfisch am
      Strassenrand, dekoriert mit tausenden von kleinen Keramikplättchen,
      zwingt uns zum ersten Stopp. Von ihm aus führt ein einladender Weg zum
      Strand, immer wieder gesäumt von Sitzbänken zum Erholen. Ein Rascheln im
      Gebüsch lässt uns so manche wunderschön farbig schimmernde Eidechse
      entdecken. Leider zeigte sich uns bis anhin noch kein Tukan. Was uns
      sehr erfreut sind die Aufforderungen am Wegesrand, diesen sauber zu
      halten und den Abfall nicht einfach wegzuwerfen. Dementsprechend sieht
      die Landschaft auf der ganzen Insel gepflegt und sauber aus.
      Im Café Roland an der Inselsüdspitze kommt bei rhythmischer Musik so
      richtig karibisches Strandfeeling auf. Hier rasen uns die halb
      fliegenden Leguane um die Beine. Ob wohl deshalb die Stühle so hoch
      gebaut sind?

      Es scheint uns, dass Providencia in Sachen Umweltschutz gut organisiert
      ist. Es muss eine Informationskampagne geben, die die Bewohner mit
      Plakaten auf das Abfallproblem hinweist. Die Insel ist wirklich sauber.
      Irgendwie scheint hier die Welt noch in Ordnung zu sein. Schade, dass
      wir auf dieser kleinen und abgelegenen karibischen Perle im
      Südwestatlantik nicht länger bleiben können.

      Providencia befindet sich auf dem 13. nördlichen Breitengrad. Je mehr
      wir gegen Süden reisen, umso mehr trennt sich Spreu vom Weizen unter den
      Seglern. Wenn wir in nördlicheren Gegenden noch viele Charteryachten
      angetroffen haben, begegnen wir jetzt nur noch Fahrtenseglern, die wie
      wir auf Langfahrt sind. Und es wird internationaler. Die bisherige
      Überzahl der Amerikaner durchmischt sich jetzt ausgewogen mit Europäern.
      Erstaunlich ist, wie viele Schweizer im Verhältnis zu unserer kleinen
      Landesgrösse unterwegs sind. Sind wir denn immer noch eine Seglernation?

      Mittlerweile befinden wir uns in den San Blas Inseln in Panama bei den
      Kuna-Indianern. Faszinierend, paradiesisch, einzigartig. Doch darüber
      mehr in unserem nächsten Blog.

      Ein neues Jahr steht vor der Türe. Und erst noch ein Besonderes, das
      viele Veränderungen einläuten soll.
      Wir wünschen euch allen, dass ihr dem Jahre 2012 viel Positives
      abgewinnen könnt. Glück und Freude sollen euch allzeit begleiten und
      bleibt alle gesund!

      Herzliche Neujahrsgrüsse aus Kuna Yala

      Evelyne & Christian

        Belize & Rio Dulce

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        Samuri liegt in der Tortugal Marina im Rio Dulce in Guatemala.
        Ich sitze im Cockpit und schreibe an diesem Blog, der frisch vor dir liegt, über Belize und die Segeletappe in Guatemala. Die Sonne glüht vom Himmel, das Thermometer zeigt im Schatten 35 Grad. Kein Lüftchen weht. Obwohl ich beim Schreiben nur meine Finger bewege, schwitze ich wie sonst nur in der Sauna.

        Bevor wir hierher gekommen sind, segelten wir für knappe fünf Wochen in Belize an der Küste und durch das davor liegende Barrier Reef. Wir haben uns entschieden, hier keine Landreise zu machen, sondern einen kleinen Teil dieser langen Kette hunderter winziger Inseln und mehrerer Atolle durch Segeln und Schnorcheln zu erkunden.

        Gerne stelle ich dir Belize, das zwischen Mexiko und Guatemala liegt, mit ein paar Informationen etwas näher vor.

        Belize ist ein Land mit einer grossen Fläche weitgehend unberührter Landschaften und mit einer geringen Bevölkerungszahl. Die schwülen, nahezu undurchdringlichen tropischen Regenwälder beherbergen eine unglaubliche Tiervielfalt, zum Beispiel hunderte verschiedener Vogelarten, selten gewordene Klein-und Grosskatzen wie Ozelot und Jaguar, urtümliche Reptilien und faszinierende Insekten.
        Die Wälder sind auch der Lebensraum tausender während oder nach der Regenzeit blühender Pflanzen, einschliesslich mehr als 70 verschiedener Orchideenarten und annähernd 700 einheimischer Baumarten, beispielsweise Mahagoni und Zapote.
        Belize weist eine bis heute weitgehend intakte Umwelt aus, was der geringen Bevölkerungszahl zuzuschreiben ist. Auf 22‘965 km/2 leben ungefähr 280‘000 Menschen. So konzentriert sich die kulturelle und sprachliche Vielfalt auf engsten Raum. Die Hauptgruppen sind 44% Ladinos und 30% Kreolen, daneben bilden Maya, Garifuna, Ostasiaten und Weisse bedeutende Minderheiten. Viele tausend Flüchtlinge der Bürgerkriege, überwiegend aus El Salvador und Guatemala, siedelten sich seit den frühen 1980er Jahren an. Sie veränderten die sprachliche Situation des Landes dahingehend, dass nun die Mehrheit der Bevölkerung eher Spanisch statt Englisch spricht. Das Auskommen finden sie als Bauern und vor allem als Saisonarbeiter auf den Zitrus- und Bananenplantagen.
        Die etwa 22‘000 Maya sind in kleinen isolierten Gemeinden über ganz Belize verstreut. Im Norden siedeln die indianisch-weissen Mischlinge, die Mopan bewohnen die zentralen Landesteile, während die Kekchi vornehmlich im gebirgigen Süden ansässig sind. Alle drei Gruppen leben überwiegend von der Landwirtschaft.
        So basiert die Wirtschaft von Belize neben dem Tourismus hauptsächlich auf dem Export von landwirtschaftlichen Produkten, wie Zucker, Bananen und Zitrusfrüchte.

        So wie es bei Fahrtenseglern üblich ist, wird im Hafen beim Apéro immer rege ausgetauscht. Jeder erzählt seine positiven und negativen Erlebnisse eines Segeltripps, berichtet über seine Eindrücke über ein Land, dessen Bewohner, über die Routen, Ankerplätze, Sehenswürdigkeiten in Dörfchen usw. Einige Amerikaner vermitteln uns klar, dass sie Belize gar nicht anlaufen werden. Sie haben so viel Schlechtes gehört. Das zieht sich über die Unfreundlichkeit der Belizianer hin bis zu den enorm hohen Gebühren, die sie beim Einklarieren und auch an den Ankerplätzen der Naturreservate bezahlen müssen.

        Nichts desto trotz bleiben wir unserem Plan treu und laufen am 28. Mai in San Pedro, Belize ein. Und schon werden wir gerade mal positiv überrascht. Obwohl es Samstag ist, fliegt der Officer der Einklarierungsstelle extra für uns innerhalb einer Stunde von Belize City mit dem Flugzeug ein, um uns in seinem Land willkommen zu heissen. Ja, wenn das kein guter Start ist!
        Das Dörfchen San Pedro hat grundsätzlich wenig zu bieten. Nach einem kurzen Spaziergang durch die beiden Hauptgassen setzen wir mit dem Dinghi wieder zurück zu Samuri.

        Das nächste Dörfchen und Insel Cay Caulker, wegen seinen vielen, relativ günstigen Unterkünften als Backpacker-Insel bekannt, zeigt dann doch ein bisschen mehr karibischen Charme. Die Holzhäuschen sind mit den verschiedensten Pastelltönen bemalt. Die kleinen Cafés oder Restaurant laden an bunten Tischen zum Verweilen ein. In der Hochsaison sind die Gassen bestimmt überfüllt von Touristen. Heute zählen wir fast zu den einzigen. Die Hurrikanzeit ist angebrochen, die Regenzeit wird bald beginnen und die meisten Segler haben ihr Schiff wahrscheinlich schon in einen sicheren Hafen gebracht.

        Belize City, Cucumber Marina. Auch hier werden wir freundlich empfangen. Und es läuft ab wie immer: Samuri entsalzen, waschen, putzen - das kennst du ja inzwischen.
        Wir lernen Andrea und Tom kennen. Es ist ein junges Pärchen aus der Schweiz, das mit seinem Camper seit 2 Monaten unterwegs ist und vor hat, Südamerika zu bereisen.
        Eine andere Bekanntschaft machen wir mit einem Mitarbeiter der Werft, auch ein Schweizer. Beat wohnt schon seit 6 Jahren in Belize City. Eigentlich ungewollt, denn er war ursprünglich mit seiner Frau mit dem eigenen Segelschiff auf grosser Fahrt. Leider hatten die beiden Pech, denn sie liefen vor San Pedro auf ein Riff auf und die Yacht erlitt Totalschaden. So hielt sich das Ehepaar ans gegenseitige Versprechen und versucht seit dieser Zeit, am Ort des Geschehens Fuss zu fassen und seine Yacht von Grund auf wieder instant zu stellen. Beat erzählt uns bei einem Besuch in seinem einfachen Zuhause diese ganze Geschichte im Detail, die uns sehr berührt. Traurig berichtet er auch über den erst kürzlich ereigneten Tod seiner Frau.
        Sehr interessant hingegen sind die vielen Hintergrundinformationen, die uns Beat über Belize erzählt. Das Land scheint ja wirklich äusserst korrupt zu sein. Das Wichtigste für einen neuen Staatschef sei, in möglichst kurzer Zeit zu möglichst viel Geld zu kommen. Ob das auf Kosten der Bewohner geht oder mit überwachtem Handel mit Rauschgift scheint an zweiter Stelle zu stehen.
        Beat warnt uns auch vor der Stadt. Im Moment sollen die Halbwüchsigen ihren Spass daran haben, sich gegenseitig umzubringen. So empfiehlt er uns seinen Freund Baptist als Chauffeur, um uns zum Markt und zum Einkaufsladen für die Lebensmittel zu bringen.
        Gerne gehen wir auf dieses Angebot ein und engagieren Baptist, denn unsere Vorratskammer braucht dringend Nachschub.

        Belize ist eine absolut schmutzige, wirre Stadt mit baufälligen Häusern und kahlen Strassen. Wir sehen auf dem Weg zum Markt kein einziges Gebäude, das uns sehenswert erscheint. Gerade macht uns Baptist auf einen Jungen aufmerksam, der aus einem Camion mit offener Hecktüre eine Kiste Cola klaut...

        Samuri ist bereit für unsere neuen Mitsegler Sabrina und Sam aus North Carolina. Bei ihrer Ankunft hat Christian fast ein bisschen Weihnachten. Unsere Freunde waren nämlich so lieb und schleppten einige Taschen an, vollbepackt mit vielen Ersatzteilen, Zusatzausrüstung, Fahrtenbüchern und und und. Christian wusste gar nicht mehr, was er die letzten Monate hindurch so alles bestellt hat und so öffnet er jedes Paket mit grösster Spannung.
        Die erste Schiffs-Angewöhnungsnacht der neuen Gäste verbringen wir im Hafen. Am Morgen findet die obligate Sicherheitseinführung mit dem Kapitän statt. Danach laufen wir zum ersten kurzen Schlag aus. Das Wetter ist strahlend schön und Wind und Wellen zeigen sich von der angenehmen Seite. Sabrina und Sam geniessen die Fahrt und scheinen absolut seetauglich zu sein. Wir besiegeln unseren ersten gemeinsamen Tag auf See mit einem Sundowner und verwöhnen uns mit Lobster vom Grill.

        In Tabacco Cay erleben wir unser absolutes Schnorchel-Highlight. Da es windstill ist, wagen wir es, mit dem Dinghi ans Aussenriff zu fahren. Das Wasser ist türkisfarben und hat eine Temperatur von 30 Grad. Die Sicht ist sensationell und die Unterwasserwelt überrascht uns mit felsigen Canyons. Wir schwimmen über sehr viele, riesige Gehirnkorallen, hoch und breit gewachsene Geweihkorallen und die farbigsten Weichkorallen. Die Fischvielfalt ist überwältigend und ab und zu interessiert sich ein Barracuda von mindestens einem Meter Länge für uns. Wer hat wohl mehr Respekt vor dem anderen?
        Fürs Abendessen auf der Insel dürfen wir uns an den grossen Tisch setzen, an welchem auch die Gäste des einfachen Ressorts bedient werden. Die Welt ist klein. Diesmal treffen wir auf Cindy aus Adligenswil. Sie ist mit ihrem englisch sprechenden Mann auf Hochzeitsreise.

        Die Wetterlage beginnt, sich ein wenig zu ändern. Ab und zu sehen wir in der Ferne grelles Wetterleuchten oder der Himmel ergiesst sich mit einem Regenspritzer. Für uns ist dies die beste Gelegenheit, Wasser zu sammeln, um damit unseren ständigen Durst zu löschen. Auch wenn der Himmel bewölkt ist, sind die Temperaturen hoch und halten unser Ausdünstungssystem auf Trab.

        Mit Sabrina und Sam erleben wir eine erholsame, lustige und bereichernde Zeit, die nach 9 Tagen leider schon wieder zu Ende geht. Die beiden fliegen von Belize City wieder zurück in die Staaten.

        Christian und ich entdecken in den kommenden zwei Wochen noch einige andere Gebiete des Barrier Reef. Inseln, die im Führer als absolutes „Must“ beschrieben sind, entpuppen sich in Wirklichkeit für uns als nicht unbedingt lohnenswert. Die Rendez-vous Cay zum Beispiel wird komplett mit einem luxeriösen Ferienressort überbaut. Wir bekommen von einem Arbeiter eine Führung und dürfen ein fast fertiges Haus anschauen.

        Was überall sichtbar ist, sind die Spuren, die der letzte grosse Hurrikan hinterlassen hat. So viele der riesigen Palmen sind geköpft und stimmen einen beim Anblick wehmütig. Dieser Sturm muss hier mit einer unglaublichen Kraft getobt haben.
        Der Squall, den wir an einem der folgenden Tage erleben, bringt uns nur 42 Knoten Wind. Doch es reicht, um unseren Anker in dem schlechten Grund ins Rutschen zu bringen. Gerade als das Nachtessen bereit ist, geht es los. Christian startet die Motoren, gibt dem Anker mit Schub etwas Entlastung und hält Samuri im Wind. Wegen Regen und Wind ist die Sicht ganz schlecht. So sind wir froh, dass wir durch das Licht auf der kleinen Insel eine Referenz haben und uns orientieren können. Nach einer Stunde ist alles vorbei und wir setzen uns gemütlich an den Abendtisch.

        Für den angekündigten kleinen Sturm, der 50 Knoten bringen soll, entscheiden wir uns, in die gut geschützte Ankerbucht von Placencia zu fahren. So wie wir hier den Anker einfahren, kann uns nichts mehr geschehen. Und es geschah auch nicht viel, denn von der vermeintlichen Wetterfront spüren wir kaum etwas.
        Placencia ist ein herrlicher Ort zum Wohlfühlen. Die Leute sind vertrauenswürdig und freundlich, das Dorf ist sauber und die Häuser und Gärten scheinen gepflegter als in anderen Dörfern. Wer je hier vorbeigekommen ist, kennt sie. Ich spreche von Tutti Frutti, der Eisdiele mit dem besten Eis des Golf von Mexiko, die von einem Ehepaar aus Venedig geführt wird. So „müssen“ wir in Placencia fast täglich an Land, nicht nur, um die Internetverbindung zum Skypen und Surfen zu benutzen oder Lebensmittel einzukaufen.....

        Ausklarieren in Punta Gorda: So gut wie alles begonnen hat, so teuer endet es zu guter Letzt. Nicht nur Personen, sondern auch Schiffe müssen in einem Land speziell angemeldet, sprich mit einem bestimmten Betrag, einklariert werden. Da dies der Zollbeamte in San Pedro vergessen hat, müssen wir dies natürlich nachholen. Wir können von Glück reden, meint der Officer hier, dass wir an ihn gelangten. Wären wir an einen Zollbeamten gestossen, hätte es sein können, dass Belize Samuri beschlagnahmt hätte und wir eine saftige Busse eingefangen hätten. Natürlich haben wir ihm unsere Unschuld klar gelegt, doch das kümmerte ihn nur beschränkt. Ganz klar ist er sich aber der schlechten Kommunikation der Zollbehörden untereinander bewusst. Ende gut - alles gut.

        Von Belize bis Guatemala segeln wir gerade mal 12 Seemeilen. Doch die Welt scheint hier wie verändert. Es bietet sich uns eine ganz neue Kulisse. Am Horizont erheben sich hohe Berge, die Ufer sind gesäumt von sattgrünen Bäumen.
        Wir laufen in Livingston ein. Für all den administrativen Aufwand zum Einklarieren konnten wir schon im Voraus per Mail alle Unterlagen schicken, die von einem Agenten vorbereitet wurden. Nach zwei Stunden holen wir die gelbe Flagge herunter. Auf die kommende Flussfahrt freuen wir uns sehr, denn von allen Seiten hörten wir darüber nur in Superlativen sprechen. So tauchen wir voller Spannung in den Rio Dulce ein.
        Die weite Einfahrt verengt sich mehr und mehr. Der Taleinschnitt auf beiden Seiten scheint immer höher zu werden. Die riesigen Bäume und Urwaldpflanzen bewachsen diese Steilwände bis zur Wasseroberfläche. Wo wir hinschauen sehen wir nur Urwald.
        Ab und zu kreuzen wir auf dem Fluss Touristen in einer Launcha, einem hölzernen Ausflugsboot. Zum ersten Mal begegnen wir einheimischen Maya in ihren selbst gebauten Einbäumen, die sie zum Fischen und als Fortbewegungsmittel gebrauchen. Das Dorf Livingston ist nämlich nur durch den Seeweg erschlossen. Es gibt keine Strasse, die dahin führt.

        In einer Bucht des Lake Izabal geniessen wir für zwei Tage die absolute Ruhe, entdecken mit dem Dinghi kleine Flüsschen und hören den für uns neuen Geräuschen des Waldes zu. Die Natur riecht hier nach Fülle und Sattheit und die Vögel singen andere Lieder.

        Am dritten Morgen holen wir für lange Zeit zum letzten Mal den Anker auf und fahren das letzte Stück bis zur Marina Tortugal. Wir sind das zweitletzte Boot, das seine Leinen festmacht. Frank und Gisela führen uns durch die ganze Hafenanlage und laden uns am Abend ganz spontan zum Nudelauflauf ein. Wir lernen die drei Männer kennen, die als letzte noch auf ihrem Schiff wohnen. All die anderen Segler sind schon in den Heimaturlaub oder in andere Destinationen geflogen.

        Im Dörfchen Rio Dulce herrscht ein wahres Durcheinander und Hektik pur. Alles spielt sich auf der einen Durchfahrtsstrasse ab. Hier reihen sich Allerweltsläden an Früchte- und Gemüsehändler, dazwischen duftet es herrlich von gebratenen Hühnerstücken, etwas versteckt schneidet der Metzger mit der Kreissäge Fleischstücke zu, das Angebot des nächsten Standes reicht von Eiern über Plastiktöpfe, über BH‘s bis zum Motorenöl, eine alte Frau hält unter dem schattenspendenden Regenschirm ein paar welke Kräuter feil, ein Junge putzt die Cowbowstiefel des Geschäftsmannes, eine Maya bietet die selbstgefertigten Handarbeiten an, eine spindeldürre Katze sucht im Abfalleimer nach etwas Essbarem, vor der Bank steht Polizeischutz und der Lastwagen, der den Supermercado beliefert, wird von einem Mann überwacht, bewaffnet mit dem Maschinengewehr. Als Fussgänger ist höchste Aufmerksamkeit geboten, denn auch der ganze Verkehr vom Töffli über den Tiertransport bis hin zum riesigen Sattelschlepper rollt durch diese enge und zeitweise komplett verstopfte Strasse.
        Nach einer einstündigen Einkaufstour bei brütender Hitze ist es eine Wohltat, in die Marina zurückzukehren und sich bei einem erfrischenden Bade zu erholen.
        Unsere Tage sind von morgens bis abends ausgefüllt. Wir erledigen eines nach dem anderen, um Samuri auf die Auszeit hier in der Marina vorzubereiten. Das Tempo ist der Hitze und der fast 100%-igen Luftfeuchtigkeit angepasst. Schneller geht es einfach nicht.

        Ob die Hitze etwas erträglicher wird in den Bergen? Das testen wir auf unserer kommenden zehntägigen Landreise durch Guatemala aus. Davon werden wir dir im nächsten Blog berichten.

        Wir wünschen dir einen prächtigen Sommer, freuen uns wie immer auf Reaktionen und grüssen dich herzlich

        Evelyne & Christian

          Kuba erster Teil

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          In diesem Blog berichten wir dir von der lebhaften Zeit in Kuba vom 1. bis 29. März.

          Da hier die Internetmöglichkeiten erstens rar und zweitens sehr schwach sind, hatten wir keine Chance, früher einen Blog zu versenden.

          Am 1. März abends um 19 Uhr verlassen wir Great Inagua, die südlichste Insel der Bahamas und nehmen Kurs auf Richtung Kuba. Vor uns liegen 177 Seemeilen. Die Sonne schlüpft als dunkelroter Feuerball ins Meer, mitten in der Nacht begrüsst uns der abnehmende Mond als orange Sichel. Wir segeln mit angenehmen 7 Knoten durch die Nacht. In der Heckwelle liefern tausende von fluoreszierenden Algen ein faszinierendes und glitzerndes Lichtspiel. Gegen den Morgen nimmt der Wind allmählich ab und am späteren Nachmittag kämen wir ohne Motor überhaupt nicht mehr vorwärts. Es herrscht absolute Flaute. Doch es stört uns nicht, da wir nach Plan erst am anderen Morgen in Santiago de Cuba ankommen wollen. So tuckern wir gemütlich dahin.

          Bei uns herrscht eine gewisse Spannung. Christian hat so viel Verschiedenes in Büchern und Reiseberichten gelesen und weiss dadurch, dass das bevorstehende Einklarieren mit einigen Strapazen verbunden sein kann. Und Kuba wird diesbezüglich unser Starterlebnis sein. Die Behörde kommt an Bord, das Schiff wird angeschaut, die Vorräte durchstöbert, einiges eventuell beschlagnahmt, alle Papiere werden kontrolliert - und das ganze auf Spanisch! Und wir haben uns doch schon vor einem halben Jahr vorgenommen, uns fleissig einen Wortschatz anzulegen...
          Wie immer ist Christian im Detail vorbereitet. Die Kubaflagge, die ich in unzähligen Stunden aus Stoff von anderen Flaggen von Hand genäht habe und die gelbe Flagge sind gehisst. Gelb bedeutet, dass wir neu in ein Land kommen und noch nicht einklariert haben.
          Ich werde schon morgens um 5 Uhr aufgefordert, den Funkspruch zu üben, damit die Behörde weiss, dass sich ein Segelschiff den kubanischen Hoheitsgewässern nähert.
          In der Entfernung von 15 Seemeilen stottere ich dann zum ersten Mal über Funk: „Nautica y Marina Santiago de Cuba, somos la barca de vela Samuri, venimos de Bahamas“.
          Keine Antwort, ich wiederhole. Immer noch keine Antwort. Wir bleiben auf Kurs. In der Entfernung von 10 Seemeilen wiederhole ich: „Nautica y Ma......
          Keine Antwort, ich wiederhole. Wieder keine Antwort.
          Bei 5 Meilen Entfernung vom Hafen antwortet mir eine sehr freundliche Stimme: „Good morning, my Lady, welcome in Cuba! Don‘t worry, my Lady, don‘t worry!“ Und der Hafenmeister lädt uns ein, in den Hafen einzufahren, er werde uns dann beim Anbinden behilflich sein. Don‘t worry, my Lady!
          Das ist doch schon einmal ein erfrischendes Welcome und gibt uns ein beruhigendes Gefühl. Zudem spricht der Hafenmeister englisch.

          Samuri ist festgebunden. Wir stellen uns auf langes Warten ein. Ich beginne, Guetzli zu backen. Ich komme nicht weit. Es geht Schlag auf Schlag. Der Arzt mit Gefolge ist schon da. Er lässt sich zuerst mal, und das morgens um 9 Uhr, ein Bier servieren, schaut uns in die Augen und fragt uns, ob wir uns gut fühlen. Nach unserem kräftigen und lachenden „Ja, natürlich“ sitzt der Stempel auf dem Papier.
          Der nächste Besuch sind eine Frau und ein Mann von der Gesundheitsbehörde. Sie stellen uns diverse Fragen über mitgebrachte Lebensmittel und werfen einen Blick in die Tiefkühltruhe. Der Mann überprüft darauf meine Dosen, die mit Reis, Mais, Linsen, Sesam, Getreidekörnern und vielem anderen gefüllt sind, auf Würmer. Der nächste Check gilt meinen durchorganisierten Vorratskisten mit all den vakuumierten Produkten. Anscheinend zufrieden und sich freundlich bedankend verlassen die beiden das Schiff. Die dritte Runde gehört den drei Zollbeamten. Sie füllen unglaublich viele Papiere aus, wollen jegliche Details über das Schiff wissen und versiegeln unsere Leuchtraketen, das Hand-GPS und das Funkgerät in einem Plastiksack. Sie durchsuchen unsere Koje bis in jede Ecke, dann sind sie zufrieden. Wir dürfen die gelbe Flagge herunternehmen. Das ganze Prozedere ist innerhalb von eineinhalb Stunden vollzogen und wir sind immer noch im Besitz all unserer wunderbaren Vorräte. Wir sind mehr als happy!
          Jetzt haben wir das Bedürfnis, Samuri gut zu lüften und unmittelbar die Böden aufzunehmen. Wir fragen uns, was wohl vorteilhafter gewesen wäre: die Beamten mit oder ohne Schuhe an Bord kommen zu lassen.
          Glücklich mache ich mich weiter ans Backen, während Christian unser Schiff mit Frischwasser aus dem Schlauch vom Salzwasser befreit. Lange hat Samuri auf so eine erfrischende Dusche warten müssen.

          Von anderen Seglern im Hafen bekommen wir wertvolle Tipps in Sachen Einkauf oder Wäsche waschen. So suchen wir gleich die Familie von Rosa und Pedro auf und werden in ihrem kleinen und sehr einfachen Zuhause mit einem erfrischenden Aguavensaft begrüsst. Rosa ist die Wäscherin, Pedro geht mit seinem Töff auf dem einheimischen Markt Früchte und Gemüse einkaufen.
          Das Haus ist alt und klein. Die Mauern sind brüchig, die Holztüre schliesst kaum. Wir fragen uns, ob das Haus einem kleinsten Sturm überhaupt standhalten würde. Stube und Küche sind im gleichen Raum, bestückt mit einem roten Sofa, zwei Sesseln und einem Salontisch. An der Wand hängt ein Bild vom lachenden Bob Marley und Flaggen aus aller Welt. In der anderen Ecke stehen ein Kühlschrank, ein Kochherd und ein kleiner Esstisch mit Stühlen, alles aus Plastik. Hinter einem Vorhang verbergen sich die Schlafzimmer der fünfköpfigen Familie.
          Wir unterhalten uns in englisch und wenigen Brocken spanisch und kommen ins Geschäft. Rosa ist froh, wenn wir ihr Arbeit geben und wünscht sich als Lohn irgendetwas, das wir an Bord haben und nicht mehr gebrauchen. Sie erklärt uns, dass ihr Geldscheine nichts nützen, denn damit kann sie sich keine Luxusartikel kaufen. Esswaren für die Familie hat sie genügend. Der Staat schaut für seine Bürger in diesem Sinne, dass sich alle mit Marken pro Tag, pro Woche oder pro Monat mit Brot, Reis und Zucker eindecken können. Für Frischprodukte bezahlen sie auf dem einheimischen Markt wenig.
          So entlöhnen wir Rosa für ihre perfekt gemachte Arbeit mit Luxus, sprich ein paar T-Shirts, Schreibsachen, Schreibhefte, einer Seife, einem Parfüm, einer Glühbirne und zwei Lampenschirmli. Damit machen wir sie überglücklich.
          Wir kommen in dieser Familie zum ersten Mal in Berührung mit einem Staatssystem, das uns völlig fremd ist. Mit diesen Eindrücken gehen wir nachdenklich zurück auf Samuri und fühlen uns wie im Paradies.

          Anderntags ist Stadttour angesagt. In einem hellgrünen, etwa 50 Jahre alten Auto (um nicht zu sagen: Schrotthaufen) aus dem Ostblock holpern wir rauchend nach Santiago de Cuba. Die Abgase zieht es in den Innenraum, die Fenster sind nicht mehr hochzukurbeln. Die letzten paar Sitzfedern drückt es uns in den Rücken. Der Fahrer weicht gekonnt allen tiefen Löchern in der Strasse aus und führt uns sicher mitten ins Stadtzentrum. In der Bank wechseln wir Geld, das hier sichtbar und hoch aufgestapelt hinter den vergitterten Schaltern bereit liegt. Eine einheimische Frau steckt ihre abgeholten Geldbündel in Plastiksäcke und verlässt damit sorglos die Bank. Anscheinend fühlt sie sich sicher genug, ausserhalb der Bank nicht gerade ihres Geldes entledigt zu werden.
          Währenddem prasselt Regen nieder. Ein Angestellter wischt mit einem Besen das Wasser hinaus, das unter der Eingangstür hereinströmt. Endlich schont es und wir begeben uns ins Abenteuer.

          Auf dem Hauptplatz wollen wir uns in der Himmelsrichtung orientieren und schon bietet uns ein charmanter Kubaner namens Carlos eine kostenlose Stadtführung an. Wir staunen über sein geschichtliches Wissen über die Stadt und spüren, wie stolz er uns sein Land repräsentiert. Carlos führt uns durch die wichtigsten Strassen, zu den berühmtesten Kirchen, zu sehenswerten Plätzen. Er unterlässt es nicht, in der bekanntesten Musikbar mit uns mit dem ersten Mojito anzustossen, uns sein Zuhause und seine Familie zu zeigen, uns ins Haus der Tante zu führen und uns seinen Freund Orlando vorzustellen. Sein Engagement für Touristen begründet Carlos so, dass er nur auf diese Weise seine erlernten Sprachen üben und anwenden kann.
          Am Ende des Tages hat sich Carlos dann doch einen rechten Lohn erhascht: wir kaufen Orlando Rum und Cigarren ab und essen im Paladares seiner Tante (oder Grossmutter oder....). Und wie wir festgestellt haben, kennt hier Jeder Jeden, und Jeder verdient an Jedem. Alles läuft hier unter der Hand.

          Ein Kubaner verdient pro Monat, mit oder ohne akademische Ausbildung, ungefähr 20 bis 80 CUC, das sind 20 bis 80 SFR. Die Grundnahrungsmittel, die Gesundheitsvorsorge und eine Wohnung werden vom Staat bezahlt. Damit hat sich‘s. Wer also zusätzlich verdienen will, arbeitet mit Vorteil in der Touristenbranche, denn nur diese bringt Devisen. So erlaubt der Staat seinen Bürgern, ein Paladares zu eröffnen, das heisst, in irgend einem Zimmer oder Hinterhof Tische mit Maximum 12 Plätzen aufzustellen und Gäste zu bekochen.
          Es ist auch rentabel, sich ein Auto zu kaufen und als Taxi zu fahren. Oder du strampelst die Touristen auf dem Velotaxi durch die Gegend. Oder du arbeitest als sogenannten Jinetero, so wie es Carlos tut und kassierst für all deine Vermittlungsdienste Kommission.

          Kubaner dürfen auch Gäste in ihrem Haus übernachten lassen. Dann führen sie ein sogenanntes Casa Particulares, für Touristen eine gute Alternative zu einem Hotel. Ein Zimmer kostet ungefähr 15 bis 25 CUC, doch für jedes Zimmer bezahlt der Kubaner dem Staat 200 CUC pro Monat. Die Auslastung muss also dementsprechend hoch sein, damit es sich lohnt, ein Casa zu führen. Gute Hotels gibt es in Kuba wenige, Casa Particulares hingegen sehr viele.

          Mit gemischten und ernüchternden Eindrücken kehren wir müde in den Hafen zurück. Santiago de Cuba ist in den Touristenführern als „Perle des Oriente“ beschrieben, mit unglaublich viel Sehenswertem. Doch nach diesem ersten Tag Stadt können wir diese Bezeichnung nicht teilen. Wir haben so viele uralte und schmutzige Häuser gesehen, die einst wunderschönen historischen Bauten sind am Zerfallen, die Menschen leben eher in dunklen Hütten als Häusern, sie sind arm und ziehen die Touristen über den Tisch, um an Devisen zu kommen.
          Die Oldtimer sind für uns im ersten Moment wunderschön, nostalgisch. Doch beim zweiten Hinschauen sind es verrostete, Benzin fressende, Abgas produzierende und reparaturanfällige, schwerfällige Autos, mit welchen sich die Kubaner täglich abmühen müssen. Der Staat bietet seinen Bürgern wohl ein gute Schulbildung und Studien an Universitäten an, danach jedoch keine Aufstiegsmöglichkeiten, keine Zukunft, weder in persönlicher noch beruflicher Entwicklung im Inland, geschweige denn im Ausland. Und das macht uns nachdenklich.
          Und doch staunen wir über die Liebe der Kubaner zu ihrem Land, ihre Fröhlichkeit, Höflichkeit und ihre überwältigende Freude an der Musik.

          Santiago de Cuba ist der Treffpunkt unserer neuen Crewmitglieder Elisabeth und Wilf, beides erfahrene Segler. Sie haben eine wöchige Landreise hinter sich und wir sind gespannt, was für Eindrücke ihnen Kuba bis jetzt vermittelt hat. Am ersten Abend führen wir unsere Gäste ins Tropicana, „eine pompöse Show mit 200 Tänzerinnen und Tänzern, die mehr Federschmuck als Textil tragen“, so wie es im Führer beschrieben wird. Das können wir gelten lassen, doch das ist alles. Die tänzerische und gesangliche Leistung, sowie die Bühne und die Kleider der Artisten lassen mehr als zu wünschen übrig. Schade!

          Anderntags unternehmen wir mit ihrem Mietauto von Elisabeth und Wilf eine Fahrt rund um die Stadt und besichtigen das Castillo de San Pedro del Morro. Diese fünfstöckige Festung wurde 1643 direkt an der Hafeneinfahrt zum Schutz vor Korsarenangriffen konstruiert. Innerhalb der uneinnehmbaren Mauern soll sich ein Gefängnis mit unterirdischen Kerkern befinden, die sogenannte Todeszelle. Laut Legende soll sie eine Öffnung zum Meer haben, so dass sich die Haie die dort hinab gelassenen Leichen holen konnten.

          Am Tag bevor wir die Leinen lösen besuchen wir den einheimischen Markt. Elisabeth und ich planen grob den Menüplan für die nächsten 17 Tage und füllen mit Freude unsere Taschen. Ein Glück, dass Elisabeth fliessend spanisch spricht und so mit den Händlern bestens „märten“ kann.

          Wir sind bereit für die Inselwelt. Leider segeln wir mit einer stark gelb befleckten Samuri los. Ein kurzer Regen hat all die schmutzige Luft, die über der Stadt hing, verursacht durch das umliegende Kraftwerk, die Zementfabriken und die Ölraffinerie, auf die Erde zurückgebracht und damit ihre chemischen Spuren hinterlassen. Es sieht bedenklich aus!

          Von jetzt an sind wir in der puren Natur. Wir segeln zum Teil über 3500m tiefes Wasser. Die Sierra Maestra soll mit den Bergen Kubas von fast 2000m und ihren nahezu 5000m Wassertiefe die steilst abfallende Küste der Welt sein.
          Es ist fast nicht zu glauben, doch wir haben in den zwei folgenden Wochen wunderbares Wetter und den besten Segelwind. Schön und entlastend für mich, eine so hilfsbereite und aufgestellte Crew an Bord zu haben!
          Nach einem sättigenden Frühstück geht jeweils eine Tagesfahrt los. Gegen den Nachmittag erreichen wir eine Bucht inmitten der Mangroven, geniessen Schwimmen und Schnorcheln oder machen, je nach Möglichkeit, einen Dinghiausflug in einen Flussarm. Beim Sonnenuntergang sitzen wir ehrfürchtig an Deck und staunen jeden Abend von Neuem über diesen fantastischen Moment. Auf diese Weise erleben wir einen Tag nach dem anderen. Wir sehen untertags kaum ein anderes Segelschiff. Die einzige Begegnung hier findet mit Fischern statt.
          Und sie besuchen uns praktisch in jeder Bucht. Natürlich bieten sie uns Fische und Langusten an, manchmal aber suchen sie nur Kontakt und möchten einfach plaudern. Dank Elisabeth bekommen wir einige Informationen über den Fischeralltag.
          Sie leben das ganze Jahr über für 20 Tage hintereinander auf ihrem verrosteten Kahn. Danach haben sie 10 Tage frei. Sie arbeiten für den Staat. Zwischendurch kommt ein Schiff vorbei, das ihren Fang abholt und zum Verkauf heimbringt. Da die Fischer über die Fangmenge keine Kontrolle führen, handeln sie mit Touristen und verdienen damit etwas unter der Hand. Wir können den verlockenden Angeboten der frischesten Meerestieren nie widerstehen und tauschen gegen Rum, T-Shirts, Zigaretten oder Feuerzeuge, bis unser Tiefkühler randvoll ist.
          Ja, diese Fischer haben kein einfaches Leben. Tag und Nacht sind sie bei Wind und Wetter draussen. Ihre Behausung ist mehr als arm und einfach, abends haben sie kaum Licht und keine Unterhaltung. Umso mehr haben wir ihnen oft einen Rum angeboten, der sie etwas aufwärmen konnte, bevor sie wieder stundenlang auf Langustenfang gehen müssen.

          Cienfuegos ist das Ziel der Segelreise mit Elisabeth und Wilf. Wir lassen uns auf einer Rundfahrt in einem Bicitaxi einen Eindruck der Stadt geben, die in unseren Augen etwas schöner ist als Santiago de Cuba, uns aber auch in sehr schlechtem Zustand zu sein scheint. Mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, den wir auf der Dachterrasse des Palacio Valle in Begleitung Kubanischer Musik geniessen, gehen unsere gemeinsamen, bereichernden Tage endgültig zu Ende und es heisst adieu sagen.

          Christian und ich bereiten Samuri und uns selber für die geplante Inlandreise vor. Wir gehen nochmals in den Palacio Valle. Da soll es eine wunderbare Pianistin geben und die wollen wir uns doch anhören. Und in der Tat, sie ist wunderbar! Sie ist die Nichte eines anscheinend berühmten kubanischen Schriftstellers, ist sehr charmant, aufgetakelt und gehört mit ihren gut 70 Jahren wahrscheinlich zum Inventar. Sie klimpert ein paar Töne, posiert für das nächste Foto, setzt sich wieder hinter den masslos verstimmten Flügel, hämmert den Anfang des nächsten Liedes in die Tasten und möchte zu guter Letzt noch ihre CD unter die Leute kriegen. Einfach herrlich. Dies und das feine Essen machten den Abend zu einem fröhlichen Erlebnis und runden unser Bild über Kuba ab.

          Der Bericht über den zweiten Teil unseres Kuba-Aufenthaltes folgt demnächst. Bis dahin seid herzlich gegrüsst

          eure Evelyne & Christian

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