Törnberichte

Gesellschaftsinseln II

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Ein herzliches Ia Orana und viel Spass beim Lesen der versprochenen Fortsetzung des Berichtes von den Gesellschaftsinseln.

Mit leicht raumem Wind und sehr moderaten Wellen erleben Walter und Nicola ihre erste Nachtfahrt von Tikehau nach Moorea. Beide sind voll motiviert und unterstützen Christian und mich abwechselnd in der jeweils dreistündigen Wachperiode.
Am folgenden Nachmittag wird das ruhige Segeln plötzlich durch das Ausrauschen der Fischerleine unterbrochen. Fisch!! schreit jeder aus voller Kehle und ist sofort zur Stelle. Nicolas "Muckis" sind gefragt. Meter um Meter rollt er den Silk mit dem reissenden Fang daran auf und kämpft gegen die Kraft des Fisches an. Nicola gewinnt und zieht den 11,5 kg schweren Thunfisch "an Land". Danke Fisch! Für unsere nächsten Essen ist gesorgt. 

In der Passeinfahrt von Moorea begrüsst uns ein grosses Rudel Delphine. Wir legen uns an den ruhigen Ankerplatz, an welchem wir vor ein paar Monaten schon gelegen sind und freuen uns auf eine erholsame Nacht. 

Wie wir es schon mit anderen Gästen gemacht haben, wollen wir auch mit Walter und Nicola auf Tuchfühlung mit den Stachelrochen gehen. Obwohl wir das Anfüttern von Tieren nicht unbedingt gutheissen, finden wir es positiv, dass die Tiere hier in Freiheit leben, auf eigenen Willen zum Fressen kommen und nicht zu Demonstrationszwecken in Bassins gehalten werden. Es ist eine einmalige Gelegenheit, die graziösen und weichen Rochen so nah sehen und sogar berühren zu können. 
Mutig stellt sich Walter zwischen die Riffhaie ins schultertiefe Wasser und wird sofort von den bettelnden Rochen umzingelt. Es wimmelt diesmal von sehr vielen Haien, doch sie bleiben in angenehmer Distanz. 

Auf dem etwa zweistündigen Rundgang zum herrlich gelegenen Aussichtspunkt Belvedère und zurück über die Route Ananas hätten wir Besitzer von vier kleinen Hündchen werden können. Sie springen uns mitten auf der Waldstrasse entgegen und folgen uns auf Schritt und Tritt. Unser Proviant, Crackers und Dörrbananen, wollen sie nicht fressen. So ausgehungert sind sie anscheinend nicht. Doch bestimmt hat jemand die Hunde einfach ausgesetzt, um sie los zu sein. Eine englische Touristin erbarmt sich ihrer, packt sie ins Auto und will sie dem Tierarzt ins Dorf zum Töten bringen. Es wird wohl die bessere Lösung sein als jämmerlich zu verhungern. Doch es tut im Herzen weh.

Auf unserer Reise werden wir immer wieder mit dem Thema Tierhaltung konfrontiert. Wir fragen uns, was für einen Bezug die Einheimischen zu ihren Haustieren haben. Wir können zum Beispiel nicht begreifen, dass die Menschen auf den einsamsten Inseln ihre Hunde, Schweine, Ziegen, Pferde oder auch Schafe an kurzen Leinen anbinden, obwohl es rundherum riesige Landflächen gibt. Die Hühner halten sie auf engstem Raum auf Drahtgittern ohne jeglichen Auslauf. Sprechen wir die Tierbesitzer auf diese (von uns aus gesehene) Problematik an, reagieren sie mit Schulterzucken oder schauen uns mit grossen Augen an. Unsere Sorge um das Tier kümmert sie nicht wirklich. Schade.
Wie Christian wenigstens Hio's Hunden ein schöneres Leben bereiten konnte, wirst du weiter unten lesen können. 

Die Zeit des Abschieds unserer Feriengäste naht. So nehmen wir die letzte kurze Überfahrt von Moorea nach Tahiti unter den Kiel. Der Wind ist gut. Flott rauscht Samuri übers Meer. Sie dann aber im Hafen von Papeete gegen den Wind an den Mooringleinen optimal zu befestigen, fordert uns als Crew heraus. Wie froh bin ich, die starken Männer zu Hilfe zu haben. 
Die zwei bleibenden Ferientage sind ausgefüllt mit einer Inselrundfahrt und den Einkäufen der letzten Souvenirs für die Daheimgebliebenen. Einmal mehr dürfen wir auf drei glückliche Wochen mit Feriengästen an Bord zurück blicken.

Die folgende Woche steht Routinearbeit an; Waschen, Putzen und Einbunkern für die nächsten sechs Monate. Daneben geniessen wir aber auch Städterummel und -bummel. Ich besuche mein Freundin Annie vom Kunstladen und Roselyne von der Stoffboutique. Roselyne lädt uns ans Konzert des Konservatoriums von Tahiti ein. Das Thema heisst: "Hommage an die Beatles". Die für die Jugendlichen perfekt arrangierten und mitreissend gespielten 25 Songs lassen uns kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen und bescheren uns einen unvergesslichen Abend. 
Als wir dann am Sonntag ins Strandhaus von Roselyne zum Lunch eingeladen werden, ist uns definitiv klar, dass sie zu der reicheren Gesellschaft Tahitis gehört. Uns bleiben Mund und Auge offen. Unsereins würde so ein Landhaus sogar auch unter der Woche als Wohnsitz wählen...

Welcome on Bord, Maja und Heinz! 
Ein Rundgang durch Papeete, der Besuch der Markthalle, Perlen anschauen, besser noch einkaufen, ein Nachtessen in einem Roulotte und die 120 km lange Inselrundfahrt um Tahiti sind ein Muss. Die ersten beiden Ferientage unserer Freunde sind also bestens ausgefüllt, an einen Jetlag ist gar nicht zu denken. 
Nun aber ab in ruhigere Gegenden. In Moorea, in der Bay Opunohu, gibt es auf Samuri am Abend Openair-Kino. Wir schauen uns den Film "Die Meuterei der Bounty" an, den uns unsere Gäste mitgebracht haben. Das Witzige daran ist, dass wir genau vor der Kulisse liegen, vor welcher 1984 die Verfilmung mit Mel Gibson alias Fletscher Christian und Anthony Hopkins alias Captain Bligh statt fand. 

Auf der Fahrt nach Raiatea fangen die beiden Männer am Morgen früh den grössten Mahi Mahi, den wir je an Bord gezogen haben: 1,30m lang und 14kg schwer. Schlemmen in Form von Sashimi, Poisson cru und Fisch vom Grill ist angesagt. 
Von Maja und Heinz werde ich in der Küche stets tatkräftig unterstützt. Die beiden schenken mir sogar zwei Verwöhntage, an welchen ich überhaupt nicht mal in die Pantry blicken darf. Einfach wunderbar!

Südlich von uns zieht ein Tiefdruckgebiet durch, das uns einigen Regen bringt. So nutzen wir die trockenen Momente, um einen Aussichtspunkt zu besteigen und um die wichtigste und grösste bekannte Kultstätte FP's, das Marae Taputapuatea, zu besichtigen. Diese Anlage wurde im 17. Jh. errichtet und war der Gottheit Oro gewidmet. 
Die Regentage lassen uns auch länger am Tisch sitzen als üblich. Es ist die gute Gelegenheit für Maja und Heinz, uns über unsere Erfahrungen als Langfahrtensegler zu befragen. Die beiden haben nämlich ein interessantes Projekt in dieser Richtung am Laufen und sind deshalb sehr froh über diesen Gedankenaustausch.  

Die Insel Tahaa, auch Vanilleinsel genannt, liegt in der gemeinsamen Lagune und nur 3km nördlich von Raiatea. Hier werden etwa 80% der Vanille aus FP produziert. Bei Alain, einem hängen gebliebenen französischen Segler, der mit seiner italienischen Frau Christina seit mehr als 30 Jahren hier lebt, buchen wir eine Tagestour. Alain führt uns zuerst durch sein offenes Haus und den üppigen Garten. Er benennt uns jeden Baum und erzählt uns über die medizinische Wirkung vieler einheimischer Pflanzen. Dann geht es mit dem Offroader auf holprigen Wegen in die Berge. Mit liebevoller Geduld geht der Biologieunterricht weiter. Als Zwischenverpflegung offeriert uns Alain die süssesten tropischen Früchte, Kokoswasser und Zitronentee. 

Bora Bora, die "Postkarteninsel" mit den aquamarin, türkis bis smaragdgrün leuchtenden Lagunen und der markanten, grünen Bergsilhouette eines halb versunkenen Vulkans ist einfach märchenhaft. Hier können Maja und Heinz nochmals richtig die Seele baumeln lassen, bevor sie zu ihren Alltagspflichten in die Schweiz zurück kehren müssen. 

Wieder allein auf Samuri verfolgt Christian in Bora Bora täglich den Wetterbericht. Es herrscht Aufbruchstimmung. Wir möchten zur Insel Maupiti segeln. Dazu brauchen wir Wind aus östlicher Richtung und eine ruhige See, denn die Einfahrt in dieses Atoll ist kritisch und nur bei sehr niedrigem Wellengang möglich. Die Windverhältnisse sind gut. Trotzdem holt sich Christian am Morgen kurz vor dem Ablegen bei einem Einheimischen noch telefonisch Informationen über den aktuellen Zustand der Passeinfahrt ein. Upps, es sieht schlecht aus. Sechs Meter hohe Wellen sollen sich überschlagen, an eine Passage sei nicht zu denken!
Was nun? Kurzerhand beschliessen wir, Maupiti wohl oder übel ohne Besuch zu passieren und direkt zur letzten Insel in Französisch Polynesien, nach Mopelia, zu segeln. Der Capitano will sich persönlich ein Bild der Passeinfahrt verschaffen und plant deshalb die Route möglichst nahe an Maupiti vorbei. Er findet seine Bestätigung. Eine Durchfahrt mit Samuri hätte definitiv in einer Havarie geendet.

Am Morgen des folgenden Tages liegen wir in Mopelia sicher vor Anker. Zur Zeit wird dieses Atoll nur von zehn Menschen bewohnt. Wir suchen die Familie Raioho im Norden auf. Wir lernen Mutter Adrienne, Sohn Hio und die Tochter Faimano kennen. Zum herzlichen Empfang schmücken sie uns mit einer wunderschönen, selbst gemachten Muschelkette und zeigen uns ihr Haus und die soeben eingefangene Kokoskrabbe, die sie zum Nachtessen kochen wollen. Es ist selbstverständlich für die Familie, dass sie diese Delikatesse mit den Seglern teilen möchte. So sitzen wir schon am ersten Abend an einem reich gedeckten Tisch im Kreise der warmherzigen Inselbewohner und zwei anderen Seglerehepaaren. 

Am nächsten Tag lernen wir die zweite Tochter von Adrienne namens Puaiti kennen. Sie arbeitet und wohnt bei ihrem Vater in Maupiti. Da es zwischen dieser Insel und Mopelia keine offizielle Schiffsverbindung gibt, sind Segler oft die einzige Möglichkeit, Personen, Lebensmittel oder andere Güter von der einen Insel zur anderen zu bringen. Und so hat es auch Puaiti gemacht, um ihre Familie wieder einmal zu sehen. 

Heute ist um 17 Uhr Treffpunkt bei Adrienne. Hio nimmt die Männer, mit Taschenlampe und Speer bewaffnet, mit auf Lobsterfang am Aussenriff und wir Frauen gehen im Palmenwald auf Kokoskrabbenjagd. Glücklicherweise zeigt sich uns kein grosses Tier, denn zwei Stunden später präsentieren uns die erfolgreichen Männer 13 Lobster. 
Adrienne setzt den grossen Topf mit Wasser auf das Feuer und die letzte Minute der Panzertiere hat geschlagen. 
Auf dem Herd brutzeln selbstgemachte Donats und eine Pfanne Reis. Hio mischt schwungvoll eine Senf-Soyasauce mit Zwiebeln und Knoblauch zusammen und strahlt dabei wie immer über das ganze Gesicht. Er scheint überglücklich. Vielleicht hat er auch schon etwas zuviel Marihuana geraucht....
Die Tafel ist aufgetischt. Hio spricht das Tischgebet und dann stürzt sich die ganze Meute aufs Essen. Für die Familie ist es eine grosse Ehre, die Segler bewirten zu dürfen. Gerne teilen sie, was die Natur ihnen schenkt. Unübersehbar strahlt diese Freude aus ihren Augen und ihren Herzen. Im Magen gesättigt und im Inneren berührt über diese gelebte Offenheit legen wir uns schlafen.

Christian und ich wollen uns für diese unbezahlbare Gastfreundschaft erkenntlich zeigen und beschliessen, Hio einen Tag bei seiner Arbeit zu unterstützen. Er nimmt uns am Morgen in seinem Auto mit zum Arbeitsplatz. Man stelle sich ein etwa 20-jähriges Auto vor, halb am Zerfallen, halb verrostet. Ein Kanister dient als Benzintank und steht vorne auf der Motorhaube, die Pneus sind halbe Slicks, die Fenster sind blockiert, falls es überhaupt noch welche gibt, wenn ich meine Füsse vorne auf den Boden stelle, spüre ich den Stossdämpfer, die Polster sind durchgeritten usw. Es ist ein absolutes Unikum. Aber es fährt. Durch Sand, über Schottersteine und durch den Wald bis zu Hio's Haus im Süden der Insel. Mit Gegenverkehr mussten wir nicht rechnen, denn dies ist das einzige Auto auf der Insel...
Hio bearbeitet täglich die Kokosnüsse, die er auf seinem Land einsammelt und verarbeitet sie zu Kopra. Die verschiedenen Schritte der Herstellung hat Christian in der Fotogalerie für dich eins zu eins dokumentiert. 
Bei jedem dieser Handgriffe können wir aktiv mithelfen. Zwischendurch gibt es einen Regenguss, welchen Hio dazu benutzt, sich eine Zigarette aus Haschis zu drehen. Scheint die Sonne wieder, geht auch die Arbeit weiter. 

Hio hält bei seinem Haus 3 Hunde. Alle sind an Leinen angebunden, die völlig verzwirnt sind und dem Tier fast die Luft nehmen. Hio sagt, die Hunde sind wenigstens am Leben. Liesse er sie frei laufen, würden sie die Hühner des Nachbarn fressen und der Nachbar würde die Hunde sofort töten. Dass die Hunde aber unglücklich sind, ist sichtbar und hörbar. 
Christian tüftelt nach einer tiergerechten Lösung und findet eine. Er spannt auf etwa 2 Meter Höhe eine lange Leine von einem Baum zu einem anderen, für jeden Hund eine eigene. Auf diese Leine zieht er eine Rolle, an welcher der Hund an seiner langen Hundeleine angebunden wird. In der ganzen Spannlänge hat der Hund nun Auslauf von etwa 20 Metern.

Und immer wieder heisst es Abschied nehmen. Es fällt uns nicht leicht, uns von so lieben Menschen zu trennen. Die Tochter Faimano nämlich habe ich richtig ins Herz geschlossen. Sie schenkt mir zum Abschied ein Prachtstück von einer Muschelkette. Mit Tränen in den Augen drückt sie "ihre zweite Mama" und wir winken einander, bis wir uns nicht mehr sehen.

Von uns wirst du das nächste mal aus den Cook Islands hören.

Sei bis dann herzlichst gegrüsst
Evelyne & Christian

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    Tuamotus III

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    Christian schreibt:

    Mein Aufenthalt über Weihnachten und Neujahr in der Schweiz war kurz aber schön. Wir durften auf über 800m bei meiner Schwägerin Irène in Schwarzenberg wohnen und kamen vom ersten Tag an in den Genuss einer herrlichen Winterpracht. Das war nach vielen Monaten im tropischen Klima ein schöner Kontrast.

    Mit einigen Extrapfunden Reserve um die Hüfte (an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an all unsere Freunde, die uns liebevoll und sehr fürstlich bewirteten), stieg ich Mitte Januar nach einer langen Reise in Tahiti aus dem Flieger. Im ersten Moment schlug mir feuchtwarme Luft entgegen, die sich anfühlte, wie wenn man ins Dampfbad steigt. Dann ein Blick auf die sattgrünen Berge und die vielen blühenden Bäume und Sträucher, und ich war glücklich, wieder hier zu sein. 

    Die erste Woche logierte ich im Fare Suisse in Papeete und klapperte viele Schiffsausrüster, Werkzeughändler und Warenhäuser ab, um das notwendige Material für die anstehenden Reparaturen und Wartungsarbeiten zusammen zu tragen. Ich besorgte mir auch eine grosse Menge an Früchten und Gemüse, denn auf dem Apataki Atoll war ausser Kohl und Zwiebeln nichts zu bekommen. Beni, der sympathische Inhaber des B&B Fare Suisse staunte nicht schlecht ab der Menge Kartonkisten, die er mit mir zum Hafen chauffierte. 
    Dort bestieg ich wiederum den zweiwöchentlich zwischen Tahiti und einigen Tuamotu Atollen verkehrenden Frachter Cobia. Zwar waren mir die unangenehmen Bedingungen von der Rückreise im November noch sehr präsent, doch da ich viel Material bei mir hatte und die Fahrt dieses mal innert 24h direkt nach Apataki ging, war es für mich erträglich.

    Mammi und Assam, die beiden liebevollen Grosseltern der Familie Lau, begrüssten mich herzlich im Dorf von Apataki und boten mir eine Matratze im Wohnzimmer zum übernachten an. Erst am nächsten Tag ging es mit ihrem Motorboot zum 10 Meilen entfernten Motu, auf dem ihre Werft und unsere Samuri liegen.
    Dort empfingen mich Alfred der Boss und seine beiden Söhne Toni und Torea, sowie der ehemalige Segler Philippe, der als Freund der Familie einige Wochen bei ihnen wohnte und mitarbeitete. Unter anderem brachte er Torea das Imkern bei. Schon letztes Jahr hatten sie 3 Bienenhäuschen erstellt und jetzt war es das erste mal an der Zeit, dunklen, aromatischen Palmblütenhonig zu ernten.
    Bernadette und Armel kannte ich bereits vom letzten Jahr, sie waren das einzige Seglerpäärchen, das über die Zyklonsaison auf Apataki blieb. Ansonsten war die Werft verwaist, alle anderen Eigner der ca. 20 aufgebockten Yachten weilten noch anderswo.

    Natürlich war ich sehr gespannt, wie es Samuri geht und wie sie aussah. Und ich wurde positiv überrascht. Äusserlich sauber, nur das Cockpit war voll mit vom Sturm herumgefegtem Grünzeug. Auch innen war alles einwandfrei, trocken und ohne Schimmel. So hatte ich es mir gewünscht und war erleichtert, dass keine Sturmschäden zu beklagen waren. Denn Samuri war während des Landaufenthaltes für Zyklonschäden nicht versichert.
    Als ich dann jedoch die geglückte Ankunft meiner Liebsten mit dem Satelliten-Telefon mitteilen wollte musste ich feststellen, dass das Gerät nicht den kleinsten Pieps von sich gab. Oh Schreck, denn auf dieses Kommunikationsteil waren wir insbesondere auf hoher See zwecks Wetterdatenempfang absolut angewiesen. Ich schraubte das Bedienteil und das Hauptgerät auf, blickte jedoch mehr oder weniger ratlos auf Printplatten und sauber verlötete Kabel. Es gab nichts, worauf ich als Elektronik-Laie einen Fehler hätte schliessen können und packte frustriert die Anlage in Schachteln. 
    Mit Alfred's Handy konnte ich trotzdem Emailen und versuchte einen Versand und eine Reparatur des Geräts in Neuseeland oder USA zu organisieren.
    Da das alles sehr aufwändig war, packte ich das Gerät nach ein paar Tagen nochmals aus um ein letztes mal zu testen, ob es tatsächlich mausetot war. Und siehe da, am Hauptgerät liess es sich starten und funktionierte doch wieder! Rätselhaft - deshalb bevorzuge ich Mechanik, dort sind im Gegensatz zu Elektronik Fehler und Schäden sicht- und reparierbar. 

    Bis zum März dauert im Südpazifik die Regenzeit, und die bekam ich voll zu spüren. Besonders während den ersten Wochen war das Wetter sehr wechselhaft. Es regnete nicht konstant, sondern mehrmals täglich kurz und in tropischer Heftigkeit. Dazwischen brannte erbarmungslos die Südsee-Sonne, die kein Arbeiten ohne Schattenschutz zuliess. Das ganze Hin und Her bedeutete laufend alle Luken am Schiff auf und zu machen, was meine Arbeitseffizienz deutlich reduzierte. 
    Zusätzlich erschwert wurde uns das Leben durch die blutrünstigen Moskitos, von denen es an Land und um diese Jahreszeit Unmengen gab. Die Polynesier schützen sich vor den Plagegeistern, indem sie Kokosnusshälften in Metallfässern motten lassen. Der somit produzierte Rauch vertreibt die Viecher zwar kurzfristig, dafür atmet man selbst den Rauch ein und stinkt wie eine Rauchwurst.

    Am eigenen Leib erfuhr ich, weshalb in südlicheren Ländern die Uhren etwas langsamer ticken. Bei der Hitze geht es einfach nicht schnell und es ist sinnvoll, Randstunden am frühen Morgen oder am Abend zum Arbeiten zu nutzen.
    Gut sechs Wochen blieben mir, um meine vier Seiten lange Pendenzenliste abzuarbeiten. Es gab einige Reparaturen vorzunehmen, doch mehrheitlich habe ich mir Wartungs- und Verbesserungsarbeiten zum Ziel gesetzt.     
    Laminier- und Gelcoat-Arbeiten, Unterwasseranstrich ausbessern, Rumpf und Deck polieren und wachsen, Motorenservice, Antriebswellendichtung wechseln, neue Wasserhahnen montieren, Kittfugen erneuern, viele Dellen im Holzboden ausbessern und vieles mehr - ein Schiff im Salzwasser und in der Tropensonne gibt endlos Arbeiten auf.

    Obwohl es mir an nichts fehlte, wurde ich von Alfred und Pauline fürsorglich betreut. Immer wieder hielten sie mir einen Fisch, eine Papaya oder eine Languste zu und hin und wieder sassen wir vor ihrer Bretterbude (es Haus zu nennen wäre übertrieben) im mit Flaggen aus aller Welt geschmückten Unterstand direkt am Strand, mit südseeromantischem Blick auf die Lagune und die sich weit dahin ziehenden Palmenstrände. 
    Da wurde bei einem kühlen Hinano-Bier oder Pastis geplaudert und gescherzt, über die lokalen und französischen Politiker geschimpft und auch etwas über die lang anhaltende Wirtschaftskrise geklönt, die sich scheinbar bis zum hintersten Atoll bemerkbar macht.
    Abends ratterte der Dieselgenerator, der Wasser pumpt und für Licht sorgt. Damit wird unter anderem auch Tonis Getoblaster gespiesen, der meistens mit voller Lautstärke das halbe Atoll mit dröhnender Popmusik und wummerndem Bass beschallte. Wie schön und passender für meine Ohren, wenn Pauline tagsüber lokale, lieblich klingende Musik laufen liess.

    Das Leben ist sehr einfach auf so einem Atoll und für eine begrenzte Zeit, besonders für uns Europäer, sicherlich reizvoll. Die Einwohner scheinen zufrieden zu sein. Vermutlich auch dank den grosszügigen Finanzspritzen Frankreichs, das sein Überseedepartement teilweise mit einer europäisch vergleichbaren Infrastruktur ausstattete und vielen Einheimischen ein gemächliches und sorgenfreies Leben ermöglicht. 
    Trotzdem wird mir bewusst, dass ich so nicht anhaltend leben möchte oder könnte, es fehlt einfach an sozialem und kulturellem Ausgleich.

    Die Tage und Wochen zogen rasch dahin. Ich genoss für einmal mein Strohwitwerleben und das Arbeiten, das ich mir nach Lust und Laune einteilen konnte.
    Mit der Zeit vermisste ich meine Evelyne jedoch immer mehr und obwohl ich wusste, dass ihr der Abschied aus der Schweiz gar nicht leicht viel, war ich glücklich, sie gegen Ende Februar am Flughafen von Apataki in die Arme schliessen zu können.

    Ich konnte Evelyne eine in neuem Glanz strahlende Samuri präsentieren und gemeinsam erledigten wir die letzten Arbeiten, um das Schiff Anfangs März wassern zu können.
    Dieser Akt war wiederum etwas abenteuerlich. Doch das eingespielte Team von Alfred, Toni und Torea machte einen guten Job und setze Samuri sanft in ihr Element zurück.

    Motoren starten - sie liefen wunderbar an - und langsam schoben wir uns vom Schlitten ins tiefere Wasser und legten uns draussen an eine Boje. Welch ein Genuss, endlich wieder eine frische Brise um die Ohren und keine Moskitos mehr zu haben! Dafür krabbelten überall Ameisen im Schiff herum. Wir konnten an Land nicht verhindern, dass diese Tierchen an Bord kamen. Von wirklich schädlichen oder ekligem Getier wie Ratten oder Kakerlaken blieben wir jedoch zum Glück verschont.
    Ebenso hatten wir 7-8 Gekkos an Bord von denen wir uns erhoffen, dass sie unsere Ameisenplage lösten. Leider war dem nicht so, aus irgend welchen Gründen verschmähen Gekkos diese Krabbler. Als wir nach einiger Zeit feststellten, dass es auf See an anderen Insekten mangelt und unsere lieblichen Gekkos hungerten, startete ich eine Gekko-Einfangaktion und setzte sie etappenweise in Rangiroa und Tikehau an Land aus.

    Jetzt habe ich bereits etwas vorgegriffen. Am Tag nach dem Wassern überprüfte ich den Zustand der Motoren und Bilge. Was war denn das, aus einem Luftfilter tropfte Wasser? Salzwasser! Mein Blutdruck und Puls stiegen merklich an und nach Entfernen des Auspuffschlauchs bestätigte sich die schlimme Vorahnung, dass der ganze Motor mit Salzwasser voll war. Das ist etwas vom Übelsten, was passieren kann und richtiges und schnelles Handeln ist entscheidend um grössere Schäden am Motor zu verhindern.  Diesen Fall hatte ich noch nie und wusste auch nicht genau wie vorgehen. Ich fragte über Funk Andreas, einen anderen Schweizer Segler, der mittlerweile eingetroffen ist, an, ob er Rat wüsste. Er auch nicht, aber seine neuseeländische Partnerin Janet meinte, sie kenne einen Dieselspezialisten zu Hause. 
    Diesen Max aus Whangarei durfte ich gleich mit dem Satphone anrufen und erhielt von ihm eine äusserst hilfreiche Anleitung, wie ich nun vorzugehen hatte. Es bedeutete zwar eine halbe Zerlegung des Motors, doch nach einigen Stunden Arbeit konnte ich am Abend den Motor wieder starten und befriedigt feststellen, dass er noch einwandfrei lief.

    Ähm, wie geht es eigentlich dem anderen Motor? Klar doch, auch der war voll gesoffen. Aber diese Arbeit schob ich für den nächsten Morgen hinaus.

    Wie konnte das passieren? Wespen hatten von aussen die kleine Entlüftungsöffnung, die es vom Syphon des Motors braucht, mit einer Erdmasse zugestopft. Dadurch entstand nach dem Abkühlen der Motoren ein Vakuum und es saugte Meerwasser durch den Auspuff an. Tja, so können einem kleine Tierchen eine Menge Ärger bereiten - aber schlussendlich ging auch dieses Erlebnis gut aus.
    Ach ja, da war ja noch ein weiterer Schreck. Als ich am Reparieren des zweiten Motors und Evelyne in der Küche beschäftigt war, klopfte es an die Bordwand. Torea stand draussen in seinem Dinghi und fragte uns, ob wir nicht bemerkt hätten dass wir frei trieben?
    Unglaublich aber war, die Leine der Boje war zerrissen obwohl es keinen starken Wind hatte und wir trieben bereits gut 300m von unserem ursprünglichen Liegeplatz weg. Zum Glück bemerkten das die Leute an Land und warnten uns, bevor wir hart auf eine Koralle oder Land aufgelaufen wären.  

     

    Evelyne schreibt:

    Mein Heimaturlaub ist vorbei. 
    Christian war bei seiner Abreise sehr glücklich, mir dagegen fiel der Abschied von Zuhause wirklich schwer. Ich wusste, dass ich auf die andere Seite der Erde fliegen und mich in mein völlig anderes Leben zurück begeben werde. Dafür habe ich mich entschieden. Doch ich konnte es mir nicht mehr vorstellen. Nach den drei Monaten in der Schweiz war das Leben auf Samuri für mich weit weg.

    Am Samstagmorgen, den 23. Februar um 5.30 Uhr setze ich meine Füsse nach 36 Stunden problemloser Reisezeit auf polynesischen Boden. Im heftigen Gegensatz zu den klimatischen Bedingungen in der Heimat setzen mir die 30 Grad Wärme, 70% Luftfeuchtigkeit und die Müdigkeit arg zu. Wie froh bin ich, die nächsten zwei Tage in Ruhe in Papeete verbringen und mich an die neue Situation anpassen zu können. 
    Ich wohne im Hotel, habe Internetanschluss und kann in der Stadt bummeln gehen. Ganz bewusst geniesse ich diesen Luxus noch, bevor ich dann am folgenden Montagmorgen den Inselhopper nach Apataki in den Tuamotus besteige. Hier wird mich das andere Leben erwarten. 

    Christian empfängt mich freudenstrahlend mit offenen Armen und schmückt mich mit einer herrlich duftenden Blumenkette. Körper, Herz und Seele sind gelandet!

    Ich bin überwältigt von Samuri. Sie glänzt wie neu, aussen wie innen. Christian hat wirklich viel gearbeitet und all sein Können und die Leidenschaft für seinen Traum in Samuri gesteckt. Meine jetzt noch anstehenden Aufgaben bestehen aus Näharbeiten, den Haushalt zu ordnen und unserem Häuschen die verlorene Gemütlichkeit wieder einzuhauchen.

    Während der ersten Woche auf dem Wasser üben sich Christian und ich wieder in unseren Aufgabenbereichen ein und wir werden mehr und mehr das alte, eingespielte Team. Wir wollen doch bereit sein für unseren ersten Besuch. Mein Schwiegervater will uns zum dritten Mal auf einer Etappe begleiten. Doch kurz vor seinem Abflug erwischt ihn eine heftige Grippe und er muss diesen lang ersehnten Traum der Südsee aus Vernunftgründen und schweren Herzens begraben. 

    In den folgenden drei Wochen pflücken wir uns in den Tuamotus die Rosinen heraus. Gezielt wollen wir diverse wunderschöne Ankerplätze nochmals anlaufen. 
    Im Atoll Toau in der Anse Amyot kaufen wir von unseren Freunden Valentine und Gaston frisch präparierte Filets von Papageienfischen. Nach gemütlichem Zusammensitzen müssen wir uns leider definitiv von ihnen verabschieden.
    Im Dorf von Fakarava geniessen wir im Havaiki Ressort, in welchem wir meinen letztjährigen Geburtstag gefeiert haben, den herrlichen Poisson cru. 
    Beim Süd-Pass von Fakarava legen wir uns an eine Boje, schnorcheln nochmals ausgiebig mit den äusserst zahlreichen Riffhaien und bestaunen die kunterbunte Fischvielfalt. Vom Tauchgang im Pass kommt Christian ganz glücklich und mit vielen eindrücklichen Bildern zurück.

    Für die Nachtfahrt nach Rangiroa hätte sich der Capitano gerne mehr Wind gewünscht. Doch als er dann frühmorgens den grössten Mahi Mahi an der Angel hat, den er je gefischt hat, strahlt er wieder. 

    Am Sonntag, den 24. April, holen wir Christians Stiefsohn Nicola und dessen Vater Walter in Rangiroa vom Flughafen ab. Vom ersten Ferientag an halten mich die drei Männer auf Trab. Es sind zu meiner Freude alles gute Esser. Zu Christians Freude sind beide technisch sehr versiert und die Fachsimpeleien sind für diese und jene kleine Wissenslücke in diesem Gebiet für ihn sehr wertvoll. 

    Bevor wir Rangiroa adieu sagen, lassen wir es uns kulinarisch nochmals gut gehen. Umrahmt von polynesischen Tänzen und Trommelmusik geniessen wir die Vollmondnacht und schmausen vom reichhaltigen Buffet im Ressort Kia Ora.

    Wie alle neuen Gäste werden auch Walter und Nicola in die Bordregeln eingefuchst und bekommen eine Sicherheitseinführung.  Das Ganze muss sitzen, denn mit den beiden ist die Nachtfahrt von Tikehau nach Moorea geplant. Um sich sicher zu sein, übt der Capitano auf der ersten Tagesfahrt nach Tikehau doch lieber ein "Mann über Bord Manöver" eins zu eins.....

    Tikehau ist auch für Christian und mich ein Atoll, das wir nicht kennen. Hier soll es einen Platz geben, wo sich die Mantas den Körper von speziellen kleinen Fischen von Parasiten befreien lassen. An drei hintereinander liegenden Tagen sausen wir mit dem Dinghi zu dieser sogenannten Putzerstation und haben Glück, wenigstens einmal einen Manta beobachten zu können. Es sind schon unglaublich graziöse Tiere.

    Am Ostersonntag besuchen wir und noch ein paar andere Fahrtensegler den protestantischen Gottesdienst. Männer und Frauen sitzen getrennt und schauen sich in den so arrangierten Kirchenbänken an. Zur Freude des Pfarrers ist die Kirche voll wie sonst nie. Wir Ausländerfrauen dürfen zu Beginn in die Mitte stehen und werden von allen einheimischen Frauen mit Küsschen empfangen, was bei diesem heissen Sonntag nicht unbedingt angenehm ist. Doch wir werden herzlich in den Gottesdienst integriert, in welchem lauthals gesungen und fröhlich Gitarre gespielt wird.  

    Es wird Zeit, die Tuamotus Atolle endgültig zu verlassen und wir segeln bei ruhigem Wetter und angenehmen Wellen Richtung Gesellschaftsinseln.

    Fortsetzung folgt...

    Bis dann, herzlichst  Evelyne & Christian

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      Tuamotus II

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      Schönen guten Tag. Ich hoffe sehr, dass dich unser letzter Blog in diesem Jahr bei bester Gesundheit erreicht.

      Vielleicht erinnerst du dich aus dem letzten Bericht, dass wir auf ein geeignetes Wetterfenster warteten, um zurück in die Tuamotus zu segeln. 

      Gute 50 Stunden sind wir unterwegs. Die Wetterverhältnisse sind optimal. Nachts jedoch  ist es recht kühl. Ich hätte Socken und eine dicke Jacke überstreifen müssen. Stattdessen hole ich mir Hals- und Ohrenschmerzen und muss mich die folgenden Tage zum ersten Mal auf unserer Reise mit Fieber ins Bett legen. Das Schöne daran ist, dass ich mir Zeit zum Genesen nehmen darf, denn wir haben keine Eile mehr. Wir befinden uns schon nahe dem Atoll, in welchem wir Samuri von November bis März auswassern werden. Es liegen nur noch kleine Schläge vor uns.

      Noch einmal freuen wir uns auf Besuch. In Fakarava empfangen wir Christians besten Freund Peter. Vor 32 Jahren haben sich die beiden in der Stifti bei Gebrüder Sulzer AG in Winterthur kennengelernt. Seither gedeiht diese Freundschaft und wird in diesen gemeinsamen Ferien erneut gestärkt.
      Peter kommt mitten aus der strengen Arbeitswelt und sehnt sich nach Erholung pur. Da ist er bei uns bestens aufgehoben. Oder doch nicht?

      Am nächsten Morgen schon muss Peter als Hilfsmatrose zum Dienst antreten. Die Leinen der Genua müssen eingefädelt werden, die "Muckis" werden beim Grossegel hissen trainiert und Peters Beine werden auf Seegang getestet. Wir verlegen in einem kurzen Schlag Samuri an einen ruhigen Ankerplatz. Kaum angekommen, wassern wir das Dinghi und sausen zu einem Schnorchelplatz. Tauchbrille tragen und durch den Schnorchel atmen ist nicht unbedingt Peters Lieblingsbeschäftigung. So geniesst er das warme Nass lieber mit dem Kopf über Wasser. 

      Peter mag es, im Hier und Jetzt zu sein, ist überwältigt von der Schönheit der Natur und saugt die Farbtöne des Wassers, die Stimmungsbilder der Wolken und den nächtlichen Sternenhimmel auf wie ein Schwamm. Er hat sogar das Glück, Delphinen und einem Buckelwal begegnen zu dürfen. 

      Für mich ist es herrlich, die beiden Männer an Bord zu beobachten. Oftmals schwelgen sie in Jugenderinnerungen und der eine holt dem anderen ein vergessenes Erlebnis hoch. Oder sie können sich schon mal ziemlich heftig streiten. Ein anderes Mal wird technisches Wissen ausgetauscht, das Elektrotableau auf Fehler geprüft, Ideen für Optimierungen ausgetüftelt , Maschinen seziert, es wird geschraubt, geölt, geschmiert oder über diese und jene Installation an Bord gefachsimpelt. Peter und Christian sind in ihrem Element.

      Heute ist Herrenabend. Die beiden Freunde tuckern an Land. Mit dabei haben sie einen Rost, zwei Stücke Fleisch, zwei Maiskolben, eine Flasche Wein, eine Cigarre, die Machette und ein scharfes Messer. Sie geniessen den Sonnenuntergang und ihre gemeinsame Zeit am Lagerfeuer. Überraschenderweise finden die Jäger auf ihrer Pirsch durch das Dickicht eine grosse Kokoskrabbe, die leider keine Viertelstunde später als leckere Nachspeise auf dem Grill brutzelt. 
      Die Kokoskrabben bewohnen den unbewirtschafteten Kokospalmenwald. Das Tier hat 6 Beine und zwei unglaublich starke Scheren. Es ernährt sich von Kokosnüssen, daher sein Name. Uns ist es ein Rätsel, wie eine Krabbe mit ihren Scheren ein rundes Loch in eine Kokosnuss bohren und danach das ganze Fleisch herausschälen kann. Doch all die leeren Nüsse mit Loch, die herum liegen, sind Beweis genug. 
      Die zwei Ferienwochen mit Peter verstreichen im Nu. Vom Atoll Rangiroa aus fliegt er nach Hause, gestärkt und motiviert für die letzten Geschäftswochen des alten Jahres.

      Christian und mir bleiben jetzt noch gute drei Wochen bis zum Abreisetermin von Französisch Polynesien in unseren Heimataufenthalt. Wir verbringen geruhsame Tage an unseren Lieblingsplätzen. Christian unternimmt drei Tauchgänge in verschiedenen Pässen der Atolle und ist begeistert von der Menge und der Vielfalt der Fische und deren Vertrautheit Tauchern gegenüber. Noch nie hat er eine so reiche Unterwasserwelt erleben dürfen. 
      Ich selber fröne meinem neuen Hobby und verarbeite bunte Stoffe zu Tüchern, Kissenanzügen und Tischsets. Für die Farbkombinationen der Ketten aus Glasperlen kann ich mich völlig auf Mutter Natur verlassen. 

      Inzwischen liegen wir schon ein paar Tage an einer Boje vor der Familien-Werft in Apataki und sind mit kleineren Arbeiten beschäftigt, um Samuri auf ihren Winterschlaf vorzubereiten.  Endlich lässt der Wind nach. Es hat praktisch keine Wellen. Heute ist ein guter Tag, um Samuri auszuwassern. 

      Christian steuert das Schiff ans Ufer. Familienoberhaupt Alfred sitzt auf dem Traktor, Sohn Toni bedient den Schlitten, 2 Helfer und Grossvater Assam stehen auch bereit. Samuri wird an den 4 Eckklampen angebunden und gesichert. Dann wird der Hydraulik-Schlitten zwischen die beiden Schiffsrümpfe ins Wasser gefahren. 4 Träger, die Samuri stützen und anheben, werden positioniert. Der Traktor muss jetzt den Schlitten mit der Yacht aus dem Wasser ziehen. Er röhrt und braucht seine ganze Motorkraft, die kaum auf den rutschigen Boden gebracht werden kann. Zentimeter um Zentimeter kommt Samuri aus dem Wasser. Der Kiel ist nur etwa 5 Zentimeter über dem Boden. Dann geht nichts mehr.
      Der Traktor braucht zusätzlich die Kraft der Schaufel, die er in eine Kette einhakt. Vier Männer stellen sich als Gewichtsverstärkung auf das Gefährt. Alfred bedient mit viel Gefühl Gas, Kupplung und Baggerschaufel synchron. Der Verbindungsbolzen zwischen Traktor und Schlitten muss immer wieder mit einem Hammer eingeschlagen werden...  
      Ich erlebe bange Minuten. Es geht um unser ganzes Hab und Gut. Nach einer guten Stunde gibt es Entwarnung und Samuri steht unversehrt an Land. 
      Ein herzlicher Dank geht an die ganze Crew der Werft!

      Die folgenden Tage erledigen Christian und ich viele kleine Arbeiten nach Checkliste. Das heisst, wir montieren die Segel und alle äusseren Utensilien ab und verstauen sie im Innern, reiben alle Wände mit Essigwasser ab, der Wassermacher wird stillgelegt und Tiefkühler und Kühlschrank werden abgetaut. Die Esswaren sind aufgebraucht, die Vorräte luftdicht abgepackt, die Wäsche ist sauber und vieles, vieles mehr.

      Am 21. November sind die Koffer gepackt. Grossvater und Sohn der Familie Lau bringen uns in ihrem kleinen Motorboot in das Dorf des Atolls, wo wir auf die Transportfähre Cobia umsteigen. Sie wird uns auf Umwegen über mehrere Atolle in drei Tagen nach Papeete, der Hauptstadt von Tahiti, bringen. 
      Und da hocken wir nun inmitten von Einheimischen auf der einzigen harten Bank hinten im Heck, einmal auf der rechten, dann wieder auf der linken Pobacke. An Bord gibt es weder zu trinken, noch irgend etwas Essbares zu kaufen. Zum Glück haben wir uns vorher bei der Werftbesitzerin Pauline erkundigt und wussten somit, was uns erwartet. So habe ich die Mahlzeiten für die drei Tage vorgekocht und uns ein grosses "Fresspacket" vorbereiten können. Auch das Trinkwasser mussten wir mitschleppen. 
      Die Cobia ist das Versorgungsschiff, das alle zwei Wochen einige Atolle der Tuamotus anläuft und die Inselbewohner mit Waren jeglicher Art beliefert. Du musst dir vorstellen, dass es auf einem Atoll einfach nichts gibt. Von den Baumaterialien über Werkzeuge und von den Möbeln über Kleider und von den Kochutensilien bis zu den Esswaren - alles muss angeliefert werden. 

      Das Einzige, was die Natur liefert sind Regenwasser, Kokosnüsse und Fische. Das Wasser wird in grossen Tonnen gesammelt. Auf einigen Atollen kann auch nach Grundwasser, das jedoch leicht brackig ist, gebohrt werden. 
      Die Kokosnüsse werden aufgeschlagen, das Fleisch, die sogenannte Kopra, wird an der Sonne getrocknet und zum Verkauf und zur Weiterverarbeitung mit der Cobia nach Tahiti gebracht. Auch die Fische können die Inselbewohner nach Tahiti auf den Markt liefern.

      Immer wieder schauen wir dem emsigen Treiben zu, das sich jeweils abspielt, wenn die Cobia ein Atoll anläuft. Der Ladenbesitzer, der Restaurantbetreiber, der Private - alle Menschen strömen herbei, wenn das Schiff kommt. Das Quai wird zum Umschlagplatz für alle Güter.
      Uns wird richtig bewusst, welch wichtiges Transportmittel die Cobia für die Atollbewohner ist. Was die Menschen an Fisch und Kopra verkaufen können, bringt ihnen etwas Geld ein, mit welchem sie sich etwas kaufen können, um das Leben auf der Insel einfacher zu gestalten.

      Die Fahrt mit der Cobia wird zum unvergesslichen Erlebnis, leider der negativen Art. Die Hygiene, die Schlafplätze, die Aufenthaltsmöglichkeiten und der enorme Lärm an Bord waren grenzwertig, sogar für Christian, und das will etwas heissen. 

      Nach der viertelstündigen Dusche im B&B "Fare Suisse" in Papeete und einem feinen Espresso sind diese Strapazen schon fast vergessen. Zur Erholung schlendern wir gemütlich durch Papeete, schlagen uns den Bauch voll in einem Roulotte und amüsieren uns bei einem Drink in einem Restaurant, in welchem Karaoke gesungen wird. Vielleicht denkst du jetzt "ohje"! Doch es war alles andere als lachhaft. Freunde und Familie gehen miteinander in den Ausgang, spornen sich gegenseitig an und singen mit wundervollster Stimme polynesische Lieder oder rocken zu einem alten Song von Elton John. Es ist absolut rührend! Manch einer singt hundertmal besser all die jungen Superstars.

      Neun Stunden Flugzeit versetzen uns in einen Kulturschock - Los Angeles, die Stadt der Träume! Hier ein kurzer Abriss mit ein paar Informationen über diese 3,8 Mio.-Stadt:
      Die Wohlstandsunterschiede sind so krass wie in fast keiner anderen Weltmetropole. Im Grossraum L.A. leben mehr als 250 000 Millionäre, während fast 20 Prozent der Menschen ein Leben unter der Armutsgrenze bewältigen. 
      In L.A. gibt es mehr als 230 Mio. registrierte Fahrzeuge. Zusammen legen L.A.s Einwohner täglich 300 Mio. Meilen durch die Stadt zurück. L.A. ist damit die Stadt mit den meisten Verkehrsstaus und der höchsten Luftverschmutzung der Welt. 
      L.A. hat die höchste Konzentration von Privatpools in der ganzen Welt. 
      In L.A. ist fast jeder zweite Bürger Ausländer. 
      L.A. ist die Trendschmiede, Hollywood die PR-Abteilung der Nation. "In" ist grundsätzlich alles, was die Stars machen. 
      In L.A. wurde die erste Botoxparty erfunden, dann die 30-Minuten-Brustoperation in der Mittagspause. 
      Gesundheitsbewusste, New-Age-Anhänger und Fitnessbegeisterte sind ganzheitlichen Lebensansätzen verschworen. Es gibt mehr Akupunkturkliniken, Wunderheiler, Therapie- und Yogazentren als anderswo. 
      Und an keinem anderen Ort der Welt wird so viel über das Alter gelogen wie in L.A. Die Schauspieler tun es, um im Geschäft zu bleiben. Der Rest tut es, um in dieser vom Jugendwahn besessenen Stadt mitzuhalten. Während der Rest der USA verfettet, arbeiten auch die Pensionäre an ihren "Sickpacks". 
      Neben der Filmindustrie besitzt die Stadt eine hochgradig diversifizierte Wirtschaft. L.A. ist das drittgrösste Wirtschaftszentrum der Welt, nach New York und Tokio.
      Die Häfen von L.A. sind Amerikas wichtigster Umschlagplatz mit Asien. 
      Weitere bedeutende Branchen sind Tourismus, Mode, Wissenschaft und Forschung, Technologie, Bildung sowie die Flugzeug- und Raumfahrtindustrie. 

      Schaue ich auf den Stadtplan, stechen mir vier Bezirke ins Auge: Santa Monica / Venice, Beverly Hills, Hollywood und Downtown. Von all diesen Gebieten verschaffen wir uns in den drei Tagen einen kleinen Einblick.

      Beim Autovermieter lässt sich Christian von einem Upgrade vom kleinen Stadtflitzer zu einem Ford-Mustang Cabrio überzeugen. Das GPS ist installiert, das Dach geöffnet, das Halstuch montiert, die Heizung auf Hochtouren an... Wir kurven nach Venice und schlendern durch das Kanalsystem, das anfangs des 20.Jahrhunderts von einem Italiener errichtet worden ist. Wir bestaunen die Holzhäuser, die einst als Ferienbungalows dienten und heute gemischt sind mit kreativen Beispielen moderner kalifornischer Architektur. 
      Der breite Sandstreifen in Santa Monica ist von Luxushotels gesäumt. Bei einem Spaziergang beobachten wir Wellenreiter, die Jungen auf den Skatebords, das lustige Treiben der Strassenkünstler, eine Trommelgruppe und treffen Jogger, Radfahrer, Hippies die Ramsch verkaufen und tausende von Menschen mit Tätowierungen. 

      Am zweiten Tag ist Hollywood geplant. Um den Hollywood- und Sunset-Boulvard herum finden wir ein weiteres Touristenzentrum mit dem Walk of Fame, wo Sterne der Stars den Bürgersteig schmücken. Weiter beeindrucken uns das Chinese Theatre, auf dessen Vorplatz Hand- und Fussabdrücke von Leinwandikonen im Boden eingedrückt sind. Dann sehen wir das Kodak Theatre, in welchem die Oskars verliehen werden. 
      Das berühmte Markenzeichen Hollywoods mit den 15 Meter hohen Buchstaben steht hoch in den Hügeln. Auch ich will anscheinend etwas zu hoch hinaus. Der Sprung für mein Star-Foto endet mit einer Bruchlandung, welche dazu führt, dass  mich Christian mit dem Rollstuhl durch die langen Gänge in den Flughafengebäuden kurven muss. Er übt schon mal aufs Alter hin, hihi. 
      Während der Nachmittagsfahrt auf dem kilometerlangen Mullholland Drive finden wir mehrere Aussichtspunkte, von denen aus wir die ausgedehnte Stadt und das Meer nur erahnen können, weil die Sicht leider von leichtem Nebel beeinträchtigt wird. 
      In Beverly Hills scheint das Geld buchstäblich auf der Strasse zu liegen. Ferrari, Rolls Royce, Porsche, Bugatti, Mercedes und BMW kreuzen langsam durch die Strassen und teuerste Edelboutiquen aller grossen Designer reihen sich aneinander. Die Fahrt durch den Rodeo Drive ist enttäuschend. Wir haben uns die edlen Villen grandioser vorgestellt. Diese liegen eher im Dornröschenschlaf oder vor unseren Augen gut versteckt. 

      Der dritte Tag führt uns in die Innenstadt. Vom  reichhaltigen Gemüse- und Fruchtmarkt aus bringt uns eine historische Miniseilbahn mitten ins reine und sehr belebte Businessviertel. Umgeben von Wolkenkratzern spazieren (oder humpeln) wir über grosszügige Plätze mit öffentlichen Kunstwerken oder Plastiken, die überall verstreut stehen. 
      Die "Walt Disney Concert Hall" ist das Zuhause der Los Angeles Philharmoniker. Das 274 Mio. Dollar schwere Konzerthaus war betreffs Harmonie, Form und Akustik eine Herausforderung für den Architekten Frank O. Gehry. Hier gibt es keine einzige gerade Wand. Das Gebäude gleicht einer Ansammlung von geblähten Segeln aus glänzendem Edelstahl, die Wind und Wetter reflektieren. Für uns ist dieses Gebäude das Highlight dieser Grossstadt. 
      Auch die "Cathedral of our Lady of the Angels" beeindruckt uns sehr. Sie wurde 2002 eröffnet und ist die drittgrösste Kathedrale der Welt. Der schlichte Bau fasst 3000 Besucher und nochmals 6000 finden draussen auf dem Kirchhof Platz.

      Unsere beiden Hirnhälften finden am Abend die Entspannung und den Ausgleich im Kino. Wir "ziehen uns den neuen James Bond Film rein". 

      Erneut heisst es Koffer packen. Wir haben noch zwei Flüge vor uns und dann werden wir in der Heimat sein.

      Ja, und hier sind wir seit genau drei Wochen. Von all unseren Lieben wurden wir herzlichst empfangen. Wir geniessen den Schnee, die vorweihnachtliche Stimmung und all die Schweizer Leckereien sehr. Nur die anfangs 40 Grad Temperaturunterschied und die trockene Luft machen uns leicht zu schaffen.

      Wir durften wiederum ein Jahr mit viel tief gehenden Eindrücken und bereichernden Begegnungen erleben. Es gluschted uns noch nach mehr - die Reise geht weiter. Wohin, siehst du in unserer Rubrik "Standort" der Website.

      Wir danken dir für dein Interesse und der indirekten Teilnahme an unseren Erlebnissen, und wir wünschen euch allen schöne und erholsame Festtage und ein positives und erfreuliches 2013!

      Alles Gute und herzliche Grüsse

      Evelyne & Christian

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        Gesellschaftsinseln

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        IA ORANA E MAEVA  -  Herzlich willkommen im Garten Eden!

        Im dritten Blog über die Südsee Inseln berichten wir dir über die Erlebnisse in den Gesellschaftsinseln. 
        Sie bekamen ihren Namen einst von Kapitän James Cook, der die Inselgruppe zu Ehren der Britischen Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften taufte, die seine erste Südsee-Expedition finanziert hatte. 
        Dieser Archipel liegt mit seinen 14 Inseln im Herzen Französisch-Polynesiens. Korallenriffe umschliessen die meist gebirgigen Inseln vulkanischen Ursprungs. Das Landschaftsbild ist geprägt von steilen, üppig mit tropischer Flora bewachsenen Bergflanken und zahlreichen imposanten Wasserfällen, die in tiefe Täler donnern.
        Riffpassagen ermöglichen den Schiffen die Durchfahrt zu den wenigen Häfen. In den glasklaren Gewässern der Lagunen liegen nur noch die kleinen flachen Kalkinselchen, die sogenannten Motu, mit ihren weissen Bilderbuchstränden. So ist es kein Wunder, dass sich die Gesellschaftsinseln zu einer touristischen Hochburg entwickelt haben.

        Und so beginnt eine weitere unvergessliche Etappe unserer Reise mit Samuri:
        46 Stunden gemütliches Dahinsegeln oder Dahinmotoren südwestwärts bringt uns 240 Seemeilen von den Tuamotus Inseln entfernt zum Tahiti Yachtclub in Papeete, der Hauptstadt von Tahiti. Dieser Inselname wird häufig synonym für den gesamten Inselstaat verwendet. Dabei ist Tahiti zwar die Hauptinsel Französisch Polynesiens, aber eben nur eine von 118 Inseln. Tahiti wird die "Insel der Liebe" genannt.
        Ja, es ist wahr. Wir liegen vor einer richtigen Grossstadt. Wir hören Strassenlärm, hupende Autos, sehen am Hang tausende von Häusern und Baustellen. Nahe von uns liegt der Industriehafen. Kreuzfahrtschiffe gleiten vorbei. Gerade überfliegt ein brummender Jet die Stadt. Uns scheint es ewig, weg von hektischer Zivilisation gewesen zu sein. Eines müssen wir aber ehrlich zugeben: wir können das Schlaraffenland "Carrefour" kaum erwarten. Nur noch eine Nacht lang träumen und dann werden wir mit einem Einkaufswagen durch die Nahrungsmittelgestelle dieses riesigen Ladens fahren und alles einpacken, was unser Herz (sprich Magen) begehrt.  
        Ich will es nicht allzu spannend machen und verrate ich dir gleich jetzt, was wir anderntags so eingekauft haben: frische knackige Äpfel, Trauben, grünen Salat, Rucola, Kresse, Pilzli, Radiesli, dann Käse, Käse, Käse, Joghurt, frisches Baguette, Croissons, Lammfleisch und dieses und jenes. Die vielen französischen Pasteten, Saucen, Fleischwaren und sogar halbe gefrorene Sauen lassen wir gerne liegen. Wir staunen über das riesige Angebot.  

        Heute steht das Stadtzentrum Papeete auf dem Programm. Mit der Einkaufsliste in der Tasche stellen wir uns an die Bushaltestelle. Es gibt keinen Fahrplan. Und kein Bus hält an. Eine Einheimische rät uns dann, uns etwa 500 Meter weiter in eine andere Strasse zu stellen und dem nächsten Bus zum Anhalten einfach zu winken. Gesagt, getan. Freundlich werden wir eingeladen und holpern in die Stadt. Wir wollen uns zuerst einen Überblick verschaffen. So schlendern wir systematisch alle Strässchen ab und lassen uns vom Angebot der verschiedensten Geschäfte berieseln. 
        Was für ein Zufall! Wir treffen auf Christians Gotte Doris. Sie ist schon angereist, damit sie sich ein paar Tage akklimatisieren kann, bevor sie dann für 4 Wochen an Bord kommen wird. 
        Gemeinsam besuchen wir eine Abendvorstellung des Heiva-Tanzfestivals. Dazu kommen von den verschiedensten Inseln F.P. Tanz- und Gesangsgruppen angereist und stellen sich hier einem Wettbewerb. Wir hören drei Gesangsgruppen und erfreuen uns an zwei Tanzgruppen. Bis zu 170 Männer und Frauen, bekleidet in traditionellen Kostümen, die entweder in dezenten oder äusserst bunten Farbkombinationen gehalten sind, zeigen ihre Formationen. Es ist ein fantastisches Bild. Die Frauen legen einen Hüftschwung an den Tag, den wir mit den Augen nicht verfolgen können. Spannend ist, dass dabei der Oberkörper völlig ruhig bleibt. Zum Glück, denke ich, denn sonst würden die Kokosnussschalen die vollen Brüste einzelner Polynesierinnen kaum halten können. Die Oberschenkel und "Sixpack" der Männer strotzen vor Kraft. Immer wieder stossen sie ihre Kampfschreie aus. 

        Die nächsten paar Tage vergehen mit kleinen Reparaturarbeiten an Samuri, Putzen, Kojen für die Gäste vorbereiten und Lebensmittel einbunkern. Doch wir nehmen uns auch unabhängig voneinander die Zeit, in der Stadt unsere persönlichen Dinge zu erledigen.

        Unsere Crew für die nächsten vier Wochen ist komplett. Daniel ist direkt nach langer Anreise zu uns an Bord gestiegen und auch er hat sein Quartier bezogen.
        Der erste gemeinsame Ausflug geht wieder an ein Heiva Festival. Diesmal messen sich die Einheimischen in verschiedenen Disziplinen wie Speerwerfen, Steine heben, in Rekordzeit auf Kokospalmen klettern oder 80 Kokosnüsse aufspalten, das Fruchtfleisch herausschälen und zuletzt noch in einen Jutesack einpacken. Zwischen diesen Wettbewerben bieten Tanzgruppen oder Musizierende ihre Einlagen. Zum Mittagessen gibt es einen Teller mit einheimischen Speisen wie Yucca, Taro, Brotfrucht, Muscheln und Schweinefleisch. 

        Die erste Segelfahrt zur Insel Mo'orea übersteht unsere Crew mit Bravour. Mo'orea  ist die Schwesterinsel von Tahiti und wird das "Geschenk der Götter an die Polynesier" genannt. Sie hat die Form eines Herzens.
        Diese  Insel umrunden wir mit dem Auto und lassen uns so die Schönheit ihrer lieblichen Küsten zu Auge führen. Wir besuchen unterwegs eine Saftfabrik und decken uns mit frischen Waren von Früchte- und Gemüseständen ein, die an der Strasse stehen. 
        Eine angenehme Wanderung einer Waldstrasse entlang bringt uns zum Aussichtspunkt Belvedère, der seinem Namen wirkliche Ehre entbietet. Aus der Höhe sind die Riffe, die um eine Insel liegen, gut sichtbar und lassen einem erahnen, wie spektakulär die Sicht aus der Vogelperspektive oder vom Flugzeug aus wäre. 

        Ein Erlebnis der besonderen Art ist die Fütterung der Stachelrochen. Wir warten ab, bis die Menge der Touristen diese Sandbank im Innenriff mit den Ausflugsschiffen verlässt. Dann treten wir in Aktion. In einem Kübel haben wir Thunfisch mitgebracht, der Christian in kleine Stücke geschnitten hat. Es gibt so viele Rochen hier, dass wir schon beim Aussteigen aus dem Dinghi vorsichtig sein müssen, dass wir nicht auf einen stehen. Natürlich sind es verwöhnte Tiere und sie wissen genau, warum wir Menschen kommen. Kaum sind wir im Wasser, betteln sie von allen Seiten und gehen mit uns auf Tuchfühlung. Es ist ein zwiespältiges Gefühl, die Flügel der Rochen am Körper zu spüren. Einerseits fühlt es sich sehr fein und weich an und wir können ihre Rücken sogar streicheln, andererseits haben wir Respekt vor diesen Fischen. Sie können unberechenbar sein. Die Augen der Rochen liegen auf der Körperoberseite, ihr Mund hingegen liegt auf der Unterseite. So tasten sich die Tiere nahe an die Beute heran und versuchen laufend, etwas zu erhaschen. Ein Frechdachs verwechselt Christians Brustwarze mit einem Happen und beisst zu. Autsch!

        Die nächste der fünf Inseln, die wir besuchen, heisst Huahine. Der Legende nach durchtrennte der Gott Hiro einst mit seinem Auslegerkanu diese Insel, die der "Garten Eden" genannt wird. Seitdem existieren Huahine Nui, der grössere, nördliche Teil und Huahine Iti, der kleinere Teil im Süden. 

        Die Insel lässt sich mit dem Scooter in etwa drei Stunden umrunden. Die beiden Männer ans Steuer, die Frauen in den Sozius und ab geht's. Wieder haben wir Futter eingepackt. Diesmal ist es Corned Beef, bestimmt für die heiligen Aale. Sie schwimmen nur in einem kleinen Flüsschen in einem bestimmten Dorf und haben hellblaue Augen. Warum sie als heilig gelten, wissen wir nicht. Doch in ganz Französisch Polynesien werden die Aale nirgends als Speisefisch gegessen.
        An der Südspitze der Insel besuchen wir ein Künstlerehepaar. Sie bemalen Pareos mit den Nationalblumen, den Tiareblüten. Ein Pareo ist ein Leinentuch, das den Einheimischen als Kleid dient und das wir Touristen uns am Strand um die Hüften binden. Von denen können wir Frauen nicht genug haben und so beglücken wir Miri mit unseren Käufen. 

        Die Insel Raiatea gilt als die "Wiege Polynesiens". Der Überlieferung nach legten hier die grossen Auslegerkanus zu ihren Reisen nach Rarotonga, Hawaii und Neuseeland ab. Raiatea war früher das religiöse, kulturelle und politische Zentrum der Altpolynesier. Somit liegt hier die grösste und wichtigste Kultstätte F.P., die im 17. Jh. errichtet wurde. Dieses sogenannte Marae schauen wir uns gerne an und versuchen uns dabei vorzustellen, wie hier früher wichtige Zusammenkünfte stattgefunden haben.
        Vulkanberge, zahlreiche Wasserfälle und tiefeingeschnittene Täler prägen das Landesinnere. Der Faaroa, der in die mehr als 30 Meter tiefe gleichnamige Bucht einmündet, ist der einzige Fluss Französisch Polynesiens, der zumindest auf einem kurzen Teilstück mit kleinen Booten befahrbar ist. 
        So wollen wir doch auf Erkundungsfahrt und treffen schon bald auf James. Es ist bekannt, dass er in seinem Kanu immer in Position ist, damit er als Touristenführer seine Dienste anbieten kann. So führt er uns zuerst durch seinen Garten und stellt uns viele einheimische Pflanzen und Bäume mit Namen vor. Von einigen erklärt er uns die Anwendung in der Naturheilkunde. Es ist sehr interessant. 
        James gibt uns eine für uns unbekannte Frucht zum Probieren, den Pomme étoile. Yammie, ist der himmlisch. Er ist etwa Tennisball gross, rund, aussen hat er die Farbe einer Aubergine und innen ist er hellrosa bis weiss. Das Fruchtfleisch ist sehr weich, in jedem Schnitz hat es einen Samen. Wir alle schlürfen den Pomme mit Wonne und haben Lust auf mehr.
        James bringt uns am Ende der Tour zu seiner Familie und gart für uns auf offenem Feuer Brotfrüchte, so wie es hier traditionell gemacht wird.

        Nur wenige Meilen bringen uns am 1. August zur Insel Taha'a. Sie wird auch die "Vanilleinsel" genannt. Die Legende weiss zu berichten, dass diese Insel einst von Zuwanderern aus dem Westen, vermutlich aus Samoa, besiedelt wurde. 
        Kaum haben wir in der Bucht den Anker geworfen, ertönt vom Ufer her tahitianische Musik. Wir sehen eine Ansammlung von Menschen. Gwundrig wie wir sind, fahren wir ans Ufer und mischen uns unter die Einheimischen. Alle sind so feierlich angezogen. Wir erfahren, dass hier das jährliche Treffen aller französisch-polynesischen Bürgermeister mit ihren Frauen stattfindet. Wir werden herzlichst eingeladen, uns vom Buffet zu bedienen, das auf langen Tischen aufgebaut und verführerisch präsentiert ist. So naschen wir uns durch einheimische Spezialitäten, bis wir fast platzen. Ein Häppchen schmeckt besser als das andere. 
        Den wunderschönen, windstillen Abend verbringen wir auf der Terrasse des Restaurant Maitai bei bestem Essen. Der Vollmond spiegelt sich auf der absolut flachen Wasseroberfläche. Nur rote Lampions mit Schweizerkreuz hätten den 1. August noch perfekter ausklingen lassen...

        Und wieder spielt der Zufall. Wir ankern zur richtigen Zeit vor dem richtigen Motu und erleben ein weiteres einmaliges Spektakel. Genau heute, erstmals wieder nach 25 Jahren, findet hier in Taha'a das traditionelle Fischen statt. Die grosse Menschenschar ist wieder festlich gekleidet und trägt wunderschöne Blumenkränze oder geschmückte Hüte. Musik spielt auf. Daniel fragt sich unter den Einheimischen durch und schon bald sind wir über alle Details des heutigen Tages informiert. 
        Zuerst fahren viele Boote hinaus und bilden mehr oder weniger einen Halbkreis. Von den Schiffen aus werden Steine ins Wasser geschleudert, die an langen Stangen mit einer Leine angebunden sind. Damit sollen die Fische im Wasser erschreckt und in eine Richtung getrieben werden. Die Boote lassen den Halbkreis immer enger werden und treiben somit die Fische in ein trichterförmig angelegtes Netz, das in einen Flaschenhals endet. Die Fische haben schlussendlich keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Männer treiben, eng aneinander schreitend, die Fische durch einen langen Kanal in ein seichtes Becken am Ufer. 
        Fast zwei Stunden harren wir an diesem rundum mit Pflanzen geschmückten Becken aus, bis wir jubelnd und klatschend die tapferen Fischer empfangen, die stolz den Fang von etwa 80 bis 90 Fischen präsentieren.
        Einige von den Fischen werden mit dem Speer erlegt, die restlichen sollen wieder frei gelassen werden. 

        In Taha'a steht der Besuch einer Perlenfarm an. Erneut wird uns der detaillierte Vorgang der Zucht beschrieben. Es ist wiederum interessant, anzuhören, wie es zu den berühmten schwarzen Südseeperlen kommt. Doch dieses Zentrum ist uns zu touristisch und es ist offensichtlich, dass hier potenziellere Käuferschaft erwartet wird, als wir es sind. So räumen wir das Feld.

        In der Vanillefarm dagegen sind wir die einzigen Besucher und bekommen eine Privatführung von der jungen Chefin. Diese dürfte an Motivation noch einiges zulegen, doch den Vorgang über die Befruchtung der Blüten dieser Orchideenart bis zum Trocknen und Sortieren der Schoten hat sie uns verständlich gezeigt und erklärt. 80% der Vanille aus F.P. wird auf Taha'a produziert.

        Und nun zur Trauminsel Bora Bora. Es ist die Insel, die polarisiert. Einige bezeichnen sie als schönste Insel der Welt, andere wiederum meiden die "Perle des Pazifiks", weil sie viel zu touristisch, zu überlaufen und viel zu teuer sei.
        Aber sie ist wunderschön. Wir entdecken einige traumhafte Ankerplätze abseits vom Rummel. Wir liegen im zwei bis drei Meter tiefen, türkisfarbenen Wasser. Wir sehen fast jedes Sandkorn auf dem Grund. Am Horizont küssen sich die Grüntöne des Wassers mit den verschiedensten Blautönen. Die steilen Küsten und die zerklüfteten, grünen Täler zeigen ein grandioses Licht- und Schattenspiel, je nach Sonneneinstrahlung. Es ist ein Anblick wie im Prospekt. Wir fühlen uns wirklich wie im Paradies.

        Daniel will sich körperlich ertüchtigen. Er wandert auf den 700m hohen Mont Pahia. Beeindruckt schwärmt er nach seiner Rückkehr von der wunderschönen Aussicht über die Lagunen, die aber mit dem eineinhalb Stunden langen, steilen und schweisstreibenden Aufstieg hart verdient werden muss. 

        Heute wollen wir endlich die Mantas sehen, von welchen in allen Führern geschrieben wird. Wir fahren in Schnorchelausrüstung zu der beschriebenen Stelle und sehen ein Tauchboot. Das weckt schon mal Hoffnung in uns. 
        Wir entdecken die Mantas wirklich. Ihr Anblick lässt uns fast erstarren. Sie gleiten etwa sechs bis zehn Meter unter uns. Ihre Spannweite ist gute drei Meter. Die Sicht im Wasser ist heute besonders klar. Die Mantas schwingen ihre weiten Flügel gemächlich auf und ab und schweben dahin. Sie ziehen uns völlig in ihren Bann und lassen uns ehrfürchtig Staunen. Wenn ich mir vorstelle, dass es Mantas mit einer Spannweite von über sechs Metern gibt - einfach unglaublich.
        Die Fischmenge an diesem Ort ist überhaupt unbeschreiblich. Ich treibe mitten in einem Schwarm von abertausenden von hellgelb, hellgrün und hellblau schimmernden Fischchen. Ich kann mich nicht sattsehen.

        Noch einmal wollen wir einheimischen Bauchtanz sehen. Wir Frauen stürzen uns ins kleine Schwarze, die Männer in ein Hemd mit Südseeflair und so geniessen wir als Abschlussabend unserer gemeinsamen Ferien in einem Ressort ein verführerisches Buffet und feinen Bauchtanz. Oder wie war das schon wieder.....?

        Hier in Bora Bora müssen sich Doris und Daniel von uns verabschieden. Ihre Heimkehr ruft. Danke für eine reiche und intensive Zeit miteinander. 

        Es ist wunderbar, Christian und ich dürfen uns jetzt noch einen Monat Zeit nehmen, um die Rosinen der vergangenen vier Wochen nochmals zu erleben. 
        Gerne bleiben wir für die nächsten Tage an unserem ruhigen Ankerplatz und gewöhnen uns wieder an die Zweisamkeit. Natürlich besuchen wir nochmals den Schnorchelplatz mit den Mantas und schnorcheln täglich an einem anderen Ort. Immer haben wir eine Plastikflasche dabei, die mit Brotstückchen gefüllt ist. Diese sind das beste Lockfutter für hungrige Fischchen. Kaum geben wir Futter frei, umzingeln sie uns oder schwimmen uns sogar hinterher. Das ist so lustig. 
        Auch wir stellen uns der Herausforderung des Mont Pahia und sind nach dieser Kletterpartie mächtig stolz. Daniel hat recht gehabt, diese Anstrengung lohnt sich wirklich.

        In Bora Bora müssen wir uns von drei lieb gewonnenen Seglerehepaaren verabschieden.  Sie haben eine andere Route auswählt als wir und so trennen sich unsere Wege. 

        Zurück in Mo'orea besuchen wir Nicole und Laurant wieder. Die beiden werden in einem Jahr auch auf grosse Fahrt gehen und stecken bereits mitten in ihren Vorbereitungen. So stellen sie uns Fragen über Fragen rund um die Ausrüstungsgegenstände oder technischen Daten und sind froh um alle Tipps. Ich Glückliche darf Nicole's Nähmaschine benutzen und nähe, was das Zeug hält. Als Dankeschön laden wir die Familie mit den zwei Jungs zum Essen auf Samuri ein. 
        Schon bei der Passeinfahrt nach Mo'orea und erneut wieder bei der Passausfahrt entdecken wir einen Wal. Meistens werden wir in der Ferne vom Atemausstoss auf den Wal aufmerksam. Der dritte aber, in Tahiti, schleicht sich etwa 50 Meter an Samuri heran und zeigt sich erst dann. Wow, ist der gross.
        In Tahiti erleben wir nochmals Städteluft und lernen die schmackhaften Gerichte der fahrbaren Garküchen, der sogenannten Roulottes, kennen. Auf einem grossen Platz am Hafen stehen etwa 15 umgebaute Camions. Drinnen wird gekocht und angerichtet, vor dem Auto wird gegrillt. Gegessen wird an den Tischen, die rund um die Autos platziert sind. Durch Ukulelenklänge mit Gesang wird die Atmosphäre so richtig reich.

        In Tahiti warten wir auf ein geeignetes Wetterfenster, um zurück in die Tuamotus zu segeln, wo wir bis Ende Jahr bleiben werden.

        Wir wünschen euch einen goldenen Herbst und grüssen euch herzlichst bis zum nächsten Mal

        Evelyne und Christian

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          Tuamotus

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          Die Überfahrt von vier Tagen bringt uns am 15. Juni zu den Tuamotus Inseln, die wir in der Zeit bis zum 5. Juli kennen lernen möchten.

          Nur 530 Seemeilen von den Marquesas entfernt treffen wir auf eine völlig andere Inselwelt. Auf diesem grössten der fünf Archipele Französisch Polynesiens verteilen sich 77 flache, maximal drei Meter über den Meeresspiegel hinausragende Atolle auf eine Fläche von mehr als 20'000 km2. Auf allen Atollen zusammen wohnen etwa 12'000 Menschen. Sie leben von der Perlenzucht und von den Touristen, meistens Tauchtouristen, denn die Unterwasserwelt der Tuamotus gehört zu den schönsten der Welt. 

          Zitat aus dem Reiseführer: zwei Atolle der südlichen Tuamotusgruppe gerieten in die Schlagzeilen der Weltöffentlichkeit. Zwischen 1966 und 1996 zündeten die Franzosen auf Moruroa und Fangataufa knapp 200 Atombomben, etwa ein Viertel davon überirdisch. Nun haben die Franzosen die beiden südlich gelegenen Inseln zu Sperrgebieten erklärt. Zurückgelassen haben sie grosse Mengen radioaktiven Mülls, der in den über 100 Borschächten lagert, zerstörte Inseln, vor allem aber Tausende krebskranke Menschen. 

          Während wir durch diese wunderschöne Inselwelt segeln, stellen wir uns vor, dass dieses beeindruckende Naturparadies zum Versuchsgelände für Atombomben benutzt wurde - eine für uns unglaubliche und unverständliche Tragik, die den Menschen und der Natur hier zugefügt wurde.

          Als erstes Atoll laufen wir Kauehi an. Wie angenehm ist es, in türkisblauem Wasser den Anker zu werfen und innerhalb des Riffgürtels einfach im ruhigen Wasser zu liegen. Kein Schwell mehr, der Samuri ständig wiegelt und uns nachts den Schlaf raubt, so wie es uns in den Marquesas oft ergangen ist.  

          Unsere Freunde Svetlana, Franz und Katerina geniessen es ebenso. Den einen Abend lassen wir mit ihnen am Strand ausklingen. Wir stossen bei Sonnenuntergang mit einem Gläschen an, backen über dem Feuer Brot am Stecken, schlemmen gegrillte Lammkoteletts und Quinoasalat. Wir sind unglaublich dankbar für das wunderbare Geschenk des Lebens, das wir geniessen dürfen.  

          Am anderen Ende der Bucht liegt die Segelyacht Alearis. Von Alex und Iris werden wir zum "Sundowner", dem Drink, den der Segler zum Sonnenuntergang geniesst, eingeladen. Die Gespräche zwischen den Männern und uns Frauen sind sehr angeregt und intensiv und wecken in mir das Gefühl, dass aus dieser Begegnung eine langanhaltende Freundschaft entstehen könnte. 

          Nach ein paar geruhsamen Tagen entscheiden wir uns, ins nächste Atoll mit dem Namen Fakarava zu segeln. Christian berechnet die Zeit für die Strecke sehr genau, denn wir wollen die Passeinfahrt in diese Atoll bei besten Konditionen durchfahren. 

          Wie musst du dir das vorstellen? Ein Atoll ist ein ringförmiges Korallenriff, das eine Lagune umschliesst. Das Korallenriff bildet einen Saum von häufig schmalen Inseln, die nach dem Polynesischen Wort für "Insel" meist als Motu bezeichnet werden. In der Lagune selber kann es noch eine Vulkaninsel geben, die sich über den Meeresspiegel erhebt. Oder aber sie ist im Laufe der Zeit im Meer versunken, sei es durch Erosion oder weil der Meeresboden abgesunken ist.

          In einem Atoll gibt es oft mehrere Öffnungen, die sogenannten Pässe, durch welche bei Flut viel Wasser einströmt. Bei Ebbe entleert sich das Atoll wieder. Ist ein Pass sehr breit, entstehen von dem ein- oder ausströmenden Wasser fast keine Wellen. Somit ist die Einfahrt in eine Lagune eines Atolls praktisch zu jeder Zeit passierbar. Ist ein Pass aber schmal, muss sich die ganze Wassermasse durch diesen Engpass zwängen und es kann ein reissender Strom entstehen, der bis zu sechs Knoten ziehen kann. So ist es vorteilhaft, bei Stillwasser ein- oder auszulaufen. Dazu ist es empfehlenswert, bei einer Passage das Sonnenlicht im Rücken zu haben. Die Wassertiefe im Atoll ist oft nur wenige Meter. Untiefen oder schwarze Korallenköpfe sind bei Sonne gut sichtbar, bei bedecktem Himmel oder gegen die Sonne ist es schlichtweg unmöglich, sie zu sehen.

          Von unserem Ankerplatz aus fahren wir mit dem Dinghi in Schnorchelausrüstung in den Süd-Pass. Das Wasser ist einlaufend. Wir springen ins Nass, halten uns je auf einer Seite am Dinghi fest und lassen uns mit der Strömung etwa eine halbe Stunde lang mittreiben. Wir erleben ein faszinierendes Wasserkino und sehen einige Schwarzspitzenhaie, riesige Napoleonfische, Schulen von Meerbarben, verschiedene Arten von Barschen, Doktorfische, Papageienfische, Trompetenfische und viele andere Kleinfische. Das Wasser ist so klar, dass wir problemlos über zwanzig Meter bis zum Grund sehen können. 

          An einem so interessanten Ort gibt es natürlich eine Tauchschule. So lässt es sich Christian nicht entgehen und bucht sich einen sogenannten "Drifttauchgang". Dabei muss er ziemlich schnell abtauchen, kann sich dann aber am Grund einfach von der Strömung mitziehen lassen. Mit strahlendem Gesicht zeigt mir Christian die Fotos seines unvergesslichen Erlebnisses.

          Mit der Crew der Miss Goodnight besuchen wir eine Perlenfarm, die seit über 20 Jahren vom Deutschen Namens Günther geführt wird. Wir erfahren von ihm die interessanten Details der mystischen Südseeperlenzucht. Gerne gebe ich dir eine kurze Zusammenfassung weiter. 

          Seit jeher werden die Perlen von den Bewohnern Polynesiens als Geschenk der Götter an die Menschen verehrt. Weniger mystisch ging es wohl zu, als es dem Japaner Mikimoto vor gut 100 Jahren gelang, die erste erfolgreiche Methode zur Perlenzucht zu entwickeln. Dazu wird die krustige Schale einer Perlauster mit einer Metallzange etwa zwei Zentimeter weit geöffnet. Mit einem Skalpell wird das Gewebe der Austerlippen aufgeschnitten und ein kleiner kugelrunder Fremdkörper, Nukleus genannt, in den "Perlensack" implantiert. Ein Nukleus wird aus der Schale einer Süsswasserperle gemacht, weil dieses Material von den Austern gut vertragen wird. Als Farbgeber setzt der Perlexperte, der sogenannte Greffeur, ein paar Stückchen kleingeschnittenes Fleisch einer anderen Auster ein. Um den Fremdkörper unschädlich zu machen, ummantelt ihn die Auster mit einem Perlmuttsekret; eine Perle entsteht. Grundlage für die Bildung eines solchen Juwels ist reinstes Meerwasser und reichlich Plankton. 

          Etwa 30% der so behandelten Austern liefern eine Perle, ca. 5% davon sind von höchster Qualität. Auf natürlichem Weg entsteht nur bei jeder 15'000-sten Auster eine Perle. 

          Die Perlen sind rund, oval, tropfen- oder zapfenartig, knopfartig oder barock, im Durchschnitt 8 bis 18mm gross und schillern in Farbnuancen, die mit cherry, sky, ocean, water green, aubergine, gold oder champagner beschrieben werden. Ihre Oberflächenreflexion nennen die Experten "Lüster". 

          Am Schluss wird der Besucher natürlich durch den Laden gelotst. Doch die altmodischen Modelle von Ringen oder Armbändern überzeugen uns nicht - leider...

          Wir freuen uns, dass auch Iris und Alex nach Fakarava kommen. Hier gibt es einen Flughafen und eine gut ausgebaute, etwa 20 Kilometer lange Strasse. Wofür? das haben wir uns auch gefragt. Doch es ist die ideale Gelegenheit, unsere Beine wieder einmal zu trainieren. Wir packen unsere Velos aus, bringen sie mit dem Dinghi an Land und radeln gegen den Wind ans eine Kap, bis unsere Lungen keuchen. Iris und Alex scheinen eine bessere Kondition zu haben. Oder liegt es wohl an ihren gemieteten Velos mit grösseren Rädern und besserer Übersetzung gegenüber unseren eigenen Klappvelos?

          Obwohl unsere unteren Regionen ein bisschen schmerzen, entscheiden wir uns anderntags zu einer zweiten Velotour. Von im Wind flatternden Pareos angezogen, stoppen wir bei Veronique. Sie bedruckt diese Körperumhängetücher mit Meerestieren und bastelt Halsketten mit Perlen und ganz kleinen Muscheln. Sie empfiehlt uns, auch bei ihrer Freundin einen Halt einzuschalten. Bei Faka-Delice degustieren wir fünf hauseigene Konfitüren in den Aromen von Grapefruit, Zitrone, Ingwer, Tiarablüte und Hibiskus. Wir können nicht widerstehen, ein paar dieser Leckereien in unseren Rucksack zu packen. So wird auch dieser Tag unvergesslich durch seine bereichernden Begegnungen. 

          Abends auf Samuri halten Christian und ich Rückschau auf unsere bis jetzt vergangene Zeit in Französisch Polynesien. Christian würde sich so gerne wünschen, dass wir unseren Aufenthalt hier verlängern könnten und nicht nach drei Monaten ausreisen müssten, so wie es das Gesetz für Schweizer Bürger vorschreibt. Es vergeht keine Woche und unsere Agentin, die wir zum Einklarieren in Französisch Polynesien engagiert haben, schreibt uns, dass sich das Gesetz geändert hat. Schweizerbürger haben neu wie alle EU-Bürger das Recht, unbeschränkt in F.P. bleiben zu dürfen. Nur das Schiff würde nach 2 Jahren mehrwertsteuerpflichtig. Überglücklich präsentiert mir Christian noch am gleichen Abend seinen Vorschlag für eine neue entschleunigte Routenplanung. Gemächlicher reisen klingt auch für mir sehr gut. So werden wir bis Juni 2013 in F.P. bleiben. Neuseeland ist dieses Jahr gestrichen und wir werden Samuri über die Zyklonzeit in einer kleinen Werft im Atoll Apataki der Tuamotus aufs Trockene stellen.  

          In der sehr geschützten Bucht Anse Amyot vom Atoll Toau lebt das gastfreundliche Paar Gaston und Valentine. Unser Freund Alex kommt uns schon bei der Einfahrt mit seinem Dinghi entgegen gefahren. Er weist uns zur richtigen Boje und hilft uns beim Festmachen. Wir haben Glück. Gerade heute Abend werden Valentine und Gaston für die Segler ein Essen zubereiten. Schon ein paar Stunden später sitzen wir in heiterer Seglerrunde am schön gedeckten Tisch und schlemmen einheimische Leckereien, zum Beispiel Langusten vom Grill, Poisson cru in Kokossauce und Brotfrucht. 

          Gaston bewirtschaftet in seiner Lagune einige Fischfallen, die folgendermassen angelegt sind: in der Form eines "V" werden Drahtgitter aufgestellt, indem sie an Eisenstangen angebunden werden. Die Gitter verengen sich also immer mehr. Die Fische schwimmen in dieses "V" hinein und finden aus der engsten Stelle, einer Reusse, nicht mehr zurück. Sie sind im nachfolgenden Becken gefangen. Bei Bedarf fährt Gaston zur Falle und tötet die Fische mit dem Speer. 

          Heute werden Alex und Christian zur Arbeit abgeholt. Sie sollen Gaston beim Abbau einer Fischfalle helfen und diese an einem neuen Platz wieder aufstellen. Die Fische sind nämlich schlau. Sie nehmen wahr, dass ihre Genossen eingesperrt sind und meiden daher die Gegend der Fischfalle. Müde und mit einigen Kratzern an Händen und Körper kehren die Männer zurück. Da haben wir Frauen es einfacher. Iris und ich falten für Valentine drei Körbe Wäsche zusammen und decken und schmücken den Tisch für das Nachtessen der Pensionsgäste. 

          Auch Gaston hat eine kleine eigene Perlenzucht und holt für uns ein paar Austern aus dem Meer. Valentine öffnet sie fachmännisch, bringt die glänzenden Perlen ans Tageslicht und ist über deren Qualität hoch erfreut. Sie breitet uns gerne ihre gesamten Schätze an Perlen aus. Natürlich kaufen wir ihr eine Kleinigkeit ab. Zum Abschluss überraschen uns Valentine und Gaston mit dem Geschenk einer Perle für unsere geleistete Arbeit.

          Die Wetterprognosen sagen guten Wind voraus, um nach Tahiti in die Gesellschaftsinseln zu segeln. So ist unsere Zeit auf den Tuamotus zu Ende. Bei diesem Abschied können wir zum ersten mal sagen: à bientôt dans quelques mois! 

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